Die sollen mal was machen! - Midwestbalkan Sommer 2019

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Seitdem es mich auf dem Balkan in den letzten Jahren viel nach Rumänien gezogen hatte, sollte es diesmal endlich - nach sechs Jahren - mal wieder nach Kroatien gehen. Nach so langer Zeit durfte es mal wieder in die bekannte Urlaubsecke bei Split gehen. Natürlich nicht nur, aber auch und vorrangig. Vielleicht würde man auch einen Bogen durch Bosnien schlagen können - das machten wir wie immer abhängig vom Wetter. Und das Ganze sollte auch noch eine zweiwöchige Sommertour werden! Der Grund für diese Jahreszeit war, dass uns vor allem ein Motiv auf unserer Todo-Liste vordergründig im Kopf herumspukte, und das geht halt nur mit dem in der Sommersaison verkehrenden Nachtzug Split - Budapest und auch nur an den längeren Tagen. Ortskundige werden sich denken können, von welchem Motiv die Rede ist: Es geht natürlich um den Weitblick oberhalb Sadine mit der Bucht von Kaštela und Split im Hintergrund. Viel fotografiert, aber von mir noch nicht zufriedenstellend. Auch für die Talgos im Neretvatal konnte es nicht schaden, an den langen Tagen dort zu sein, da diese z.T. in ziemlicher Tagesrandlage fahren.

Mit von der Partie war diesmal Leander. Er wollte mit dem Zug nach Dalmatien anreisen, während ich den Ryanair-Direktflug Hamburg - Zadar und zurück nutzen wollte. Erst später checkte ich, dass der verabredete Abflugtermin am letzten Schultag in Hamburg lag. Da der Flieger erst nachmittags ging, schwante mir böses, denn ich konnte mir vorstellen, dass viele Familien ihre Kinder geradewegs von der Zeugnisausgabe zum Flughafen zerren. Na ja, nun war man auf den möglichen Ansturm geistig vorbereitet. Da ich mir den Freitag schon Urlaub genommen hatte, hatte ich alle Zeit der Welt und konnte rechtzeitig zum Flughafen fahren.

Freitag, 28.06.2019

Nach einem richtig ätzenden letzten Arbeitstag gestern, bei dem die noch dringlich zu erledigenden Aufgaben von allen Seiten auf einen einpurzelten, als wenn alle mit ihren Aufträgen genau bis zu diesem Tag gewartet hätten, und dazu noch eine dreistündige Besprechung anstand, war ich froh, dass es heute erst nachmittags losging. Ich konnte in Ruhe packen und machte mich wie beabsichtigt sehr früh auf den Weg zum Flughafen. So konnten mich auch ein längerer Aufenthalt in Wilhelmsburg wegen eines Polizeieinsatzes am Hauptbahnhof mit anschließender Türstörung des 472ers nicht sonderlich aus der Ruhe bringen. Die Türstörung war kurios: Der Zug war langsam angefahren und dann wieder zum stehen gekommen. Daraufhin forderte der Tf die Fahrgäste über Lautsprecher auf, alle Türen zu öffnen. Das sollte offenbar zum Beheben der Störung beitragen. Na ja, nach weiterem mehrmaligen Schließen und Lösen der Türen schien das Konzept auf zu gehen und wir konnten weiter.

So traf ich bereits um 13.45 am Flughafen ein - drei Stunden vor Abflug - Wahnsinn! Und es war absolut nichts los. Allerdings musste ich dann auch erstmal 40 min auf das Öffnen des Check-in Schalters warten. Im Laufe dieser 40min wurde ich dann auch immer froher, so früh dagewesen zu sein, denn kurz vor Schalteröffnung ging die Schlange hinter mir bereits durch die ganze Halle!

Auch bei der Sicherheitskontrolle gab es null Wartezeit. Wobei man es mit meiner Kameraausrüstung sehr genau wissen wollte. Das musste alles nochmal raus und separat neu durch die Durchleuchtung. Das dauerte etwas. Aber als ich durch war, hatte ich immer noch weit über eine Stunde bis zum Boarding Zeit! Das übliche Marché-Frühstück schied aus wegen falscher Tageszeit, aber ich genehmigte mir eine leckere Spargel-Schinken-Pizza, die bis auf den dicken, unbelegten Rand nicht schlecht war. Dann war auch bald Zeit fürs Boarding. Erstmals konnte ich mit meinem neuen Perso die elektronische Passkontrolle nutzen, wobei ich irgendwie irritiert war, weil ich den Pass nicht mehr sah. Ich dachte, der wird halt hinter der Sperre wieder ausgegeben und lief los, aber da kam dann irgendwie ein Symbol, das mich doch nochmal zurückgehen und richtig nachschauen ließ. Und siehe da, der Ausweis war noch da. Hinter der Sperre wurde ich dann nochmal von einem Grenzpolizisten ganz aufgeregt gefragt, ob ich meinen Pass liegen gelassen hätte. Ich konnte ihn beruhigen. Ha! Ich doch nicht! :-)))

FR 5396 Hamburg 16:45 - Zadar 18.30

Leider war der Flieger längst nicht voll ausgelastet. Leider deshalb, weil unser Dorfflugplatz einfach solche interessanten Verbindungen nicht halten kann; es ist ein Jammer. Man kann sich also ausrechnen, wie lange diese Linie noch Bestand hat. Andererseits war es natürlich angenehm, dass der Mittelplatz frei blieb.

Der Start ging gen Westen und dann einmal nördlich um Hamburg rum. Leider saß ich auf der Ostseite, so dass ich von der Stadt nichts mitbekam. Und leider konnte ich so auch nicht nach dem LWB-Zug Ausschau halten, der gerade nordwärts über die OHE rollen sollte. Hatte schon auf ne Streckenaufnahme gehofft; Hochstativ und Drohne waren gestern, Düsenjet ist jetzt zum Fotografieren angesagt! Wir flogen vermutlich genau über dessen Strecke.

Aber unten war die Landkarte komplett ausgebreitet: Ich sah Ahrensburg, den Sachsenwald, Geesthacht, Uelzen, Helmstedt, Halberstadt, Nordhausen. Jena und vor allem die riesigen Spaliere der Wohnblocks von Lobeda und eine Autobahnbrücke mit vielen altertümlichen kleinen Bögen gaben mir zunächst Rätsel auf. Aber nur zunächst; anhand der Gesamtlage mit der Stadt daneben war es schnell klar. Danach wurde es schwieriger. Der nächste größere Ort war vermutlich Bamberg. Dann wohl Erlangen? Ach, ich kenne mich in diesem Bayern nicht aus. Eine Zeit später hatten wir das blaue Band der Donau unter uns, Passau, in der Ferne Linz.

Ok, hab jetzt mal die Karte eingeschaltet. Das war alles nicht ganz richtig. Nordhausen war in Wirklichkeit Sangerhausen, Jena / Lobeda stimmte, dann ging es aber viel weiter östlich über Hof. Passau war Deggendorf, das ferne Linz war Passau, und zwar ohne Stahlwerk ;-) Über Braunau querten wir den Inn, dann lagen Mond-, Atter- und Wolfgangsee unter uns. Die Alpen waren erreicht. Am Dachsteingebirge musste ich dann doch mal die Kamera auspacken...


Teleblick auf das Tote Gebirge mit dem Grundlsee davor.


Das obere Foto ist jetzt nur ein kleiner Ausschnitt in der Ferne; wir fliegen fast über das Dachstein-Massiv hinüber.

Während der Käptn einen wunderschönen Landeanflug entlang der Küste ankündigte, bei dem ich bestimmt wieder auf der falschen Seite sitzen würde, nahmen wir Kurs auf die Karawanken und Ljubljana, wo ich Leander überholte. Ljubljana sah man aber nur in der Ferne, es ging weiter über Postojna und dann löste der Käptn sein Versprechen ein - und zwar für die links Sitzenden. Yes! Bei Rijeka ging es aufs Wasser. Lassen wir Bilder sprechen...


Blick auf Rijeka. Bahnhof und Hafen sind bestens zu erkennen. Oben rechts Bakar.


Die Insel Krk haben wir inzwischen hinter uns gelassen. Wir blicken auf die Eilande Goli Otok (oben rechts), Otok Prvić (oben links), Otok Sveti Grgur (Mitte) und letztendlich die Nordwestspitze von Rab (unten rechts).


Über Pag geht es langsam und allmählich in den Landeanflug.


Links gehört alles zu Pag, rechts alles zum Festland bei Zadar.

Der Flughafen in Zadar ist echt niedlich. Niedlich, aber international... Ich liebe solche kleinen Flughäfen, wo man ruckizucki draußen ist. Vor der Passkontrolle gab es etwas Wartezeit. Und nein, das lag nicht daran, dass ich mit der elektronischen Passkontrolle nicht klar kam. Sowas gab es hier nämlich (natürlich) nicht. Bei Sixtens draußen in deren Bude kam ich schnell an die Reihe. Als ich keine Zusatzversicherungen wollte, wurde ich darauf hingewiesen, dass dann aber wirklich jeder Kratzer abgerechnet wird. Das hätte sie nicht sagen sollen. So akribisch habe ich wohl noch nie ein Auto bei der Übernahme untersucht. Die Dame vom Parkplatz musste viel in ihr Gerät eingeben. Da der Wagen erst 7000 km runter hatte, war es mir besonders wichtig, möglichst überall etwas zu finden. Und so bischen was fand sich schon... Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass es eh nicht darauf ankäme...

Dann fuhr ich gemütlich zu meinem gebuchten Hotel Vrata Krke in Losovac, direkt am Eingang vom Krka Nationalpark. Das hatte bei der Buchung schön ruhig ausgesehen. Im herrlichen, aber zunehmend schwindenden Abendlicht ging es über Landstraße dorthin - durch die "alten", immer wieder besuchten Gegenden. Dazu eine tolle Musikmischung aus irgendeinem Zadaer Sender, der mir immerhin bis hinter Benkovac treu blieb. Ja, das war Urlaub! Mir ging auf, dass man an der Zadarbahn in all den Jahren ja doch schon gut was gemacht hatte. Zu fast allen Ortsnamen fielen mir umgesetzte oder wenigstens versuchte Motive ein. In Raštević schaute ich mal zum Hp. Das Gleis war sehr rostig, aber nicht so vollkommen, als wenn gar nichts mehr fahren würde. In Benkovac hat sich ein Baustoffhändler auf dem Bahnhofsareal breit gemacht. Selbst im Warteraum stapelten sich seine Dämmplatten. Die Signale leuchteten noch.

Bei Skradin ging es noch durch die Krkaschlucht und dann die Serpentinen steil wieder hoch. Hatte ich bisher die Straßen quasi für mich allein gehabt, lief ich hier nun bald auf einen Reisebus auf. Egal, ich hatte Zeit. Doch das war noch längst nicht alles. Weit hatte ich es nicht mehr bis zur ersten Abzweigung nach Losovac, doch plötzlich sahen wir vor uns nur noch Warnblinker. Da sammelte sich auf unserer Spur ein endloser Tross PKWs zu irgendeinem Corso. Und nun war ich über den Bus vor mir sehr froh (und darüber, dass ich nicht in Schweden war, wo das folgende sicher nicht möglich gewesen wäre). Der Busfahrer war völlig schmerzbefreit - wozu hat die Straße zwei Spuren? Er fuhr einfach auf der linken Seite weiter. Und ich hinter seinem breiten, schützenden Rücken hinterher. Mal musste man etwas warten, bis sich die Gegenautos zwischen die Fahrzeuge des stehenden Trosses gequetscht hatten, aber dann ging es auch schon weiter. Und bald war mein Abzweig erreicht, während der Corso der stehenden Autos endlos weiter ging.

Losovac liegt zwar wildromantisch oberhalb der Krkaschlucht mit ihren Wasserfällen und ist deshalb einerseits ein Touristenmagnet, doch andererseits scheint die Historie industrieller geprägt zu sein. Man kam erst durch alte Werksanlagen, und das eigentliche Dorf bestand dann aus Arbeiterhäusern. Erst am Eingang zum Nationalpark wurde es touristischer. Dort fand ich dann auch gleich das Hotel. Da war die Uhr doch schon wieder 21 Uhr. Ein kleines Hüngerchen hatte ich ja trotz der Pizza vorhin noch. So bestellte ich im Restaurant neben dem Ožujsko noch gefüllte Hähnchenbrust mit Kartoffelecken und Šopskasalat. Leider war es der Salat, der vergessen wurde, hätte er mal die Potato Wedges weggelassen... Na ja, am Essen und vor allem an dessen Preis merkte man dann doch, dass man an einem Touri-Hotspot war. Aber das Zimmer war super, und dass mir gleich ein Lunchpaket angeboten wurde, als ich sagte, dass ich um 5 los müsse, fand ich auch sehr klasse! Nach dem Essen genoß ich auf dem Balkon bei einer weiteren Kanne Ožujsko die herrliche Stille und den Sternenhimmel, während Leander sich nun in seinem fast eigenen Nachtzug B 1821 unaufhaltsam näherte...

Samstag, 29.06.2019

Das frühe Aufstehen war schon ganz schön hart. Und dass man bei Weckerstellung auf 4:55 nicht um 5:15 im Auto sitzen kann, war eigentlich auch klar. Aber wir hatten es nach Leanders Ankunft in Kastel Stari ja nicht so wahnsinnig eilig, insofern machten zehn Minuten Verspätung den Kohl auch nicht fett. Mein Lunchpaket lag beim Auschecken schon bereit, ein belegtes Baguette, ein Apfel und eine Flasche Wasser - das war ok. Na ja, bis auf den fehlenden Kaffee natürlich...

Zügig ging es über die Autobahn nach Prgomet und dann über Plano (ist dort der Blitzer in der 40er Zone neu?) nach Kaštel Stari. Die dortige Umgehungsstraße ist nun fertig; die mörderische Straße mit den ganzen höhengleichen Kreuzungen gehört zum Glück der Vergangenheit an. In Kaštel Stari wartete Leander bereits neben dem 7123 (vgl dt 612), der ihn von Split hierher gebracht hatte. In der neuen Lackierung vermögen die Teile zu überzeugen.

Gemeinsam wollten wir uns jetzt um den zweiten Nachtzug, den täglich fahrenden B 821, kümmern. Leander hatte von dem Bilder bei Kaštel Sućurac gefunden. Die Stelle kannte ich von der anderen Gleisseite; die Vormittagsperspektive war mal was neues. Die Lok stand falschrum, so dass wir dann auch noch auf den Pu 5523 gewartet haben. Das war der 7123, mit dem Leander hochgefahren war.


Pu 5523 hat Kaštel Sućurac verlassen und erreicht in Kürze Solin.

Der nächste Programmpunkt war der dritte Nachtzug (bei dieser Zählung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der erste, also Leanders B 1821, nur samstags fährt). Das ist der aus Budapest. Für den schauten wir zunächst bei den Dämmen an der Straßenüberführung zwischen Plano und Labin, doch als wir bereits ein Stück rausgelaufen waren, merkten wir, dass der eine Damm zu spitzlichtig und der andere ohne Frontlicht war (wobei letzteres wohl zu verschmerzen gewesen wäre). Daher stellten wir uns banal an die Hauptstraße für den Vorsignalblick, der auch wirklich klasse war. Erst kam Pu 5502 von hinten, aber wegen X bei Halt erwarten zeigendem Vorsignal, dann der B 1204.


Der B 1204 aus Budapest hat hinter Labin Dalmatinski sein Ziel fast erreicht. Eine Kurve weiter, und die Reisenden können das Meer sehen.

Dass der Schnellzug wieder die Lok falsch herum hatte, fanden wir nicht gar so schlimm, da dann gute Hoffnung bestand, heute Abend an unserem Must have Motiv die Lok richtigrum zu haben. Damit waren die wichtigsten Züge durch. Hochlicht war noch nicht, deshalb sah das Konzept vor, einfach mal in Perković nach dem rechten zu sehen. Immerhin konnten wir dort auch noch den ICN 520 schön mitnehmen.


ICN 520 bekommt in Perković den Befehlsstab gezeigt.

Ansonsten standen im Bahnhof nur paar abgestellte E-Wagen. Wir beschlossen, für einen eventuellen Güterzug unter Deckung des ICN nochmal bis Unešić weiter zu schauen. Das war nun ein absolutes Novum, dass man hier in Kroatien überhaupt keine Infos mehr über Güterzüge hatte. Nachdem das Informationssystem der HŽ Infrastruktur gute zehn Jahre relativ offen gewesen war (zumindest, wenn man den entsprechenden Link hatte), kommt man seit ein/zwei Jahren nicht mehr an die Infos ran. Man muss es positiv sehen: Es wurde wieder spannend, und theoretisch konnte jederzeit ein Güterzug auftauchen. Na ja, und wenn halt so gar nichts kommt, tritt der Titel des Reiseberichtes in Kraft und man fängt wie ein knöttriges Kind mit Rotz und Tränen erstickter Stimme und Schnodderfahne aus der Nase an zu zetern "Die sollen mal was machen"...

In Unešić kam jedenfalls schon mal nichts. Wir entdeckten im Ort ein schönes Café, wo wir nun endlich zu unseren Kaffees kamen. Und die waren mal richtig gut! Da hier auch ein HŽ-Mitarbeiter abhing, gingen wir davon aus, dass wir nichts verpassten. Nach dem Café- und einem Supermarktbesuch setzten wir uns noch auf die Bahnhofsbank. Auch wenn es in der Sonne schon ganz schön warm geworden war, ließ es sich dort im Schatten und in einem schönen Luftzug gut aushalten. Irgendwann setzte hinter uns im Fdl-Büro eine gewisse Betriebsamkeit ein. Man hörte irgendwelche Bimmeln, doch draußen tat sich nichts.

Irgendwann beschlossen wir, so langsam über Perković zu dem tollen, aus 2013 wohlbekannten Restaurant Torcida in Vrpolje zu fahren. Der Güterzug kam uns kurz hinter Unešić entgegen! Wir natürlich gedreht und ihn überholt, doch Hochlicht und wieder mal lange Nase voraus ließen nicht so die ganz großen Fotoambitionen aufkommen. Angesichts der hart arbeitenden Lok hatte ich noch an ein Video gedacht, doch da ich der Meinung war, dass es hinter Unešić nicht mehr bergauf ginge, ließ ich es bleiben. Schade, hätte ich es mal gemacht! Die Lok hatte auch bei uns noch gut zu tun, ihren Zug wieder auf Tempo zu bringen und hatte auf unserer Höhe noch kein Stück runter geschaltet...

Danach war aber definitiv Siesta angesagt. Und deren erster Teil sollte wie gesagt im Torcida stattfinden. Das 1kg Lamm vom Drehspieß war dann auch mal wieder richtig klasse; fast möchte man sagen, es überstieg unsere Erwartungen! Wir ließen uns sehr viel Zeit.


Endlich mal wieder Janjetina, Lammfleisch vom Drehspieß!

Und danach setzten wir die Siesta im Schatten der Bahnhofsbäume von Perković fort. Allerdings kamen wir dort nicht so richtig zur Ruhe. Das Bahnhofspersonal strahlte eine gewisse Erwartungshaltung aus, der Wagenmeister hatte schon seinen Hammer in der Hand. Und tatsächlich rollte bald ein Güterzug von Knin ein. Während er anhielt, fragte ich den Šef, ob der Zug nach Šibenik (blöd...) oder Solin fahren würde. Er antwortete "Ražine", und erklärte mir dann noch freundlicherweise, dass das zwei km vor Šibenik sei. Auch wenn die Hochlichtglocke noch laut über dem Tal schrillte - die Lok stand richtig herum, das Felsenmotiv bei Ripište musste jetzt gut passen, da macht man natürlich was draus. Man konnte dort sogar im Schatten sitzen, und bald kam der Zug angerollt.


Leander nutzt den Aufenthalt für was Sinnvolles und fotografiert den Zug.


Ein Güterzug nach Ražine kommt durch die Felslandschaft östlich von Vrpolje gerollt - zwischen den Halten Ripište und Dabar.


Leander hat etwas anders gestanden...

Nun war das Nachmittagsprogramm mit dem Bummel nach Perko und hoffentlich dem nachfolgenden Güterzug (der ja immer sehr sicher fuhr) gar nicht mehr so weit weg. Der Ausblick auf die Meeresbucht bei Labin sollte es sein. Wir parkten das Auto und liefen den schönen Weg am gegenüberliegenden Hang hinein. Trotz der Hitze ließ es sich sehr gut aushalten. Es wehte ein wunderbar frischer Wind. Am Motivhang angekommen, kraxelten wir noch ein Stück aufwärts, setzten uns auf die Steine und genossen den Ausblick. Von hier kann man sogar Flugzeuge von oben fotografieren - mit viel Tele jedenfalls. Der Flughafen von Split lag in der Ferne unter einem, und man konnte den Fliegern beim Starten zusehen. Der Pu 5506 kam dann zwar mit Lok und Wagen, aber mit nem fetten Graffiito auf dem ersten Wagen. Unter diesen Umständen wäre mir ein sauberer VT lieber gewesen...

Wir blieben einfach mal sitzen. Vielleicht würde uns ja der Güterzug nicht enttäuschen. Es war einfach nett dort - wobei man auf den Straßenlärm sicherlich hätte verzichten können. Als dann aber der beschmierte Pu von hinten drückte, fragte man sich schon, ob man dort bleibt oder für den Pu was sucht. Während wir noch am herumhadern waren, wurde uns die Entscheidung abgenommen. Plötzlich und unerwartet kam ein Y1/7122 aus Richtung Perković angefahren.


Ein kleiner "Schwede" kommt bei Labin abwärts gerollt - mit der Bucht bereits im Hintergrund.

Wenn der nun also die Strecke nach Kaštel Stari blockierte und danach der verspätete Lok bespannte Pu hinterher käme, könnte nun eine ganze Zeit lang nichts den Berg hoch kommen. Wir kraxelten den Hang also wieder runter und schauten dann, ob man mit dem Pu was am Esig Labin machen könnte, doch erstens fanden wir die Zuwegung auf die Schnelle nicht und zweitens war das Licht schon zu weit rum. Daher reihten wir uns in einen Tross äußerst lahmer LKWs ein, der abwärts strebte. In Plano wollten wir uns vom Tross trennen, indem wir am ersten Tommy-Supermarkt anhalten und Getränke besorgen wollten, doch die Idee war so gut, dass zwei der LKW-Fahrer die auch hatten und erstmal alles blockierten. Immerhin konnten wir vor denen wieder vom Hof, denn nach X Pu in Kaštel Stari konnte ja wieder was aufwärts fahren.

Unterhalb von Sadine wurden wir erstmal von Osmand (Open Streetmaps) in die Irre und auf einen blind endenden Weg geleitet, doch bald hatten wir auch auf dem altbekannten Weg Sadine erreicht und stiegen erstmal aus, um zu lauschen, ob ein Güterzug zu hören sei. Das war allerdings nicht der Fall. Weiter oberhalb wurde uns der Weg zu steinig, so dass wir den letzten Kilometer unter die eigenen Sohlen nahmen. Die Vorfreude war nun groß. Jetzt ging es um das Motiv, für das wir hauptsächlich den Urlaub in die längsten Tage gelegt haben, den Weitblick auf die Bucht von Kaštela mit Split im Hintergrund.

Es war herrlich dort zu sitzen. Langsam wurde es kühler, man hatte genug zu trinken dabei. Und der Blick war einfach nur traumhaft. Leider war der Verkehr auf der Schiene äußerst zurückhaltend. Wir hofften ja immer noch auf den Güterzug, doch der ließ sich nicht blicken. Dafür gab es paar Streckenaufnahmen von Flugzeugen. So von oben gelingt einem das ja auch eher selten. Eine Maschine nach der anderen kurvte über den Marjan und die Bucht herein.


Direktverbindung von Hamburg: Eurowings 7984 über den Dächern von Kaštela.

Der B 1205 nach Budapest war pünktlich ab Split gefahren. Bald war es so weit. Schnell wieder alle Kameraeinstellungen auf "Zugbetrieb" und vor allem das Normalobjektiv drauf, dann konnte es losgehen. Die Lok stand richtigrum, der Zug war sauber und meine Kamera löste bei Betätigung des Auslösers tatsächlich aus. Das war doch mal was!


Yess!!! Das wichtigste Motiv ist im Kasten: B 1205 nach Budapest oberhalb von Sadine mit der Bucht von Kaštela und Split im Hintergrund.

Tja, damit hatten wir DAS Musthave-Motiv der Tour bereits am ersten Abend im Kasten! Was nun tun? Wir blieben sitzen. Zu einem anderen Programmpunkt käme man nun ohnehin nicht mehr. Vielleicht würde ja noch eine Y1-Rücküberführung oder der Güterzug kommen, bevor die Sonne hinterm Berg verschwindet. Das war dann allerdings nicht mehr der Fall. Somit ging es ganz entspannt den Panoramaweg zum Auto zurück. Der Flugverkehr war plötzlich umgedreht, deshalb gibt es nun noch das Kapelleken mit startender SAS-Maschine.


Verschämt dreht sich SAS 1826 in das Land der Flygskam auf die Seite, nicht dass das Kapelleken Sveti Nofra noch Abgase abbekommt... Vielleicht gibt es ja irgendwann einen Nachtzug Stockholm - Split. Dann wird dieser Flug nicht mehr benötigt...

Zwanzig Minuten später erreichten wir unsere Unterkunft, die Pension Varnica in Kaštel Lukšić. Sie war mit 18,50€ pPN jetzt eher unteres Preisgefüge, aber man fragte sich warum, denn es war alles da, was man brauchte: Klimaanlage, Kühlschrank, eigene Dusche/WC usw. Und die Wirtin sprach deutsch! Unser Zimmer hatte einen schönen Balkon zum Garten. Was braucht man mehr?

Es war nach dem Zimmerbezug 20:30, wir hatten beide keinen Hunger mehr, wohl aber Durst. Man hätte also einen schönen Balkonabend abhalten können. Aber wir hatten "besseres" vor. Mal schauen, was es am Gestrande so an Bars gibt. Und da war die Auswahl gar nicht so schlecht. Letztendlich landeten wir in der Bar Twister direkt am Wasser. War das schön. Der Kellner hielt uns bei der Frage, welches Bier er hätte, wohl für die absoluten Volltouris und erklärte, er habe nur kroatische Biere (was nicht ganz stimmt, denn am Nachbartisch stand Nikšićko), taute dann aber sichtlich auf, als wir von uns aus nach Ožujsko fragten.


Och ja, in dieser Bar konnte man es schon ne Weile aushalten... Kaštela ist klasse!

Etwas schade war, dass die Musik immer lauter wurde und wir uns zum Schluss etwas anbrüllen mussten, aber ansonsten saß man da absolut herrlich. Auf dem Balkon gab es dann noch ein Bier aus Deutschland, das Leander im Gepäck gehabt hatte und dass durch die zwei Stunden im Kühlschrank immerhin nicht mehr warm war.

Sonntag, 30.06.2019

Der Wecker ging um 5.30. Man wollte ja den Nachtzug versuchen - wenn man schon an den längsten Tagen hier ist. Als Stelle hatten wir uns den Bahnhof Kaštel Stari ausgesucht. Zur Planzeit war dort die Sonne allerdings noch hinterm Berg. Doch der B 821 hatte 20-30 Minuten Verspätung und zehn Minuten nach Planzeit war die Sonne da.


B 821, der tägliche Nachtzug von Zagreb, erreicht den Bahnhof Kaštel Stari.

Nun sollte es in die Stadt gehen. Wenn nicht sonntags, wann denn dann? Erstmal steuerten wir den Bahnhof Split Predgrađe an. Leider wurde die neue "Split Metro", ein von der HŽ durchgeführter Pendelverkehr nur zwischen Predgrađe und Split Hbf in dichtem Takt, heute von einem Y1 bestritten. Eigentlich hat man dafür einen der neuen Končar-Triebzüge nach Split geschafft. Nach einer Proviantbesorgung in einem Tommy Markt beobachteten wir von der östlichen Bahnhofsbrücke ein wenig die Rangierarbeiten rund um den B 821. Zwei Sitzwagen wurden gegen die Wagen getauscht, die gestern Nachmittag nach Perko hoch liefen.


Im Betriebsbahnhof Split Predgrađe wird der B 821 in seine Bestandteile aufgelöst. Links steht noch immer die gepanzerte 2062 mit ihren Anhängseln. Ein Friedensmahnmal?


Nein, kein ICN, sondern Pu 5502 nach Perko verlässt den Bahnhof Predgrađe.

Dann ging es so richtig ins Zentrum der Aktivitäten, zum Hafen bzw zum Hbf. Nach einer Extrarunde zur Parkplatzsuche fanden wir die Zufahrt zum offiziellen Bahnhofsparkplatz, wo wir das Auto gegen eine kleine Gebühr stehen lassen konnten. Am Bahnhof gab es nun die Metro bei der Ankunft, ICN 520 bei der Abfahrt und den B 1204 bei der Ankunft.


Die Metro verkehrte leider nur als Y1 und wurde direkt am nächsten Tag in der Zeitung dafür gescholten... Pu 8411 aus Split Predgrađe erreicht Split.


Das ist jetzt tatsächlich ein IC... ICN 520 verlässt Split.


Und der B 1204 rollt in den Endbahnhof Split ein. Im Hintergrund ist der Turm des Diokletianspalastes zu sehen.

Dann sind wir schnell (na ja, so schnell es geht, wenn die Leute auf dem Parkplatz vor die Ausfahrschranke fahren und ihnen dann erst auffällt, dass sie noch bezahlen müssen...) nochmal rüber nach Predgrađe, um dort die Ankunft des B 1204 zu machen. War wegen Spitzlicht und dichter Lampenabstände in der Zugbehandlung allerdings eher suboptimal, auch wenn der Šef fotogen im Vordergrund stand.

Von der Großstadt hatten wir nun genug. Eigentlich hatten wir überlegt, mal langsam raus nach Perković zu fahren. Doch sollte ja noch der 7123 aus Perković zurück und uns entgegen kommen. Den auszulassen wäre ja schade gewesen. Irre weit konnten wir ihm nicht mehr entgegen fahren. Wir schauten deshalb mal den Bahn-Parallelweg oberhalb von Kaštel Stari hinein. Das war nun direkt auf den Spuren meiner allerersten Kroatienreise. Am Ende des Weges konnten wir den bogenschnellen Pu 5503 schön in den Wiesen fotografieren.


In den Olivenhainen oberhalb von Kaštel Stari: Pu 5503 legt sich gleich in die nächste Kurve.

Wir blieben nochmal stehen. Vielleicht würde ja noch ein Güterzug hinterher kommen, haha! Es war einfach ein nettes Sein hier zwischen Wiesen, Weinreben und Olivenbäumen, fast am Ende des Feldweges. Nur ein Zug ließ sich natürlich nicht mehr blicken. Deadline war 10.45, danach war eh Hochlicht. Ok, davor auch schon, aber noch ganz erträglich. Und wenn man schon mal hier ist...

Diesmal wollten wir die Mittagsphase mal für ein Bad im Meer nutzen. Wir hatten bloß keinen Plan, wo. So fuhren wir nach Badeklamottenaufnahme in der Pension die Küstenstraße westwärts. Uns schwebte ein ruhiger, abgeschiedener Strand vor, also nicht gerade in einem Ort und nicht gerade an der Hauptstraße. So fuhren wir hinter Svinca links ab in die Wicken. Die Nebenstraße war schön und eröffnete bei Querung eines Höhenzuges hübsche Ausblicke auf das Meer und die Hügel davor. Auf einem längeren Abschnitt von ca 2km war die Straße der Länge nach aufgerissen; da wurde neu asphaltiert. Für so einen langen Abschnitt gab es offenbar keine Baustellampeln, weshalb die Ampel der Gegenrichtung einfach mitten in der Baustelle stand. Dahinter wurde es kein Stück zweispuriger als davor. Der Gegenverkehr musste über die ziemlich heftige Asphaltkante in den Schotter ausweichen.

Von Dvornice fuhren wir nach Luka an die Küste ran. Von dort ging ein auf der Karte einsam aussehendes Sträßchen noch bis zu paar Häusern weiter nördlich. Wir hofften, in dem Bereich irgendwas zu finden. Die Küste war hier dann aber doch viel stärker besiedelt, als es auf der Karte ausgesehen hatte. Aber wir fanden dann doch noch einen ganz hübschen Felsstrand abseits des Trubels, bei dem herrlich klares Wasser lockte.


Das Wasser der Bucht Rogosnička Luka lockte mit herrlich klarem, türkisen Wasser.

Ich hätte mal einfach reinspringen sollen. Statt dessen balancierte ich erstmal auf einem Unterwasserfelsen, der erstens scharfkantiger war als er aussah und dessen Bewuchs mit hübschen kleinen Pflänzchen härter war als erwartet. Und das war dann auch das nachhaltigste Problem. So herrlich nun das Schwimmen in dem klaren Wasser war, so spürte ich doch bald, dass die Pflanze einige Splitter in meinem großen Zeh hinterlassen hat. Ich bekam nichts davon raus; paar waren auch vollständig unter der Haut. Na super! Auch zurück an Land ließ sich nichts rausziehen. Tja, es ist ja, wie es ist. Nach einer kleinen Trocknungssiesta mit Wellenglucksen stand das Mittagessen auf dem Programm. Mittlerweile war es 13 Uhr geworden. Leander entdeckte auf Tripadvisor ein Lamm-Grillrestaurant ein Stück westlich an der Hauptstraße. Die Portion war zwar kleiner als gestern, aber sie genügte uns.


Die nächste Portion Janjetina vom Drehspieß stand bereit!

Nach einem abschließenden Käffchen konnten wir nun auch langsam an das Nachmittagsprogramm denken. Den Perko-Bummel wollten wir nochmal oberhalb von Kaštel Stari machen. Mit kühlen Getränken im Gepäck suchten wir uns an dem Feldweg ein nettes Plätzchen und machten noch bischen Siesta. Pu 5506 war heute der planmäßige Triebwagen und machte sich mit Kirche und Esig von Kaštel Stari nicht ganz schlecht.


Pu 5506 an der Kirche von Kaštel Staris Bahnhofssiedlung.


Und nochmal zwei Kurven weiter, wo Leander stand.


Jeder hat so seine Lieblingstierchen...

Natürlich warteten wir auch heute wieder auf den Güterzug, diesen einst so verlässlichen Partner. Und auch heute warteten wir vergeblich. Nun war noch die Frage, was man mit dem Budapester Nachtzug macht. Die Wahl fiel bald auf einen der Dämme rund um die Hauptstraßenbrücke über die Bahn unterhalb von Labin. Das Warten in Kaštel Stari brachen wir ab und fuhren schon mal zu den Dämmen hoch. Dort mussten wir nach Bezug des Felsengrates oberhalb der Straße allerdings noch anderthalb Stunden warten. Es war nichts los auf der Schiene. Zwei geeignete Nachmittagszugfahrten nur - das ist ja wirklich mager! Na gut, ein Güterzug kam dann doch noch abwärts, aber der nutzte uns auch nicht wirklich etwas... Die Schatten wuchsen, der Budapester ließ uns doch recht lange warten, obwohl er lt Auskunft pünktlich abgefahren war. Eeeendlich schwoll der Soundpegel an und die 2044 kam mit dem Zug angefahren. Hinten hing ein Y1 dran. Am ersten Wagen prangte leider ein Graffito.


Zwischen Plano und Labin arbeitet sich B 1205 über einen der zahlreichen Dämme aufwärts. Hinten hängt ein Y1 dran. (Graffito beseitigt).

Ansonsten war der Zug ja echt super gekommen, das muss man schon sagen. Dank des angehängten und immerhin sauberen Y1 hatte B 1205 genau die passende Länge für den Damm. Da noch eine Weile Licht war, warteten wir nochmal einen Block ab, doch dann zog es uns in die Pension zurück, wo wir kurz nach 20 Uhr eintrafen. In der Bar an der Promenade gab es nun noch zwei Bierchen. Der Hunger hielt sich auch heute in Grenzen.

Dazu trug natürlich eine Sache bei, die ich jetzt nicht den ganzen Nachmittag episch breit getreten habe. Ich hatte ja nun immer noch diese komischen Dornen im Zeh. Und das tat beim Belasten des Zehs ganz schön weh. Nun recherchierte ich mal im Internet und fragte auch zuhause jemand, die sich damit auskennt, und die einhellige Meinung war: Geh zum Arzt! Blöd. Na ja, heute Abend konnte ich eh nichts mehr ausrichten, und heute war ja eh Sonntag. Aber ich machte mich mehr und mehr mit dem Gedanken vertraut, dass ich morgen mal die Wirtin nach nem Doktor fragen muss.

Montag, 01.07.2019

Zum Glück hatte ich gut schlafen können. Der Zeh war minimal angeschwollen und vielleicht eine Nuance errötet, aber so richtig "schlimm" sah das nicht aus. Dennoch planten wir mal, wie wir nun am besten vorgehen. Vor dem Nachtzug brauchten wir die Wirtin wohl nicht zu wecken. Deshalb brachen wir erstmal zum Frühprogramm auf. Es ging mal wieder zum Bahnhof Kaštel Stari, wo wir den B 821 zwischen Bf und unterem Esig abwarteten.


B 821 verlässt den Bahnhof Kaštel Stari.

Im Anschluss gab es noch den Pu 5513 spitz mit dem Esig. Dabei wurden wir regelrecht überfallen von Massen winziger Fliegen - so in der Größe von Gewitterfliegen. Die saßen bald auf dem ganzen Körper. Außerdem war es bereits jetzt in der Sonne drückend heiß geworden.


Ihm folgt Pu 5513 - hier mit dem östlichen Einfahrsignal.

Bis zum Budapester war nun eine gute Stunde Zeit. Jetzt mit der Wirtin wegen eines Arztes sprechen? Wäre hektisch geworden. So fuhren wir rüber nach Rudine, wo wir paar Möglichkeiten auf der Geraden unterhalb des Hp Sadine ausmachten. Letztendlich fiel die Wahl sogar ein wenig schwer, und ich entschied mich in Erwartung, dass die Lok eh wieder falschrum kommt, für die landschaftsbetontere Variante mit paar ollen Gartenschuppen im Vordergrund.


B 1204 hat die verstreuten Bauernhäuser in den Olivengärten von Rudine erreicht und soeben den Hp Sadine durchfahren.


Derselbe Zug fast an derselben Stelle, aber von oben angeschaut.

Nebenbei war "Knoten" in der Buskehre von Rudine, neben der ich stand. Sage und schreibe drei Busse (zwei davon Kleinbusse) wendeten dort unmittelbar hintereinander. Bei der Fahrt runter standen dann auch an allen Haltestellen Massen von Kindern und Jugendlichen. Später bekamen wir mit, dass es zur Schule ging, aber nur noch für die Zeugnisausgabe. Ferien! - Es ging zurück in die Pension, wo ich die Wirtin nun nach einem Arzt fragte. Sie wies uns den Weg zu einer Art Ärztehaus in Kaštel Stari.

Leander lief in den Ort, und ich stürzte mich direkt in das kroatische Medizinwesen. Das ging damit los, dass in dem neu und modern aussehenden Ärztehaus kein wirklicher Empfang vorhanden war. Es gab eine geschlossene Milchglasscheibe, die prädestiniert für die Anmeldung war. Ansonsten nur abzweigende Türen, viele streng aussehende Hinweisschilder auf kroatisch und eine wartende Menschenmenge, die minutiös größer wurde, ohne dass sich irgendwas tat. Auch an der Milchglasscheibe klebte ein Zettel, den ich mir mit "bitte nicht klopfen" übersetzte. Genau das hätte ich ja fast getan...

Weil ich so nicht weiter kam, fragte ich einfach mal in die Menschenmenge, ob jemand englisch spreche. Ein Herr erbarmte sich. Ich fragte ihn, wo man sich anmelden muss. Er sagte, ich solle an die Milchglasscheibe klopfen... Na ja, ich tat das dann auch, und von innen kam immerhin eine nicht böse klingende Antwort. Die Scheibe wurde aber nicht geöffnet. Zum Glück kam nun ein netter älterer Herr, der auch was von der Milchglasscheibe brauchte und der einfach mal die Scheibe von außen ein Stück auf schob. Dahinter war tatsächlich eine Schwester, die aber offenbar gleichzeitig auch Behandlungen durchführte. Durch den Spalt in der Scheibe konnten wir nun beobachten, wie sich ihr Patient von ihr verabschiedete, dann wurde die Scheibe vollends geöffnet.

Mein Beratungsgespräch dauerte nun gar nicht lange. Ich sei da falsch, wurde mir beschieden. Ich solle doch zur Ambulanz gehen. Einmal rechts ums Haus rum. Ok, das tat ich dann auch. Auf der anderen Seite des Hauses war eine einzige Tür, die ich probierte. Die war aber verschlossen. Auf dem Weg davor kam nun ein Herr vorbei, der mich gleich auf englisch ansprach (war er einer der Wartenden von eben gewesen? Ich weiß es nicht). Die Ambulanz sei umgezogen, er müsse dort aber auch hin, ich soll mal mit ihm kommen. Sehr nett! Wir liefen nun an den Strand runter und auf der Promenade westwärts. Ich wollte ihn gerade fragen, wieviele Kaštelas wir denn gehen müssen, da bog er in ein Grundstück ein, vor dem Krankenwagen standen.

Das Gebäude war nun eher im Amtsstubenstil der sechziger Jahre eingerichtet. Er klopfte an eine Tür, hinter der offenbar der Koordinator des hiesigen Ambulanzgeschehens saß, ein Mann, der ins Ambiente passte, ein graubärtiger Herr in den Sechzigern. Er sprach aber topp englisch und freute sich sichtlich, mir helfen zu können. Ich schilderte nun mein Problem und hatte nicht den Eindruck, dass er von sowas zum ersten Mal hörte. Nee, die Splitter hätten Widerhaken, beschied er mir, und die würde man nicht rausholen. In der Apotheke gäbe es eine schwarze Salbe, mit der die Dinger irgendwann von allein rauskommen. Auch das Thema der Desinfizierung wurde angesprochen. Die kroatische Herangehensweise war einzig die Frage: War das Wasser sauber? Ok, dann kein Problem! :-)

So konnte ich die schöne Strandpartie noch ein Stück weiter laufen. Direkt im Zentrum lag die Apotheke, in der ich zum dritten Mal meinen Fall schilderte. Die junge Dame war etwas irritiert, weil ich von schwarzer Pflanze sprach. Es handelte sich um Seeigel. Die kleben wohl auch gern stationär auf den Felsen. Gegen die Splitter gab es neben der Salbe sogar eine Art Besteck, mit dem man die Dinger dann irgendwann vollends rausholt.

Nun fiel die Anspannung doch sehr gewaltig von mir ab! Das Urlaubsgefühl setzte wieder ein. Gegenüber vom Strand gab es eine Pizzaria, in der wir (Leander und ich hatten zwischenzeitlich wieder zusammengefunden) wunderbar ein spätes Frühstück zu uns nehmen konnten. Neben dem einen oder anderen Kaffee gönnte ich mir Ham & Eggs. Danach holten wir das Auto an den Strand und Leander schwamm ne Runde in der warmen Salzlake, während ich herrlich im Schatten eines großen Baumes sitzen und beim Plätschern der Wellen meinen Ausflug in die kroatische Gesundheitswelt aufschreiben konnte.


Am Strand von Kaštel Stari.

Viertel nach elf waren wir startklar. Im Zuge der angedachten Runde durch Bosnien wollten wir nun ins Neretvatal weiterziehen. Auch hier war ich zwar schon, aber auch hier hatte sich der Verkehr verändert. Talgos hatte ich hier noch nicht. Und dass jetzt im Hochsommer drei Zugpaare fahren, bot natürlich ungeahnte Möglichkeiten. Für heute Abend freuten wir uns jedenfalls auf Bilder von zwei abendlichen Talgos an noch nicht umgesetzten Topp-Motiven. Man kann sich ja mal drauf freuen...

Über die Außenbereiche von Split, wo wir eine Abfahrt verpassten und deshalb mal kurz im Stau gelandet sind, ging es hoch zur Autobahn und auf dieser eine Abfahrt weiter bis Bisko. Ab dort hatten wir herrlich leere Straßen durch die Wildnis. Das Navi hatte uns nach Jablanica eine Route so richtig schön durch die wilde Berglandschaft ausgeworfen. Auf dem Weg zur Grenze fielen plötzlich Wegweiser auf, bei denen für unsere Straße der Ortsname Tijarica durchgestrichen war. Da man nach Tijarica allerdings nochmal von unserer Route weg abzweigen musste, dachten wir uns nichts dabei. Hinter dem Dorf Dobranje standen wir aber doch vor einer Absperrung.

Zunächst dachten wir, dass wir ganz bis zur nächsten Hauptstraße zurück müssten. Doch Leander entdeckte auf der Karte eine weiße Straße von Dobranje ostwärts an die nächste parallele Hauptstraße. Wir beschlossen, uns die Piste anzusehen und bei schlechter Befahrbarkeit wieder umzudrehen. Das war nun aber nicht nötig. Die einspurige Straße war durchgehend asphaltiert und wirkte stellenweise neu befestigt. Sie schlängelte sich wunderschön durch eine Wiesen- und Waldlandschaft über einen kleinen Höhenzug hinüber. In Svib hatten wir die nächste Hauptstraße zu fassen, auf der es nun stramm auf die Grenze zuging. Der Grenzübergang Prisika war offenbar nur schwach frequentiert. Vor uns warteten nur zwei Radfahrer, die mit den Grenzbeamten herumflachsten. Wir gelangten ohne Probleme hinüber. Grüne Versicherungskarte habt ihr? Alles klar, sretan put! Bei den Unterkünften muss man in Bosnien wegen polizeilicher Anmeldung immer angeben, über welchen Grenzübergang man eingereist ist. Prisika kannte niemand...

Die Fahrt durch Bosnien war wunderschön. Erst ging es oberhalb des Buško jezero entlang, einem großen Stausee. Über einen kleinen Pass gelangte man in eine wunderschöne Felsen-Wiesen-Hügellandschaft, in die das Städtchen Tomislavgrad eingebettet war. Die Außenbereiche dieses Ortes waren nun nicht so toll, aber gleich dahinter ging es weiter durch diese steinige Wiesenlandschaft. An einigen Stellen fühlten wir uns nach Schottland versetzt.


Zwischen Buško jezero (=See) und Tomislavgrad beim Anstieg zur Passhöhe.

Dazu trugen sicher auch die hohen Berggipfel bei, die jetzt immer näher rückten. Wir kamen in den Nationalpark Blidinje. Dabei hatten wir gar nicht bemerkt, wie wir immer mehr an Höhe gewonnen hatten. Wir wunderten uns nur, dass die Temperatur beim Ausstieg zum Fotografieren jetzt trotz Sonnenhöchststandes richtig angenehm war. Tatsächlich befanden wir uns auf über 1200m Höhe!


Felsenlandschaft östlich von Tomislavgrad.


Blick auf den Blidinjsko Jezero.

Auf einer Höhe von 1280m liegt der Blidinjsko Jezero, der größte (aber nicht wirklich große) natürliche See Bosniens. Wir stellten uns vor, dass das Wasser sicher herrlich kühl zum Baden wäre. Ob man morgen zu diesem Zweck nochmal herkäme? Das Navi warf nur 40 Min Entfernung nach Jablanica aus! Wir brauchten allerdings deutlich länger, weil es einiges zu fotografieren gab. Bemerkenswert: Wenn vor Häusern Flaggen wehten, waren es immer kroatische - teils außerordentlich demonstrativ! Hinter dem Wintersportort Risovac ging es noch ein kleines Stück aufwärts, dann kam der Bergkamm, die Landkreisgrenze und es passierte das, womit man rechnen muss, wenn man auf einer neu ausgebauten Straße unterwegs ist und die Landkreisgrenze passiert. Na, wer errät es?

Klar, die perfekt ausgebaute Piste ging in eine Schotterstraße über. Es hätte aber viel viel schlimmer kommen können! Wer meine Reiseberichte regelmäßig verfolgt, weiß, dass so eine Kreisgrenze auch schon mal den Übergang in eine vollkommen unbefahrbare Matsch- oder Geröllpiste bedeuten kann. Waren Yannick und ich nicht 2012 zwei Täler weiter südlich nach langer Stichfahrt in ein Tal hinein wieder umgedreht?

Also, das alles passierte nicht. Die Schotterpiste verfügte zwar auch über manches Schlagloch, aber sie war absolut befahrbar. Wir teilten uns die Piste mit zwei Autos mit Zagreber Kennzeichen, alles Leihwagen. Immer mal wieder überholte man sich, wenn einer zum fotografieren an den Rand gefahren war. Es ging jetzt steil in die Tiefe. Ab dem ersten Ort Sovići hatten wir schon wieder Asphalt unter den Rädern.


Noch oberhalb von Sovići blicken wir in das tiefe Tal hinab, durch das wir nach Jablanica fahren wollen.

Weiter unten war die Straße eine Baustelle, was aber wohl hauptsächlich mit dem Bau einer Wasserkraft-Leitung zu tun hatte. So erreichten wir gegen 15 Uhr Jablanica. Wir checkten direkt im altbekannten Hotel Maksumić ein. Zum Glück bemerkte Leander jetzt, dass der eine Talgo, den wir in zwei Stunden fotografieren wollten, offenbar aus dem Fahrplan getillt worden war. Das war ja nun wieder Balkan life. Schade, drei Zugpaare hier wären ja auch zu schön gewesen. Die Züge mittags runter und um 17 Uhr wieder hoch waren dem Fahrplan entnommen.

Was also nun? Immerhin konnten wir jetzt noch umdisponieren. Da würde ja bald der Bummelzug von Sarajevo nach Konjic fahren. Dann mussten wir dem eben entgegen fahren. Gesagt - getan. Da man ja gern was Neues ausprobieren will, probierten wir zunächst, unterhalb von Bradina an den Hp Plješevac heranzukommen. Das Hocharbeiten aus dem Talgrund über schmale, aber gut befahrbare Asphaltwege war wunderschön. Aber trotz auf der Karte verzeichneter Wege fehlten uns am Ende dann doch immer die letzten Höhenmeter. Man muss sich die Landschaft hier als Almlandschaft vorstellen, die aber mehr senkrecht als waagerecht an den steilen Hängen klebt. Hoch über uns die Felszinnen und auf halbem Höhenwege dort oben irgendwo die Bahn... Wir disponierten um und erwarteten R 2401 im Bahnhof Grad. Dort empfing uns nun wieder die brütende Hitze, die wir heute Morgen in Sadine bereits erlebt hatten. Vom Cheffe war nichts zu sehen, der hatte sich in seinem Häuschen verrammelt. Nur sein Uniformhemd hing draußen. Das fischte er sich schnell hinein, bevor die Zugfahrt anstand.


Nach der Feststellung, dass es keine Ein- oder Ausstiegswilligen gibt, hebt Cheffe den Befehlsstab: Regio 2401 darf weiter fahren.

Wir freuten uns über eine graffitifreie Garnitur. Schweißüberströmt fuhren wir dann mit dem Auto runter nach Konjic, wo wir den 2401 nochmal schön im Bahnhof bekamen.


R 2401 fährt in den Bahnhof Konjic ein...


...und zieht zum Umlaufen der Lok noch ein Stück vor.

Dann wurde es aber Zeit für den abwärts fahrenden Talgo. Für den hatte ich ein Hammermotiv bei Globarica in der Neretvaschlucht im Hinterkopf. Machen wir es kurz. Die angedachte Brücke war in keinster Weise im Licht. Was mag ich da wohl im Hinterkopf gehabt haben? In diesem Moment hätten wir uns noch entscheiden können, zum großen Viadukt in Jablanica zurück zu fahren. Taten wir aber nicht. Wir hofften nun auf die Drežankabrücke ein Seitental weiter. Die war dann auch noch schön im Licht, doch das Bild wäre ein besserer Nachschuss geworden. Im weiteren Talverlauf gab es auch keine Möglichkeiten mehr. Das war ja heftig! Den Zug haben wir mal so richtig vergeigt. Muss vielleicht auch mal sein. Ein Bild von der Denkmallok in Jablanica gab es noch. Wie kann man die nur so mit Schildern zumüllen?


Da hat sich der örtliche Schilderhersteller wirklich eine goldene Nase verdient (und seine Auftraggeber sprichwörtlich eins auf dieselbe).

Nun gab es kein Halten mehr. Wir hatten mittags nur bischen was geknabbert, und so hatten wir einen mega Hunger. Und Durst natürlich. Da verdunsteten die 0,33l Flaschen des Sarajevski Pivo all zu schnell. Und beim mešamo meso hatten wir uns auch etwas vom Ober beschwätzen lassen, dass die Platte für zwei reichen würde. Ich hätte sie (bis auf die viele Leber) gut allein essen können. Aber mit viel Brot und extra Šopska Salat sowie hinterher Palatschinken kamen wir gut über die Runden. Da wir auf dem Zimmer weder Stuhl noch Kühlschrank hatten, blieben wir einfach sitzen, bis die Kellner die Polster einsammelten. Zur Bezahlung reichten dann gerade eben unsere zusammengerafften Altbestände an KM...

Dienstag, 02.07.2019

Heute ging der Wecker immerhin erst um 6 Uhr. So toll hatte ich leider auch nicht geschlafen, da die Klimaanlage ziemlich auf mein Bett pustete und ich mich mit einem zweiten Kissen ÜBER meinem Kopf arrangieren musste. Während schon die ersten Frühstücksgäste auf der Terrasse am mampfen waren, stiegen wir ins Auto. Da wir nicht genau wussten, wo um 7 Uhr schon das Licht in die Schlucht kommt, hatten wir etwas Reserve eingebaut. Auf der Fahrt in die Schlucht drehten sich an den ganzen Restaurants schon wieder die Janjetinas über der glühenden Kohle. Während das nach Vorbereitung für das Mittagessen aussah, wunderten wir uns, dass einige der Buden jetzt schon voll waren! Alles Frühstücksgäste? Wie wir später bemerkten, frühstücken die Bosnier auch durchaus morgens schon riesige Fleischplatten und Pommes. - Der B 720 kam dann am Wunschmotiv an der Felswand bei Grabovica schon bestens ausgeleuchtet. Eine Stärke der langen Tage!


Nun fährt hier also der Talgo... B 720 an der Felswand von Grabovica.

Für den anderthalb Stunden später anstehenden Gegenzug fuhren wir nach Drežnica, wo wir die Drežankabrücke von der kleinen Festung südöstlich der Brücke aufnehmen wollten. Dort war bei Ankunft noch alles im Schatten. Und wir hatten auch noch über eine Stunde Zeit. Deshalb gab es erstmal ein Nickerchen im Auto. Jetzt im Schatten des Morgens war es noch wunderbar auszuhalten. Eine halbe Stunde vorm Zug schmierten wir uns mit Sonnenchreme ein und liefen los. Die Sonne kam jetzt hervor. Es ging runter zum Haltepunkt und dann über die Brücke ins Motiv. Nach dem Austaxieren des besten Standortes auf dem Fotohügel rund um die alten Festungsmauern hieß es erstmal warten. B 723 war ein typisch bosnischer Zug. Er kam einfach erstmal nicht.

Das mit dem typisch bosnischen Zug muss ich aber revidieren. Weil er nicht kam, hatte man sich zunehmend bequemer auf der Wiese eingerichtet, döste etwas vor sich hin, freute sich über das frische Lüftchen, das noch aus dem Tal wehte und schrieb bischen Reisebericht. Der Zug geriet gedanklich mehr und mehr in den Hintergrund. Na ja, und dann passierte das unbosnische: Plötzlich und unerwartet schoss der Zug aus dem Tunnel hervor! Ich konnte mich gerade noch aus dem Gras aufraffen und meine Kamera hochreißen! Es ging aber alles gut! Selbst Lex Wilderness in Form eines komplett in warnorange gekleideten Mitarbeiters auf der Fischfarm hinter der Brücke hatte Pause. Als der Zug kam, befand er sich so weit rechts, dass man ihn zufahren lassen konnte.


Bei Drežnica wird die Mündung der Drezanka in die Neretva auf einer längeren Brücke gequert.

Alles super gelaufen! Die halbe Stunde Verspätung war ja noch im Rahmen. So schafften wir es noch bis kurz vor 10 zurück ins Hotel, wo wir erstmal das in der Übernachtung inkludierte Frühstück zu uns nahmen. Jetzt hatten wir viel Zeit! Wir bestellten uns sogar noch einen zweiten Kaffee nach. Das gab beim Aufbruch etwas Irritationen, doch konnten wir hoffentlich erklären, dass wir davon ausgingen, dass ein Hotelfrühstück durchaus auch einen zweiten Kaffee (bei den lütten Gefäßgrößen hierzulande) beinhalten kann. Jedenfalls winkte der Kellner dann ab.


Spiegelei-Frühstück im Motel Maksumić.

Nun noch kurz im Zimmer frisch gemacht, dann fuhren wir zur Erkundung mal komplett über den Ivanpass rüber. In Bradina wollten wir nur mal kurz an den Bahnhof schauen. Das Schauen entwickelte sich allerdings zur sofortigen Kehrtwende, als wir sahen, dass ein nordwärts fahrender Güterzug abfahrbereit im Bahnhof stand. Zügig ging es über den Pass. Im Talkessel von Tarćin, wo man früher von einem Punkt beim Friedhof einen Zug auf drei Viadukten vollwertig fotografieren konnte, ging leider gar nichts mehr, weil sich im Talkessel das Autobahnende mit Lampenspalier und partieller Lärmschutzwand breit gemacht hat. Aber im Ortsbereich von Tarćin fanden wir von einer Freifläche einen Blick auf den untersten Viadukt, den ich auch noch nicht so richtig fotigrafiert hatte. Na ja, ob unser Hochlichtbild jetzt "richtig" war, kann man natürlich hinterfragen. Aber motivlich war es ganz nett.


Güterzug in Richtung Sarajevo auf dem untersten Viadukt von Tarćin.

Danach kundschafteten wir nochmal entlang der Bahn weiter bis Hadžići. Vorrangig ging es uns dabei um ein Motiv für den Bummelzug heute Nachmittag. Kurz vor Hadžići konnte auf einer Stützmauer etwas gehen. Und nun? So richtig auf Mittagessen hatten wir noch keinen Appetit. Und ganz wieder über den Pass rüber bis hinter Konjic zu einem der schönen Restaurants fahren und dann wieder hierher zurück schied auch aus. So besorgten wir uns paar Kleinigkeiten im Supermarkt (z. B. leicht gekühlte Melone) und suchten einen schönen Rastplatz - möglichst mit Bahnblick. Das erwies sich nun als ganz schwierig. Wir fuhren von Resnik einen Weg in Richtung Deovići in der Hoffnung, dass wir auf der anderen Seite des Bahntunnels abseits der Hauptstraße ein schönes Plätzchen fänden. Doch der Weg wurde immer mieser, so dass wir letztendlich umdrehen und den miesen Weg zurückfahren mussten. Wir fuhren nun aus Richtung Tarćin in diese Bahnschleife und fanden auf einer offensichtlich kaum genutzten Asphaltstraße zu einem Reiterhof ein schattiges Plätzchen mit schönem Blick in den Talkessel. Hier konnten wir ganz passabel Siesta halten.


Der olle Golf kriegt sie alle! :-)

Um 15.30 sattelten wir langsam mal die Hühner. In den anderthalb Stunden unseres Aufenthaltes waren ganze zwei Autos hoch- und wieder runter gefahren, eines nur hoch und ein Fußgänger, der links und rechts des Weges nach verwertbaren Kräutern schaute, lief runter. Zugverkehr hatte nicht stattgefunden. Es ging nun bis zu dem freien Abschnitt unten am Ende des engen Tals kurz vor Hadžići. Man stand etwas blöd an der Mauer, und im Verkehrsstaustudio waren wir wohl als Blitzer auch schon berühmt geworden, jedenfalls fuhren unten die Autos plötzlich so langsam. Als wenn Polizisten so blöde wären, bei der Hitze da oben an der Mauer rumzukrauchen, Polizisten stehen hier IMMER im Schatten...


R 2401 kam heute mal mit orangeroter Lok - hier kurz hinter Hadžići. Dies ist jetzt die originale Straße mit relativ langweiligen Autos. Ich hätte auch noch die Begegnung eines alten Golfs mit einem noch älteren Mercedes Transporter im Angebot :-)

Den Pu 2401, der heute sogar eine rote Lok vor hatte, wollten wir uns dann nochmal am Südabstieg des Passes nehmen und dazu so weit wie möglich einen Fahrweg auf der Westseite des Tals hoch fahren. An den ersten Häusern von Galjevo fanden wir dann auch einen phantastischen Ausblick.


In den Kehrschleifen des Ivan-Südabstigs ("Bradina Rampa"): R 2401 zunächst auf der oberen...


...und dann auf der mittleren Ebene. Hier rollt er auf den Bahnhof Ovčari zu.

Der Ausblick war so klasse, dass schnell der Wunsch gereift war, auf der mittleren Ebene auch nochmal einen längeren Zug, sprich den nachfolgenden Talgo mitzunehmen. So harrten wir einfach an dem schönen Punkt weiter aus. Im Laufe der Zeit hielten drei Autos auf dem Fahrweg bei uns an und die Fahrer fragten freundlich-interessiert, was wir dort machen. B 721 kam wie der Bummelzug zuvor mit rund zehn Minuten Verspätung.


Und B 721 nochmal auf der mittleren Ebene.

Nachdem wir ihn auf der mittleren Ebene erledigt hatten, war Eile angesagt. Der Zug musste ja nun noch zwei Täler ausfahren. Wir wollten zumindest probieren, zur Bahnbrücke über den Jablaničko Jezero zwischen Konjic und Čelebići zu kommen und den Zug dort nochmal zu machen. Wir kamen dann auch erstaunlich gut durch und enterten die fragliche Hauszufahrt. Womit wir nicht rechnen konnten: Der Ausblick auf die Brücke war komplett zugewuchert. Wir hatten zumindest von den als Standort bekannten Häusern aus keine Chance! Weitergehendes Forschen war nicht drin; der Zug kam nach ca einer Minute.


Dann muss ich eben eine ältere Variante dieses Motivs zeigen: Im Jahr 2011 hatten wir den Standort noch knapper erreicht, aber das Bild des Güterzuges klappte!

Tja, dann wussten wir das jetzt auch. Damit war das Programm praktisch beendet. Klar konnte man sich noch irgendwo hinstellen und auf einen Güterzug hoffen, aber wie aussichtsreich wäre das? Wir hatten ja nichts Richtiges zu Mittag, und so waren wir reif für ein Abendessen. Dazu hatten wir uns diesmal eines der Grillrestaurants ausgesucht, bei denen man toll auf der Veranda über dem See sitzen konnte. Und zu unserem Erstaunen hatte man sogar Bahnblick und hätte direkt vom Tisch südfahrende Züge umsetzen können. Halbherzig legte ich die Kamera mit dem Tele bereit, schloss die Kameratasche aber wieder, als nebenan eine arabische Familie mit tief verschleierter Mutter an den Tisch kam, deren nervig-laute Kinder überall herumwieselten. Als dann tatsächlich der passende Güterzug kam, war die Vorwarnzeit zu knapp (ich saß leider mit dem Rücken in Richtung Bahn bekam die Kamera nicht rechtzeitig heraus).


Wie ein Paradies... Das Restoran Bagrem liegt wunderschön oberhalb des Jablaničko Jezero.

Sei es drum. Das eiskalte Laško aus dem Fass war wunderbar, aber ich musste uns ja noch drei oder vier Straßentunnel weiter ins Hotel fahren. Somit war nach dem zweiten Bier leider Schluss. Wir vertagten uns ins Hotel, wo wir auf der Wasserplätscherterrasse mit Ožujsko weiter machten. Die Temperaturen waren jetzt angenehm und man konnte wunderbar draußen sitzen. Mit der Rechnung kam dann auch der Zettel von unseren zweiten Frühstückskaffees. Was nicht inkludiert ist, ist eben nicht inkludiert, und wenn es nur der zweite Frühstückskaffee ist... Irgendwie glaubte ich ein Dejavu zu erleben. Und siehe da: 2010 war uns hier laut Reisebericht in etwa dasselbe passiert...

Mittwoch, 03.07.2019

Heute konnten wir eine halbe Stunde länger schlafen. Den Frühzug wollten wir innerorts nehmen. Erstmalig wachten wir auf dieser Tour auf und sahen mehr Wolken als Himmelsblau. In der fraglichen Richtung sah es aber nicht chancenlos aus, so dass wir zur großen Brücke aufbrachen. Der Viadukt kam bald topp ins Licht. Leider hatten sich die Nebel auf der Neretva gerade verzogen, als B 720 über die Brücke kam.


Der große Viadukt in Jablanica: B 720 erreicht in Kürze den Planhalt Jablanica Grad.

Vor dem Gegenzug war nun Zeit für das Frühstück - mit nur einem Kaffee natürlich! Das konnten wir ganz entspannt verputzen, bevor es nach Grabovica ging. Das Hammermotiv mit der Bogenbrücke über die Diva Grabovica sollte jetzt gern nochmal mit Talgo sein. Erst pünktlich zur Planzeit des Zuges liefen wir vom Parkplatz durch den Straßentunnel ins Motiv. Man stand da furchtbar: Rittlings über der Leitplanke, auf der einen Seite der Abgrund zum Fluss, auf der anderen der Schwerlastverkehr dieser stark befahrenen Hauptverkehrsader. Dennoch durfte der Zug nicht pünktlich kommen, denn die Brücke war noch zugeschattet. Erst zehn Minuten nach Planzeit war sie das nicht mehr. Der B 723 ließ uns dort allerdings weitere 50 Minuten zusätzlich ausharren. Er tauchte mit einer Stunde Verspätung auf!


B 723 passt genau auf die Bogenbrücke über die Diva Grabovica, die hier in die Neretva mündet. Ausnahmsweise zieht eine Lok in der rotweißen "Türkenlackierung".

Immerhin hatte man dort im Schatten warten können. Und durch das Tal wehte ein angenehmes Lüftchen. Nein, das war mehr, das war ganz guter Wind. Der nächste Programmpunkt sollte um 12 Uhr bei Konjic stattfinden. Bis dahin hatten wir noch eine Dreiviertelstunde Luft. Wir fuhren nach Drežnica und stellten uns einfach auf die Neretvabrücke, wo man gut in beide Richtungen fotografieren konnte. Blieb nur noch eins: Die sollen mal was machen! Da unten auf dem Gleis vielleicht einen Zug fahren? Immerhin stand man, obwohl in der Sonne, doch in einem schönen frischen Wind. Deadline war 10.45. Als es soweit war, verabschiedete ich mich von Leander kurz mit den Worten, dass ich mal eben an das Ende der Brücke laufen und eine Stange Wasser ins Gebüsch stellen werde und dass in dem Moment bestimmt ein Zug kommt. Und ich lief an das Ende der Brücke, stellte eine Stange Wasser ins Gebüsch und der Zug kam! Zum Glück aus der Richtung, aus der man ihn früh bemerken konnte...


Ein Güterzug auf der Drezanka-Brücke bei Drežnica. Er dürfte zeitlich dem Zug entsprechen, den wir gestern Mittag auf dem Ivanpass gesehen hatten.

Nun ging es nach Konjic. Wenn man dort mal in die richtige Richtung abbiegt, kommt man sogar durch eine hübsche kleine Altstadt. Wir bogen in die richtige Richtung ab, denn wir mussten jetzt mal der Neretva ein kleines Stück weiter aufwärts folgen. Hier ist die Neretva endlich mal frei von großen Verkehrswegen, es ist ein kleines Waldtal. Bald ging es über eine Brücke auf die andere Flussseite und ein Stück wieder zurück. Dann standen wir vor einem Tor, vor dem wir von einem Mann von Travel Konjic empfangen wurden. Für 20 KM pro Person, die sofort zu entrichten waren, durften wir uns in eine Liste eintragen. Ein Wachmann öffnete nun das Tor. Wir hatten noch ein kleines Stück durch den Wald zu fahren, dann hatten wir ein einsam gelegenes Haus in der Abgeschiedenheit erreicht.

Ein einsames Haus, und doch konnte hier bei Bedarf eine ganze Hundertschaft eine nukleare Katastrophe bzw einen Atomkrieg überleben. Tito hat sich hier für 4,6 Mrd Dollar (entsprächen heute 10 Mrd) eine vollkommen autarke Kleinstadt in den Berg hauen lassen. Und das besondere ist, dass die gesamte Technik für Klimaanlage, Elektro und Wasserversorgung - alles natürlich dekonterminierbar - aus den 1950er bis 1970er Jahren noch vollkommen funktionsfähig ist.

Die Anlage war vollkommen geheim. Heute ist das Geheimnis allerdings so weit gelüftet, dass sich zur 12 Uhr Führung immerhin rund 30 Leute zusammenfanden, die sich etwa 50:50 auf eine bosnisch und eine englisch gesprochene Führung aufteilten. Das war schon sehr interessant. In dem riesigen Tunnelsystem sind allerdings auch sehr viele Kunstwerke installiert. Nicht so schön fand ich, dass die wertvolle authentische Originaleinrichtung vielfach mit dieser Kunst durchmischt war. Manchmal konnte man gar nicht auf den ersten Blick erkennen, was echt und was Kunst war. Tito selbst hat diesen Bunker übrigens nie aufgesucht. Zum Glück, möchte man meinen...


"Das Haus" von außen.


Erstmal geht es im Haus in einen Tunnel hinein.


Der Verbindungstunnel zu Titos Wohnhaus.


Willkommen in Istanbul! Alle militärischen Einrichtungen Jugoslawiens hatten Codenamen. Dieser Bunker hier war "Istanbul".


Die Fernschreibstelle.


Zur schnellen Weitergabe von Informationen gab es Durchreichen...


Am Kartentisch gab es gleich vier rote Dringlichkeitstelefone. Ein grünes Höflichkeitstelefon fand sich im ganzen Bunker nicht.


Besprechungsräume gab es im Bunker auch.


Von diesem Leitstand aus konnte man das Land regieren, auch ohne rotes Telefon.


Der Steuerschrank für die gewaltige Klimaanlage. Ein Großteil der Eintrittsgelder geht für die Energiekosten drauf, die diese Anlage verschlingt.

In unserer englisch sprechenden Gruppe befand sich eine amerikanische Familie, die offenbar hiesige Wurzeln hatte, eine osteuropäische Familie und eine Araber-Famile, bei der wieder die tief verschleierte Frau auffiel. Wir hatten uns schon gewundert, dass viele Ausflugslokale und Sehenswürdigkeiten Beschriftungen in arabischer Schrift trugen, und nun traf man hier immer wieder auf Araber, die sich offenbar in teuer aussehenden schwarzen Transportern mit verspiegelten Scheiben durch die Gegend chauffieren ließen. Tatsächlich läuft wohl seit einigen Jahren ein touristisches Programm, über das Araber visafrei nach Bosnien reisen können. Bosnien muss für Araber attraktiver sein, als unsereiner vermutet, stellt es doch mit seiner noch recht grünen Natur, den Seen und Wasserfällen eine Art erfrischenden "Garten Eden" dar. Dazu bekommt der gläubige Moslem eine intakte Infrastruktur, die seine speziellen Wünsche berücksichtigt. Die arabischen Damen fallen aber doch sehr auf, schließlich läuft in Bosnien keine oder kaum eine Muslima alltags in Burka & Co herum.

Nachdem wir um 13:45 wieder aus der Kühle hinausgetreten waren, ging es zum Essen. Wir wählten das erste Restaurant am See westlich von Konjic. Auch dort saß man herrlich auf einer Terrasse über dem See abseits der Straße. Wir nahmen Čevapi und Šopskasalat. Rechtzeitig zum Bummelzug ging es dann nach Ovčari. Den "Park&Rideplatz" fanden wir auf Anhieb, der Pfad hoch zum Bahnhof war jedoch zum Teil schon von der Natur zurück erobert worden. Er war mühsam zu gehen.

Der Bahnhof selbst war offenbar nicht mehr besetzt. Die Signalanlagen und Weichenantriebe waren ja schon seit dem Krieg außer Betrieb. Ersatz bildeten Flaggensignale des Weichenwärters, nachdem er zuvor die Weichen örtlich gestellt hatte. Aber nun verzichtet man wohl auf den Bahnhof als Zugfolge- oder -kreuzungsstelle. Dort oben wartete es sich herrlich. Auch hier wurde die Hitze durch einen angenehmen Wind aufgelockert. Man konnte schön im Baumschatten sitzen und hatte sowohl den Zulauf von oberer als auch von unterer Ebene im Blick. Unseren Wunsch "Die sollen mal was machen" erfüllten sie aber höchstens dahingehend, dass der Pu 2401 relativ pünktlich, also unter 10 Min verspätet, auftauchte. Das war insbesondere deshalb gut, weil von Westen eine Wolkenfront quasi in den Startlöchern stand, um vor die Sonne zu ziehen.


Den Regio 2401 gibt es zweimal, einmal oben...


...und einmal unten (eigentlich ja die mittlere Ebene; die untere verläuft unten im Tal).

Irgendwie war der Zug ja doch ganz schön kurz gewesen. Doch hier wieder auf den Talgo warten? Der weitere Plan war eigentlich, den Talgo auf der Brücke von Jablanica zu nehmen - nunmehr aus der Abendperspektive. Hier wurde das Licht bald gedimmt. Westwärts sah es "komisch" aus. Wie es in Jablanica aussehen würde, konnten wir nur sehen, wenn wir nach Jablanica führen. Während uns ein Streckengeher von oben entgegen kam, liefen wir zu einem anderen Pfad unweit der Einfahrweiche, der durch offenere Gegend abwärts führte.

Der Güterzug kam auf der oberen Ebene, als wir fast unten an der Nebenstraße angekommen waren. Wir sprinteten den Hang wieder hoch. Der Streckengeher nahm ob unseres merkwürdigen Tuns reißaus und hatte nun paar Meter zurück noch eine ganz wichtige Stelle zu begutachten. Schweißüberströmt kamen wir am Standpunkt wieder an und konnten den Gütermann immerhin noch mit 90% Licht umsetzen.


Den nachfolgenden Güterzug gab es aus im Text dargelegten Gründen nur unten in der Einfahrt in den betrieblich nicht mehr genutzten Bahnhof Ovčari. Als Haltepunkt für den Bummelzug besteht die hoch über dem Ort gelegene Station aber noch.

Nun aber los, wenn wir für den Talgo noch bis Jablanica wollten. Die Züge sind deutlich schneller geworden; wo man einen Zug früher mehrmals hintereinander bekam, muss man das Vorwegfahren nun rechtzeitig starten. Selbst heute Vormittag den Güterzug sahen wir bis Konjic nicht wieder... Bei Konjic fuhren wir in die geschlossene Bewölkung hinein. So richtig hungrig waren wir noch nicht. Zeit für etwas Kundschaft. Uns hatte schon immer die zwischen zwei langen Eisenbahntunneln gelegene Brücke über einen Seearm bei Ribići fasziniert.

Dort fuhren wir einfach mal rein. Oder so einfach auch wieder nicht, da ein Schlauberger mit seinem Kleinbus die Straßeneinmündung für einen Parkplatz hielt und sich rundherum eine Jugendgruppe gerade die Beine vertrat. Aber am Ostufer gab es auch eine Straße, mittels derer man einmal um die Bucht rumfahren konnte. Dieses Ribići ist wirklich allerliebst rund um den Seearm gelegen, die Straße windet sich wunderbar auf und ab und schlängelt sich zwischen den Grundstücken und der Bucht hindurch. Wenn sich Bewohner der einen Buchtseite mit denen der anderen treffen wollen, nutzen sie gern die Bahnbrücke als Abkürzung. Während wir hier den B 721 erwarteten, also den nicht ganz langsamen Talgo, standen zwei Jungs mitten auf der Brücke und unterhielten sich. Dabei taperten sie auch immer wieder ins Gleis. Rechtzeitig zum Zug waren sie aber doch verschwunden...


Den B 721 gibt es heute mal ohne Sonne. So kann man die hübsche kleine Brücke bei Ribići mal von Norden fotografieren (wobei die Sonne um diese Zeit auch schon von Norden gekommen wäre, aber durch den Hangschatten nur wenige Bögen der Brücke erfasst hätte).


Leander konnte Menschen und Züge aus der spitzen Perspektive aufnehmen.

Dafür war nun ein Einheimischer auf mich zu gekommen, der bewundernd meine Kamera anschaute und mir Fotos auf seiner kleinen Kompaktkamera zeigte. Da waren wirklich nette Aufnahmen dabei. Leider unterhielten wir uns in unterschiedlichen Sprachen... Mittlerweile war es 18.30. Wir hatten beide Appetit auf ein eiskaltes Laško und steuerten deshalb wieder das schöne Restaurant Bagrem von gestern an. Zum Essen gab es Linseneintopf und Šopskasalat, wobei der Eintopf eher eine dünne Suppe ohne erkennbare Linsen war. Nach dem späten Mittagessen reichte es uns aber.


Abends gab es nur Suppe und Salat.

Abends im Hotel gab es dann noch einen Tatort auf dem Zimmer, den ich aber nur als Hörspiel genießen konnte, weil ich den ganzen Reiseberichtstag nochmal neu schreiben musste. Mein Tablet war nach dem gleichen Muster wie vor einem halben Jahr in den USA abgestürzt. Immerhin hatte ich jetzt jeden Abend ein Backup gemacht, aber der Absturz kam natürlich kurz vor dem Backup dieses Tages. Ich habe mir jetzt ein noch besseres Speicherkonzept ausgedacht...

Donnerstag, 04.07.2019

Heute Morgen hatten wir für den frühen Nordfahrer eigentlich gar nicht mehr so die großen Must have Motive. Deshalb stellten wir den Wecker erst zum rechtzeitigen Frühstück vor dem Südfahrer. Wenn wir vorher wach würden, könnten wir immer noch los. Nun, ich war um 6 wach, der Himmel schien wolkenlos. Jetzt nicht loszufahren und einen von vier fotografierbaren Zügen am Tag einfach sausen zu lassen - das wäre Sünde gewesen. In der Schlucht hatten wir noch Stellen, "die man sich mal anschauen konnte". Wir ließen uns Zeit und hangelten uns von Parkplatz zu Parkplatz und hielten dann ziemlich wild zu Füßen eines kleinen Felsens, wo neben der stark befahrenen Landstraße gerade eine Autobreite Platz war. Und der Ausblick war dann tatsächlich auch sehr erfreulich. B 720 passte sogar topp in den Ausschnitt.


B 720 an einer weiteren Felswand an der Neretva zwischen Grabovica und Jablanica. Vorgestern hatten wir ihn eine Felswand weiter hinten fotografiert.

Wäre schon blöd gewesen, dieses Bild nicht gemacht zu haben... Dann konnten wir uns gemütlich dem Frühstück zuwenden. Wir bekamen den Kaffee sogar gleich ohne Bestellung serviert. Nach den leckeren Spiegeleiern mit schmackhaftem Auftunk-Weißbrot packten wir unsere sieben Sachen zusammen, checkten aus und rollten wieder ins Neretvatal. Den B 723 gab es heute mal wieder auf der Drezankabrücke zu Drežnica, allerdings von der anderen Neretvaseite von einem Felsen aus. Der Zug war heute sogar fast pünktlich, also nur ca 20 Min später.


Nun ist wieder die Drezankabrücke an der Reihe: B 723 quert sie heute relativ pünktlich...

Damit waren die uns bekannten Züge nun durch. Für Unbekanntes suchten wir einfach nochmal den Zweirichtungsblick von der Straßenbrücke über die Neretva hier in Drežnica auf. Auch heute saß man dort schön im frischen Wind, der durchs Auto wehte. Um die Dreiviertelstunde, die der Talgo heute früher ggü gestern gekommen war, tauchte heute auch der Güterzug von Süden früher auf. Da er zudem nicht die ganz finsteren E-Wagen dabei hatte, war diese Wiederholung gegenüber gestern durchaus ein Gewinn.


Dieser Güterzug scheint regelmäßig zu fahren; wobei die Wagen anscheinend variieren können.

Wir waren nicht die einzigen "Touristen" hier. Während wir auf der Brücke rumliefen und den Wind genossen, kam ein Vito mit schwedischem Kennzeichen vorgefahren, dem vier kräftige, rauschebärtige Araber entstiegen, die auf der Brücke paar Selfies machten, zwei leere Plastikflaschen aus dem Auto schmissen und wieder verdufteten. - Schön wäre mal ein Zug von Norden gewesen, doch da tat sich nichts. Gegen 10.30 kratzten wir die Kurve.


Unser Mietwagen mit Bosnien-Fahnen auf der Neretvabrücke von Drežnica.

Der Plan für heute lautete, dass wir der Bahn erstmal den Rücken kehren. Es sollte nach Banja Luka gehen, aber eben nicht über den Riesenumweg, den die heutige Bahn via Sarajevo und Doboj macht, sondern direkten Weges durch die Berge. Mittags wollten wir uns den Wasserfall und die Altstadt von Jajce anschauen. Jajce lag genau am Weg. Von Jablanica kurbelten wir uns massiv hoch ins Gebirge. Es ging auch an der Neretva-Staumauer entlang, die für den langgestreckten Jablaničko Jezero verantwortlich ist, an dem man zwischen Konjic und Jablanica entlang fährt. Es ging weiter hoch. Bald zeigte der Höhenmesser auf Osmand schon wieder die 1150m Marke.


Oberhalb von Prozor geht es in die Höhe. In der Ferne sehen wir den Ramsko Jezero.

Nach dem Gebirgsabschnitt ging es runter in eine langweiligere und zersiedelte Gegend um die Städte Gornji Vakuf-Uskopolje, Bugojno und Donji Vakuf. Meine Güte, was machen so viele Leute hier in dieser abgelegenen Gegend? Die Fahrt war ermüdend. Wir waren inzwischen auch in geschlossene Bewölkung eingefahren, kurz tröpfelte es sogar. Vor Jajce noch ein engeres Waldtal, dann hatten wir die Wasserfallstadt erreicht. Das sah alles sehr hübsch aus, die Lebensgeister waren schlagartig wieder wach.

Wir schmissen eine Mark in den Parkautomaten, entschieden uns aber erstmal massiv Hunger zu haben und liefen zunächst am Wasserfall Areal vorbei in die Altstadt. Fast wären wir der Einfachheit halber in eines der Tourirestaurants gleich an der Flussbrücke gegangen. Doch dann entdeckten wir oben auf der mittelalterlichen Stadtbefestigung Tische. Die gehörten zu einem hübschen, familiären Restaurant im benachbarten Haus, dessen Bar sogar im Turmzimmer des Stadttors untergebracht war. Das war klasse. Wir hatten beide keine Lust mehr auf trockenes Gegrilltes an Pommes und nahmen ein sehr leckeres Gulasch und hinterher einen Türkischen Kaffee, der hier selbstverständlich "Bosnischer Kaffee" heißt.

Danach mussten wir erstmal die Parkuhr verlängern. Wir schmissen gleich zwei Mark für zwei Stunden ein. Nun sollte es runter an den Wasserfall gehen. Das Kassenhäuschen kam erst, als man schon weit runter gekraxelt war. Wer kehrt da noch um und kraxelt unverrichteter Dinge alles wieder hoch - angesichts des unverschämten Preises von 8 Mark (ja, das sind immer noch 4 Euro!), nur um paar Schritte dichter an das Wasser ran zu kommen? Wir taten es. Der Wasserfall sah schließlich von oben auch sehr schön aus...


Der Wasserfall von Jajce, der "kostenlose" Blick von oben. Da unten kostet es 8 Mark.

Statt dessen liefen wir durch die Altstadtgassen vorbei am Kassenhäuschen der Katakomben hoch zum Kassenhäuschen der Festung. Hier kostete der Eintritt immerhin nur 5 Mark, und man hatte von der gepflegten Anlage einen schönen Rundumblick über die ganze Stadt. Sogar den alten Schmalspurbahnhof konnten wir erkennen. Außer uns verirrten sich nicht viele andere Touristen, vor allem keine arabischen Großfamilien (die durch eine gewisse "Lebendigkeit" auffallen...), hier hoch. Ein herrlicher Hort der Ruhe mitten in der Stadt. Wir konnten ein kleines Verdauungsschläfchen halten.


Auf der Burg in Jajce. Das alte Bahnhofsgebäude ist im rechten Bereich das hübsche weiße Haus oberhalb des vordergründigen rosa Hauses.

Durch schöne verwunschene Gässchen durch die Gartengrundstücke des Hügels liefen wir wieder abwärts. Mit einem Eis in der Hand besichtigten wir nun noch direkt das obere Ende des Wasserfalls, das man aus einer Grünanlage heraus ohne Eintritt betrachten konnte. Pünktlich zum Ablauf des Parkscheins trafen wir wieder beim Auto ein.


Der Wasserfall nochmal aus anderer Perspektive.

Die Fahrt nach Banja Luka war eindrucksvoller als erwartet. Die Hauptstraße, die wir zumindest zu 2/3 ohne Schleicher vor uns nehmen konnten, führte in weiten Teilen durch den Canyon des Flusses Vrbas. Und das war wirklich mal wieder ein extrem eindrucksvoller Canyon, noch schmaler und deshalb spektakulärer als das Neretvatal unterhalb von Jablanica. An einer Stelle kam man an den Stolleneingängen eines unterirdischen Kraftwerks vorüber und mehrmals passierte man Staustufen mit den entsprechenden Kraftwerksanlagen. Irgendwo in der Schlucht passierten wir die Entitätsgrenze. Willkommen in der Republika Srpska! Eine Flussschleife wurde "obenrum" abgeschnitten.


Nur kurz führte die Straße mal aus der Vrbas-Schlucht hinaus, um deren Schleife abzuschneiden. Bei Bočac blicken wir auf den aufgestauten Vrbas, der hier den Jezero Bočac bildet.

Ermüdend wurde das letzte Stück, weil wir hier auf einen Tross der Lahmen und Schwachen aufliefen. Zwei LKWs wurden ausgebremst durch einen langsam fahrenden PKW. Trotz Huperei sah der PKW-Fahrer keine Notwendigkeit, mal an den Rand zu fahren und den Tross vorbei zu lassen. So waren wir froh, als wir am Ortseingang von Banja Luka auf andere Straßen abbiegen konnten.

Die Pension Snek lag in einem gemischten Wohngebiet, in dem wir nur mit viel Glück einen Parkplatz bekamen. Die Wirtin war nett, das Zimmer sauber, und der Fluss Vrbas mit seinen Restaurants war keine 5 Minuten zu Fuß entfernt. Vor einem Restaurantbesuch drehten wir noch ne Runde durch Festung und Altstadt. Beides muss man nicht zwingend gesehen haben. Im Restaurant des Hotels Villa Vrbas konnten wir dann herrlich in einer abgeschiedenen Ecke über dem Fluss mit Blick auf die Festung sitzen. Das war wunderschön, vielleicht das schönste Fleckchen der ganzen Stadt? Nur das Essen... Also, es war absolute Klasse! Aber mit so riesigen Portionen hatten wir einfach nicht gerechnet! Da hätten wohl auch die Kinderportionen gereicht.


Wir hatten im Restoran Villa Vrbas einen herrlichen Tisch am Ende der Veranda über dem Fluss mit Blick auf die Festung bekommen. Und es wurde gut aufgetischt. Ich hatte wenigstens viel Soße dabei.


Leanders Essen wurde zu einem echten Härtefall. Aber er hat unglaublich tapfer alles aufgegessen. Dafür hatte er am nächsten Tag gar keinen Hunger mehr :-)

Totmüde ging es gegen 22 Uhr zurück in die Pension. Die Wolken schienen sich nun aufzulösen. Wir hatten Hoffnung auf morgen.

Freitag, 05.07.2019

Die Ecke um Banja Luka ist bei Bahn affinen Bosnienbesuchern nicht gerade einer der Hotspots. Auch wir sind in den zurückliegenden Jahren immer wieder im Neretvatal oder auch mal im Bosnatal gelandet. Die Gegend um Banja Luka stand dabei durchaus auch mal auf der Wunschliste, doch drängte einen meist das Wetter doch wieder in Richtung Küste. Von einer bahnparallelen Autofahrt von Doboj über Banja Luka nach Nowi Grad im Jahr 2010, bei der auch einige Bahnbilder entstehen konnten, wusste ich, dass die Bahn östlich von Banja Luka durch eine nicht unhübsche Mittelgebirgslandschaft führt. Und zugtechnisch reizten uns hier die klassischen Wagenzüge, bestehend aus den allgegenwärtigen ASEA-Lizenz-Elloks noch in klassischer oranger Farbgebung und den im Reisezugverkehr eingesetzten Bom-Wagen der Deutschen Reichsbahn. Insofern freute ich mich sehr, dass die Wettervorhersage jetzt mal den Besuch hier ermöglichte.

So irre viel Programm hatten wir heute gar nicht. (Hihi, als wenn wir die anderen Tage das Mega-Bahnprogramm gehabt hätten...) Das Frühprogramm betraf hauptsächlich den Bummelzug R 6403, der um 7.27 Banja Luka ostwärts in Richtung Doboj verlässt. Äh, habe ich "hauptsächlich" gesagt? :-))) Für den wollten wir ein Motiv suchen und wenn möglich eine Verfolgung starten. So fuhren wir dann südostwärts aus Banja Luka hinaus. An einer Tanke mit Café gab es immerhin einen Kaffee to go. Nach einer minimalen Erkundung entschieden wir uns, auf den 6403 im Bahnhof Čelinac zu warten. Hier blühte es ganz hübsch. Die Formsignale waren Geschichte, die ŽRS hat sich für die Strecke Banja Luka - Doboj doch glatt ein ESTW (Elektronisches Stellwerk) geleistet. Damit hätte ich nie gerechnet. In der Weichenwärterbude saß aber trotzdem jemand. Der kleine BÜ an der Westausfahrt bestand aus Klappschranken, die er offenbar zu jeder Zugfahrt schließen musste. Warum soll ein ESTW-Konzept in Bosnien auch sinnvoller und kompletter umgesetzt werden als in Deutschland?

Ich erinnere mich, dass ein Haupt-Beweggrund, vor knapp zehn Jahren nach Bosnien zu fahren, derjenige war, dass dort im Gegensatz zu den anderen Balkanländern die Züge noch schön frei von Graffti waren. Das ist nun auch schon länger Geschichte. Die Wagen werden offenbar weder gewaschen noch vom Geschmier befreit. Sei es drum, den R 6403 gab es nochmal am Hp Bojići und im Bahnhof Ukrina. Im Wald-Hp Mlinska Rijeka hat nur Leander ein Bild hinbekommen, weil ich idiotischerweise vorher das Auto gedreht hab, denn bis dahin war die Verfolgung eigentlich sehr entspannt. Auf der anderen Seite war der Zug graffitifrei. Schade, das hätte man wissen sollen, denn das gewundene Tal hätte sicher auch Möglichkeiten geboten, den Zug von der Nordostseite zu fotografieren. Zum Glück fiel das Graffto auf der ohnehin farbenfrohen Lackierung der Wagen nicht gar so auf.


Die ŽRS nutzt als einzige Jugo-Nachfolgebahn noch die klassische orange Farbgebung der ASEA-Lizenz-Elloks. Die steht den Maschinen auch so mit am besten. R 6403 rollt in den Bahnhof von Čelinac ein.


Als Wagen kommen hier noch die klassischen, aber leicht modernisierten Bom / "Halberstädter" der Deutschen Reichsbahn zum Einsatz. In elfenbein/grün ist davon zwar keiner mehr unterwegs, aber die aktuelle ŽRS-Lackierung der Wagen fand ich schon immer ganz schick. Der Zug erreicht den Haltepunkt Bojići.


Hier rollt R 6403 in den Bahnhof Ukrina ein.

In Ukrina drehten wir eine Runde über die andere Flussseite, doch abgesehen von der Schlechtigkeit des Weges gab es keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Über eine Asphaltstraße ging es zurück nach Ukrina. Der Weg weiter durch die Wälder rüber nach Prisoje schien nun asphaltiert zu sein - zumindest so weit man vom BÜ östlich Ukrina schauen konnte. 2010 waren wir dort einer übelsten Ackerpiste bahnparallel gefolgt. Das war auch der Grund, weshalb wir dem Zug nun nicht weiter gefolgt sind. Den Gegenzug R 6402 nahmen wir nur notdürftig in Ukrina und auf der Brücke über die Vrbanja westlich von Čelinac.


Westlich von Čelinac schneidet die Bahn in einer Tunnel-Brücken-Kombi eine Talschleife der Vrbanja ab. R 6402 quert die Flussbrücke.

Danach kundschafteten wir noch ein wenig weiter, z.B. einen Hang östlich von Čelinac, bei dem man die Nordostseite des Zuges in der Sonne hätte, die heute sauber war. Vielleicht käme morgen ja dieselbe Garnitur? Danach schauten wir noch paar Bahn parallele weiße Straßen bei Debeljaci, also schon im Speckgürtel von Banja Luka, hinein. Ein Ausblick, bei dem das Licht auch gerade passte, überzeugte uns sogar derart, dass wir mal einfach auf gut Glück auf einen Güterzug warteten. Von sechs bis acht Erzzügen auf dieser Strecke hatten wir gelesen. Na ja, jetzt kam aber gerade keiner. Statt dessen kam nach einer guten halben Stunde auf dem schmalen Sträßchen ein Linienbus angerumpelt, dem wir offenbar im Wege standen. Nachdem wir Platz gemacht hatten, begann er kompliziert mit Zurücksetzen zu wenden. Offenbar standen wir an seiner Endstation. Es war jetzt 10.30. Da konnte man das Bahnprogramm auch mal langsam einstellen.

Wir fuhren nach Banja Luka rein und schauten uns ein wenig am Bahnhof um. Zwei Polizisten standen träge im Schatten eines Baumes und krallten sich die PKWs, die es gewagt hatten, durch den Busbahnhof zu fahren. Gerade wurde ein Stuttgarter belehrt; ob gebührenpflichtig, das entzieht sich unserer Kenntnis. Während wir vom Mittelbahnsteig paar abgestellte Loks im Bw aufs Korn nahmen, kam endlich mal ein Erz(leer)zug nach Omarska durch.


Blick vom langen Mittelbahnsteig ins Bw von Banja Luka. Die vordere Lok ist die aus dem R 6402 eben.

Nach dem Bahnhofsbesuch war es immer noch bisken früh für einen Restaurantbesuch, so dass wir uns noch auf einen Kaffee bzw Espresso vor eine der Cafébuden auf dem Vorplatz setzten. Währenddessen kam auch ein kurzer beladener Erzzug ostwärts durch. Hätte der nicht anderthalb Stunden früher fahren können? Danach fuhren wir zum Lukijan (der Name gefiel mir!*g*), eines der Restaurants am Fluss, das sich auf italienische und asiatische Küche spezialisiert hat. Wir nahmen was Chinesisches und beratschlagten das Nachmittagsprogramm.


Mein neues Restaurant :-)

Am frühen Nachmittag kommt ja auch ein Talgo nach Banja Luka. Dessen Hinfahrt ist hochlichtig und dessen Rückfahrt kommt überall aus dem Licht. Wir beschlossen, zumindest die hochlichtige Hinfahrt umzusetzen. Von der Streckenneigung her sah der Bahnhof Snjegotina am südlichen Ende des Passtunnels ganz passend aus. Der Bahnhof interessierte uns ohnehin, denn er befand sich vollkommen ab vom Schuss in einem einsamen Waldtal, zu dem aber komischerweise keine Straße durch das Waldtal (also aus Richtung Ukrina), sondern nur ein gewundener Asphaltweg über die Hügel führte.

Der Weg war aber gut befahrbar, und bald befanden wir uns in der abgeschiedenen Siedlung Snjegotina Donja, in der der Bahnhof lag. Auffällig war ein großer Wasserturm o. ä., der jetzt als Sendemast diente. Wir traten uns in der Brombeer- und Brennesselböschung eine Standfläche frei (macht Riesenspaß in kurzen Hosen...), von der aus wir einen guten Blick auf ein Bahnwärterhaus und den Wasserturm hatten. Der B 712 ließ uns nun eine ganze Weile warten, aber dann kam er mit rund einer halben Stunde Verspätung.


Eine ŽFBH-Lok im Reich der ŽRS - dass wir das noch erleben durften! Der Talgo macht in Doboj also keinen Lokwechsel und kommt mit seiner "eigenen" Lok als B 712 durch den Bahnhof von Snjegotina mit seinem massiven Wasser-Sendeturm gerollt.

Snjegotina gehört ja auch zu den ESTW-Bahnhöfen. In all diesen Bahnhöfen hatte ich noch kein Gebäude für den Stellrechner gesehen. Hier haben wir uns mal genauer umgeschaut. Letztendlich war es wohl das Bahnhofsgebäude selbst, in das die ESTW-Technik integriert wurde. Aber auch dieses Bahnhofsgebäude in der Einsamkeit war offenbar noch besetzt. Die Tür war einen Spalt offen, und wir sahen eine rote Mütze und den Befehlsstab auf dem Schreibtisch liegen. Cheffe selbst hatte sich vermutlich in die klimatisierten Technikräume zurückgezogen...


Ein Überblick über den einsam gelegenen Bahnhof von Snjegotina.


Die Tafel zum ESTW im Bf Snjegotina.

Nun sollten ein Bummelzug und etwas später der Talgo wieder ostwärts fahren. Uns fielen keine Abschnitte ein, wo man die mit Frontlicht machen könnte. Deshalb fuhr Leander zum Spaß das Streckenstück durch die Wildnis fernab jeder Straße von Mlinska Rijeka bis Ukrina mit dem Bummelzug, während ich mit dem Auto außen rum fuhr. Fotografisches Hauptaugenmerk lag für uns auf dem westfahrenden Bummelzug, der sowohl mit dem Ostbummler als auch mit dem zurückfahrenden Talgo in Prisoje kreuzen sollte. Kurz nach unserer Ankunft in Ukrina tauchte auch schon der B 713 auf, der wegen Abstand zum Bummel erstmal für 5 Min anhalten musste.


Ich machte spaßeshalber einen "Krautschuss" auf Pu 6405 im Haltepunkt Mlinska Rijeka (=Flussmühle), in den Leander gerade einstieg.


Und da kommt er auch schon wieder zurück: B 713 muss nach Kurzwende in Banja Luka im Bahnhof Ukrina auf Abstand zum Bummelzug warten.


Das klingt fast so, als ob der Projektleiter persönlich die Fassade des Bf Ukrina hat erneuern lassen.

Etwa zwanzig Minuten später rechneten wir mit dem erwarteten R 6404, doch plötzlich fuhr von hinten schon wieder ein Zug ein, und zwar ein Erzzug. Zum Glück hielt der mit der Spitze vorm EG an. Wir wollten den 6404 bei der Einfahrt nehmen, insofern passte es. Den 6404 gab es nochmal am Hp Bojići und im Bahnhof Čelinac. Von letzterem hatten wir uns eigentlich am meisten versprochen. Hier hatten wir uns sowohl das EG als auch die westliche Weichenwärterbude als Motiv vorstellen können. Leider war beides im Schatten, nur dazwischen war Sonne. Aber kein wirkliches Motiv.


Nach dem Talgo kommt schon der nächste Zug: Ein Erzzug! Die beladenen Züge fahren offenbar in mehreren Teilen; sie sind jedenfalls recht kurz.


Der Nachmittagsbummelzug R 6404 von Doboj nach Banja Luka ist wieder unsere Garnitur vom Vormittag, also Nordseite sauber, Südseite beschmiert. Hier bei der Einfahrt in den Bahnhof Ukrina.


Und der R 6404 nochmal bei der Einfahrt in den Hp Bojići.

Schade, von dem Westfahrer hatten wir uns mehr erhofft. Das war etwas enttäuschend. Aber vielleicht würde ja noch ein Erz-Leerzug nach Westen kommen. Wir fuhren zum Bahnhof Jošavka, wo das Licht aber schon recht spitz kam. Sowohl mit EG als auch mit einer Felswand hätte man nette Fotos machen können. Der Bummelzug eben wäre hier topp im Licht gekommen, wurde an dieser Stelle von uns aber verworfen, weil wir dann die Graffitiseite im Bild gehabt hätten. Was ätzend, wenn solche Zwänge noch dazu kommen.

Aber vielleicht würde ja noch ein Güterzug kommen? Der Wunsch wurde sogar erhört, wenn auch missverstandenerweise. Plötzlich zeigte nämlich das Asig Richtung Osten grün! Das war ja mal total überflüssig! Die sollen was anderes machen!


Der nächste Erzzug brummt ostwärts über die Strecke, hier im Bahnhof Jošavka.

Wir entschieden, noch zu warten, ob in Snjegotina vielleicht gekreuzt würde. Nur wenig später war im Bf Jošavka schon wieder Durchfahrt gezogen! Aber dummerweise wieder in der falschen Richtung! Das nervte jetzt echt! Im besten Licht fünf Züge ostwärts, also aus dem Licht raus, und nur einer in die richtige Richtung... Wir hatten keine Lust mehr. Zurück in Banja Luka entschieden wir uns nochmal fürs Lukijan, diesmal für die italienische Karte.


Pizza im Lukijan.

Ich wurde mal wieder in meiner Meinung bestätigt, dass es auf dem West-Balkan die besten Pizzen gibt. Meine war hervorragend! Zum Glück hatte mich der Kellner missverstanden und mir eine große gebracht... Unser Auto hatten wir heute übrigens zwei Blocks von der Pension entfernt abstellen müssen - sogar gegen Parkschein.

Samstag, 05.07.2019

Heute Morgen wollten wir mal im Café unten im Haus unseren Morgenkaffee trinken. Man saß schön auf der Veranda und blickte auf die Straßen der erwachenden Stadt. Allerdings saßen wir nicht lang allein. Ein Mann am Nachbartisch hatte mitbekommen, dass wir deutsch sprechen und wandte sich in fließendem deutsch an uns. Er war überrascht, in dieser Wohngegend und so früh auf Deutsche zu treffen. Selbst war er auf Heimatbesuch, lebte aber lange in Deutschland und jetzt in Österreich. Er erzählte uns bischen was über das Viertel, von Leuten, die es "geschafft" hatten und denen hier einige der Mietshäuser und Restaurants gehörten...

Um kurz nach 7 brachen wir auf. Ich holte das Auto, das ab 7 sonst den nächsten Parkschein benötigt hätte, und nach dem Verstauen der Koffer ging es erneut in die Täler der Vrbanja und Jošavka. Als Motiv hatten wir noch den Hangblick östlich von Čelinac auf dem Zettel. Und wir hofften stark auf die Wagengarnitur von gestern, die auf der Nordseite ohne Graffiti war. In der kleinen Siedlung querten wir das Gleis und liefen immer am Rande der sehr privat aussehenden Wiese aufwärts. Der Ausblick war super - wohl das beste Landschaftsmotiv, das wir bis jetzt an dieser Strecke gefunden haben.

Inzwischen wurden wir schon wieder aus mindestens zwei Augenpaaren beobachtet. Der Mann vom nächsten Haus, den wir, hätten wir ihn vorher gesehen, sicherlich gefragt hätten, schaute natürlich besonders genau zu uns rüber. Als wir aber die Kameras auspackten und demonstrativ die Strecke anpeilten, schien er sofort beruhigt zu sein und kümmerte sich nicht länger um uns. Auch die anderen Augen hatten ihr Interesse verloren. R 6403 war tatsächlich dieselbe Garnitur wie gestern. Suuuper!


Ganz ehrlich: Für mich ist dieses Foto das Bild der Tour. So unspektakulär es auch ist, aber hier hatte man dieser zugekrauteten, schwierigen Strecke mal einen richtig schönen Hangblick abgewonnen, die Garnitur ist graffitifrei und Lok und erster Wagen sind vom Pflegezustand auch noch sehr ok, und der staubige zweite Wagen machte da nichts. R 6403 zwischen Čelinac und Bojići.

Wir fuhren hinterher. Trotz Hangabstieg hatten wir den Zug bereits am nächsten Hp wieder überholt. Zwar ist die bosnischen Bahn gegenüber vorherigen Besuchen anscheinend deutlich schneller geworden, hier gab es aber eine 20er La. Gut, sowas kommt auch in Deutschland vor... Wir nahmen den Zug nochmal in Mlinska Rijeka und Ukrina.


Einsam am Rande eines Wiesentals liegt der Hp Mlinska Rijeka. R 6403 fährt ein. Im Vordergrund wird irgendjemand betrauert.


Der Zug fuhr nun einen Riesenbogen untenrum und durch den Passtunnel, wir fuhren einen Riesenbogen obenrum und durch die Hügel, und in Ukrina trafen wir uns wieder (gerade so...).

Danach fuhren wir wieder zurück ins Jošavkatal. Anfangs hatten wir eigentlich gar keine spezielle Meinung dazu, den Gegenzug R 6402 zu fotografieren. Dann fanden wir aber die Möglichkeit am gegenüberliegenden Talhang einen Fahrweg hoch zu fahren. Von dort, zwischen Hp Bojići und Bf Čelinac, konnten wir den Zug dann doch ganz brauchbar nehmen.


R 6402 zwischen Bojići und Čelinac.

Danach kauften wir Brot und Salami im Dorfladen am Bf Čelinac und bezogen wieder wie gestern in der Hoffnung auf einen ostfahrenden Güterzug unseren Posten an der Bus-Endhaltestelle von Debeljaci. Die Frau im benachbarten Haus mag sich wohl sehr gewundert haben, weshalb wir da herumstehen. Als die ersten Busfahrgäste eintrudelten, packten wir langsam zusammen. Um punkt 10.30 kam der Bus angeschaukelt und wir verdufteten.


Die Ankunft des Busses war unser Ultimo.


Katholische Neubaukirchen können auch in Bosnien hässlich sein. Oder ist das Brutalismus? Die katholische Kirche von Debeljaci.

Am Bahnhof von Banja Luka gaben wir uns wieder ein Käffchen, bevor wir in neue Gefilde aufbrachen. Über Mittag wollten wir mal entlang der Strecke nach Omarska erkunden - vor allem vor dem Hintergrund, hier nachher den Nachmittagsbummel zu verfolgen. Entlang des Abschnittes neben der Hauptstraße konnten wir die eine oder andere Stelle vormerken. Schwieriger wurde es dann entlang des landschaftlich sicher schöneren Stückes südlich von Potkozarje. Die Sträßchen durch die abwechslungsreiche Hügellandschaft waren wunderschön. Aber begutachtete Stellen waren entweder lichttechnisch ungünstig oder motivlich nicht mehr als "Bahn in ganz viel Grün".


Auch ohne Zugfahrten gab es zu tun: Ein TVT kam mit Spritzmobil-Anhänger zum Einsatz. Die Vegetationskontrolle war unterwegs! Hier am BÜ etwas nördlich des Hp Miloševići.

Somit und auch auf der Suche nach einem schattigen Schlummerparkplatz landeten wir am Haltepunkt Niševići. Der lag ganz hübsch oberhalb eines kleinen Naherholungsgebietes an einem kleinen Stauwehr an der Gomjenica. Da badeten erst nur zwei Jugendliche, doch später fuhren immer mehr Autos vor. Einige füllten sich da Wasser in große Container ab. Im Hp-Gebäude, das ich fast als Ruine bezeichnet hätte, saß auch ein Mann auf der Bank des ehemaligen Warteraums. Auf was der wohl wartete? Ein kurzer Gesprächsversuch seinerseits endete schnell an der Sprachbarriere.

Besonders viel Luft wehte nicht durch unser Auto. Insofern war es einfach nur furchtbar heiß. So richtig das ganz entspannte Nickerchen war also nicht gerade drin. Kurz bevor wir aufbrechen und uns den Bahnhof Omarska anschauen wollten, rauschte es merklich von dort. Wir begaben uns auf dem Bahnsteig in Position. Aber nicht nur wir entwickelten Aktivität. Der Mann aus dem Warteraum trat mit roter Flagge bewaffnet auf den BÜ und sicherte diesen. Das erschien auch bitter nötig, denn der beladene Erzzug, der hier sogar mit Schiebelok bis Potkozarje fährt, kam mit einem ganz schönen Affenzahn angebraust.


Der Erzverkehr erwacht wieder zum leben: Ein Erzzug kommt am Hp Niševići um die Ecke gebraust.

In Omarska stellten wir uns für zehn Minuten in der sengenden Hitze auf die Bahnhofsbrücke. Es wurde nun auch zunehmend schwül, so dass der Schweiß nur so rann. Ein weiterer Erzzug stand abfahrbereit und einer war gerade angekommen. Zum Nachmittag erwachte also wieder der Erzverkehr... Das Umsetzen der Lok bekamen wir aber nicht mit, weil wir nun erstmal Getränke beschaffen mussten, um für die nun anstehende lange Verfolgung gerüstet zu sein. Zum Beginn der Verfolgung des Nachmittags-Regios R 6424 ging es nochmal bis kurz vor Banja Luka zurück, bis zum Hp Prijakovci.


Der Nachmittagsbummelzug von Banja Luka nach Dobrljin R 6424 erreicht den Blumenhaltepunkt Prijakovci.

Super, der Zug war frei von Geschmier! Den mochte man verfolgen! Zum Glück lag unser zweites Motiv für den Zug nur paar Bahnübergänge weiter - kurz vor Mišin Han. Hier stellte Leander nämlich fest, dass seine Fototasche noch in Prijakovci stand. Einmal mit Profis... ;-b Glücklicherweise hatten wir auf dem darauffolgenden Abschnitt bis Omarska wie gesagt ohnehin nicht so die Bringermotive mit guter Ausleuchtung gefunden, so dass der Abstecher zurück verschmerzbar war.


Und nochmal kurz vor Mišin Han. Solch freie Stellen muss man nutzen! Die am Schluss mitlaufende Lok ging erst in Prijedor ab. Da dort keine Personenzüge beginnen oder enden, scheint es dort auch noch etwas Güterverkehr zu geben. Wann? Wohin? Wir hatten keine Ahnung.

Wir bekamen den Zug noch einige Male. In Omarska, am Vorsignal von Kozarac, am westlichen Vorsignal von Svodna und in der Einfahrt von Novi Grad. Leider erwies sich die Strecke im gewundenen Tal der Sana als furchtbar zugewuchert; da hatten wir auch 2010 schon unsere liebe Not, geeignete Motive zu finden. Leider hing westlich des Una-Tals eine dicke Gewitterwolke, die uns schon am bekannten Einfahrt-Motiv von Novi Grad das Licht dimmte, und die uns leider weitere Fotoambitionen auf der Fahrt nach Dobrljin verlitt.


In Omarska war etwas Kreuzungsaufenthalt. R 6424 fährt westwärts aus.


Am Einfahrvorsignal von Kozarac.


Hier steht der Zug im Hp Donja Svodna. Die ausgekreuzten Signale des Bf Svodna sind daneben und im Hintergrund erkennbar.


Zum Schluss der bekannte Blick mit dem Minarett in der Einfahrt von Novi Grad. Die Gewitterwolke hatte ein Einsehen und ließ hier immerhin nochmal gutes Licht durch, als R 6424 um die Ecke kam.

So richtig doof war es dann in Dobrljin selbst, wo wir bis zur Eisenbahnbrücke über die Una (=kroatische Grenze, momentan kein Reisezugverkehr) weitergefahren waren und uns dort erstmal an die mühsame Unterkunftsplanung machten (dazu später mehr). Dabei hatten wir zu spät bemerkt, dass die Gewitterzelle nach Norden gerückt war. Als wir nach Dobrljin zurück fuhren, war ab dort plötzlich alles in Sonne! Yippieh, da ging noch was. Als erstes steuerten wir natürlich den Bahnhof selbst an. Die Lok war umgelaufen und der Zug stand perfekt in der Sonne. Doch was war das? Schwächelte das Licht gerade? Die Gewitterzelle war unbemerkt von uns umgedreht und rückte nun wieder südwärts vor. Uns gelang gerade noch ein Viertellichtbild.


Immerhin gelang in Dobrljin noch ein Viertellichtbild... Hinterher gab es einen Plausch mit dem Lokführer, der uns nun schon seit zweieinhalb Stunden jedes Mal mit Pfiffen und Winken abgefeiert hat, wenn er uns sah oder wenn wir ihn überholten :-)

Ja, das mit der Unterkunftssuche... Wir hatten uns den Übernachtungsort bis zum Schluss offen gehalten. Das sollte man gerade samstags nicht tun... Immerhin wussten wir nun, was wir morgen wollten: Den Frühzug (andere Züge würde es nicht geben) nochmal in Prijedor mit den ganzen kleinen Formsignalen umsetzen und dann eine Mischung aus Fahren und Touristischem (was, das wird jetzt natürlich noch nicht verraten). Da es in Novi Grad eh keine Hotels mehr auf booking gab, suchten wir in Prijedor selbst. Aber da wäre nichts mehr mit zwei Einzelbetten gewesen, selbst im Hotel in der Brčko Gas Tanke nicht. Sehr übel.

Nach einigem Hin und Her dehnten wir die Suche auf Kostajnica aus. Hier fanden wir günstige Hütten direkt an der Una, die gar nicht mal schlecht aussahen. Die buchten wir direkt mal! Und fuhren nach der Dobrljin-Pleite auch direkt hin; weit war es ja nicht. Als wir dort ankamen, war das Gelände aber total verwaist. Ein französischer Radler wartete auch schon. Ich rief mal die aushängende Nummer an. Als jemand ranging, fragte ich, ob er englisch spreche, was verneint wurde. Ob ich deutsch könne? Da ich davon ausgehen konnte, dass er nicht an der Meinung meines ehemaligen Deutschlehrers interessiert sei, bejahte ich die Frage. Das Gespräch brach dann aber auch bald zusammen, doch irgendwann wurde ich von einer deutschen Handynummer zurückgerufen. Die Mitarbeiterin sei unterwegs, 5 Minuten. Wir gingen also von 15 Minuten aus und waren um so überraschter, dass sie bereits nach drei Minuten kam.


Zwei der vier Hütten am Ufer der Una in Kostajnica. Man hat dort gut drin schlafen können.

Südlich von Novi Grad gibt es wunderbarste Restaurants am Ufer der Una, oft in Mühlengebäuden untergebracht. Gern wären wir für das Abendessen dorthin gefahren, aber es war mittlerweile fast 20 Uhr, und wir begnügten uns mit der Konoba Druga Kuća im Ort Kostajnica, wo man nichtmal draußen sitzen konnte. Das Essen war aber sehr gut. So freuten wir uns jedenfalls auf einen Abend auf der Veranda der herrlichen Hütte. Und dort konnten wir dann auch noch herrlich bei einem gewaltigen Froschkonzert und dem einen oder anderen Bierchen sitzen. Wunderbar! Man blickte direkt auf Kroatien - drüben am anderen Ufer der Una. Die EU. Für uns so nah und erreichbar. Morgen sollten wir immer wieder Leuten begegnen, für die dieser Fluss eine unüberwindbare Grenze darstellte. Im nahen Bihać findet momentan eine starke Konzentration von Flüchtlingen statt.


So ohne Mittagessen konnten wir dem Abendessen in der Konoba Druga Kuća gut zusprechen.

Weniger wunderbar mochte der Abend für paar Dänen gewesen sein, die nach unserer Rückkunft von der Konoba vor ihrer Hütte warteten, die dies auch noch drei Stunden später taten und die am nächsten Morgen, als wir früh aufstanden, nicht (mehr) da waren. Natürlich hätte man die mal ansprechen und Hilfe anbieten können. Aber andererseits - die konnten doch auch selbst mal zum Telefon greifen oder uns, die wir auf der Veranda saßen, ganz einfach um Hilfe bitten? Keine Ahnung, wo am Ende das Problem gelegen hatte...

Sonntag, 07.07.2019

Eine Frage, die sich heute Morgen stellte, war, wie man eine Klimaanlage aus bekommt, wenn die Batterie der Fernbedienung leer ist. Mit einer Batterie-Reibeaktion bekamen wir aber nochmal so viel Power, dass es klappte, bevor das Display wieder dunkel wurde. Und nein, ein Bedienpaneel an der Klimaanlage selbst war nicht ersichtlich, außerdem hing das Ding hoch über der Treppe.

Ach ja, wir waren nun nicht früh aufgestanden, um den Früh-Bummelzug in Prijedor zu fotografieren. Erstens wegen keine Lust, und später zeigte sich bei genauerem Hinsehen, dass der Himmel zu 90% bewölkt war. Der Plan war nun folgender: Es sollte in Richtung Una Nationalpark gehen. Auch über das Frühstück hatten wir uns Gedanken gemacht: Ich hatte vom Unatal zwischen Novi Grad und Bosanska Krupa zahlreiche wunderschöne Restaurants am Flussufer in Erinnerung. In einem von denen wollten wir unsere Spiegeleier (J) bzw das Omelett (L) zu uns nehmen.

Allerdings fuhren und fuhren wir, ohne dass so ein Restaurant auftauchte. In Blatna schauten wir kurz an den Bahnhof. Er war besetzt, obwohl hier zumindest im Personenverkehr nur der nächtliche Talgo fährt. Hinter Blatna reisten wir über die Entitätsgrenze und befanden uns wieder in der Föderation. Ein erstes, wunderschön auf einer Una-Insel gelegenes Restaurant kam am Ortseingang von Bosanska Otoka. Allerdings war man mit der Beseitigung der Spuren einer Hochzeitsgesellschaft beschäftigt. Die Putzfrau rief uns ziemlich barsch ein "geschlossen" entgegen. In Otoka selbst gab es auch paar Etablissements mit Tischen an der Una. Das Restaurant des örtlichen Motels machte den Eindruck, dass es auch Frühstück könnte, auch wenn jetzt um 9.30 schon die ersten das mächtige Grillzeug und Pommes in sich hinein schaufelten. Die Ham & Eggs sahen dann allerdings so schrumpelig aus wie der Kellner lustlos wirkte.

Weiter ging es. Und es war ja klar: Nun kamen die tollen Restaurants am Flussufer, eines nach dem anderen, besonders vor Bosanska Krupa. Noch etwas kam vor Bosanska Krupa: Ein uriger Arbeitstriebwagen! Und zwar auf der Schiene! Wir brauchten eine Minute, um zu überlegen. Doch, den wollten wir haben! Volle Kehrtwende! Leider sollte diese Entscheidung sehr teuer werden!

Erstmal mussten wir den ganzen Abschnitt wieder zurück, auf dem die Bahn unfotografierbar auf der anderen Flussseite verläuft. Erst hinter Bosanska Otoka konnten wir was machen. Noch deutlich vor Otoka stand ein Polizist am Straßenrand und winkte uns zu. Dabei hatte er so ein Ding in der Hand, das wie ein Befehlsstab zum Abfahren aussah, auf dem aber widersprüchlicherweise das Wort "Stop" zu lesen war. Ein schlechtes Gewissen hatte ich allerdings nicht, war gerade zuvor doch die 70er Tafel gekommen, und mehr hatte ich nicht drauf. Das fand der Polizist nach genauer Inaugenscheinnahme von Führerschein und Fahrzeugpapieren wohl auch und ließ uns weiterfahren. Das war noch nicht teuer...

Wir fanden einen Bahnübergang kurz vor Blatna, unmittelbar hinter dem wir auf einen Parallelweg rechts abbiegen konnten, um ein Gehöft ins Bild zu bekommen. An der Abzweigung hinterm BÜ hingen nun allerdings einige sehr fremdartig aussehende Gestalten im Schatten herum - mitten auf dem Asphalt. Erst dachten wir an Erntehelfer. Dann ging uns allerdings auf, dass es sich wohl um Flüchtlinge handelte. Paar von denen hatten wir auch schon von der Hauptstraße aus auf Gleiswanderschaft in Richtung Bihać gesehen. In meinem Bestreben, niemandem die Füße abzufahren, kam ich dem Pfosten für die BÜ-Höhenbegrenzung zu nahe. Die hintere Tür auf der Beifahrerseite ist seitdem um paar blöde Kratzer reicher. Das war wohl unser teuerstes Foto eines Arbeitstriebwagens...


Ab sofort wird das Auto durch ein wunderschönes Muster geziert...

Immerhin wurde es ein Bild eines Arbeitstriebwagens. In diesem Punkt hatten wir noch riesiges Glück! Nachdem wir der auf uns zu kommenden Frau des Gehöftes erklärt hatten, was wir vorhatten und sie sich doch mega-beruhigt wieder in ihren Liegestuhl setzte, kam der VT also vorbeigebrummelt. Am "Schrammen-BÜ" in unserem Rücken hielt er an. Und kam wieder zurück! Klar: Das Teil war von der ŽFBH, und vor Blatna war nicht nur die Entitätsgrenze, sondern auch die Grenze der Bahnverwaltungen erreicht. Warum sollte das Schienen-Töftöf auch auf ŽRS-Territorium weiter machen? Wenn wir auch nur einen BÜ weiter gestanden hätten, hätten wir das Teil nur in der Ferne wenden sehen... Aber wir hätten noch ein heiles Auto :-)


Immerhin war der ganze Aufwand nicht umsonst, und wir bekamen ein solides Bild von dem urigen Arbeits-Töftöf hin. Wie mag sich die vor ihrem Haus sitzende Familie fühlen, wenn laufend auf dem Gleis Flüchtlinge vorüber laufen? Hilft man denen? Reagiert man nur noch genervt? Kuriose Situation...

Die Geschichte ging "erfolgreich" weiter. Unser Plan sah vor, uns die Wasserfälle von Marin Brod anzuschauen. Dorthin konnte man mit kleinem Bogen über Bihać gelangen oder ab Bosanska Krupa auf einer orangen Straße mitten durch die Berge. Wir entschieden uns leider für die orange Straße. Das brachte uns ab dem Abzweig Gudavac völlig überraschend 21 km Schotterpiste ein! Hauptsache, orange Schotterpiste... Sie war zwar wirklich gut in Schuss, aber nervig war auch, dass es ausschließlich durch Wald ging, und man nicht nur wegen der Konzentration auf die Piste nichts von der Landschaft sah. Ab Krnjeuša hatten wir wieder Asphalt - doch nicht lange!


Überblick über den Bahnhof von Bosanska Krupa. Wie an allen kleineren Talgo-Stationen wurde auch hier ein Ein-Türen-Perron aufgestellt, denn der gesamte Ein- und Ausstieg erfolgt in den bosnischen Talgos durch eine einzige Tür.


Zum Vergleich darf ich mal wieder in die Angeber-Kiste greifen ("schaut mal, was ich alles Tolles hab'"...) und ein Foto aus 2010 zeigen. Der abendliche Bummelzug beschleunigt vor der Ruine des alten Empfangsgebäudes. Die Fahrleitung war noch weitestgehend durch die Kriegseinflüsse zerstört.


Die Öffnungszeiten der Fka Bosanska Krupa sind offenbar auf Pistengänger zugeschnitten. Aber wer den Reisebericht bis hier aufmerksam gelesen hat, weiß den Grund für die Nachtaktivität ;-)


Die "Landstraße" Gudavac - Krnjeuša. 21 km auf Schotter durch die grüne Hölle...

Als ab Vrtoče in Richtung Kulen Vakuf wieder Schotter vor uns auftauchte, hatten wir keine Lust mehr. Wir fuhren einen Haken nach Norden - ausschließlich über Asphalt. In Kulen Vakuf schauten wir kurz am Bahnhof vorbei.


Der Bahnhof von Kulen Vakuf. Der Fdl war nicht im Dienst, doch die Schiene des Durchfahrgleises war nicht vollkommen verrostet.

Die weitere Straße nach Martin Brod war als Schotterpiste angekündigt, zur Hälfte allerdings schon asphaltiert worden. Martin Brod hatte den Charme eines "erwachenden" Touristendorfes. Noch gab es genug Parkplätze im Ortsbereich. Die Einheimischen hatten paar eher liebevolle als abzockermäßige Stände aufgebaut, wo sie Erfrischungen feil boten. Kinder verkauften vor ihren Grundstücken selbstgebackenen Kuchen. Auch die Restauration lief später etwas unbedarft-chaotisch, aber total nett, als wenn man vom Privatmann in dessen Garten eingeladen wird.


Blick von der unteren Brücke auf einige erste Wasserfälle von Martin Brod.


Blick von der oberen Brücke auf weitere Wasserfälle,...


..., die weit verzweigt zwischen den Häusern von Martin Brod hindurch führen.

Erst ließen wir aber Restaurant und Nationalpark-Eingang links liegen und wanderten über den Fluss zum Bahnhof. Da ging es auch über kleinere Wasserfälle. Überall wieselten wieder diese arabischen Großfamilien mit den tief verschleierten Frauen herum. Ich schreibe das, weil es ein total ungewohnter Anblick ist. Das dachte sich wohl auch der Mann im Nachbarhaus, dessen Blick in deren Richtung Bände sprach. Na ja, wenn hier erstmal RICHTIG die Touristen einfallen, wird es mit seiner Ruhe ohnehin vorbei sein... Wir stapften an allem vorbei und gingen zum Bahnhof hoch, wo wir ungestört paar Fotos machen konnten. Die Grenzpolizisten mussten wir gerade nicht befürchten, da sowohl Bosnier als auch Kroate im Dorf beim Bierchen saßen. Was haben sie hier auch schon zu bewachen? Zwar hat Openstreetmaps (je nach Version) hier eine gelbe Straße über die Grenze, die oberhalb des Bahnhofs verläuft, eingezeichnet, aber es gibt hier bestenfalls zwei grenzüberschreitende Wanderwege, einen im Tal und einen dem verzeichneten Straßenverlauf folgend den Berg hoch.


Der Bahnhof von Martin Brod war total ausgestorben - bis auf uns.


Dies ist die auf einigen Kartenwerken gelb verzeichnete Straße nach Kroatien. Ob es am Grenzübergang wohl auch eine LKW-Spur gibt?

Zurück im Ort hatten wir die Wahl zwischen zwei Restaurants. Eines befand sich vor einem ehemals offiziell aussehenden Gebäude, das andere quasi auf der Veranda und im Garten eines großen Wohnhauses ein Stück den Hang hoch. Wir nahmen letzteres. Leander nahm eine Suppe, ich hatte Appetit auf einen Čevapiburger, dazu einen Salat. Pommes wurden vergessen, aber das war auch gut so. Um die Rechnung mussten wir auch etwas länger bitten, aber man saß dort sehr schön. Und die Grenzpolizei saß dort auch beim Bierchen, also musste es gut sein. Der Kroate ließ sich bei der Abfahrt noch zwei Flaschen mitgeben...


Eigentlich sind wir hier mitten in Martin Brod... Oben rechts auf der Veranda des Restoran Kod Zore konnten wir zu Mittag speisen.

Gut gesättigt lösten wir am Kassenhäuschen brav unsere 3 KM teuren Eintrittskarten und liefen zum großen Wasserfall. Der war nett, lag aber leider teils im Schatten. Wir hatten mit etwas mehr gerechnet, liefen auch noch den weiterführenden Pfad hoch, doch da kam man in die nächste Siedlung. Na ja. Nett, aber nicht viel. Wohltuend war heute und hier der frische Wind, der durchs Tal pfiff, und der den Aufenthalt in der Mittagshitze sehr angenehm machte. Unterhalb des "großen" Wasserfalls kamen eine noch frischere Brise und eine gewisse Gischt hinzu.


Dies ist der große, kostenpflichtige Wasserfall.

Als wir den Ort verließen, hatten auch die bosnischen Grenzpolizisten ihre Pause beendet. Vermutlich für ein Verdauungsschläfchen fuhr man ein Stück den Talwanderweg hinein. Wir hingegen versuchten gar nicht erst, auf dem Karrenweg bergauf über die Grenze zu kommen, und steuerten auf der Straße südostwärts in Richtung Drvar. Die Straße eröffnete einige imposante Ausblicke auf den extrem tief eingeschnittenen Unac-Canyon. Man konnte nicht bis in dessen Grund schauen!


Blick vorwärts auf den Unac-Canyon...


... und rückwärts auf den Talkessel von Martin Brod. Auf dem Originalbild kann man in der engen Schlucht rechts oberhalb der Wasserfläche den Transporter der bosnischen Grenzer erkennen, die jetzt den Una-Wanderweg absichern... Wobei das etwas verwunderlich ist, denn laut Karte kommt dort zwar die Grenze wieder in die Strommitte, doch wechseln Weg und Bahn vorher ans andere Ufer und bleiben somit auf bosnischem Gebiet.

Durch absolute Einsamkeit und abgeschiedene, hinterwäldlerische Berglandschaft ging es über Bosansko Grahovo in Richtung Grenze. Die Straße war einfach nur leer, nix kam. Bosansko Grahovo wirkte vollkommen ausgestorben. Von beiden Tankstellen des Ortes wurden wir mit offenen Mündern angestaunt. Die Drei von der zweiten Tanke holten wir dann auch mal aus ihrer Lethargie, indem wir den Tank nochmal vollmachen ließen.


Die Drei von der Tankstelle, unser Mietauto und ich in Bosansko Grahovo. Nicht bestätigt werden konnte das Gerücht, dass das Lied "Ein Freund, ein guter Freund..." hier komponiert wurde: https://www.youtube.com/watch?v=UbvBC6t_YlQ

Wenn einem die Leute mit großen Augen anschauen, wenn einem auf der Straße kein Auto mehr begegnet, was bedeutet das? Wir schauten schon mal auf der Karte, was wir machen müssten, wenn der Grenzübergang geschlossen ist. Na gut, paar andere Autos begegneten uns aber doch. Und es standen mehrfach ziemlich abgerissene Gestalten an der Straße und wollten per Anhalter in die EU. Ob das wirklich klappen kann?

Die Kontrollstelle bei Strmiza war geöffnet. Wir mussten sogar ein Auto Schlange stehen! Der bosnische Grenzer kontrollierte aber auch genau! Auch die Fahrzeugpapiere mussten wir wieder vorzeigen. Die kroatische Kollegin ließ sich das hintere Fenster öffnen, um genau zu schauen, wer da noch alles mit uns in die EU einreisen will. Gut, dass wir die Anhalter nicht mitgenommen haben.

Nächster Programmpunkt war eine kurze Bestandsaufnahme im Bahnhof Golubić. Im Reisebericht 2013 hatte ich geschrieben, dass im ehemaligen Warteraum ein ganzer Berg Pappfahrkarten läge. Nun weiß ich von mindestens drei Leuten, die auf den Bericht hin dort Fahrkarten gesammelt haben. Heute fanden wir keine einzige Pappfahrkarte mehr, dafür viel unappetitlichen Müll. Die Unabahn machte hier auf kroatischer Seite mittlerweile einen absolut verwahrlosten, zugewucherten Eindruck. Hier fährt nichtmal mehr der Bahnmeister mit seiner Draisine...

Weiter ging es. Der Plan war, jetzt in Knin erstmal am Hotel vorbei zu fahren und am Bahnhof zu schauen, was da so drinsteht. Nachdem es bis jetzt viel unter Wolken entlang ging, war der Westhimmel nun im Bereich außerhalb des Gebirges ziemlich klar. Und im Bahnhof stand - - - ein Güterzug, der dann auch sofort in Richtung Berge aufbrach. Das Angebot nahmen wir an! So bekamen wir den Zug wunderbar vor Pađene mit dem Dinarischen Gebirge im Hintergrund.


Aufwärts fahrender Güterzug unterhalb Pađene mit den dinarischen Bergen im Hintergrund.

Natürlich ging es hinterher. Wir wussten nicht genau, wo der Güterzug an die Seite geht, um den entgegen kommende 612 durchzulassen. Eine kurze Stichfahrt an den Bahnhof Pađene brachte keine Erkenntnis, der Zug war durch. Unser Plan war, vor Zrmanja an den einen BÜ ranzufahren und ihn dort nochmal zu nehmen. Allerdings muss der Zug wohl leer gewesen sein. Er war viel schneller als erwartet da und das Hineinstechen zum BÜ dauerte einfach viel zu lange. Wir konnten ihn nur noch hilflos vor allerfeinster Bergkulisse an uns vorüber fahren sehen. Zu allem Überfluss versank die Sonne nun auch noch in einigen horizontnahen Wolkenschleiern. Erwartungsgemäß ging der Zug in Zrmanja an die Seite, doch er stand ungünstig und es ging nur noch ein Klönschnack mit der Lokmannschaft. Die waren alle lustig drauf, der Tf posierte auf seiner Lok und der Tf von der zweiten Lok konnte ein wenig deutsch. Seine Aussage zum entgegen kommenden ICN: Da kommt gleich Siemens-Schrott. Nun ja, lassen wir den O-Ton mal so stehen.


Der Weichenwärter, die drei Lokführer und Leander beim Klönschnack in der wunderschönen Bergwelt am oberen Ende des Zrmanjatals.

Wir fuhren trotz Schlonzlicht nochmal weiter. Im Bahnhof Malovan sollte das Licht gut stehen. Der Bahnhof selbst lag dann aber schon im Bergschatten; nur an der Osteinfahrt ging noch was. Mit ausführlichem Pfeifkonzert und Winken von beiden Loks wurden wir vom Zugpersonal verabschiedet.


Der Güterzug nochmal bei der Einfahrt in den Bahnhof Malovan.

Es ging für uns runter nach Knin und dort natürlich ins altbekannte, kultige Hotel Mihovil. Dort hatte sich nichts verändert. Das kann man jetzt so oder so sehen. Die Fleischplatte Mihovil wäre uns jetzt zu viel gewesen, aber die Wirtin empfahl uns Dalmatinisches Gulasch, das mit Gnocchis und Polenta und viel Sauße serviert wurde. Wobei es kein Gulasch in unserem Sinne, sondern Rinderbratenscheiben waren. Hat uns aber seeeehr gut geschmeckt.

Montag, 08.07.2019

Um 6.37 konnten wir aus dem Hotelzimmer einen Güterzug bergauf beobachten. Schade, das hätte man wissen sollen, der wäre auf dem Damm bei Zrmanja super gekommen. Unser Plan war hingegen, um punkt 7 beim Frühstück zu sein, 7.20 los zu fahren und den mit +70 laufenden Budapester draußen bei Kaldrma zu machen. Das klappte dann gerade so. Ich hatte zum Glück noch nen LKW überholt, und so kamen wir praktisch mit Einschaltung des BÜ noch über diesen hinüber. B 1204 hatte nun nur noch +50... Den Pu 5803 gab es dann auch noch.


B 1204 und...


Pu 5803 nähern sich dem Haltepunkt Kaldrma.

Da ich mein Tablet im Hotel vergessen hatte (ja ja, einmal mit Profis...), mussten wir nochmal dorthin zurück. Das war jetzt nicht so mega problematisch, da wir für das Folgeprogramm eh nochmal durch Knin mussten und uns im nahegelegenen Supermarkt auch mit Proviant für den nun vorgesehenen Tripp in die Wildnis versorgen konnten.

Immer mit bangem Blick hoch zur Strecke ging es nun wieder den langen Anstieg hoch bis Zrmanja und von dort die legendäre Landstraße 6033 bahnparallel in die Motive. Ich hatte diese Straße irgendwann mal auf Openstreetmaps von einer gelben Darstellung auf eine schmale Weiße geändert. Das hat zum Glück auch niemand zwischenzeitlich zurückgedreht, denn die 6033 ist nach wie vor ein einspuriger Schotterweg, der allerdings gut instand gehalten wird.

Man kann dort oben dann ja halten und aussteigen, wo man will. Es ist einsam dort, man hört nur die zirpenden Zikaden und riecht den herrlichen Duft der Kräuter. Unsere Hoffnung war ganz klar ein abwärts fahrender Güterzug, für den wir uns auch als erstes aufbauten. Dadurch versäumten wir, rechtzeitig genug aufzubrechen, um für den hochfahrenden ICN 520 ein Motiv mit Frontausleuchtung zu bekommen. Dafür gab es einen wunderschönen Landschaftsüberblick.


ICN 520 in der Bergeinsamkeit hoch über dem Zrmanjatal, zwischen den Bahnhöfen Plavno und Zrmanja.

Nun wollten wir unbedingt nochmal schauen, ob man den Quellkessel der Zrmanja, oberhalb dessen Rand die Bahn entlang führt, irgendwie umsetzen kann. Dieser 250m Abgrund ist schon der Hammer. Wir postierten uns einfach mal am Rande des Ganzen und warteten auf das, was da vielleicht kommen mag. Doch auch hier waren die Güterzüge offenbar "aus". Immerhin durfte man hier den südfahrenden ICN 521 erwarten. Das Wetter war phantastisch, der Himmel sogar mal wieder richtig tiefblau, allerdings auch mit paar Schleierwolken.


Der Gegenzug ICN 521 konnte oberhalb des 250m-Abgrundes runter in den Zrmanja-Quellkessel beobachtet werden.

Wir warteten nach dem 521 noch ein wenig, doch es tat sich nichts. Früher war häufig um diese Zeit ein Güterzug südwärts durchgekommen. DAS sollen die mal machen! Als der Schatten, in dem ich saß, quasi nicht mehr vorhanden war, war es halb 1. Wir beschlossen, nochmal weiter zu kundschaften. Bei meinen bisherigen Fahrten auf der "Landstraße 6033" war mir nie aufgefallen, dass man hier an dem alten Bahnhof von Prljevo vorbei kommt. Das Ausweichgleis liegt sogar noch unter den Büschen. Wir liefen mal hoch. Der Weg schien frisch freigeschnitten zu sein.


Mitten zwischen den Büschen steht die Ruine des ehemaligen Bahnhofs von Prljevo.

Die Bahn umfährt hier den Talkessel. Da mochten schöne Blicke in der relativ offenen Landschaft möglich sein. Ich konnte mich bei der Hitze aber nicht motivieren, den Bogen mal abzulatschen. Während ich im Schatten wartete, lief Leander aber mal los. Aber wohl auch nicht all zu weit, wie ich später hörte. Irgendwann wechselte ich ins Auto und machte mein Mittagsschläfchen. Mit runtergelassenen Fenstern wehte immer wieder eine angenehme Brise durch den Wagen. Auf der Schiene tat sich derweil genau gar nichts.

Um 15 Uhr siedelten wir mal um zum Viadukt von Plavno. Auch dort konnte man wunderschön im Gras sitzen, wobei der Hauptgrund für das angenehme Aushalten die Wolkenschatten waren, die jetzt zunahmen. Das war für unsere Hobbyausübung natürlich nicht so toll. Aber fürs Fotografieren hätten wir ja auch Züge gebraucht, und die waren nach wie vor Mangelware. Doch irgendwann war es so weit, dass sich ICN 522 nähern sollte. Die Sonne war hinter einer dicken Wolke, um die herum fetter Schlonz hing, so dass ich lang im Gras ausgestreckt liegen blieb. Glücklicherweise blinzelte ich dann doch nochmal gen Himmel und wurde gewahr, dass die dicke Wolke fast durch war und der Schlonz sich völlig zerfasert hatte. Nun war Betriebsamkeit angesagt! Denn ich wollte mit dem VT einen Blick von viel weiter unten auf den Viadukt haben. Schnell mit dem Auto runter, Objektiv gewechselt, der Zug war schon zu hören, der Viadukt kam ins Licht, Motiv austaxiert und klick!


Trotz nachmittäglicher Quellwolken klappte immerhin ein Sonnenbild von ICN 523 auf Čupkovič most, dem "Viadukt von Plavno".

Was für eine Hektik! Zurück oben bei Leander beschlossen wir, dass man nochmal sitzen bleiben und auf Güterzüge warten kann. Die Cumuli lösten sich nun rapide auf und die Schleier hatten sich zu etwa 50% breit gemacht. Als dann aber doch gegen 17.30 ein endlos aussehender Schleier aufzog, nahmen wir das als Zeichen zu verschwinden. Natürlich ohne noch einen Güterzug zu sehen bekommen zu haben. Ab Bender ging es auf herrlicher einspuriger Asphaltpiste bis zur Hauptstraße runter. Die Idee war nun, noch einen netten Aussichtspunkt oberhalb der Krka-Schlucht aufzusuchen.

Aber als erstes schauten wir noch nach Kistanje zum Bahnhof an der Strecke Knin - Zadar, auf der im Personenverkehr bekanntlich seit Jahren SEV herrscht. Ob da wohl ein Cheffe sitzt und auf Züge wartet? Völlig überrascht waren wir, als wir zum Bahnhof einbogen und uns plötzlich zwei Reisezugwagen gegenüber sahen. Der eine war ausgebrannt und der andere hatte Gitter vor den Fenstern! Reichlich kurios! Ein Zettel, den Leander drinnen fand, brachte Klarheit: Die Wagen stammten von Filmaufnahmen, die zwischen Knin und Kistanje am 29.05.2019 stattgefunden hatten. Jetzt wissen wir es, wozu die HŽ diese Strecke teuer hat erneuern lassen: Eine Strecke für Filmdrehs! Während wir die Wagen inspizierten, kam auch der "Zug" nach Zadar durch, der Ersatzbus. Sowas blödes, der könnte doch wohl auch in der Stadtmitte statt am Bahnhof halten?


Pu 95707 Knin - Zadar begegnet im Bahnhof Kistanje ausgemusterten Wagen, die von Filmaufnahmen übrig geblieben sind. Die dramatischen Szenen aus der Krka-Schlucht werden am Anfang der achten Staffel der britischen Serie "Strike Back" zu sehen sein. Der Filmzug war eigentlich fünf Wagen lang, aber diese zwei wurden von der Filmfirma gekauft, weil sie unbrauchbar gemacht wurden.

Nach einem Supermarktbesuch steuerten wir den Parkplatz für den Krka-Ausblick und die Manojlovački slapovi, die zweithöchsten Wasserfälle der Krka, an. Hatten wir geglaubt, dass wir da ganz easy von den zwei Aussichtspunkten hinabschauen und dann wieder verschwinden könnten, hatten wir uns mal geschnitten. Es war genau das Gegenteil von Martin Brod gestern: Es gab KEIN Kassenhäuschen, wohl aber ein weit verzweigtes neu angelegtes Wegenetz. Und das führte bis runter in die Schlucht direkt an die Wasserfälle ran. Klar, wir hätten die nicht alle rein- und runterlaufen müssen. Aber wenn man schon mal da war... So sind wir also um 19 Uhr herum da noch wild an den Wasserfällen herumgekurvt. Die Landschaft war imposant, der Weg führte oft zwischen den Felsen oder zu Füßen senkrechter, unterhöhlter Felswände entlang.

Und es sollte alles nicht zu einfach werden. An einer besonders engen Stelle wurden wir plötzlich von Wespen angegriffen. Leander riss beim Herumschlagen dann auch noch seine Sonnenbrille vom Kopf, die unterhalb des Weges im Gebüsch landete. Ansonsten waren wir jeder mit einem Stich noch ganz gut weggekommen. Auf dem Rückweg bin ich durch den Abschnitt durchgerannt, auch Leander gelang es irgendwie, seine Brille zu bergen und mit nur einem weiteren Stich durchzukommen. Nach dem Abenteuer gab es noch einen Besuch an einer alten Mühlenruine am großen Wasserfall. Sehr eindrucksvoll, wie mögen die Menschen früher in dieser Schlucht gelebt haben? Die Luft stand hier unten, und als wir uns wieder zum Parkplatz hochgearbeitet hatten, konnte ich mich auswringen...


Ob ich hier wohl durch passe? Die Frage geriet bald in den Hintergrund. Das Bild entstand unmittelbar vor dem Wespenangriff.


Der Wasserfall Manojlovački slap. Für diesen Blick muss man tief in die Schlucht hinab steigen.


Ruinöse Mühlengemäuer fanden sich tief unten in der Schlucht. Was muss das für ein Einsiedlerleben gewesen sein?


Zum Schluss gab es nach langer Kraxelei aufwärts noch den "Haupt-Ausblick" auf die Wasserfälle.

Eigentlich wollten wir doch schon lange beim Essen sitzen! Wir hatten heute kaum was zu Mittag gegessen. Und spätestens nach der abendlichen Schluchtkraxelei hatten wir sie uns verdient: Die berühmte Fleischplatte Mihovil! Um 20.20 saßen wir endlich auf der wunderschönen Veranda des Hotels. Und die Fleischplatte Mihovil war noch besser, als ich sie in Erinnerung hatte! Kein Billigfleisch, sondern schöne Filetstücke, Koteletts und Schnitzel.


Da issie: Die Fleischplatte Mihovil!

Dass wir in all den Stunden in der Wildnis nun gar keinen Güterzug vor die Objektive bekommen hatten, war schon etwas ernüchternd. Aber alle drei Triebwagen hatten immerhin an topp Motiven geklappt, nachmittags kam sogar noch unverschämtes Sonnenglück hinzu, und das "Sein" dort oben war der pure Urlaub. Was will man eigentlich mehr?

Dienstag, 09.07.2019

Das war nun also die zweite Nacht im Hotel Mihovil. Seit 2006 komme ich in dieses Hotel und habe mich immer wohlgefühlt. Man wusste, wo man hin kam, man konnte sich auf das gute und reichhaltige Abendessen freuen. Letzteres ist nach wie vor das große Plus hier. Das Essen ist nach wie vor gut und man kann wunderschön auf der Veranda beim Blick in den schönen Garten sitzen. Was haben wir hier schon tolle Abende bei Bier, Fleischplatte Mihovil und anderen Köstlichkeiten zugebracht! Durch die Lage in einem Vorort von Knin ist es auch schön ruhig hier (außer man hört in der Ferne einen Güterzug die Rampe hochbrüllen). Das Problem mit den nachts bellenden Hunden hat man offenbar in den Griff bekommen.

Aber: Im übrigen macht das Hotel den Eindruck eines Auslaufbetriebes, der am liebsten von Gästen in Ruhe gelassen werden möchte. Das fing schon am Empfang an, wo die ältere Dame uns wortkarg und mit genervt-leidend wirkender Miene eincheckte. Im weiteren Verlauf (sie bediente auch im Restaurant) taute sie dann allerdings auch mal auf und zeigte ein Lächeln. Dann die Zimmer: Auf der Fensterbank stand der Staub, außerdem lagen da irgendwelche halb verwesten Insekten. Die Steckdosen und Lichtschalter hingen lose in der Wand, die Sanitäranlagen waren von anno dazumal, der Kühlschrank strotzte vor Schmutz. Betten und Boden wirkten aber sauber. Dann das Frühstück: Der Kaffee kam heute aus einem großen, kleckernden Thermoskessel, die Kühleinrichtung für die Käse-/Wurstvitrine wurde irgendwann abgestellt, die Sachen aber drin gelassen. Hatte ich eben noch die gute Küche gelobt? Die Spiegeleier sahen aus, als ob die wüst aus der Pfanne gekratzt worden wären. Als Orangensaft gab es die minderwertigste Zuckerplörre, die im Supermarkt aufzutreiben war - serviert im Tetrapack. Immerhin war heute Butter da, und das Brot war frisch und lecker, so dass man sich Butterbrot mit Balkanmarmelade machen konnte.

Liebes Hotel Mihovil, ich bin in all den Jahren immer gern zu euch gekommen, aber für diese ganzen offensichtlichen Mängeln kann es eigentlich nur einen Grund geben: Ihr wollt nicht mehr. Anders ist das nicht erklärbar. Schade. Eure Booking-Bewertung von 5,8 muss euch erstmal einer nachmachen. So schlecht abzuschneiden - das schaffen nicht viele Herbergen. Aber ich muss leider konstatieren, dass diese Note gerechtfertigt ist.

Da heute der Himmel bedeckt war, ließen wir uns viel Zeit. Erst gegen 10.00 zogen wir mal langsam los. Die Sonne brannte nun doch verstärkt stechend zwischen den Wolken hervor, die sich zum großen Teil ins Gebirge verabschiedeten. Leider ging mit der Sonne auch eine ziemliche Schwüle einher. Wir wollten mit dem weiter machen, womit wir gestern aufgehört hatten: Die diversen Aussichtspunkte und Sehenswürdigkeiten der Krka-Schlucht besuchen. Zunächst ging es zu den Seen oberhalb der Wasserfälle, die wir gestern besichtigt hatten.


Die Krka oberhalb der Wasserfallstufe, an der wir gestern Abend rumgekraucht sind; gestern waren wir hinten links um die Krümmung herum.

Wir waren beide irgendwie müde und gerädert. Ich hatte auch nicht besonders gut geschlafen, und der "Kaffee" heute Morgen, diese Plörre, konnte da nicht nennenswert weiterhelfen. Deshalb fanden wir uns bald auf dem Dorfplatz von Kistanje wieder, wo es schön unter Bäumen sitzend einen Kaffee gab, der den Namen auch verdiente. Wir fragten uns, was man aus diesem Dorf mit seiner Lage am Nationalpark alles machen könnte. Noch sieht es mit seinen grauen, teils unbewohnten Fassaden, doch noch sehr nach Nachkriegszeit aus...

Natürlich schauten wir auch nochmal am Bahnhof vorbei. Und tatsächlich parkte diesmal ein Auto vorm EG, und die Tür des Fdl-Büros stand offen. Wir liefen mal hin und wurden vom Cheffe begrüßt, unsere Frage nach Teretni vlak (Güterzug) wurde aber verneint, genauso wie unsere Frage nach einem Fahrplan für den Zug. Wir erklärten, dass wir Fotos machen wollten, was er wohl auch verstand. Vielleicht wollte er uns nur nichts sagen, ansonsten würde ich den Schluss ziehen, dass die Frühschicht an diesen Bahnhöfen der Zadarbahn besetzt ist, falls mal ein Güterzug fahren möchte.

Nun ging es zu den Roški slap. Der Plan war, einmal den Rundweg um die kleinen Wasserfälle herum zu gehen. Dagegen sprachen allerdings die Preisvorstellungen von 100 Kuna pro Person gepaart mit den finsteren und vor sich hin grummelnden Gewitterwolken, die hinter den Felsen standen. Rund 13 Euro für einen kleinen Rundweg, den man womöglich abbrechen muss, wenn das Gewitter da ist, das erschien uns dann doch etwas übertrieben. So setzten wir uns erstmal in den benachbarten Restaurantgarten und tranken direkt neben einem der zahlreichen Bachläufe einen weiteren Kaffee.

Danach waren die dunklen Wolken so schnell verschwunden, wie sie gekommen waren. Somit entschlossen wir uns dann doch für den kostenpflichtigen Rundgang. Erheblich ausbauen ließ der sich durch einen Abstecher zu einer Höhle. Dieser Abstecher führte steil aufwärts - über 500 Stufen! Schon wieder so eine schweißtreibende Geschichte... Aber die Ausblicke von verschiedenen Aussichtspunkten waren toll. Gelegentlich kam die Sonne raus, während im Norden die finsteren, vor sich hin grummelnden Gewitterwolken vorüber glitten.


Blick vom oberen Aussichtspunkt Krka aufwärts. Im Hintergrund ziehen die Gewitter vorüber.

Die Höhle selbst war ein langer Schlauch in den Berg hinein, bestens aufbereitet für tappsige Touristen wie uns. Man konnte sich optional auch einen Schutzhelm aufsetzen, aber mir reichte mein vom Kopf fliegender Sonnenhut als Indikator, dass man der Höhlendecke zu nahe gekommen war.


Blick auf die Wasserkaskaden der Roški slap.

Im Gegensatz zu gestern hatte die Kraxelei heute einen Vorteil. Das Schlimmste (=aufwärts) war zuerst gekommen. Abwärts ging es zügig. Wir absolvierten noch den restlichen Rundgang durch die Wasserkaskaden und landeten bald wieder am Auto. Die Uhr zeigte schon wieder 14 Uhr, Kinners, wie die Zeit vergeht! Allmählich durfte man mal wieder ein Hüngerchen haben. Wir hatten vorhin kurz vor den Roški slap ein Restaurant etwas oberhalb des alten Wasserkraftwerkes von 1910 gesehen. Das machte keinen so furchtbar touristischen Eindruck. Bei phantastischer Aussicht auf den Visovac jezero gab es je eine kleine gegrillte Forelle mit Kartoffelecken und Salat dazu. Die Forelle war so preiswert (7 Euro), dass wir fast gar nicht mit einem kompletten Fisch gerechnet hatten. Sie sollte sogar vor Ort gefangen worden sein. Jedenfalls war sie sehr lecker.


Gegrillte Forellen frisch aus dem Visovac Jezero (jedenfalls, wenn man ganz fest dran glaubt...).

Nun fuhren wir aber tatsächlich weiter. Es ging schnurgerade auf Drniš zu. Dass diese breite Straße durch die Einöde nur mit 70 km/h erlaubt war, ist nur ein Beispiel von vielen völlig schwachsinnigen Restriktionen im kroatischen Straßenverkehr, wegen derer sich eben kein Mensch an die Regeln hält. An dem Rastplatz oberhalb der Čicola-Schlucht gegenüber von Drniš hielten wir für ein kleines Verdauungsschläfchen an. Und promt fuhr dort erstmals in diesem Urlaub der allseits beliebte Güterzug 60340 an uns vorbei. Der war sehr sehr früh dran!

Leider erst nach dessen Durchfahrt begannen die Wolken etwas aufzureißen. Wir rechneten uns eine reelle Sonnenchance für den bald anstehenden Pu 5804 aus, den wir im motivlosen Nirgendwo zwischen Planjane und Sedramić abpassten. Nun ja, er war auch noch beschmiert, aber für die Wertung "Kein Tag ohne sonniges Zugbild" musste er eben herhalten. Das Bild erspare ich euch aber...

Es war jetzt einiges Blau am westlichen Himmel, während im Gebirge die fette Bewölkung hing. Man hätte durchaus eine Chance auf Sonne gehabt, wenn "die mal was gemacht hätten", sprich, wenn wir eine Chance auf Züge gesehen hätten. Die sahen wir aber nicht so, weshalb wir zu unserem neuerlichen Ziel Kaštela eine wunderschöne Landstraße hintenrum "durch die Wicken" gefahren sind. Und "Wicken" (was auch immer das ist) gibt es hier besonders viele. Tolle Dörfer mit Natursteinhäusern, eine atemberaubende, wilde Berglandschaft und eben die grandiose Abgeschiedenheit waren es, die begeisterten. Als wir den letzten Kamm vorm Meer querten, hatten wir einen famosen Ausblick auf die Bucht von Kaštela.


Das Meer kommt in Sicht: Blick von ganz oben auf die Bucht von Kaštela mit Split am Ende.

Da eben noch über dem Meer viel Blau zu sehen war, waren wir eigentlich frohen Mutes gewesen, mit dem Budapester noch was anfangen zu können. Doch plötzlich schob sich von Westen eine dicke schwarze Wand vor die Sonne. Das Regenradar zeigte eine aufziehende Gewitterfront, deren Ende bis zu den Alpen reichte. Aber noch war es ja trocken. Wir näherten uns ja nun von oben dem Bahnhof Kaštel Stari. Was lag näher, als den Parallelweg ein Stück rein zu fahren und vom B 1205 zur Abwechslung mal eine Videoaufnahme zu machen? Wozu hatte man das entsprechende Equipment denn dabei? Hierfür war es dann auch von Vorteil, dass die Luft stand. Über der Bucht wehte kein Luftzug. Fast freute man sich auf ein erlösendes Gewitter. Erstmal kam allerdings B 1205 pünktlich angedonnert.

Mit Videoaufnahmen habe ich ja nun gar keine (neuzeitlichen) Erfahrungen. Mit Videoaufnahmen per digitaler Fotokamera erst recht nicht. Ich hatte meine Ersatzkamera, die D810, vorm Urlaub auf Videobetrieb umgestellt und mir ein billiges, mega-leichtes Stativ besorgt, um die D810 mal parallel im Videobetrieb laufen lassen zu können. Das Anschauen und vor allem Anhören dieser ersten Aufnahme war dann allerdings ernüchternd. Das tiefe Grummeln der Lok wurde in der Distanz hervorragend wiedergegeben, doch als der Zug dann direkt bei mir war, war der Ton vollkommen übersteuert. Da gab es nur noch Geknister. Für das nächste Mal stellte ich die Kamera auf eine automatische Aussteuerung des Tons um.

Wir hatten dieselbe Pension wie letzte Woche gebucht. Leider war das schöne große Zimmer mit dem Balkon nur bis Donnerstag verfügbar, aber der Sohn der Wirtin von letzter Woche, der uns diesmal eincheckte, meinte, dass wir Donnerstag zumindest im Haus bleiben und in ein kleineres Zimmer ohne Balkon umziehen könnten.

Für den Abend hatten wir überlegt, nach Kaštel Stari in eine mir bekannte Pizzeria zu laufen, doch angesichts der schwarzen Wolken, die fast über uns waren, ließen wir das lieber mal. Statt dessen besorgten wir uns Bier, Käse und Brot vom Supermarkt gegenüber und verbrachten den Abend auf dem Balkon. Bereits bei Verlassen des Supermarktes hatte es zu regnen angefangen. Vom Balkon gab es einige eindrucksvolle Blitze und recht starken Regen zu beobachten. Das war auch mal sehr "gemütlich".

Mittwoch, 10.07.2019

Leider ging es wettertechnisch so weiter. Morgens beim Aufwachen war es "nur" bewölkt, doch später setzte ausgiebiger Regen ein. Aber vielleicht würde das ja die Luft ein wenig reinwaschen? Für den Abend waren paar klare Stunden angesagt; wir durften hoffen. Als der Regen aufgehört hatte, liefen wir runter ans Wasser und entlang der Wasserkante rüber nach Kaštel Stari. Hier drehten wir erst eine Runde durch die wunderbare italienisch geprägte Altstadt und setzten uns dann in das italienische Restaurant, in dem wir neulich nach meiner Ambulanzgeschichte schon gefrühstückt hatten.


Der Marktplatz von Kaštel Stari.

Bald hörte man es in der Ferne wieder grummeln. Ein wenig später fing es auch an zu regnen. Ein amüsierter Blick fiel auf die Leute, die nicht vollständig unter einem Schirm saßen, die mussten alle ihre Plätze wechseln. Plötzlich wurde der Regen richtig heftig und Wind kam auf. Jetzt wurden auch wir richtig nass und flohen unters Vordach. Die Spiegeleier und der Kaffee waren aber wieder phantastisch.


Frühstück im Freien bei Regen.


Der Regen wird stärker.

Es blieb bewölkt. Wir beschlossen, erstmal ganz simpel einen faulen Lenz zu machen. Wozu hatten wir in der Pension den herrlichen Balkon? Ich schrieb paar Postkarten und döste ne Weile auf dem Bett. Zwischenzeitlich kam die Vermieterin eine Etage tiefer mit einem Wäschekorb auf ihren Balkon, schaute zum Himmel und verschwand mitsamt der Wäsche gleich wieder im Haus. Dann regnete es wieder, allerdings nicht mehr so heftig wie vorhin im Café. Nach wie vor wurde uns aber für den späteren Nachmittag schönes Wetter versprochen.

Auf dem Satellitenbild war deutlich zu sehen, wie das Ende der Bewölkung langsam von Norden näher kam. Mittags war bereits Rijeka und die Insel Krk wolkenfrei. Wir konnten nur hoffen, dass es weiterhin mit Nachdruck bei dieser Zugrichtung blieb. Die ganze Zeit, die wir auf dem Balkon abhingen, war immer mal wieder GM-Sound von der Bahnstrecke oben am Hang zu hören. Die sollen das jetzt noch lassen! Als um 13.10 ein Güterzug mit Schüttgutwagen aufwärts fuhr, konnten wir nur hoffen, dass das nicht schon der 60340 gewesen ist. Der nächste gleich gebildete Zug kam um 14.00. Und die Schönwettergrenze war jetzt bei Zadar und hatte keine so rechte Lust mehr näher zu kommen.

Um 14.30 wechselten wir dann aber doch mal vom Hotelbalkon in die Hänge oberhalb Kaštelas. Falls noch mehr Güterzüge kämen, wollten wir wenigstens ein Video versuchen. Als wir uns an unserem Aussichtspunkt eingerichtet hatten, kam mehr und mehr die Sonne raus. Erst nur diffus, dann immer stärker. Das scharfe Ende der Bewölkung war das allerdings noch längst nicht. Pu 5506 wurde mal mit relativ vollem Licht verarztet.

Nun stellte sich die Frage, was man weiter macht. Auch wenn sich am Himmel jetzt einige blaue Flächen zeigten, so nahm der Schmodder am Himmel nicht wirklich ein Ende. Außerdem setzten sich jetzt über den Bergen einige Wolken fest, die für die angedachten späteren Bilder gefährlich werden konnten. Und was heißt "spätere Bilder"? Eigentlich wäre da ja nur noch der Ungarnzug zu fotografieren. Somit gingen wir zu Plan B über. Einmal volle Dröhnung! Zunächst ging es erstmal zum Bahnhof Kaštel Stari, wo wir das Auto stehen ließen und das Verkehrsmittel wechselten.

Pu 5507 Kaštel Stari 17.16+12 - Split 17.40+10

Der zuvor angekommene Schwede von Split sollte dann auch nach uns sofort zurückfahren - eine Fahrt, die nicht im Fahrplan stand. Offenbar ist der Verkehr nicht nur im Bereich der Metro Split ausgeweitet worden. Und es ist erfreulich: Aus dem Y1 von Split stiegen so viele Leute aus, dass das eine Wägelchen ab Split richtig voll gewesen sein muss. Und unser 612 aus Perković füllte sich auch so gut, dass gegen die Stoßrichtung fast jede Sitzreihe belegt wurde!


Der Kaštel Stari-Pendel ist an seinem Endbahnhof angekommen.

Dass ich hier mal mit einem Bummelzug bogenschnell zu Tale gleiten würde, hätte ich auch nie für möglich gehalten. In Split gab es im zunehmenden Sonnenlicht eine ganze Reihe Fotos, die die nun ausfallende Streckenaufnahme vom Ungarn dicke wett machten, obwohl der Himmel tatsächlich nun völlig aufklarte und man durchaus noch die Streckenaufnahme hätte machen können.


Alle drei Nahverkehrslinien von Split auf einen Blick: Der "Schwede" verlässt als Kaštel Stari-Pendel Pu 5534 den "Hauptbahnhof", während hinten der 7123 als Perković-Pendel und die Splitski Metro nach Split Predgarđe stehen. Dieses Konzept ist bisher einzigartig: Mit nur einer einzigen Strecke drei unterschiedliche schienengebundene Nahverkehrslinien betreiben...


Die "Metro" folgt sogleich - aber nur bis hinter den ersten Tunnel...


Der Perko-Pendel steht noch da, und B 1205 nach Budapest ist bereitgestellt.

B 1205 Split 18.28+3 - Perković 19.31-5

Leander hatte den Geistesblitz, trotz aller Bahnhofsfotos schnell noch ein Reisebier zu besorgen. Nun konnte es losgehen. Wir hatten unser eigenes Abteil im völlig leeren ersten Wagen, dem HŽ-Wagen. Das nun folgende Erlebnis kann man nicht beschreiben. Man kann es auch nicht aufzeichnen oder auch nur einigermaßen angemessen hier wiedergeben. Bereits bei den Abfahrten von Split und Split Predgrađe, jeweils mit Beschleunigung im Tunnel, wuchs das Gedonner der Lok auf ohrenbetäubende Ausmaße. Die Frau aus Grönemeyers Song "Sie mag Musik nur wenn sie laut ist" hätte ihre Freude gehabt; es ging hier echt um Schall, den man spüren konnte! Und die ganze lange herrliche Steigungsfahrt durch die Kaštelas bis hoch nach Labin gab es Bässe, die keine Anlage so wiedergeben könnte. Jegliche Versuche, den Ton per Handy aufzuzeichnen, scheiterten. Automatische Einpegelung lässt von diesen Bässen kein Stück mehr übrig.

Viel zu schnell war das Vergnügen vorüber und wir mussten den Zug in Perković verlassen. Unterwegs waren wir übrigens von drei Fotografen aufgenommen worden, zwei davon am großen Damm oberhalb der Straßenbrücke vor Labin. Und wir hatten gesehen, dass der Zug beim Vorsignal von Labin noch topp ausgeleuchtet wird; dort hätte ich den Zug wegen befürchteter Bergschatten nie versucht. Ob wir morgen Abend nochmal schönes Wetter dafür haben werden? Das wäre klasse! Mit uns stieg in Perko nur ein anderer Fahrgast aus, ein Engländer, mit dem wir schon in Split ins Gespräch gekommen waren und der aus der gleichen Motivation wie wir diese Exkursion unternommen hatte.


Einmal am Tag hat dieses Dorf Verbindung in die weite Welt: Der Schnellzug nach Budapest hält in Perković-International.

Gemeinsam mit dem Engländer setzten wir uns unterhalb des Bahnhofs in die einzige Gastronomie, die Perković offenbar zu bieten hat, eine Sportsbar. Zu essen gab es da leider nichts, aber ein Bierchen konnte man da schön im Freien zu sich nehmen. Der Engländer wollte nun auf den Spät-Bummelzug nach Split warten, doch da bei Erreichen des Bahnhofs der verspätete ICN 523 um die Ecke kam, der den Bummelzug noch zusätzlich verspäten würde, entschieden wir uns für den.

ICN 523 Perković 20.36+15 - Kaštel Stari 21.03+15

Was wir beim Einstieg noch nicht voll überblicken konnten (sonst wären wir auch lieber Bummelzug gefahren), war der Umstand, dass der Zug zu 100% besetzt war. Damit hatten wir nicht im Traum gerechnet! So mussten wir also auch noch stehen. Immerhin hatte die Schaffnerin keine Lust, zu uns durchzukommen. Und in Perko war der Schalter dicht gewesen.

Bischen Hunger hatten wir ja nun doch. Wir hatten nach den Spiegeleiern nichts mehr gegessen. Somit liefen wir nach Rückkunft an der Pension nochmal runter zu einem Imbiss, wo wir uns einen Kebab (J) bzw eine Pizza (L) für den Balkon rausholten. Ein Wahnsinnssturm fegte über die Kaštelas! Der Himmel war völlig klar und es war regelrecht kühl.

Donnerstag, 11.07.2019

Endlich mal wieder Aufwachen bei klarem blauen Himmel! Leider mussten wir hier heute raus und uns eine neue Unterkunft suchen, weil in der Pension Varnica kein Platz mehr war. Die Zusage, innerhalb des Hauses umziehen zu können, war offenbar vergessen. Wir buchten uns für die letzte Nacht paar Kaštels weiter in Štafilić ein. Dann ging es nochmal für den Ungarn nach Rudine hoch. Was für ein Unterschied zum letzten Besuch hier! Heute konnte man es super aushalten, ein frischer Wind sorgte für gute Luft und angenehme Temperaturen. Ärgerlich war nur, dass der B 1204 immer mehr Verspätung aufbaute. Und dann ließen sie ihn auch noch in Labin verhungern, um erst den Bummelzug hoch zu fahren.

Der aufwärts fahrende Bummelzug, mit dem wir hier gar nichts anfangen konnten, war schon sehr früh zu hören. Da konnte er noch nichtmal in Kaštel Stari sein. Das war kein Triebwagen! Das war das Grummeln einer 2044! Ich wollte ja nochmal die Videofunktion der Zweitkamera mit automatisch ausgeregeltem Ton probieren und filmte die Vorbeifahrt einfach mal zur Probe aus der Hand (wobei das total bescheuert ist, weil man ja nicht durch den Sucher schauen kann). Tonmäßig war es dann fast dasselbe. Als die 2044 an mir vorbei donnerte, gab der Film nur noch Geknister von sich...

Irgendwie war das alles verkorkst. Für den blöden Nachtzug, der eh wieder mit Lok falschrum kam und für den man auch eher nur ein Hilfsmotiv hatte, verplemperten wir wieder die schönsten Morgenstunden. Zusätzlich ärgerlich war, dass heute, wo wir den Wecker mal nicht für die Frühzüge gestellt hatten, auch der Früh-Bummelzug von Perko wohl schon mit richtigrum stehender Lok und Wagen gefahren war. Mist, warum machen die das heute? Immerhin war ja wie gesehen der Vormittagsbummel ebenfalls lokbespannt, so dass wir den bei der Rückfahrt noch bekämen. Wir fuhren nach Predgrađe, wo man etwas entspannter (aber auch nur gegen Gebühr) parken konnte. Von hier wollten wir mal mit der "Splitski Metro" in die Stadt fahren. Für die galten andere Tickets, und FIP Reduktion bekam ich auch nicht. Ok, bei 1,50€ hin und zurück war das verschmerzbar...

Pu 8421 Split Predgarđe 9.51 - Split 9.55

Immerhin hatten wir Glück. Der lokbespannte Pu 5503 aus Perković sollte nach Gleis 3 einfahren, das wohl fotogenste Gleis am Vormittag. Der hatte allerdings auch Verspätung mit steigender Tendenz. Zwischenzeitlich wurde für Gleis 3 noch die Metro-Wende von 10.15 auf 10.16 angezeigt, aber die fiel dann komplett aus. Vermutlich mangels Bedarf; wir waren jedenfalls eben nur drei Fahrgäste. Der Pu 5503 klappte dann jedenfalls topp, und die nachfolgende Metro Pu 8423 konnten wir auch noch auf Gleis 2 nehmen.


Der ausnahmsweise lokbespannte Pu 5503 fährt in seinen Endbahnhof Split ein.


Für die Menschenmassen, die ab Split Predgrađe nicht mehr in den 5503 reingepasst haben, wurde sogleich Metro Pu 8423 hinterher geschickt. Offenbar haben aber alle in den 5503 hinein gepasst, denn aus dem 8423 stieg nur ein Eisenbahner mit Pizzakarton aus.

Danach hatten wir uns das Frühstück verdient. Wir liefen durch das Gewusel der Menschenmenge zur Promenade, wo wir in einem Café lecker Spiegeleier mit Bacon und Toast zu uns nehmen und dabei das sommerliche Treiben auf der Promenade und am Hafen beobachten konnten. Zurück am Bahnhof gab es noch ein Eis und den einfahrenden Pu 8427 auf Foto. Außerdem hatte der aus einem Y1 bestehende Kaštel Stari-Pendel kurz zur Wende reingeschaut. Der Zug kam gerammelt voll an und fuhr gut gefüllt wieder zurück. Eigentlich müsste der schicke, neue, klimatisierte und vor allem längere Končar-Triebzug den Kaštel Stari-Pendel fahren. Für die Splitski Metro würde meist auch eine Bahnmeister-Draisine reichen. Aber was verstehe ich schon von Politik! Das hat sicher alles seine Richtigkeit...

Pu 8426 Split 11.54 - Split Predgrađe 11.58

Irgendwie erschien mir die Metro wie ein einziger Personal-Pizza-Pendel. Wir hatten den Eindruck, dass diese neue Linie am ehesten von Wagenmeistern, Reinigungskräften und anderen dienstbaren HŽ-Geistern genutzt wurde, die zwischen der Wageninstandhaltung und dem Hbf hin und her pendeln mussten. Aber dann gab es auch die Eisenbahner mit Pizzakarton in der Hand, die offenbar den klimatisierten Pendelzug für ihre Pause nutzten. Als wir wieder in Predgrađe zurück waren, warteten wir nochmal die nächste Ankunft als Pu 8428 ab. Nach deren Ankunft scherte ein 7123 (vgl dt 612) in den nächsten Umlauf ein. Das hatte einer der Pizzakauer wohl zu spät mitbekommen, dass er mit einem anderen Zug zurückfahren musste, und kam nach dem Abfahrauftrag noch aus der angekommenen Metro angewetzt...


Nun befinden wir uns auf der anderen Seite des Tunnels. Die Metro ist inzwischen zwei weitere Male durch den Stadttunnel gefahren und kommt nunmehr als Pu 8428 in Predgrađe an. Der Šef quittiert das rechtzeitige Halten vorm Überweg mit "Daumen hoch".


Nun schert ein 7123 in den Metro-Umlauf ein. Hauptsache klimatisiert, dann hat die Zeitung nichts zu meckern...

Wir hatten es nun hier. Mit einem Abstecher zum Bf Solin, der zwischen all den Industrieanlagen kaum zu finden ist und dessen EG zwischen all den Öltanks ringsum klein und gedrungen wirkt, wollten wir uns einfach mal an den Damm mit der kleinen Festung weit oberhalb von Sadine begeben. Wir besorgten uns Getränke und versuchten nun einen Weg bis fast an den Damm reinzufahren. Doch der war nun wegen Baustelle gesperrt. Man kam auch nicht am arbeitenden Bagger vorbei. Davor konnte man weit und breit nirgends das Auto lassen. Ätzend! So fuhren wir dann einen Riesenbogen, um nun aus Richtung Sadine ranzukommen.

Nach einigem Fußweg und Kraxelei auf einen Fotofelsen lag allerdings ein tolles Panorama vor einem. Man hatte hier die Bucht und Split wunderbar im Hintergrund. Ätzend war allerdings, dass es güterzugmäßig eben in Solin nach null Aktivität ausgesehen hatte. Die sollen doch mal was machen! Nun ja, wenigstens wehte auch jetzt am frühen Nachmittag ein schöner Wind, und es ließ sich trotz fehlender Schatten gut aushalten. Äh, hatte ich "fehlende Schatten" gesagt? Am Himmel hatten sich nun doch so einige Schleier breit gemacht. Bisken Spannung muss ja wohl immer sein... ICN 522 bekam aber noch ganz passables (Hoch-) Licht ab.


ICN 522 weit oberhalb von Sadine an dem Damm mit der kleinen Festung.

Ich hatte einen wunderschönen glatt geschliffenen Felsen gefunden, auf dem ich mich ausstrecken konnte. Leander war irgendwo anders auf dem Bergrücken; es gab vielfältigste Möglichkeiten. Trotz der Geräusche vom Flughafen, allgemeinem Motorengeräusch, das vereinzelt aus dem Tal empor stieg und dem Wind glaubte ich bald ein dauerhaftes, noch sehr unterschwelliges tiefes Grummeln zu hören. Sollte es tatsächlich...? Dann war mal wieder nichts zu hören, der Wind war einfach zu laut und wehte aus einer anderen Richtung. Doch dann schwoll der Laut wieder an, und es war eindeutig: Von unten rollt es! Am letzten Nachmittag der Tour bekamen wir nun endlich ein Foto vom 60340 (oder wie der inzwischen auch immer heißen mag) hin!


Am letzten Nachmittag vorm Abreisetag gelingt uns endlich das erste Bild des "berühmten" Nachmittagsgüterzuges von Solin.

Auch wenn das jetzt bei vollem Licht geklappt hatte, sah es am Himmel gar nicht mehr so gut aus. Die Schleier wurden immer dichter; von Westen zog eine breite, geschlossen aussehende Front auf! Wir warteten noch auf Pu 5506, bevor wir den Rückweg antraten.

Wir nutzten die Bewölkung, um unten unser neues Domizi, die Pansion Jeric / Tegeto in Kaštel Štafilić, aufzusuchen. Die Wirtin sprach etwas deutsch und etwas englisch und führte uns Trepp auf und ab und links und rechts durch das große Haus bis zu einer entlegenen Keminate, in der wir erstmal die Betten auseinander ziehen mussten. Lustigerweise kam man im Treppenhaus an einem Absatz mit zwei Sesseln vorbei, in denen jedes Mal Jugendliche saßen und wie hypnotisiert auf ihre Smartphones starrten. Offenbar gab es nur hier brauchbaren WLAN-Empfang...

Leander wollte mal in Richtung Strand laufen, ich machte es mir auf dem Balkon oder auch auf dem Bett gemütlich. Die spannende Frage war nun, ob man nachher für den Budapester nochmal auf Sonne hoffen durfte. Laut Satellitenfilm handelte es sich durchaus um ein endliches Wolkenband. Wie endlich - das war jetzt die spannende Frage. Als gegen 18 Uhr die Zeit der Entscheidung nahte, waren am Westhimmel schon wieder einige blaue Flächen zu sehen. Und die Tendenz schien zuzunehmen.

Wir fuhren hoch zum Ausblick unweit der Passhöhe Labin, liefen den Weg rein, kletterten den Hang hoch und harrten dem Zug, der da kommen mochte. Es hatte auf der gesamten Anreise so sicher ausgesehen. Doch als wir an unserem Hang saßen, schien die Sonne bestenfalls diffus und ging bald ganz aus. Sie war in einem dicken Wolkenfeld drin. Zum Zug war nichts zu wollen.

Gemächlich schlossen wir uns der Autoschlange hinter einem lahmen LKW talwärts an. Immerhin fuhr der LKW noch vor Plano an die Seite und ließ alle vorbei - das war anständig! Zurück in der Pension machten wir uns frisch und liefen zum Essen. Klar - kurz vorm Untergang bratzte das Sonnenlicht nochmal voll hervor!

Was für ein Unterschied zu 2013! Ok, damals waren wir nicht in der Hauptsaison hier. Aber eine gewaltige Wandlung hat es schon gegeben. Damals waren wir von Kaštel Štafilić über Kaštel Novi nach Kaštel Stari gegangen, weil wir erst dort ein geöffnetes Restaurant fanden. Das war die Konoba Porat. Weil wir dort immer gut gegessen hatten, wollten wir da heute auch mal hin. Doch das heutige Bild war ein anderes: Es ging fast ununterbrochen an Restaurants, Cafés und irgendwelchen Nippes-Ständen vorbei. Zum Essen hätten wir nicht weit zu laufen brauchen. Aber wir fanden im "Porat" einen schönen Tisch direkt auf der Promenade und konnten uns die gemischten Grillteller "miješamo mešo" bei herrlichem Blick aufs Meer schmecken lassen.


Eine der zahlreichen Wirtschaften in Kaštela, die Sylo Bar.

Kaštela war voll von Touristen. Man hörte alle bekannten Sprachen, von Griechisch bis Norwegisch. Aber das hatte Flair und war noch nicht diese heftige Überlaufenheit wie in Split. Wir liefen gemütlich und Eis schleckender Weise zurück nach Štafilić. Auf dem Balkon gab es dann noch ein Abschlussbier. Um 22.15 hallten für eine Viertelstunde die Bässe des Zagreber Nachtzuges über die Kaštelas. Wunderbar!

Freitag, 12.07.2019

Zumindest für heute Vormittag war nochmal Sonnenschein angekündigt; bei anderen Wetterdiensten sogar für den ganzen Tag. Deshalb hatten wir den Wecker noch ein Mal auf 6 Uhr gestellt. Heute wollten wir es wissen, heute musste bis zum Abflug alles nachgeholt werden, was wir in den zwei Wochen nicht geschafft hatten ;-) Um 6 spiegelte sich in der geöffneten Balkontür allerdings bewölkter Himmel mit nur wenigen Rissen. Wir drehten uns direkt nochmal um.

Um 7 sah es ein kleines bischen blauer aus und wir standen wenigstens für den Ungarn auf. Es gab Gebäckstücke aus einer Peckara (Bäckerei, und hier zu Lande wird da meistens noch selbst gebacken) und Kaffee to go beim Café am Tommy-Markt zu Plano. Mit diesen Utensilien bewaffnet stellten wir uns in die Fotokurve vor Prgomet. Die Bewölkung hatte etwas aufgemacht, doch von Westen waren weitere große Wolkenfelder im Anmarsch. B 1204 klappte mit seinen rund +20 gut.


In der Kurve vor Prgomet kommt der B 1204 nochmal wunderbar!

Gut, dass wir hier gewartet hatten. In Labin und Kaštel Stari wurde der Zug dann noch auf +65 hoch gebracht. Für den in Labin entgegen kommenden Pu 5502, der schon aus unersichtlichen Gründen von dort bis Prgomet 10 Min länger als gewöhnlich brauchte, kam dann auch nochmal die Sonne raus; nur der Hintergrund mit paar hübschen Häuschen war leider dunkel.


Pu 5502 hat den Haltepunkt Prgomet verlassen und rollt unweit der Ortschaft Nožine vorüber.

Nun wurden allerdings die Wolkenlücken massiv weniger. Der bald anstehende ICN 520 sollte heute aus einem 612-Doppel bestehen. Der interessierte uns natürlich. Gute Ausleuchtung hätte er im Bahnhof Perković, wo wir mal hin fuhren. Während wir dort warteten, röhrte es plötzlich von Unešić her. Ein mit einer vorwärts fahrenden 2063 bespannter Güterzug fuhr ein. Bei den Uacs-Wagen mussten wir nicht fragen, wo der hin will. Der ging nach Solin! Toll, aber praktisch keine Aussicht auf Sonne. Wir wollten ihm voraus fahren und schauen, ob oberhalb der Küste vielleicht mehr Sonnenchance bestände. Bestand aber nicht, das konnten wir in Prgomet wohl abschätzen.

Völlig unerwartet tauchte nun allerdings in Prgomet ein Personensonderzug mit ca 8 Wagen (HŽ, mittendrin einmal MAV) in Richtung Knin auf. Auch diesen Zug hätten wir sicherlich spätestens vor Drniš mit guter Ausleuchtung bekommen können, da man auf der Straße den Schlenker über Perković abschneiden konnte. Aber auch in der Richtung war die Bewölkung komplett. Zu allem Überfluss war der Westhimmel nun völlig blau. Das Hochlicht war am Anrollen, vorher würde aber sicherlich nichts mehr gehen. Toll! Drei interessante Züge kamen mal wieder, während die Wolken da waren. DAS sollen die gefälligst lassen!

Den Güterzug mit der 2063 versuchten wir nochmal in der Steigung zwischen Brdašće und Prgomet zu filmen, aber das war völlig blöde. Der letzte Laut auf meinem Film vorm Abbruch war wohl mein Ausruf "So eine Sch..."... Im Hochlicht nahmen wir uns dann noch den Pu 5822 bei den Felsen östlich Vrpolje. Wusste gar nicht, dass es noch orange "Schweden" gibt, der war aber beschmiert.


Von Šibenik her erscheint ein oranger "Schwede", hier kurz vor Ripište.

Nach ein wenig Geldbeschaffung im Gewerbegebiet von Šibenik ging es zu einem Haupt-Programmpunkt, der einfach nochmal sein musste: Es gab Janjetina im Restaurant Torćida in Vrpolje, Lamm vom Drehspieß. Für das Essen mitsamt Abschlusskäffchen nahmen wir uns zwei Stunden Zeit, während wir den Blick in das mediterrane Tal vor unserer Terrasse genossen. Das war schön, wäre aber vielleicht noch schöner gewesen, wenn man vormittags noch etwas besser die verfügbaren Chancen hätte nutzen können. Nach dem Essen fuhren wir nochmal nach Primorski Dolac, wo Leander das Esig gern mit ICN 522 umsetzen wollte. Über Mittag hatten verschiedenste Wolkenarten den Himmel zu bevölkern begonnen, aber der Zug klappte sogar mit Sonne.


Unsere letzte Streckenaufnahme: ICN 522 am Einfahrsignal von Primorski Dolac.

Wir hatten seit Bosnien nicht mehr getankt - so kurze Entfernungen waren wir nur gefahren. Laut Vertrag durften wir das Auto leer abgeben. Ganz würden wir das aber nicht mehr nach Zadar schaffen. Die Tank-Warnanzeige war hinter Perković angegangen. So tankte ich in Šibenik nochmal 7 Liter nach. Damit konnten wir nochmal über herrlich leere Landstraßen via Škradin und Benkovac zum Ziel gelangen.

Ich setzte Leander in Zadar am Bahnhof ab. Sein Rückflug würde erst morgen gehen. Schrecksekunde, als ich losfahren wollte: Der Autoschlüssel war weg! Beim Verpacken der ganzen Sachen, die so im Auto rumschwirrten, war auch der Autoschlüssel im Koffer gelandet. Das klärte sich dann zum Glück schnell. Um 17.30 stand ich auf dem Sixt-Parkplatz am Flughafen.

Als sich nach einiger Zeit der Sixt-Mitarbeiter mit mir befasste, kroch er so lange akribisch auf Fehlersuche um das Auto herum, dass ich schon von einem anderen deutschen Paar, das das beobachtet hatte, angesprochen wurde, dass sie das unverschämt fänden. Tatsächlich wollte er dann auch noch paar neue Stellen außer den Kratzern von der "Flüchtlingsecke" in Bosnien gefunden haben, u.a. an der Türkante! Das ging mir entschieden zu weit. Hab deshalb auf dem Parkplatz nichts unterschrieben.

Im Sixt-Büro wurde dann der Papierkram wegen "unserer" Kratzer aus Bosnien erledigt. Der Schaden wurde gemäß eines Kataloges in Summe größer beziffert als die Selbstbeteiligung in Höhe von 1050 Euro, auf denen wir also erstmal sitzen bleiben. Allerdings kann ich das hoffentlich über eine andere Versicherung auf 200 Euro reduzieren. Und wenn - was befahren wir nicht Urlaub für Urlaub für abenteuerliche Straßen - und sowas ist mir in all den Jahren bis auf einen Steinschlag in Schweden und einige Kratzer in England noch nie passiert. Wenn ich bei all den vielen Touren immer die SB auf Null reduziert hätte, hätte ich dafür bis jetzt vermutlich das zigfache für die Versicherung ausgegeben, denn das geht schnell ins Geld. Insofern "worry" ich darüber jetzt nicht weiter rum.

Einchecken und Sicherheitskontrolle gingen sehr schnell vonstatten. Erst nachdem ich vorm Gate Platz genommen und den Reisebericht begonnen hatte, hörte ich von anderen Reisenden, dass sich unser Flug um anderthalb Stunden verspäten würde. Gründe wurden außer "wegen verspätetem Hinflug" nicht genannt. Letztendlich dürften es aber schwere Gewitter über den Alpen gewesen sein. Viel schlechter als uns erging es den Leuten nach Frankfurt, die schon in den eh schon stark verspäteten Flieger eingestiegen waren und die nun wohl noch anderthalb Stunden auf die Starterlaubnis warteten - im engen Flugzeug!

Und dann wurde es wirklich langsam spannend. Unser Vogel war so gegen 20.30 gelandet. Um 23 Uhr beginnt für unseren Hamburger Dorfflugplatz das Nachtflugverbot! Man musste zwei Stunden Flugzeit rechnen! Das Tanken dauerte aber auch, und dann lief noch der Menschenstrom aus einer angekommenen Condor-Maschine quer durchs Flugfeld und kreuzte dabei den Weg, den wir zum Flieger nehmen mussten. Als von denen dann auch der allerletzte Nachzügler verschwunden war, durften wir einsteigen. Etwa um 21.05 hob der Flieger ab. Fast zwei Stunden verspätet.

FR5397 Zadar 19.10+115 - Hamburg 21.10+100

Der Flug war, obwohl stark besetzt (ich wollte ja unbedingt einen gut ausgelasteten Flieger haben...) und mit unmittelbarem Sitznachbarn, sehr angenehm. Es war ein Flug praktisch ununterbrochen durch ewige Dämmerung. Dadurch dass die Sonne in Zadar ca anderthalb Stunden früher als in Hamburg untergeht, blieb fast die ganze Zeit der letzte Helligkeitsschimmer am Westhimmel stehen. Unten konnte man gut das beleuchtete Häusermeer von Opatija identifizieren; dann ging es geradewegs über die "Wurzel" Istriens, an deren Ende Koper und Triest zu uns hochleuchteten. Dann habe ich etwas gedöst. Vor Hamburg verriet mir die Karte, dass wir über Wittingen reinkamen, dann aber noch eine riesige Runde über den Sachsenwald und Bad Segeberg drehten. Trotz dessen hatten wir gut Zeit rausgeholt und standen gegen 23 Uhr auf unserem völlig periphären Stellplatz. Busreise und Zollkontrolle - das dauerte auch alles.

Aber um 23.53 saß ich in einer sehr stark gefüllten S-Bahn. Der 20-Min-Takt hatte begonnen, aber es waren noch einige Flieger gelandet, so dass ich gerade noch einen Sitzplatz bekam. Später in der S3 gab es hinter der nächsten Tür einen lautstarken Krach eines betrunkenen Paares mit lautem Brüllen, Kreischen und Heulen ihrerseits, während ihr die schwarze Tusche von den Augen rann. Im Zuge des Streits hatte wohl vorm Hbf eine andere, unbeteiligte Frau von der Schwarzbetuschten eine geklebt bekommen, das konnte ich Gesprächen entnehmen - die betroffene Frau rieb sich nun die gerötete Wange, schlug aber Hilfsangebote anderer Fahrgäste aus. Willkommen in Hamburg! Der Busanschluss klappte gut, und so traf ich ziemlich genau gegen 1 Uhr auf meinem Wilstorfer Hügel ein. Eigentlich auch "wohlbehalten". Der halbe Seeigel steckte noch im Zeh, der Schaden am Auto war doof, aber letztendlich waren das zum Glück alles Sachen, die nur kurz die Laune trüben konnten.

Und ich finde, dass wir wettertechnisch wirklich eine gute Zeit erwischt hatten, auch wenn der Sonnenanteil in der letzten Woche etwas abfiel. Natürlich könnte man jetzt rumnörgeln, dass das mit den Güterzügen gern alles hätte besser laufen dürfen (ob nun Erzzüge in der falschen Richtung in Bosnien oder das Aufbäumen des Güterverkehrs in Dalmatien grundsätzlich, wenn Wolken zur Stelle waren) aber zum Rumnörgeln hatte einfach zu viel wirklich gut gepasst. Wobei hier besonders der Teil in Bosnien hervorzuheben ist, wo wir in der Neretvaschlucht nochmal einige Hammermotive abgreifen konnten, wo mir aber auch der unspektakulärere Teil im Norden sehr gut gefallen hat. Und zusammen mit den ganzen Rahmenprogrammen war es genau das, was wir uns erhofft hatten: Ein toller Urlaub!

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