Norwegen September 2009 (1)

Copyright by Jan-Geert Lukner

Samstag, 12.09.2009: Hamburg - Geilo

Es ging aus der Wohnung genau so früh los, wie vor drei Wochen zur Kosovo-Tour. Um 4.50 fand ich mich an der Bushaltestelle ein, um 5.01 saß ich in der S-Bahn und um 5.24 in der Flughafen-S-Bahn ab Hbf. Reibungslos erreichte ich den "Airport" um 5.48. Selbst an einem Samstag stiegen wieder ordentliche Massen aus der Bahn. Ich kann mich nur wiederholen - die S-Bahn zum Flughafen war seit Jahrzehnten überfällig. Check-in hatte ich schon gestern Abend zuhause durchgeführt. So konnte ich gleich ohne jede Wartezeit den Koffer abgeben. Bei der Sicherheitskontrolle musste ich mal wieder die ganze Kameraausrüstung auspacken, wie fast immer in Hamburg.

LH 3150 Hamburg 6.50 > Oslo 8.15

Der Mini-Flieger "Oberstdorf" war nur zu ca 80% besetzt. Neben und vor mir war alles frei. Etwas Verwirrung ergab sich für mich ja im Steigflug, bei dem ich irgendwo hinter Quickborn / Ulzburg völlig die Orientierung verlor. Irgendwie fehlten mir da die Landmarken. Diese gab es beim Landeanflug auf Oslo um so mehr. Unten glänzte der Oslofjord in der Morgensonne. Daneben konnte ich einige Motive vom vergangenen Mai von der Østfoldbane ausmachen. Nur rund 70 Minuten Flug, aber man landet in einer völlig anderen Landschaft.

Die Wolkendecke nahm über Land nun zu, doch Oslo lag in einem Sonnenspot angestrahlt prächtig am Ende des Fjordes. Irgendwo hinter Eidsvoll, die Minnesundbru war schon zu sehen, merkte der Käpt'n wohl, dass er zu weit war und setzte in einer 180°-Kurve zur Landung an, die dann auch ganz gut klappte. In Oslo wurden wir gewahr, dass der Käpt'n nicht gelogen hatte, als er 5°C ankündigte. Ganz schön frisch hier! Aber man war ja darauf eingestellt...

Und am Ende des Fjordes liegt eine Stadt im Licht: Oslo.

Blick auf Lillestrøm. Schön ist der Bahnhof mit dem Abzweig nach Kongsvinger / Eidsvoll zu sehen. Oder die vielen Eingänge des Romeriksporten, eines langen Tunnels aus dem Glomma-Tal direkt nach Oslo.

Da Nil eine Stunde nach mir aus Zürich landete, setzte ich mich erstmal auf einen Cappuccino in die Kaffeebar. Dabei outete ich mich dann auch gleich mal peinlichst als Ausländer: In Erwartung, dass im Streuer neben dem Kaffeeautomaten Schokopulver sei, streute ich das mal gleich auf meinen Cappuccino. Dem Geruch nach war es allerdings Zimt gewesen. Und bezahlt habe ich mit einem schwedischen 100-Kronen-Schein, der sich zu meinen norwegischen Scheinen verirrt hatte. Meine Güte, bin zu lange nicht hier gewesen... Cappuccino mit Zimt schmeckt übrigens gar nicht so schlecht :-)

Das Auto war für 9.30 bestellt, deshalb schon mal bei Europcar vorgesprochen, obwohl Nils Flieger erst gerade leicht verspätet gelandet war. Beim Autovermieter nochmal nachgefragt wegen Zweitfahrer unter 25, doch das sollte zusätzlich zum eh nicht ganz günstigen Preis von 760 Euro nochmal 160 NOK pro Tag extra kosten. Wahnsinn. Daher drauf verzichtet. Als Wagen erhielten wir einen Toyota Auris, also leider kein Upgrade und leider erstmalig in Skandinavien ein Fahrzeug ohne Tempomat. Hinsichtlich Mautstationen meinte der Vermieter, dass wir Autopass hätten und einfach durchfahren könnten. Als ich erwähnte, dass uns im Mai da noch die Steuern aufgeschlagen wurden, räumte er ein, das könne sein - die müssten wir uns dann halt zurückholen. Nun ja, wir werden wohl die Maut brav in bar bezahlen...

Schön ist ja, dass wir in Richtung Hallingdalen vom Flughafen aus praktisch direkt in die Wildnis starten konnten. Über die relativ neue Straße 35 (mit erster Bomstasjon / Mautstelle) gelangten wir zügig nach Hønefoss. Ab hier ging es an der Bergenbahn entlang weiter. Unser erstes Ziel sollte Geilo sein. Wir wussten, dass es dort vernünftige Campinghütten gibt, und von dort gibt es ja günstige Tourmöglichkeiten aufs Fjell - ob per PKW oder per Zug. In der Region Roa / Hønefoss war das Wetter richtig gut, doch als wir uns dem See Krøderen näherten, sahen wir voraus dicke Wolken im Tal hängen.

Bei Gulsvik etwas rumprobiert; der Bahnhof sah nett aus, war aber hoch eingezäunt. Neben dem EG hatte ein NSB-Uniformierter an der Straße ein Schild "Bahnhof geöffnet" aufgestellt. Was mochte das bedeuten? Personenzüge halten hier schon ewig nicht mehr und eigentlich gibt es hier auch keinen örtlichen Mitarbeiter / Fdl oder so. Zwischen Gulsvik und Flå schauten wir über eine Nebenstraße an die Bahn ran. Gerade hatten wir eine brauchbare Stelle entdeckt, da kam auch schon der Zug. Es fehlten uns zwei Minuten...

Auch hinter Flå schauten wir uns nochmal entlang einer Nebenstraße um. Ein Wasserturm an der Ostausfahrt des ex-Bahnhofs Austvoll sah klasse aus und könnte als Motiv für Ostfahrer gehen (für den Bm73 eben zum Beispiel). Doch wir erwarteten jetzt einen Westfahrer mit El18. Eine Schafsweide sah von der Straße vielversprechend als möglicher Standpunkt aus, doch eingehender betrachtet war das auch nichts. Hinzu kam, dass die tiefen Wolken mittlerweile vor die Sonne gezogen waren. Das hatte irgendwie etwas endgültiges. Wir beschlossen, nicht in Richtung Sonne zurück zu fahren, sondern in unserer Richtung weiter zu schauen. Und das erwies sich als gut so.

Bei Bromma, zwischen Bergheim und Nesbyen, gibt es bekanntermaßen einige Stellen, wo man schön über den Fluss rüber zur Bahn fotografieren kann. Wir bauten uns östlich des Gasthofes auf und erwarteten hier den Roten (Regiontog mit El18). Leider kam dieser noch bei Wolken durch. Da wir dann aber im Vertshus unsere große Portion von "Morens Kjøttkaker", Fleischfrikadellen mit Kartoffeln und Weißkohl, mühelos aufaßen, wurde das Wetter nun für eine gewisse Zeit deutlich besser. Der Himmel hatte aufgeklart und das skandinavisch-klare Blau war wieder zu sehen. Für den nun folgenden Roten (Rt 602) talabwärts fanden wir eine hübsche Stelle wiederum mit Blick über den See. Der Zug klappte prima.

Der Rote auf dem Weg nach Oslo zwischen Nesbyen und Bromma.

Es sollte ein Güterzug folgen. Ich zeigte Nil eine Stelle, wo ich vor drei Jahren mal den Roten gemacht hatte. Die Tannen, die hier damals arg im Wege waren, waren jetzt restlos beseitigt. Überhaupt machte die ganze Strecke einen extrem frisch freigeschnittenen Eindruck! Dennoch entschied ich mich für ein für mich neues Motiv. Wir hatten gesehen, dass man direkt am Vertshus Bromma über den Fluss fotografieren konnte. Zwar liefen hier immer mal Besucher des Vertshus am Ufer durchs Bild, doch als Nil die SMS schickte, dass der Zug mit CE119 (!) käme, war weit und breit kein Personenschaden zu erwarten. Der Gt 5520 hatte höchstens den üblichen Schaden, nämlich viel zu wenig Container auf dem Zug. Meine erste Traxx-Lok in Norwegen! Die CE119 entspricht unseren deutschen 185ern.

Meine erste Cargonet-Traxx-Lok in Norwegen, aufgenommen zwischen den Bahnhöfen Nesbyen und Bergheim, bei Bromma.

Bevor wir nun nach Geilo durchstarteten, schaute ich sicherheitshalber nochmal im Bildblatt nach, wann überhaupt wieder mit Bewegungen zu rechnen wäre. Ups! Der Gz sollte in Bergheim Kreuzung mit einem aufwärts fahrenden Güterzug haben! Schnell Nil Bescheid gesagt und geringfügig den Standpunkt gewechselt, da kam der Zug Gt 5521 auch schon durch. Er hatte ebenfalls eine CE119 vor! Mir soll das recht sein - die CE119er in der neuen Farbgebung leuchten wenigstens gut. Leider war der Güterzug auf dem Bild doch noch arg weit weg...

Und der Gegenzug. Ganz schön klein...

Nun Nil wieder aufgegabelt. Ab Nesbyen nahmen wir die schöne Nebenstraße über Lia, die deutlich abwechslungsreicher als die Hauptstraße durchs Hallingdalen ist. Die Herbstfärbung war dort oben auch schon ganz schön weit. Jetzt waren wieder viele Wolken da, aber wenn die Sonne durchkam, sahen die gelben Punkte im grünen Wald prächtig aus. Von Süden näherten wir uns nun Geilo, wo wir als erstes den Campingplatz ansteuerten. Es war kein Problem, dort eine der schönen Hütten mit Du/WC zu bekommen. Vom Preis in Höhe von 450 NOK die Nacht waren wir ganz angenehm überrascht. Anschließend kauften wir ein. Zum Abendessen entschieden wir uns für Pølsebrød. Die Einkäufe schnell in die Hütte gebracht, dann wollten wir oberhalb von Geilo mal schauen, ob man mit den abendlichen Personenzügen noch etwas anfangen kann.

Nachdem nun wieder mal lange die Sonne geschienen hatte, begann leider jetzt das Wolken-Intermezzo wieder. Und es wurde jetzt am Abend schweinekalt. Vom Lichtstand her erschien uns eigentlich nur ein Nachschuss am Bf Ustaoset als brauchbar. So setzten wir uns dort mal hin und genossen die Lichtstimmungen. Zwischendurch fuhr immer mal ein alter Volvo an uns vorüber, der offenbar bei zu niedrigen Drehzahlen ständig aus ging. Das veranlasste uns zu philosophieren, ob sich nicht jeder Norweger einen Neuwagen leisten könne. Auf solche philosophischen Gedanken kommt man bekanntlich nur, wenn man irgendwo an der Strecke auf Züge wartet ;-)

Der Bm73 ging bei absoluter Dunkelheit. Für den nachfolgenden Roten fuhren wir nach Haugastøl, wo es allerdings bis auf einen zeitweise im Bahnhofsgebäude reflektierenden Schein auch nicht heller war. Ich versuchte, mit dem hellen Schein paar Aufnahmen zu machen. Wenn nichts richtiges mehr geht, steht halt "Kunst" auf dem Programm ;-) Der Rt 610 wirkte mit seinen B3-Wagen und den zwei alten Packwagen schon recht urig. Nach dem Anhalten ging hier, am Ausgangspunkt des Rallarvegen, einem Fahrradweg durchs Gebirge, ein heftiger Fahrradverlad los. Der vordere Packwagen war übrigens graffitiert. Ich glaube, ich habe noch nie zuvor in einem norwegischen Personenzug Graffiti gesehen.

Bahnhofsarchitektur in Haugastøl.

Das war der letzte Programmpunkt. Nun zog uns der Hunger magisch in die Hütte, wo es bald unsere selbstgemachten Hot Dogs zu essen gab. Danach schrieben Nil und ich den ersten Teil des Tagesberichtes um die Wette... Und es gab noch paar Kosovo-Bilder von Nil zu sehen. Und vor dem Fenster rollte irgendwelches Baugelumpe vorbei, das irgendwie nach NOHAB klang...

Sonntag, 13.09.2009: Geilo - Tunga - Geilo

Und auch am Morgen lag irgendwann dieser NOHAB-Sound in der Luft. Es war 6 Uhr und ich verband einen Besuch des Töpfchens mit einem Blick aus dem Fenster. Da schob gerade eine TÅGAB-Rundnase mit nem Gleisumbauzug langsam in Richtung Hol ab. Ich beschloss, wieder ins Bett zu krabbeln, aber mal die Ohren aufzuhalten. So um 8 rum war ich eh wach und stand einfach mal auf. Nachdem Nil angekündigt hatte, dass er eher nicht frühstücken würde, machte ich mir nen Kaffee und mich über meine Brötchen her. Derweil ging die Sonne auf, nur wenige Wolken hingen noch über den Bergen. Das sah vielversprechend aus.

Als ich gerade fertig war mit Frühstück, schmiss jemand hinter der Bahn einen Bagger an. Ein Bagger am heiligen Sonntag? Bei näherem Hinsehen konnte man hinter dem Gleis eine Art Baustofflager erkennen. Der Baggersound blieb nicht lange der einzige Sound. Irgendwann wieder ein wohlbekannter Lokmotor! Die My kam wieder um die Ecke. Ich nur Nil geweckt, Kamera gegriffen und mit Badelatschen raus übern Zaun und über die Hauptstraße zu einem BÜ, vor dem der Zug stehen geblieben war. Der Schotter wurde entladen und bald ging es wieder zurück. Zwar gab es nur eine Streiflicht-Aufnahme, aber das ist ja besser als nix.

Warum bin ich eigentlich für Rundnasen ganz in den Kosovo gefahren? In Geilo kam eine bis vor unsere Campinghütte!

Einer von Jernbaneverket, der mit seinem Auto des Weges kam, fragte uns, ob wir aus dem Hallingdalen wären. Nach unserer Erklärung freute er sich und erzählte auf meine Frage hin, dass die Baufahrzeuge (darunter zwei! NOHABS) in Ål, Hol und Gol abgestellt werden. Da der planmäßige Zugverkehr und damit unsere Fotoaktionen hier eh erst um 10.15 losgingen, schauten wir mal zum Bf Hol, was man so an Baufahrzeugen sehen kann. Man kam beim Einsatzort allerdings nicht an die Bahn ran. So starteten wir bald unsere eigentliche Tour in Richtung Berge. Für den Roten mit den B3-Wagen entdeckten wir schon oberhalb Geilo ein ganz nettes Motiv. Bis zum Zug vertrieben wir uns die Zeit mit weiteren Erkundungen. Die Herbstfärbung war zwischen Geilo und Haugastøl wunderbar.

Herbstliche Farbtupfer bei Geilo.

Der Rote mit den B3-Wagen oberhalb von Geilo.

Rt 609 war ganz schön lang für das Motiv, aber wir konnten den Zug wenigstens "natürlich" abschneiden. Er hatte ca 20 Min Verspätung, daher pressierte es nun für den entgegen kommenden Bm73 und einen nachfolgenden Lokalzug, der in der Nachsaison nur am Wochenende fährt. Den Bm73 als Rt 62 konnten wir nur noch als Seitschuss an einer eher unkonventionellen Stelle, allerdings mit schöner Herbstfärbung und tollem Panorama zum Hallingskarvet, umsetzen. Den Lt 1828 nahmen wir einfach mit dem Hotel Ustaoset in der Einfahrkurve in den Bahnhof mit. Es handelte sich um einen dreiteiligen Bm69 mit null Fahrgästen (die sind wohl alle oben auf dem Fjell mit ihren Rädern ausgestiegen).

Ein Bm73 in der neuen Lackierung mit dem Hallingskarvet im Hintergrund, einem die Landschaft beherrschenden Felsmassiv.

Lokaltriebwagen verirrt sich nach Ustaoset, wo vor dem Hotel der örtliche Troll am winken ist.

Nun mussten wir ein wenig eilen, um rechtzeitig zu einem Güterzug und dem Roten Richtung Oslo oben in die Motive hinterm Ende des Bomvegs zu kommen. Wir berappten in Haugastøl die 40 NOK für den Weg und fuhren hinein. Es waren sehr viele Radler unterwegs. Immer wieder musste man sich ausweichen, das war sicherlich für beide Seiten ziemlich nervig. Weiter oben sah der Weg zwar aus der Ferne noch immer sehr gut aus, wies aber allerübelste Schlaglöcher auf. Teilweise waren gleichzeitig links und rechts welche, so dass man gar nicht ausweichen konnte. Der "Parkplatz" am Ende war voll. Wir stellten uns am Wendeplatz etwas an den Rand, das musste reichen.

Nun mussten wir ganz schön ins Motiv hetzen. Wir konnten nur hoffen, dass trotz Verspätung erst der westfahrende Bm73 käme, dann konnten wir den Güterzug, der nun ostwärts kommen musste, noch erreichen. An der einen Stelle, wo man auf der alten Trasse über das Wasser rüber und an die Neubaustrecke ran kommen kann (Storurdi), sind wir dann mal rüber. Immerhin kamen die Züge tatsächlich in der gewünschten Reihenfolge. Der Bm73 ging uns so zwar durch die Lappen, aber Gt 5522 und der "Rote", Rt 602, klappten wunderbar. Im Güterverkehr waren bis jetzt alle Züge mit CE119 bespannt gewesen!

Traxx bei Storurdi.

Der Rote bei Storurdi, zwischen den Bahnhöfen Finse und Tunga.

Nun erst hatten wir die Gelegenheit, einfach mal die Landschaft, das herrliche Gebirge und den tiefblauen Himmel zu genießen. Es war (wieder mal) unbeschreiblich schön hier. Allerdings war die Herbstfärbung hinter der Baumgrenze komischerweise nicht so präsent. Das Heidelbeerkraut war leider noch nicht rot verfärbt. Und die gelben Birken waren hier oben halt Mangelware. Trotzdem - schön war es. Wir legten uns erstmal einfach in die Sonne. Nur durch Zufall (ich hatte mich gerade mal aufgesetzt) bekamen wir mit, wie sich ein Museumszug mit El13 und den Teakholzwagen näherte. Den nahmen wir auch noch dankbar mit. Nachtrag: Über die El13 konnten wir uns freuen, planmäßig wäre eine Dampflok vor dem Zug gewesen, die hätte man gar nicht in der Landschaft gesehen...

Und eine Museumseisenbahn kommt auch vorbei. Es dürfte die letzte Fahrt im Rahmen des 100jährigen Bestehens der Bergenbahn gewesen sein.

Nach etwa anderthalb Stunden der totalen Entspannung (abgesehen davon, dass es von unten doch ein wenig kühl wurde) lief ich ein Stück querfeldein westwärts, um mal nach möglichen Standpunkten für die beiden bevorstehenden Westfahrer zu schauen. So offen das Gelände auch aussah, so mühsam war das ganze Unterfangen, da der Boden ein Konglomerat aus Felsen, Steinen, hüfthohen Gewächsen, Bachläufen und immer wieder Morastflächen bildete. Bald hatte ich zu Füßen eines Leitungsmastes einen schönen Ausblick mit den imposanten Felsen im Hintergrund und etwas Herbstfärbung gefunden.

Leider war der Rt 601, um den es nun ging, mal wieder ordentlich verspätet (wie eigentlich alles heute). Und der Schatten meines Leitungsmastes wuchs mir immer mehr ins Bild hinein. Der nachfolgende Lt 1829 ging leider bei leichtem Schleier ab, aber mit 1/3 Blende auf sah man das dem Bild kaum an. Im Nachhinein betrachtet hätte man die 1/3 Blende auch durchaus zu lassen können. Zurück lief ich etwas tiefer und dichter am See entlang. Da war besseres Durchkommen. Die Leitungsbauer hatten hier sogar eine Spur mit irgendeinem Kettenfahrzeug hinterlassen, das allerdings Moraste auf direktem Wege hatte queren können...

Nun kommen die Züge gen Westen, wieder bei Storurdi. Erst der Fernzug,...

..., dann der Nahverkehr.

Zurück am Auto fuhren wir nur ein kleines Stück runter. Bei Gråskallen, wo wir vor drei Jahren auch noch gutes Licht für den abendlichen Bm73 abwärts gehabt hatten, setzten wir uns auf eine Anhöhe, um hier einfach mal die anderthalb Stunden bis zu den abendlichen Zügen abzusitzen. Es war ein schöner Platz. Man hatte einen Top-Ausblick auf den Talkessel, in dem die Schatten immer länger wurden. Unten wurde noch am Riesen-Anbau einer Hütte gewerkelt. Der Rt 64 kam auch wieder mit sehr schöner Beleuchtung durch. Doch das Hauptmotiv war der Blick in die andere Richtung, aus der nach Kreuzung in Haugastøl ein Güterzug kommen sollte. Doch der versetzte uns leider. Und weil wir so lange gewartet hatten, war die Zeit zu knapp, um für den Roten, der bald von oben anstand, noch ein besonntes Motiv zu finden. Ich machte vom Rt 610 einen Not-Nachschuss, Nil war schnell auf dem wilden Hügelrücken weitergelaufen und hatte ihn immerhin seitlich bekommen.

Der Blaue in Gråskallen, zwischen den Bahnhöfen Tunga und Haugastøl. Erst von vorn,...

..., dann von hinten.

Danach ging es den ganzen Bomvei wieder abwärts. Das untere Stück war etwas besser zu befahren, die schlimmsten Schlaglöcher waren frisch verfüllt worden. Auf der Straße ab Haugastøl konnte ich endlich wieder beschleunigen. Zu unserer Verwunderung tauchte in Ustaoset ein Güterzug von oben auf (wohl 60 min vor Plan). Der aufwärts fahrende Sonntagsgüterzug, auf den wir oben gewartet hatten, begegnete uns allerdings nicht mehr. In der Bude gab es noch die zwei übrig gebliebenen Pølsebrød. Dank einiger unterwegs verputzter Polarbrød-Tubenkäse-Kombinationen hielt sich der Hunger aber in Grenzen.

Montag, 14.09.2009: Geilo - Hallingskeid - Geilo

Heute Morgen ließ ich (Nil schlief eh noch) mich nicht von irgendwelchen NOHABs beeindrucken, die vorm Campingplatz standen. Es gab ein Restefrühstück in Form der letzten drei Polarbrød, dazu einen schönen Kaffee. Anschließend verlängerte ich die Hütte mal um einen Tag bis Mittwoch. Heute wollten wir mit dem Zug nach Hallingskeid fahren. Die ehrgeizige Planung sah vor, sowohl den Bereich vorm Portal des Finsetunnel als auch die Klevabru fotografisch zu beackern. Da Nil ja voll bezahlen musste, fuhren wir nach nem Supermarktbesuch mit dem Auto bis Haugastøl vor und stiegen dort in den Zug ein.

Rt 609 Haugastøl 10.42 > Hallingskeid 11.24

Der Zug war ausgesucht pünktlich. In Finse konnte man paar Streiflichtbilder machen, wobei einem eigentlich ständig jemand in den Weg lief. Im Finsetunnel liefen wir einem Hinweis des Konduktørs zufolge vier Wagen zurück, da der Bahnsteig so kurz ist. Hinterm Tunnel sah es ganz nett für die beabsichtigten Fotos aus. Allerdings zog sich die Zeit, bis wir endlich über die Einfahrweiche von Hallingskeid polterten, doch noch ganz schön. Nil meinte schon, dass wir unmöglich bis zum Roten (unser erster Fotozug in ca 75 Min) im Motiv wären. Erfahrungsgemäß wirken die Abstände im Zug allerdings immer viel länger, so dass ich einigermaßen zuversichtlich war.

Der modernisierte B3-Wagen von innen. Die Sitze entsprechen etwa denen der ICE-T-Familie.

Krawumm, hier dürfen noch Türen zugeknallt werden!

Uns empfing die karge, aber wasserreiche Gebirgswelt mit ihren vielen Wasserfällen und Seen unter einem tiefblauen, wolkenlosen Himmel. Das waren schon mal paradiesische Zustände. Dazu der würzige Duft der anwesenden Kräuter - herrlich. Wobei wir die Herrlichkeit nicht ganz so ausführlich genießen konnten, da wir zunächst doch stramm ausgeschritten sind. Und erst wartete ich immer auf eine bestimmte freiere Stelle der Bahn, die ich unterwegs noch aus dem Zug in Erinnerung zu haben glaubte. Sie kam und kam nicht. Der Rallarveg machte mal wieder nicht gerade den Eindruck eines idealen Fahrradweges. Denn oft lag viel Geröll auf dem Weg, radfahren konnte man nur manchmal.

Doch dann stieg unser Rallarvegen auf das Höhenniveau der Bahn an. Das war eigentlich das sichere Zeichen, dass wir schon fast am Ziel waren. Na ja, zwei Seen mussten nun doch noch umrundet werden, aber nach 63 Minuten standen wir im Motiv und bekamen sogar noch den vorher westfahrenden Bm73 als Rt 61 mit. Schnell umgetopft für Züge aus der anderen Richtung. Von einem Felsen gab es den Roten Rt 602. Neben dem Tunnelportal des Finsetunnel stehend gaben wir uns den schön voll beladenen Gt 5504.

Ein Bm73-Doppel kommt aus dem Finsetunnel.

Der Rote ist soeben von der alten Trasse auf die Neubaustrecke abgebogen und wird gleich im Tunnel verschwinden.

Güterzug mit CE119 vom Tunnelportal aus beobachtet.

Nun bezogen wir den höchsten Felsen südlich der Bahn. Hier hatten wir einen Zweirichtungsblick. Das war ganz praktisch so, denn in einer guten Stunde sollten zwei Güterzüge in Hallingskeid kreuzen. Zwischendurch ließen wir uns mal wieder Brötchen mit Tubenkäse schmecken. Wie der ortskundige Leser vielleicht schon ahnen mag, war vorher die Entscheidung zuungunsten der Klevabru gefallen, denn dorthin hätten wir von Hallingskeid nochmal dieselbe Strecke in die andere Richtung marschieren müssen. So war das ganze ja schon wieder viiiiel entspannender. Der Rundumblick von unserem Felsen war toll und das Wetter zeigte sich nach wie vor von der besten Seite.

Gt 5505 konnten wir trotz fehlender Vorankündigung mit schönem Blick auf Weite und Wasserfälle umsetzen, als er aus der Betonröhre des Finsetunnels geschossen kam. Dieser sollte in Hallingskeid mit einem Gegenzug kreuzen, in dem wir aufgrund der Zugnummer und Verkehrstage den Cargolink-Autozug vermuteten. Wir hätten von unserem Hochfelsen auch für diesen Zug ein nettes Bergpanorama gehabt, doch was nicht kam, war der Zug. Irgendwann mussten wir uns wieder für die Gegenrichtung positionieren, denn der Rote gen Westen stand an.

Güterzug aus dem Tunnel. Rechts oben am Hang ist gut der Streckenverlauf der alten Trasse auszumachen.

Wir nahmen den Rt 601 mit nem kleinen Wasser im Vordergrund. Vorher hatte ich noch so gedacht: Schade, auf eine Spiegelung hat man bei dem Luftzug wohl keine Chance. Damit war für mich eigentlich das Thema durch. Der Zug kam auch wieder ohne jegliche Vorwarnung aus dem 10589 m langen Tunnel vorgeprescht. Erst bei nachträglicher Betrachtung der Bilder fiel mir auf, dass das Gewässer bei Zugfahrt ganz schön ruhig gehalten hatte. Ich hatte aber auf die Spiegelung überhaupt nicht geachtet und den Zug im Spiegelbild leider angeschnitten, was natürlich ziemlich blöd aussieht.

Beim ersten Schuss spiegelte sich die Lok noch gerade so...

Falls der Cargolink-Zug doch noch kommen würde, warteten wir noch 20 Minuten, dann liefen wir den Rallarveien zurück. Für den noch ausstehenden westfahrenden Güterzug kletterten wir nach etwa 3/4 des Weges auf einen Felsen hoch. Man konnte den Gt 5507 hier vor einer senkrechten Felswand aufnehmen. Es machte außerdem Spaß, einfach so durch die Wildnis stapfen und klettern zu können. Der Güterzug kam zum Glück leicht vor Plan, so dass wir genügend Zeit hatten, für den Bm73 bis Hallingskeid zu kommen. Der Gt war erstmalig nicht mit CE119, sondern mit einer ebenfalls leuchtenden El16 im neuen Lack bespannt.

Einer der zahllosen Wasserfälle.

Die Masten standen etwas ungünstig. Zur Abwechslung mal ein Güterzug mit El16.

Parallel zu einem der zahllosen Wasserfälle gelangten wir nun in den Talkessel von Hallingskeid. Dort kletterten wir auf der Ostseite des örtlichen Flusses mit seinen zahllosen Kaskaden nochmal aufwärts für den Bm73. Dieser hatte 10 Minuten Verspätung.

Ein Bm73 im neuen NSB-Design vor...

... und hinterm Bf Hallingskeid.

Nun wurde es Zeit, erstmal wieder runter zum Rallervegen und nach Querung des Wasserlaufes wieder ganz hoch zum Bahnhof zu laufen, den wir 10 Minuten vor Abfahrt unseres Zuges erreichten. Hier gibt es immerhin einen wohlbeheizten Wartesaal mit öffentlichen Toiletten und ein "gelbes Telefon", mit dem man Kontakt zum Bahnhof Myrdal erhalten kann. Vom unserem einfahrenden Zug machten wir eine interessante Streiflicht-Aufnahme, gaben dann allerdings noch deutlich Zeichen, dass wir mit wollten. Der Zug hatte nämlich nur Bedarfshalt...

Unser Zug fährt ein.

Rt 610 Hallingskeid 18.42+8 > Haugastøl 19.16+8

Nil bekam seinen Fahrschein im Zug. Dabei wird sogar Bluetooth oder Funk angewandt, denn sie machte ihre Eingaben auf dem Touchscreen eines Handy ähnlichen Handgerätes. Der Fahrschein kam jedoch aus einem Minidrucker am Gürtel heraus. In Finse wurden zahllose Fahrräder entladen. Das nahm gar kein Ende. So war an ein Aufholen der Verspätung leider nicht zu denken. Hinter der Hochebene von Finse bekam der Zug nur noch punktuell Sonne ab, z.B. gerade noch so am See Höhe Straßenende des Bomweges oder südlich der Bahnwärterhauskurve, wo wir ja gestern waren.

In Haugastøl wechselten wir ins Auto und fuhren nahezu parallel zum Zug bis Geilo. Dort kauften wir im Supermarkt rechtzeitig vor Geschäftsschluss um 20 Uhr Hühnergeschnetzeltes, Reis und Indian Borma. Das ist eine dieser leckeren indischen Uncle Bens Saucen, die in Deutschland ja leider nicht im Angebot sind. Das wurde schnell in der Hütte zubereitet. Dann überkam uns auch bald die Müdigkeit...

Dienstag, 15.09.2009: Geilo - Gråskallen - Geilo

Wieder mal hielt zum Frühstück die My vorm Fenster und wieder mal schien die Morgensonne vom klaren Himmel. Natürlich hing die My wieder mal am falschen Ende. Bevor wir los wollten, hofften wir, dass die NOHAB sich wieder in Richtung Hol in Bewegung setzen würde. Dann hätten wir sie an einer Straßenunterführung ein Stück weiter aufgenommen. Aber sie entlud und entlud ihre Schotterwagen. So starteten wir also, nachdem mangels Eiskratzer die Scheiben im Tomgangskøring aufgetaut werden mussten (es sollte der einzige Morgen mit Eis an den Scheiben bleiben), in Richtung Haugastøl, von wo wir nochmal die Bezahlstraße in Richtung Gråskallen in Angriff nahmen. Hauptziel des heutigen Tages waren paar Aufnahmen mit Herbstfärbung, da diese in den letzten Tagen oben im Hochgebirge etwas rückschrittlich war.

Als erstes sollte ein Güterzug von oben kommen, für den wir am Südende des Gråskallen-Talkessels eine wunderschöne herbstliche Stelle fanden, die das Morgenlicht schon vortrefflich ausleuchtete. Aber es ist ja wie es ist. Wenn das Motiv stimmt, die Herbstfärbung passt, keine Wolke am Himmel steht, was ist dann? Na klar! Dann kommt natürlich der Zug nicht! Wir wurden vom Güterzug schmählich versetzt. Aber wir hatten ja noch den Bm73 in der Hinterhand. Wir rechneten uns gute Chancen aus, dass der rote Triebzug käme. Das Licht wurde zwar immer spitzer, aber es musste gehen. Tja, der Bm73 als Rt 62 erwies sich natürlich als Blauer - und einteilig. Na ja, das Motiv hatten wir wenigstens...

Ein Bm73 umfährt den Talkessel zu Füßen des Gråskallen...

... und zu unseren Füßen.

Für den aufwärts fahrenden Roten Rt 609 stellten wir uns anschließend an der Felswand beim Gråskallentunnel (2710m) auf. Auch hier wurde es kurios. Der Zug war schon ganz hinten in der Ferne zu hören, da kamen drei Radfahrer des Weges. Als sie den Zug hörten, stellten sie ihre Fahrräder mitten auf den Weg und beobachteten den Zug. Einer von ihnen bestieg dabei eine Kuppe und stand uns damit so richtig auf dem Präsentierteller. Aber da er nicht fotografierte, sondern nur konzentriert den Zug beobachtete, fand ich es gar nicht so schlimm, sondern einfach nur kurios.

Der B3-Wagen-Zug mit Beobachter auf Hügelspitze. Kann es eigentlich noch dämlicher kommen?

Nun war etwas Zeit. Wir setzten uns mal mit Blick für Züge aus dem Tunnel heraus ins Kraut für ein zweites Frühstück. Und das erwies sich als nicht ganz verkehrt. Denn plötzlich kamen aus dem Loch im Berg Geräusche und bald darauf wurde ein kompletter Containerzug, der verspätete 5502 von vorhin, ausgespuckt. Schade, das Motiv heute Morgen war um Längen besser.

Siehe da, der Schattenbahnhof Tunga schmeißt einen unverhofften Güterzug ins Spiel!

Nach dieser unverhofften Aktion ging es bis Tunga, wo wir von weit oberhalb den Rt 61 beim Verlassen des langen Tunnels fotografierten. Weiter im Westen konnten wir beobachten, wie sich eine eigentümliche Wolkenwalze über einen Berg wälzte. Das Ende des schönen Wetters? Immerhin fegte ein ganz schön starker und kalter Wind aus Richtung Westen heran.

Tunga und der Ausgang des Gråskallentunnels. Im Vordergrund die alte Bahntrasse.

Noch brauchten wir uns aber keine Sorgen zu machen. Zwischen Gråskallen und Vikastølen stand nun eine Bergbesteigung auf dem Programm. Diesen Punkt hatte Nil bereits 2007 ausgetestet und die Bilder von damals sprechen für sich (und den Berg). Über paar Steine konnte man den Verbindungsbach zwischen zwei Seen überqueren. Dann ging es teils auf einem Pfad, teils querbeet durch die Blaubeerbüsche steil aufwärts. Wir mussten so hoch kommen, dass man über paar Tüddeldrähte, die vor dem Bahngleis als Überlandleitung gespannt waren, hinweg fotografieren konnte. Hier passten wir Rt 602 ab, den Roten. Eigentlich hätte man ja faul oben sitzen bleiben können, doch von unten hatten wir auch eine schöne Perspektive mit viel Rotkraut im Vordergrund gesehen. Die sollte es mit dem nachfolgenden Gt 5504 sein. Zur Abwechslung hing mal eine El14 davor - unsere erste Lok in alter CargoNet-Farbe. Auf diese Tarnfarbe lege ich bekanntlich gar keinen Wert, aber von so nahbei ging es.

Der Rote kurz unter der Baumgrenze vorm Hallingskarvet.

Unser erster Güterzug mit El14 auf dieser Tour.

Im Anschluss an diesen Zug standen zwei Züge bergauf im Programmblatt. Es nützte nichts, zumindest einer davon gehörte wieder von oben fotografiert. Also wieder den Berg hoch, und der war ganz schön gewaltig! Diesmal sollte es der Gütermann von oben und der Regiontog von unten sein. Also mit schöner Aussicht den Gt 5505 aufgenommen. Die Herbstfärbung hier im Bereich war wirklich nett anzuschauen. Den Rt 601 nahmen wir daraufhin unten mit paar windverwehten und knallgelb gefärbten Birken als Vordergrund. Der kalte Wind wurde immer heftiger. So waren wir durchaus froh, wieder ins Auto krabbeln zu können.

Aufwärts fahrender Güterzug unterhalb von Vikastølen.

Aufwärts fahrender Roter oberhalb von Vikastølen.

Nächster Programmpunkt waren zwei Güterzüge, die in anderthalb Stunden in Haugastøl kreuzen sollten. Also hatten wir viel Zeit, uns im unteren Bereich des Tals etwas umzuschauen. Auf dem Weg dorthin hielten wir verschiedene Landschaftsfoto-Halte ab, unter anderem von einem Haus am See, zwar ohne Orangenbaumblätter, aber mit leuchtendem Birkengelb. Mit auf dem Weg nach unten waren übrigens auch paar Radfahrer und paar Motorradfahrer, die zuvor aufwärts gefahren waren. Ob die wegen des Wetters umgedreht waren? Bei uns war es derweil noch völlig unproblematisch, nur der Wind und vereinzelte Wolkenfetzen in der Ferne kündeten davon, dass es westlich der Berge weniger berauschend sein könnte.

Die Bezahlstraße.

Haus am See.

Oberhalb Haugastøl gibt es drei Abschnitte mit Bahn am See. Bei näherer Untersuchung entdeckten wir, dass man von einer Halbinsel mit großem Felsen drauf zwei Abschnitte perfekt einsehen konnte. Das war genau das, was wir für die bevorstehende Kreuzung brauchten. Das Esig zeigte schon grün - der letzte Hochfahrer musste also schon mit einem jetzt runter fahrenden Zug gekreuzt haben. Jetzt schon? Wir hatten zu Füßen des Felsens gerade das Auto verlassen, da kam auch schon ein Zug angefahren. Der Cargolink-Autozug 5562, der lt Bildblatt Mo Mi Fr fahren soll, kam also am heutigen Dienstag. Ja ja, die Privaten... Bespannt war er mit einer Hector-185 und es ging immerhin ein Notschuss.

Der unvorhergesehene Cargolink-Zug mit Hector-Lok.

Dann setzten wir uns auf den Felsen. Mir kam spontan der Felsen Ukonkivi in den Sinn, auf dem Fahrplanleser Hannes im Film "Zugvögel" seiner Sirpa näher kommt. Der erhob sich ähnlich steil aus dem See. Aber erstens war dies nicht der Inari und zweitens hielt sich die Anwesenheit von Finninnen auf dem Felsen stark in Grenzen. Es war eine eigenartige Stimmung. Wir hatten einen beeindruckenden Ausblick über den See direkt in die Berge hinein. Von dort kam der Sturm auf uns zugebraust und warf riesige Wellen auf dem See auf, die gegen unser Ukonkivi brachen. Über den Bergen dann diese regelrechte Wolkenwalze, die wir heute Mittag ja schon weit im Westen beobachtet hatten. Die Wolken kamen allerdings nicht sichtlich näher.

Blick von unserem Ukonkivi.

Gegen 16.53 erlebten wir nun mal ein Präzisionsbeispiel des norwegischen Güterverkehrs. Etwa fünf Minuten vorher sahen wir ganz oben an der Bergwand oberhalb Vikastølen den abwärts fahrenden Güterzug 5506 kommen, den wir nach wenigen Minuten am See vor die Linse bekamen. Leider war er nicht besonders voll belegt. Gleichzeitig konnten wir auf der anderen Seite den aufwärts fahrenden Güterzug bei der Einfahrt in den Bahnhof beobachten. Die Kreuzung ging auf die Minute pünktlich über die Bühne und bald darauf konnten wir den bergfahrenden Gt 5507 auf dem anderen Seeabschnitt aufnehmen. Er hatte wieder eine neulackierte El16 vor.

Güterzug von oben...

... und von unten bei Haugastøl. Durch Verwendung der kleinsten Blende und Scharfstellung auf die hinteren Äste versuchte ich, Vorder- und Hintergrund scharf zu bekommen.

Danach war leider anderthalb Stunden Zeit, bevor es zum Abschluss den Bm73 geben sollte. Wir wollten es nochmal wissen und fuhren wieder aufwärts zu der Stelle von heute Mittag. Hier müsste man den silberblauen Triebzug schön im Streiflicht aufnehmen können. Der Sturm wehte uns fast weg, die Wellen auf dem See hatten sich zu regelrechten Brechern entwickelt. Ok, war etwas übertrieben. Man hätte den Zug prima mit der über den Bergen hängenden Wolkenwalze fotografieren können. Doch leider hatte die Wolkengrenze etwa eine Viertelstunde vor Durchfahrt die Sonne erreicht.

Wir gingen auf Nummer sicher und fuhren dem Zug voraus bis Ustaoset. Dort marschierten wir im Eiltempo auf eine Halbinsel gegenüber des Bahnhofs, die auch wieder so einen hohen Ukonkivi-Felsen hatte. Von dort oben erhofften wir uns Streiflicht-Aufnahmen. Doch erwies sich die Strecke leider als sehr verbuscht, so dass das alles etwas kompromissbehaftet war. Der Blick zum Bahnhof rüber war hingegen schön frei. Aber mit der Sonne fotografiert erscheint der Bm73 in Blau einfach nur dunkel. Trotz ordentlichem Seitenlicht war da nichts, was reflektierte.

Der Abendzug noch weit vor Ustaoset...

...und nochmal im Bahnhof.

Zurück in Geilo kauften wir zur Abwechslung mal bei Spar auf der anderen Flussseite ein. Zum Abendessen nahmen wir uns Kjøttbullar mit, die hatten wir diesjahr noch nicht. Reis war ja noch da. Zwei Kochbeutel a 125g erwiesen sich als gute Portion für zwei Personen. Das Essen mundete nach dem windigen Felsen-hoch-und-Felsen-runter-Tag sehr gut. Danach ergriff die Müdigkeit zunehmend Besitz von uns. Wir hatten beim Nachhausekommen noch vor der Rezeption geparkt, um mal per WLAN ins Internet schauen zu können. Das schöne Wetter würde nun wohl erstmal langsam zusammenbrechen. Eine Möglichkeit ist nun, morgen erstmal hier noch etwas zu machen und dann gemütlich nach Voss aufzubrechen. Evtl würde dort Donnerstag und Freitag nochmal ne Chance auf Sonne sein.

Über jede Art von Rückkopplung zu den Reiseberichten würde ich mich sehr freuen. Das können Korrekturen oder ergänzende Hinweise sein; von Interesse ist für mich aber auch, was besonders interessant oder sogar für eine Reiseplanung hilfreich war. Nur durch Rückkopplung kann ich in künftigen Reiseberichten die Aspekte, die von besonderem Interesse sind, besser berücksichtigen. Rückkopplung motiviert!

Fortsetzung

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