Skandinavisches Wälderrauschen (1)

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Nirgends in Europa gibt es so große geschlossene Waldgebiete wie in Skandinavien. 75% der schwedischen Landesfläche sind mit Wald bestanden! Aus fotografischer Sicht macht man gern einen Bogen um diese Wälder, weil dort vermeintlich eine Stelle wie die andere aussehen kann. Auf der bevorstehenden Tour sollten wir - wie immer durch das Wetter gelenkt - in diese Wälder hineingeraten. Dabei lernten wir, dass Wald längst nicht gleich Wald ist, und dass auch der Wald so seine Fotomotive preisgeben kann. Besonders eindrucksvoll war aber dieses Rauschen im Wald. Der Wind, der durch die Wipfel streicht, erzeugt ein ganz besonderes Geräusch. Und dann erhebt sich aus dem Rauschen des Windes ein anderes, wohlbekanntes Rauschen, das Rauschen eines sich durch die Einsamkeit nähernden Zuges. Kamera hoch, warten. Er müsste doch jetzt gleich kommen. Nichts. Hmmm, war es schon wieder nur der Wind?...

Über den Monatswechsel August / September hatten Nico und ich eine Skandinavienreise geplant. Hauptziel sollte die Nordlandsbahn sein (und die hier eingesetzten neuen Euro4000-Loks sowie die Erzpendel Ørtfjell). Aber je nach Wetter wollten wir uns das endgültige Ziel auch etwas offen halten. Ich hätte zum Beispiel auch gern mal die schwedische Stambana eingebaut, denn wenn die Botniabahn fertig ist, dürfte es dort keinen großen Verkehr mehr geben. Die Stambana hat viele interessante Flussquerungen, wobei es mir insbesondere die Forsmobron über den Ångermanälven sehr angetan hatte.

Als Ausgangspunkt für eine schwerpunktmäßig nordwärts ausgerichtete Tour erschien uns Östersund geeignet und würde uns alle Richtungen offen halten. Irgendwann entdeckte ich ein günstiges Zugangebot mit dem Nachtzug Malmö - Östersund für nur 49 Euro pro Person im Zweierschlafwagenabteil. Zurück war dieses Angebot leider nicht verfügbar, deshalb suchten wir nach günstigen Flügen ab Trondheim. Ein SAS-Angebot Trondheim - Frankfurt für 127 Euro war leider nur für eine Person verfügbar. Ich ließ Nico als Frankfurter den Vortritt und hätte selbst 50 Euro mehr zahlen müssen. Allerdings entdeckte ich ein 127-Euro-Angebot mit Norwegian nach Berlin. Dumm war dabei nur, dass ich ggü Nico zwei Stunden in Trondheim totschlagen musste, in Oslo drei Stunden Aufenthalt haben würde und dafür erst sehr spät zuhause wäre. Als alles gebucht war, gab es irgendwann sogar das günstige SAS-Angebot nach Frankfurt wieder. Aber da war schon alles gebucht. Aus den Buchungssystemen werde mal einer schlau...

Nico war am Vorabend schon nach Hamburg gekommen.

Freitag, 27.08.2010: Hamburg - Nachtzug ab Malmö

Morgens goss es dermaßen stark, dass wir uns kurzfristig zu einer Taxifahrt zum Bahnhof Harburg entschieden. Funktaxi Harburg schickte uns dann auch binnen weniger Minuten einen Wagen auf meinen Wilstorfer Hügel. So waren wir dicke rechtzeitig am Hauptbahnhof, wo schon eine große Menschenmenge auf dem Bahnsteig stand.

ICE 33 Hamburg Hbf 09.28 > Høje Taastrup 13.58+10

Tatsächlich wurde der Zug ganz gut voll. Unsere Reservierungen führten uns zielgerichtet in die wohl einzige Vierersitzgruppe, in die vier Personen hineingebucht waren. Das fand ich dann doch ganz schön eng, zumal am Fenster sitzend ein Dauerkonflikt zwischen Knien und Mülleimer besteht. Ansonsten war die Fahrt aber angenehm - auch die Leute, die bei uns saßen, waren nett. Leider wollte angesichts der tief über dem wunderschönen Ostholstein hängenden Regenwolken noch nicht so rechte Urlaubsstimmung aufkommen. In Puttgarden stehen jetzt viele abgestellte Güterwagen. Spätfolgen der Konjunkturkrise? Schadbestände? Immerhin hat man sich noch an die Gleise in Puttgarden erinnert.

Auf der Fähre war es trocken und der Himmel sah voraus auch deutlich heller aus. Wir schauten uns vom Sonnendeck den Offshore-Windpark in der Ferne an, der anhand von Schautafeln auf der (dänischen) Fähre erklärt wurde. Nette Idee! Nach der Überfahrt setzten wir uns in einen Vierer, in dem bis Puttgarden nur Einer gesessen hatte, der vermeintlich ausgestiegen war. War er aber nicht. Plötzlich irrte er im Gang rum und suchte seinen freien Vierer. Wir lüfteten das Rätsel, hatten nun aber leider wieder keinen Vierer für uns. Enge! Trotzdem war die Fahrt ok und verging recht schnell, obwohl die Dänen sich überall viel Zeit ließen.

Das ging schon los bei der Einfahrt nach Dänemark, wo das Schiff bestimmt zehn Minuten länger brauchte, bis es die Bugklappe vorn auf machte. Und das Ankoppelmanöver in Nyköbing, bei dem der zweite ICE-TD auf dem Gedser-Gleis wartete, dauerte besonders lange. Dass die Züge von und nach Hamburg jetzt für den nationalen Verkehr freigegeben sind, finde ich schon sehr lästig, denn das schafft Unruhe im Wagen. Ist ja toll, dass dafür extra eine zweite Garnitur ab Nyköbing angehängt wird, wenn trotzdem alle in den Teil von Hamburg einsteigen...

Es gab am Himmel nun wirklich paar Aufhellungen. Wenn mal gerade keine niedrigen dicken Wolken und keine hohen Schleier da waren, ergab das Sonne. Da wir dreieinhalb Stunden Zeit hatten, um von København zum Nachtzug nach Malmö zu gelangen, verließen wir den ICE bereits in Høje Taastrup. Hier stand das Licht ganz brauchbar für Züge von Kopenhagen. Und tatsächlich ging ein Zug mit Sonne, bevor doch wieder die Wolken die Oberhand gewannen. Dieser Zug war ausgerechnet ein Güterzug mit 185 davor! Das gefiel uns ja schon wieder!

Unser ICE verlässt Høje Taastrup.

Eine 185 mit Güterzug rollt durch den Bahnhof.

Der Verkehr hier war enorm; die Züge kamen zum Teil parallel auf der Viergleispiste von Roskilde angefahren und mussten sich hier nun wieder in den zweispurigen Flaschenhals in die Hauptstadt zwängen. Ein Güterzug mit 185 und Carlsberg- und Tuborg-Containern fuhr in den Bahnhof (leider unfotografierbar) ein und drückte dann in irgendeinen Anschluss zurück. Muss wohl eine Binnenleistung sein, denn solche sympatischen Container wären mir in Deutschland sonst sicher schon aufgefallen. Da es in Richtung Osten besser aussah, beschlossen wir, weiterzufahren.

R 5936 Høje Taastrup 15.14 > København H 15.28

Der Hauptbahnhof in Kopenhagen war furchtbar voll. Typisches Freitagsgewusel eben. Wir besorgten uns paar Baguettes und was zu trinken und sahen dann zu, dass wir weiter Richtung Airport Kastrup kamen. Wir hatten nämlich nur eine Netzkarte für Dänemark und eine Nachtzugkarte ab Malmö Syd Svaagertorp, aber das Stück dazwischen fehlte uns. So ging es mit einem Öresundtog-Kurzzug nach Kastrup, wo der Zug endete. Ich finde das total krank - da werden dieselben Züge für diesen quasi-S-Bahn-Verkehr eingesetzt, wie sie auch auf Fernstrecken nach Göteborg zum Einsatz kommen. Für den einen Verkehr übermäßig komfortabel, für den anderen Verkehr unzweckmäßig spartanisch (z.B. nur ein Klo pro Dreiwagengarnitur).

R 1370 København H 15.55 > Kastrup Lufthavn 16.07+4

In Kastrup fanden wir neben diversen SAS-Automaten auch DSB-Ticketmaschinen, wo wir für 128 DKK einen Familienfahrschein (günstiger als zwei einzelne) über den Öresund erstanden. Dem Ticket-Aufdruck zufolge hätten wir uns den Zwischenhalt in Kastrup wohl sparen können, da der Fahrschein lt Aufdruck von Kopenhagen nach Malmö galt. Wenn man sich den Zonenplan anschaut, wird schnell deutlich, dass man zum selben Preis auch ab København H hätte fahren können.

R 1072 Kastrup Lufthavn 16.16 > Malmö Syd Svaagertorp 16.28

Über dem Öresund war es schön wolkenfrei, doch auch in Schweden herrschten wieder Wolkenfelder vor. So gelangten wir stehend nach Malmö Syd Svaagertorp. Da Malmö gerade dasselbe macht wie Leipzig, sich nämlich einen Citytunnel gräbt, ist der alte Hauptbahnhof (Kopfbahnhof) nur sehr eingeschränkt nutzbar. Unser Nachtzug beginnt deshalb an dieser furchbaren Station Malmö Syd Svaagertorp, die aus zwei Bahnsteigen zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen einer Autobahn auf der grünen Wiese besteht.

X2 nach Göteborg brettert durch Svaagertorp. Hinten in der Ferne ist die Öresundbrücke zu sehen.

Zunächst wollten wir unsere Fahrkarte ziehen. Mit Schreck festgestellt, dass es zwar von Automaten von Skånetrafik nur so wimmelt, dass wir aber einen SJ-Automaten benötigen. Einen Schalter gab es hier, aber der gehörte dem Betreiber der hiesigen Großparkplätze. Wat nu? Dann entdeckten wir zum Glück doch noch einen SJ-Automaten, der verschämt in einer Ecke des vermüllten Bahnhofsbistros stand. Das ziehen des per Internet gebuchten Tickets war dann wieder mal spielend einfach: Buchungsnummer eingeben, fertig! Wir hatten Pauschalfahrkarten für den Nachtzug inklusive Zweier-Schlafabteil für rund 50 Euro pro Person geschossen. Wer die Distanz von Malmö nach Östersund kennt, weiß, dass das sehr preiswert ist!

Aber zum Nachtzug hatten wir noch Zeit, und so stellten wir uns auf die Bahnhofsbrücke in den Autobahnlärm, um vielleicht noch das eine oder andere Foto hinzubekommen. Leider kam so richtig volles Licht erst raus, als unser Nachtzug eingefahren und im Schatten unserer Brücke zum Stehen gekommen war. Aber mit Minimallicht gab es paar Streifungen mit Öresundbrücke im Hintergrund und in die andere Richtung die Einfahrt unseres Nachtzuges. Immerhin - so nah dürfte sonst eine Lok der Rc-Familie nie an die Öresundbrücke rankommen. Deshalb gab es auch ein Bild vom Lokumlauf mit der Brücke im Hintergrund.

Unser Nachtzug nach Jämtland wird bereitgestellt.

Nattog 64 Malmö Syd Svaagertorp 17.42 > Östersund 6.54

Dieser nur freitags und sonntags verkehrende Nachtzug hat noch richtig altes Rollmaterial. Unsere Schlafwagen hatten keine Klimaanlage, sondern Fenster, die man richtig öffnen konnte. Dass es sowas in Schweden noch gibt, hätte ich ja gar nicht für möglich gehalten! Wir nutzten die Möglichkeit, durch die Fenster hinaus zu fotografieren, dann auch gleich mal aus, während wir durch Malmö und am Hbf vorbei Richtung Güterbahnhof rollten. Gleich hinter Malmö Syd kam uns natürlich ein Güterzug mit 185 entgegen. Hätte der nicht 20 Min früher kommen können?

Ein lila Zug in die kriminellste Stadt Schwedens (lt. Henning Mankell jedenfalls) kommt uns im Malmöer Stadtgebiet entgegen.

Weiter nördlich wurde das Wetter richtig skandinavisch. Fetziges, klares Abendlicht und herrliche Wolkenbildungen in allen Nuancen und Färbungen. Tja, wir saßen ja auch im Zug... Vor Lund kam uns dann auch noch der Veolia-Zug mit der ex-ÖBB 1012 von Hectorrail entgegen. Die Lok finde ich absolut klasse, von der hätte ich gern mal ein Bild gemacht. Vielleicht hätten wir nach Lund vorfahren sollen?

Die weitere Fahrt in den Abend hinein war sehr schön. Unser kleiner Zugteil aus Malmö hatte zwar keinen richtigen Speisewagen, aber zwei Wagen weiter gab es eine Fressluke, wo wir Baguettes und Brause erstanden, die wir im Abteil verzehrten. Zum Nachtisch gab es eine Flasche Wein - so schön kann Reisen sein. Wir waren allerdings beide ganz gut müde, so dass wir schon um 22 Uhr in die Kojen kletterten.

Samstag, 28.08.2010: Nachtzug an Östersund - Krokstrand

Für Nachtzugverhältnisse schlief ich ganz gut. Belüftungstechnisch fanden wir die richtige "Fenstereinstellung" für frische Luft ohne Zug und federungstechnisch konnte es der alte Wagen gut mit seinen neuen Artgenossen aufnehmen. Die Fahrweise war zwar ganz schön ruppig, aber das kennt man ja von Nachtzügen. Hinter Ånge arbeitete ich mich aus der Liege hervor und blickte auf tief hängende Wolken und die regennassen Straßen von Bräcke. Am liebsten hätte ich mich nochmal umgedreht. In unserem Wagen gab es eine Premiere: Das Klo hatte eine Klobürste! Erstaunlich, dass die Erkenntnis, dass von der Klobürste die Sauberkeit einer Zugtoilette maßgeblich abhängen kann, erst über anderthalb Jahrhunderte nach Bestehen der Bahn zu Resultaten führt...

Beim Aussteigen in Östersund meinte der Zugbegleiter zu uns: "Willkommen in der Sonne!" Herrlich! Wir sahen zu, dass wir im trockenen Bahnhofsgebäude verschwanden. Dort entdeckten wir, dass der Zeitschriftenladen von Pressbyrån auch eine Ecke mit Bistrotischen hat und dass man sich selbst ein kleines Frühstück zusammenstellen kann. Die Chance nutzten wir, da wir bis zur Öffnung der Autovermietung eine Stunde Zeit hatten. Derweil fuhren draußen die Züge von Inlandsbanen und Mittnabotog in beide Richtungen ab. Die Inlandsbahn hatte heute ihr letztes Saisonwochenende. Immerhin ging es nordwärts noch zweiteilig.

Frühstück in der Bahnhofsbuchhandlung. Wir waren froh, zu dieser frühen Stunde etwas zu bekommen.

Um 7.45 machten wir uns mit Sack und Pack auf den Weg durch den Regen zu einer winzigen, unscheinbaren Tankstelle in der Bangårdsgatan, die von Avis als Stützpunkt genutzt wird. Die Tanke war noch dunkel und verwaist, doch zwei Minuten nach uns kam der Tankwart angefahren und ließ uns ein - immerhin noch 7 Minuten vor seiner planmäßigen Öffnungszeit! Der Vertrag war schon fertig. Wir bekamen genau das gebuchte Fahrzeug, einen kleinen Golf. Das war im Prinzip ein sehr schönes Fahrzeug und hatte sogar Tempomat.

Nachdem wir losgefahren waren bemerkten wir allerdings einen großen Riss in der Frontscheibe auf der Beifahrerseite. Als wir nachschauten, ob der Riss im Vertrag vermerkt ist, entdeckten wir noch, dass wir laut Vertrag Schweden nur nach schriftlicher Zustimmung verlassen dürften. Beim Internet-Buchungsvorgang stand dasselbe, aber statt "Schweden" hieß es dort "Skandinavien", was unseren Planungen schon mehr zu Pass kam. Wir drehten also nochmal um und der Tankwart machte, ohne sich den Riss anzuschauen, das Kreuz an der entsprechenden Stelle im Vertrag. Das hätte ich auch noch selbst machen können... Wegen Fahren nach Norwegen telefonierte er mit Avis und schrieb dann handschriftlich "ok" mit Unterschrift unter die entsprechende Passage. Auf meine Intervention hin machte er daraus noch "Norge ok". Ich glaube, der Mann war froh, als er uns endgültig los war; auch wenn er sehr nett war.

Nun ging es zügig auf der Reichsstraße 45, dem Inlandsvägen, parallel zur Inlandsbahn nordwärts. Die Straße war schön leer, Überholmöglichkeiten reichlich vorhanden, und es waren fast immer 90 km/h zugelassen. Hinter Strömstad gab es sonst sogar 110 km/h, doch die hatte man überall runtergesetzt auf 100 km/h. In Hoting schauten wir am Bahnhof vorbei, weil wir dachten, dass wir den Inlandsbahn Zug längst eingeholt hätten. Doch der hatte noch immer einen Vorsprung von 15 Minuten vor uns. Wir kauften erstmal büschen ein und dann ging es weiter. Bei Meselefors quert man den Ångermanälven. Die Bahnbrücke dürfte eines der schönsten Motive der Strecke darstellen. Aber der Zug war ja leider schon durch. Die Wolken begannen derweil einzelne Risse zu zeigen.

Erst in Vilhelmina hatten wir den Zug. Aber auch nur, weil er eine Dreiviertelstunde Aufenthalt hatte. Irgendeine lokale Musikgröße stand auf dem Bahnsteig und spielte zum Tanz auf, was auch von zwei Paaren tapfer genutzt wurde. Die ganze Szene hatte was niedliches. Wir fuhren dem Zug nun voraus und entdeckten erst kurz vor Storuman ein Motiv, das uns bewegte, auf den Zug zu warten. Es handelte sich um die Brücke über den Umeälven, die man von der Straßenbrücke in der Ferne ausmachen konnte. Ein wenig Sonne glitt hier auch über das Land. Wir versuchten zunächst, an beiden Ufern über Waldwege an die Brücke zu kommen, was aber nicht klappte. So warteten wir mal an der Hauptstraße mit großen Teleobjektiven. Als der VT dann kam, war leider gerade ein Sonnenspot von der Brücke verschwunden. Aber etwas Licht hatte der VT auf der Brücke.

Die Inlandsbahn quert den Umeälven.

Beim Weiterfahren machte plötzlich der Wagen komische Geräusche. Erst klang das so, als ob wir vom Waldweg irgendeinen Knüppel mitschleifen würden. Doch es war nichts zu sehen. Später in Storuman wurde das Geräusch immer heftiger und kam irgendwie doch verdächtig aus dem Motorraum. Das wäre jetzt natürlich der Hammer, wenn wir hier am Wochenende in Storuman festsitzen würden. Vielleicht hätten wir doch nicht über den Billiganbieter Autoeurope buchen sollen? ;-) Aber als wir schneller fuhren, war das Geräusch nicht mehr zu hören. Wir entschieden uns für "Augen zu und durch" und nahmen auf der E14 nunmehr Kurs auf Norwegen. Das sind rund 240 km durch die Pampa mit gerade mal zwei Ortschaften unterwegs.

Irgendwo zwischen Storuman und Tärnaby.

Die Fahrt war anfangs alles andere als abwechslungsreich. Ich bin auf dem Beifahrersitz wohl paarmal eingedöst. Später zeigten sich über den großen Seen, an denen es langging, immer mehr blaue Flächen. Mit den dicken Wolken rund herum und dem teils grandiosen Panorama war das nun der Anblick, der so typisch für Skandinavien ist. Vor allem diese Klarheit... Vor Tärnaby und hinter Hemavan machten wir Fotos, auch auf norwegischer Seite. Kaum hatten wir die Grenze passiert, ging es durch einen ersten Tunnel.

Kurz vor der schwedischen Grenze.

In Mo legten wir Tank- und Supermarktstopps ein. Dabei waren die Geräusche zum Glück nicht mehr zu hören. Dann ging es sogleich weiter auf der E6 das Dunderlandsdalen hinauf. Auch wenn sehr wenig Verkehr herrschte, hatten wir natürlich die obligatorischen E6-Schleicher vor uns. Leider fuhren wir jetzt wieder massiv in die Wolken hinein. Insofern waren wir gar nicht sicher, ob wir überhaupt Eile haben mussten für den einzigen Zug am Samstag Nachmittag, den Cargolink-Autozug mit NOB-ME26.

Zwischen Storforshei und Dunderland wurde die E6 ausgebaut. Da mussten wir ewig lang hinter einem LKW über staubige Baustraßen hergurken. Erstmals korrigierte das Navi die Ankunftszeit immer weiter nach hinten. Doch dann hatten wir unser Etappenziel Krokstrand erreicht. Erstmal wollten wir uns um eine Hütte kümmern, bevor wir für den Cargolink-Zug auf das Fjell fahren wollten. Das mit der Hütte war ganz einfach. Es war niemand da. Ein Zettel erzählte, dass man sich eine Hütte mit Schlüssel in der Tür aussuchen und dann beim Cafe an der Hauptstraße die Formalitäten erledigen solle. Wir nahmen einfach wieder die Hütte Nr 12 von vor zwei Jahren. Die Hütte war schön geräumig und wir hatten uns damals wohl gefühlt.

Wir zogen den Schlüssel ab und fuhren aber jetzt erstmal hoch auf das Saltfjell, um zu schauen, ob sich mit dem Cargolink-Zug irgendwas bei Sonne ausgehen könnte. Leider zeigte sich bald, dass praktisch keine Sonnenchance bestehen würde. Nachdem wir die bekannte Brücke nördlich des Polarkreises gequert hatten, sahen wir allerdings auch schon den Zug in der Ferne auftauchen. Schade, weiter nordwärts sah es noch richtig sonnig aus. Für uns ging es jetzt in die Hütte, wo wir uns das Abendessen zubereiten wollten. Dafür tauschten wir schnell noch die Kochplatten durch, denn bei uns war nur eine einzelne, in einigen der offenen Hütten hingegen gab es Zweierplatten. Es gab Tikka Masala mit Reis, das uns sehr mundete.

Bei näherer Betrachtung machte die Hütte allerdings einen sehr ernüchternden Eindruck. Der Fußboden war dreckig, das Geschirr nicht richtig sauber und die ganze Einrichtung wirkte stark renovierungsbedürftig. Ich möchte nicht wissen, wie es in den Betten lebt und keimt... Mich wundert es, dass in einem wohlhabenden Land wie Norwegen solche keimigen Bruchbuden die Hygienevorschriften überhaupt einhalten können. Und es ist schon bitter, dass der Platzinhaber offenbar so wenig Energie darauf verwendet, seinen Gästen eine gepflegte Unterkunft zu bieten. Hauptsache, man kann abkassieren. Es ging ja weiter mit den zentralen sanitären Anlagen. In den Seifenspendern war keine Seife, beim Urinal funktionierte die Spülung nicht richtig und im Abfluss der Dusche türmte sich eine Mischung aus Müll und Dreck. Leider ist der Krokstrand-Campingplatz der einzige weit und breit und deshalb ziemlich konkurrenzlos.

Trotz dieser Widrigkeiten genossen wir unser Essen und später am Abend die letzte Flasche des mitgebrachten Weins. Als oben am Hang ein Güterzug zu hören war, rasten wir beide schnell zur Tür, um den Zug besser sehen zu können. Doch leider konnten wir nicht mehr erkennen, womit der Zug bespannt gewesen war. Im übrigen waren wir totmüde und fielen um 22 Uhr ins unsere Kojen.

Sonntag, 29.08.2010: Krokstrand - Dunderlandsdalen - Krokstrand

Ich habe phantastisch geschlafen. Um 6 Uhr wurden wir vom Wecker aus dem Schlaf geholt. Paar blaue Spuren waren ja am Himmel durchaus zu sehen. Deshalb fuhren wir rechtzeitig zum Nachtzug aufs Fjell. Leider war das Saltfjell komplett in Wolken eingehüllt. Oberhalb von Bolna waren Bagger am Bahndamm zugange. Allerdings war das Gleis frei. Wir stellten uns an einen Parkplatz und wollten einfach mal das akustische Erlebnis genießen. Tatsächlich lag schon vor der planmäßigen Durchfahrtzeit Bolna ein unbestimmtes tiefes Grummeln in der Luft, das unverkennbar der Di4 zuzuordnen war. Dann wurde es wieder etwas stiller, bevor der Zug dann deutlicher zu hören war und um die Ecke bog. Genau zeitgleich mit dem Zug kam allerdings auch ein LKW die E6 hochgefahren und verdarb uns den akustischen Genuss ein Stück weit. Da kommt wirklich zehn Minuten lang fast kein Auto vorbei und dann sowas...

Als der Zug auf unserer Höhe war, war der LKW allerdings schon verschwunden, so dass wir die Vorbeifahrt des nur noch sechs Wagen langen Zuges genießen konnten. Einfach schön! Da die nächste Bewegung auf den Schienen erst der Tageszug gegen 14 Uhr sein würde, hatten wir jetzt etwas Zeit zum frühstücken... Es ging zurück in die Hütte, wo wir alles beisammen hatten, um uns ein schönes Frühstück zu machen. Es gab Brötchen, die gute Erdbeermarmelade "uten biter" aus der "Squeezy flaske", Erdnussbutter, kryddert familieskinke, Tubenkäse, richtigen Käse und natürlich Kaffee.

Danach ging es faul weiter. Wir unterhielten uns über allen möglichen Blödsinn und Nico meinte, ich solle mal eine Parodie auf einen Reisebericht schreiben oder einen ganzen Reisebericht einfach mal mit Blödsinn und Übertreibungen garnieren. Nun ja, auf sowas kommt man, wenn man viel Zeit hat... Nachdem ich den Reisebericht aktualisiert hatte (ohne Übertreibungen), legte ich mich für ein Stündchen aufs Ohr. Bahnfotourlaub kann ja sowas von entspannend sein...

Gegen 11 brachen wir in Richtung Saltfjell auf. Während Nico im Polarkreiscenter Postkarten schrieb, lief ich paar Schritte aufwärts in den Garten der Steinmänner. Hier stehen paar große Steinmännchen und ein gigantisches Heer von kleinen. Einige sehen nicht nach Steinmännern aus, andere schon. Ich versuchte mich mit paar Gegenlichtfotos, wobei es gar nicht so einfach war, die Steinmännchen frei vor den Himmel zu bekommen. Danach war im Center Mittagessen angesagt. Ich bekam Reindyrkarbonader mit neuen Kartoffeln (nicht aus dem Glas, sondern noch in der Pelle), Preiselbeeren und Salatbeilage. Dazu leckere Brun Saus.

Garten der Steinmännchen Part 1...

...und Part 2.

Wohlgestärkt nahmen wir nun Kurs auf das untere Dunderlandsdalen. Denn mit den Dagtogs in beiden Richtungen sollte es so richtig zu rollen anfangen. Der Erzverkehr beginnt am Sonntag Nachmittag, außerdem standen ein Güterzug und abends ein Paar Talente auf dem Programm. Leider mussten wir feststellen, dass man weiter unten im Tal nicht wesentlich mehr Aufhellungen im Angebot hatte als oben auf dem Saltfjell. Und dummerweise waren die meisten Motive hier im Bereich Abendmotive. Jetzt war die Sonne noch längst nicht weit genug herum. So blieben also nur die zwei Gegenden, wo man über den Fluss kommt: Grønfjelldalen und Skonseng. In Grønfjelldalen hatten wir allerdings noch ne Rechnung offen. Dorthin bogen wir erstmal ab.

Das letzte Stück ins dortige Motiv geht es auf einem Schotterweg durch den Wald. Ausgerechnet dort fuhr ein Radfahrer vor uns her. Und Horst hatte mich ja schon vorgewarnt, dass dort ein neuer Privat-BÜ ins Motiv gebaut worden sei. Der BÜ selbst war gar nicht das Problem, doch der Grund für den BÜ ließen den Radfahrer und uns gleichermaßen anhalten: Dort weidete nämlich eine riesige Herde Jungbullen. Der Radfahrer, ein älterer Herr, regte sich furchtbar über den Bauern auf, weil der seine Weide einfach auf dem Weg angelegt hatte, der von hier noch weiterführt. Er hob sein Rad über das Gatter und fuhr einfach weiter. Dadurch erregte er allerdings die Aufmerksamkeit der Viecher, die allerdings weniger auf ihn, als nun verstärkt auf uns aufmerksam wurden und auf uns zugelaufen kamen. Schade, der Fotostandpunkt wäre auf der Weide gewesen, aber wir trauten uns jetzt nicht mehr über das Gatter.

Immerhin entdeckten wir auf der Außenseite des Zauns eine Möglichkeit, etwas erhöht zu stehen. Von dort ging es. Allerdings gab es ein ganz anderes Problem: Das große Sonnenloch brach nun langsam zusammen und als der Rt 471 kam, war kaum noch Licht auf dem Vordergrund. Das war nichts. Für den Gegenzug wollten wir erst etwas mit Fluss probieren, doch da war schon alles schattig. Deshalb fuhren wir nach Skonseng. Ein Wolkenloch entsandte sein Sonnenlicht auf einen Weiler etwas nördlich von Skonseng. Dorthin ging es noch auf gut Glück, doch wir fanden dort nichts. Der Zug muss auch inzwischen gekommen sein, denn wir waren schon knapp dran.

Nun stand der nordfahrende Erzzug auf dem Programm. Für diesen wollten wir es nochmal in Grønfjelldal wissen. Nico entdeckte sogar eine Stelle, wo man noch etwas höher am Hang stehen konnte; das war ein richtig netter Ausblick auf die S-Kurve. Hier waren wir gerade am Rand einer größeren Sonnenfläche, doch als der Cargolink 5985 kam, war die Sonne schon wieder im Vordergrund leicht eingetrübt - aber zum Glück nicht so stark wie bei dem Dagtog. Irgendwie war das alles nichts heute...

Mein Weg - Der Nahverkehr in Schleswig-Holstein. Dieser Aufkleber klebt noch immer (klein) auf der ex-NOB-Lok, die noch die komplette deutsche UIC-Anschrift trägt. Hier ist der Weg allerdings eher Eisenerz aus Ørtfjell, für das die heimgekehrte Di6 die entsprechenden Wagen leer zur Bergwerk befördert.

Wir warteten auch noch auf den Cargonet-Güterzug, der vierzig Minuten später kommen sollte, doch die Sonnenfläche brach immer mehr zusammen und der Güterzug hatte sich auch zehn Minuten nach Planzeit nicht blicken lassen. Das hatte hier keinen Sinn mehr. Abwärts sah es nicht besser aus als aufwärts, und abwärts hatten wir nicht wirklich Motive im Hinterkopf. So ging es wieder fjellwärts. Ab der Baustellenampel von Ørtfjell mussten wir im Tross hinter zwei LKWs und weiteren Fahrzeugen herdackeln. Allerdings muss man ja sagen, dass die Brummis in Norwegen doch deutlich anders fahren als die deutschen, so dass wir doch mit der gebotenen Zügigkeit voran kamen. Vielleicht würden wir ja den verspäteten Güterzug noch auf dem Fjell erwischen?

Als wir in die Hochfläche einbogen, gab es das Aha-Erlebnis. Hier war abschnittsweise ganz schön viel Blau am Himmel. Wir bauten uns an der Straßenbrücke bei Stødi auf. Die Kulisse war einwandfrei. Was fehlte, war der Zug. Dafür machten wir paar Bilder vom Auto. Der Güterzug kam nicht, dafür kamen bald wieder Wolken. Lediglich der südliche Fjellabstieg war fortan dauerhaft in der Sonne. Da das Licht ja von der Bergseite auf die Bahn fiel, wäre man dort nur nach längerer Wanderung hingekommen. Dafür fehlte nun aber die Zeit, denn das Fjell-Ei nordwärts stand jetzt schon an. Wir fanden aber keinen Standpunkt und bald war das ganze Fjell dunkel.

Mal ein Bild vom Leihmobil, das mittlerweile keine Geräusche mehr machte und sich sehr gut fahren ließ.

Somit erklärten wir den Tag fototechnisch für beendet und fuhren nach Krokstrand zurück. Da wir heute keine Lust gehabt hatten, in Mo einzukaufen (dort hat der Markt beim Eisenwerk sonntags 11-23 Uhr geöffnet), nahmen wir ein Abendessen im Café in Krokstrand zu uns. Die Lasagne kam geradewegs aus der Mikrowelle und sah klein und schrumpelig aus, der Salat kam ohne Sauce (konnte man sich jedoch nachnehmen), aber der Hunger trieb es rein... In der Hütte gab es abends noch den Rest Wein aus der gestrigen Flasche, während diese Zeilen entstanden.

Montag, 30.08.2010: Krokstrand - Storuman

Wir fingen so an wie gestern. Kurz nach halb 7 stiegen wir ungekämmt und ungefrühstückt ins Auto und erklommen das Saltfjell. Anfangs sah es nach Auflockerungen aus, doch je dichter man dem Zielgebiet kam, desto sicherer war, dass dort alles dunkel ist. Ein schönes Motiv war am Eingang des Fjells. Hier stellten wir uns bis zur Planzeit des Nachtzuges auf einen Parkplatz, auf dem auch ein einsamer Camper stand, der noch sehr nach Nachtruhe aussah. Schon sehr früh war das tiefe Wummern in der stillen Gebirgswelt zu hören. Wir machten uns startklar, um kurz vorm Zug über das Fjell zu fahren. Vielleicht würde ja weiter hinten zumindest punktuell Sonne sein.

Als der Zug um die Ecke kam, fuhren wir los. Die Straße war vollkommen leer. Ein Stück hinterm Polarkreis fiel dann tatsächlich ein Lightspot auf die Strecke. Mehr war nicht zu erwarten, also hielten wir an und machten unser Foto vom Nt 475. Danach kehrten wir in die Hütte zurück, um zu frühstücken und unsere Sachen zusammen zu packen. Da die Wettervorhersage für den Süden gut und für hier oben schlecht war, wollten wir das heute irgendwo mit Internet mal genauer checken und uns dementsprechend alle Möglichkeiten offen halten.

Der Nachtzug im Spotlicht auf dem Saltfjell.

Rechtzeitig zu den beiden Früh-Talenten, die in Lønsdal kreuzen, hatten wir die Hütte soweit hergerichtet, wie wir sie vorgefunden hatten, und unsere Sachen im Auto verstaut. Wir wollten es nochmal oben auf dem Fjell mit den Talenten probieren. Als wir die Hochfläche erreichten, stellten wir erstaunt fest, dass es hier weitestgehend wolkenfrei war. Damit hatten wir ja kaum rechnen können! Wir bauten uns für den Nordfahrer Rt 473 wieder an der Stelle am Fjelleingang auf. Diesmal klappte es: Wir hatten dieses schöne Motiv doch noch mit Sonne hinbekommen! Dies war übrigens seit Høje Taastrup die erste Aufnahme mit vollem Licht. Endlich mal wieder!

Das Fjell-Ei am südlichen Einstieg auf die Hochebene.

Die E6 war noch immer schön frei, so dass wir dem Fjell-Ei schnell voraus gefahren sind und es gerade so eben nochmal an den Stødi-Häusern erwischten. Auch das klappte mit Sonne. Für den Gegenzug bezogen wir Posten an den drei grünen Semska-Häusern. Was mit einem längeren Zug nicht geht, kann man mit nem kleinen Fjell-Ei ja mal probieren: Häuser und VT nebeneinander querab. Hier hatten wir Glück. Kurz nachdem Rt 470 durch war, verschwand das Licht, weil sich doch wieder Wolken über die Hochfläche schoben. Aber der Zug hatte noch gut geklappt. So konnte es gern weitergehen!

Haus. Haus. Haus. Ei. Auf dem Saltfjell bei den Semska-Häusern.

Die nächsten Programmpunkte standen talabwärts an. Wir wollten jetzt nochmal die Bauernhaus-Kurve in Grønfjelldal mit Licht auf der Front umsetzen. Erst musste auf dem Fjell allerdings noch ne Rentierherde fotografiert werden, nachdem vor uns schon zwei Tiere die Straße gequert hatten (habe sie natürlich vorgelassen!). Zügig ging es anschließend auf der E6 abwärts. Zum Glück erst kurz vor der Abzweigung liefen wir auf einen Tank-LKW auf, hinter dem es durch die Baustelle ging.

Das "flache" Wortspiel mit rennenden Rentieren ist jetzt unvermeidlich...

An der Fotokurve angekommen wurden wir gewahr, dass das Licht noch sehr spitz stand. Aber es nützte alles nichts; wir kletterten wieder den Hang aufwärts. Verschiedene Knochen entlang des Pfades ließen auf tragische Momente im Leben eines Tieres schließen... Die Rinderherde hatte sich nett im Vordergrund postiert und das Seitenlicht kam mit jeder Minute besser. Als der Erzzug 5973 kam, war es zwar noch nicht optimal, aber durch die unregelmäßige Struktur der Erzwagen reflektierten große Teile der Wagen gar nicht mal so schlecht. Immerhin hatten sich die Wolken fern gehalten.

Während der Erz-Leerzug Richtung Bergwerk strebt, interessieren sich die Rinder nur für den Kampf ihrer zwei jüngsten Brüder, die gerade Kopf an Kopf ihre Kraft messen.

Für die irgendwann danach anstehenden Züge abwärts hatten wir nochmal die Siedlung Stupforsmo nördlich von Grønfjelldalen aufgesucht, wo wir vor zwei Jahren eine 66er-Doppeltraktion gemacht hatten. Das Motiv von damals war zwar zugewuchert, aber mit etwas gärtnerischer Arbeit gelang es uns, einen anderen Ausblick freizulegen. Bis zu den beiden Zügen war allerdings noch bisken Zeit, so dass wir erstmal nach Storforshei zum Tanken und in den Supermarkt fuhren. Danach postierten wir uns an der gewünschten Stelle, die allerdings im Dunkeln lag. Eine größere Wolkenwand schob sich langsam in die richtige Richtung weg. Seeehr laaangsam. Und immer wieder nahm die sich nähernde Sonnenfläche doch eine andere Richtung. Aber rechtzeitig zum Erzzug war es so weit: Die Stelle lag in der Sonne und die Di6 kam mit ihrem Zug 5974 ganz wunderprächtig. Der Tag war gerettet!

Wir beschlossen allerdings, weil hier bis auf paar Schleier keine gefährlichen Wolken drohten, hier auch noch auf den nachfolgenden Cargonet-Zug zu warten. Vielleicht würde er ja eine Euro4000 vorhaben. Das Licht schwächelte zwischendurch etwas, doch als Gt 5790 kam, war es wieder ganz brauchbar vorhanden und der Zug war tatsächlich mit einer Euro4000 bespannt. Diese Loks lösen zur Zeit gerade die CD 66 / Class 66 ab, worüber wir gar nicht böse sind. Klasse, da hatten wir die auch mal mit guter Sonne!

Glück gehabt: Unser erster Cargonet-Zug des Urlaubs ist mit einer Euro4000 bespannt und kommt auch noch sonnenbeschienen das Dunderlandsdalen runtergerauscht. Es sollte leider unser einziger Cargonet-Zug bleiben.

Auf diesen Erfolg gab es erstmal eine zünftige Mittagsspeisung mit Polarbrød und Tubenkäse, von dem selbstverständlich auch heute mehrere Geschmacksrichtungen verfügbar waren. Dabei konnten wir herrlich in der Sonne stehen. Ich zog erstmal meine dicken Wollsocken aus. Die lange Unterhose behielt ich allerdings an, da weit und breit keine Umkleidekabine in der Gegend rumstand... Rechtzeitig zum nordgehenden Dagtog topften wir uns um - noch einmal sollte ein Versuch an der Bauernhofkurve gestartet werden. Die Rinder lagen diesmal am entfernten Ende der Weide und kamen nicht zur Begrüßung angerast. Wir bezogen allerdings eh wieder unseren Aussichtspunkt oben am Hang.

Von Westen war hoher Schmodder reingezogen, außerdem hatten uns hier wieder eine Menge tieferer Wolken am Wickel. Daher rechneten wir schon gar nicht mehr damit, dass wir den Dagtog bei Sonne bekämen, und waren um so positiver überrascht, als das Licht gerade wieder zu 3/4 angegangen war, als der Rt 471 um die Ecke bog. Auch mit diesem Bild konnten wir angesichts der Umstände hochzufrieden sein.

Die weitere Planung sah den südfahrenden Dagtog in Skonseng vor und danach wollten wir uns um den Viadukt in Ørtfjell kümmern. Erstmal also nach Skonseng. Dort bauten wir uns auf der Brücke auf, obwohl wir erkannten, dass das Licht ja doch schon viel zu weit rum war. Mit schwachem Frontlicht ging nun eine Aufnahme von Rt 472.

Der Dagtog verlässt Skonseng. Könnte man auch nochmal bei richtigem Lichtstand und Güterzug wiederholen...

Der Erzzug nach Ørtfjell stand schon zur Kreuzung im Bahnhof. Parallel zu ihm fuhren wir nun zu seinem Ziel. Wir konnten uns halbwegs Zeit lassen, weil der Erzzug vor Befahren des Viaduktes noch Lokumlauf machen musste. Wir hatten schon im Vorbeifahren einen guten Standpunkt entdeckt, der sich auch wirklich als Idealpanorama erwies. Man stand mitten in der Baustelle, wo die E6 ausgebaut wird und eine Ampel den Verkehr regelte. Die Bauarbeiter nahmen uns allerdings mit norwegischer Gleichgültigkeit zur Kenntnis. Witzig war ein Raupenfahrer, der paar Warnbaken mit seiner Baggerschaufel zur Seite schob, anstelle dass er selbst ausstieg.

Weniger witzig waren die Zeitpunkte der Zugfahrten. Gerade war das Licht wieder mal ausgegangen, da bretterte eine Kette geschobener (!) Erzwagen ohne Spitzenbesetzung über den Viadukt. Keine Chance auf Sonne; der Zug war ruckzuck im Berg zur Beladung verschwunden. Es schmodderte nun immer mehr und immer stärker. Blauer Himmel war nun gar nicht mehr auszumachen. Rund drei/vier Ampelphasen nach der Einfahrt in den Berg (die Baustellenampel hatte sehr lange Phasen!) rauschte die ME26 wieder aus dem Bergwerk raus und zog eine Kette beladener Wagen mit sich. Wieder gänzlich ohne Licht. Das war insofern schade, da dies mal ein völlig neues Motiv gewesen wäre, das ich schon lange auf dem Zettel gehabt hatte.

Nun ging es in der Hoffnung auf einen freien WLAN irgendwo in der Stadt nach Mo runter. Wir wollten ja nun Wetterberichte checken. Bereits beim zweiten Versuch in der Nähe eines Hotels fanden wir ein offenes Netzwerk. Die Wetterprognose von einheimischen und deutschen Diensten zeigten ganz passable Übereinstimmung: Hier würde es mehr schlecht als sonnig weitergehen. Aber für den Süden war für die zweite Wochenhälfte Top-Wetter angekündigt. So beschlossen wir den großen Ritt ganz hinab in Richtung Borlänge oder Kristinehamn. Damit die morgige Haupt-Etappe von der Länge her noch händelbar wäre, wollten wir heute schon mal nach Storuman vorfahren. Es war jetzt 17.30 Uhr und das Navi zeigte uns eine Ankunft in Storuman von rund 20.45 Uhr an - also eine Zeit, die noch im Bereich des machbaren lag.

Wir waren beide etwas traurig, dass wir die schöne Gegend rund um das Saltfjell schon wieder verlassen mussten. Gern hätten wir gerade oben auf der Hochfläche noch die eine oder andere Aktion durchgeführt. Das trübe Wetter oben im Gebirge auf der Fahrt nach Storuman hob unsere Stimmung auch nicht gerade. Bald hatten wir Norwegen verlassen und brausten zügig auf gähnend leerer Straße südostwärts. Das Navi sagte als nächste Handlung schon den Kreisverkehr in Storuman an - in 235 km! Bis dahin ging es nur geradeaus. Im Gebirge gab es viele Hütten und Ansiedlungen. Doch hinter Tärnaby gab es fast keine Siedlungen mehr. Noch anderthalb Stunden durch Einsamkeit! Die riesigen Seen, an denen es entlang ging, waren schon eindrucksvoll - auch bei dieser trüben Stimmung.

Gegen 20.40 hatten wir Storuman erreicht. Lust auf große Unterkunftssuche hatten wir nicht mehr, deshalb machten wir es uns einfach und checkten im Hotel Toppen, dem wohl ersten (und einzigen?) Haus am Platze ein. Das Doppelzimmer war mit 1195 SEK nicht ganz billig, aber nach der primitiven Hütte war es nicht verkehrt, mal wieder ein sauberes Zimmer zu betreten. Leider schloss das Restaurant bereits um 21 Uhr. So drehten wir noch ne Runde durch den Ort. Es hatte ja sowas von nichts mehr auf. Abends um 21 Uhr ist man halt in Nordschweden nicht mehr draußen. Selbst die Gatekjøkken hatte schon dicht. Das einzige, was auf hatte, war natürlich die Tankstelle. Und dort gab es einfach alles, was der durchschnittliche Storumaner abends um 21 Uhr noch brauchen könnte. Selbst Hamburger-Frikadellen schmurgelten im Fett vor sich hin und die DVD-Abteilung hatte auch Stoff für alle Geschmacksrichtungen. Wir entschieden uns allerdings für "Mamas Mackor", also mit Kjøttbullar und Kartoffelsalat gefüllte Baguettes. Die verputzten wir auf dem Hotelzimmer, das sehr geräumig wirkte und eine schöne moderne Sitzgruppe besaß.

Wenn das Hotelrestaurant schon dicht hat, gibt es halt Abendessen aus der Plastiktüte...

Dienstag, 31.08.2010: Storuman - Långsele

Wir standen um 6 Uhr auf und waren rechtzeitig um 6.30 zum Beginn des Buffets unten. Das war allerdings zeitgleich mit einer Busreisegruppe sächsischer Senioren, und so war Schlangestehen angesagt. Aber es gab lecker Bestandteile zum Eigenbau von echten schwedischen Smørgåsern. Auf eine Brötchenhälfte passte gut Butter, Käse, zwei Scheiben Gurke, zwei Scheiben Tomate und zwei Scheiben Schinken. Lecker! Auf die Majonaise verzichtete ich mal. Das Brötchen war auch so saftig genug. Äääh, habe ich gerade "das" Brötchen gesagt?

Nach dem Frühstück ließ ich mir von der Rezeption noch den Code für das WLAN geben, den es sogar kostenlos gab. Gestern Abend hatte wir ja mit Borlänge als heutiges Etappenziel spekuliert. Doch uns kam natürlich auch der Gedanke, dass man ja vor der Tour auch die schwedische Stammbahn als mögliches Ziel auserwählt hatte (insbesondere die Forsmobron). Und die war ja nicht gar so weit weg. Bange Frage war nun: Wie weit geht denn das schöne Wetter nach Norden? Die Antwort lautete, dass ab Mittwoch in der gesamten Osthälfte Schwedens bis hoch nach Lycksele das Wetter prima werden sollte. Somit könnte man also auch an der Stambana was machen. Ein klärendes Telefonat mit unserem Experten zuhause, Horst Ebert, brachte zudem die Info, dass die neuen Green Cargo-Traxxe, auf die es insbesondere Nico abgesehen hatte und die auch ich nicht verachten würde, vor Stahlzügen u.a. auf der Stambana eingesetzt werden sollten und dass die erhofften Altbautriebwagen rund um Borlänge wohl nicht mehr fahren sollen.

Wenn dann noch Zeit wäre, könnte man sich auch den Hector-Holzzügen auf der Mittlinje widmen, die mit 1142-Doppeltraktion gefahren werden. Unser Etappenziel lautete also Großraum Sollefteå / Långsele. Wir fuhren den Inlandsvägen runter und entschieden uns auch in Meselefors, nicht den direkten Weg südwärts zu nehmen, sondern uns über Hoting parallel zu den Bahnstrecken zu bewegen. Das verstand unser Nüvi-Navi zwar überhaupt nicht, aber das Ding besaß eh nicht die Kompetenz von Tomtom und konnte bestenfalls dazu dienen, die reale Geschwindigkeit und die voraussichtliche Ankunft am Ziel zu zeigen (was allerdings auf dieser Fahrt auch nichtmal klappte, irgendwann war sogar die Geschwindigkeit eingefroren...). Das Kartenmaterial von dem Dingen taugte jedenfalls gar nichts, Ortsnamen und Seitenwege wurden gar nicht angezeigt. Was war das letztes Jahr schön mit Nils Tomtom, in dem jede Hüttenzufahrt exakt kartographiert war.

Ein Bild, das im Laufe des Tages mehrmals hätte aufgenommen sein können. Endlos liegt das leere Band der Straße vor einem. Oben drüber hängt der tiefe Himmel und immer wieder regnet es.

In Vilhelmina schauten wir mal zum Bahnhof, denn wir hätten fast parallel zu einem Übergabezug Storuman - Vilhelmina fahren sollen. Der Signalmelder des nördlichen Esig zeigte im Freiluftstellwerk von Vilhelmina grün und weiter unten im Bahnhof wurden auch eine ganze Reihe Güterwagen beladen. Doch nichts tat sich. Eine Viertelstunde nach Planzeit brachen wir ab. Wäre eh nur zum gucken gewesen, denn es war heute furchtbar trübe und regnete meistens. Ein richtiger Fahrtag! Weil ja Aussicht auf schönes Wetter war, machte uns all die Trübnis gar nichts aus.

In Meselefors betrachteten wir nochmal die schöne Bahnbrücke über den Ångermanälven, die mit Zügen beider Richtungen umsetzbar war (besonders nett aber für Ostfahrer, weil der Obergurt den westlichen Teil der Brücke ausmachte). Passend im Licht kommt hier laut Bildblatt außerhalb der Personenzug-Saison nur ein Donnerstagsgüterzug. In Dorothea und Hoting wieder Güterwagen im Bahnhof, aber keine Lok weit uns breit. Nun verließen wir die Inlandsbahn und gelangten parallel zur Banverket-Nebenstrecke durch die Hügel in das Tal des Ångermanälven, dem wir dann bis zum Etappenziel Forsmo gefolgt sind. Was ich hier in einem Satz sage, war eine lange, ereignislose Fahrt. Meistens regnete es und es ging durch endlose Wälder. Kaum ein Auto begegnete einem.

In Forsmo inspizierten wir im Regen erstmal die Forsmobron. Die Brücke ist eine der letzten alten Brücken der Stambana über einen der großen Flüsse und sieht mit ihren Stahlbögen einfach nur klasse aus. Schade ist, dass sich die Brücke nicht vernünftig seitlich aufnehmen lässt, da unmittelbar südlich ein abgesperrtes Kraftwerksgelände mit Staumauer folgt. Ich hatte ein Dejavu zum letzten Mai in Sarpsborg, Norge (siehe damaligen Reisebericht), wo es trotz langer, verzweifelter Suche keine Möglichkeit gab, einen Viadukt mit Wasserfall davor umzusetzen, weil auch alles als Kraftwerk diente). Ganz so schlimm war es hier allerdings nicht. Einen Notpunkt querab fanden wir unterhalb des Kraftwerks und an einem Eingangstor ins Werksgelände konnte man auch bedingt etwas machen. Der klassische Punkt schien ein alter Brückenkopf neben der aktuellen Brücke zu sein, wo man allerdings ganz schön spitz steht. Trotz Nässe von unten und oben kletterten wir dort mal hoch. Der Ausblick war nett und wurde für die Folgetage vorgemerkt.

Anschließend untersuchten wir noch einen von der Hauptstraße entdeckten BÜ, von dem aus sich auch etwas machen lassen sollte. Nun meldete sich aber erstmal der Hunger. Außerdem brauchten wir eine Unterkunft. So ging es auf der Hauptstraße nach Sollefteå. Der Campingplatz war nett und ruhig gelegen und die Hütten machten auch einen sauberen Eindruck. Da wir ja Zeit hatten, wollten wir uns allerdings auch die Konkurrenz im benachbarten Långsele anschauen. Dort hing am Camping-Eingang schon mal das Schild "stängt", aber der Platz war nicht abgesperrt. Wir also raufgefahren und die Hütten inspiziert. Der Platz war gar noch netter als der in Sollefteå an einem Fluss, dem Faxälven, gelegen und hier gab es sogar Hütten mit Dusche/WC. Das sah klasse aus. An der Rezeption hing ein Zettel mit einer Telefonnummer. Entgegen aller pessimistischen Erwartungen kam als Antwort "Bin in 5 Minuten da". Und das waren dann auch keine balkanischen 5 Minuten, sondern reelle. Während der Zeit leistete uns eine ganze Entenfamilie Gesellschaft.

Das Platz-Betreiber-Ehepaar war sehr nett und als dann auch das "warum" (=Eisenbahnfotos) geklärt war, meinte er, dass wir nicht die ersten wären, die bei ihm absteigen und dass wir auch am Bahnhof mal bei einem haltenden Güterzug fragen sollten, ob wir nicht mal vorne mitfahren könnten. Auch eine Idee. Die machen dort nämlich immer Personalwechsel, was wir in den Folgetagen auch bestätigt fanden. Dann bezogen wir die Hütte, die eine Wucht war. Sie war pikobello sauber und geräumig und hatte alles, was man brauchte. Was für ein Unterschied zu Krokstrand!!! Hier würden wir es die nächsten Tage gut aushalten können!

Hintergrundinfo "Stambana":

In Schweden führen drei Bahnlinien bis in den äußersten Norden des Landes. Man könnte sie "Vergangenheit", "Gegenwart" und "Zukunft" nennen. Sie heißen aber "Inlandsbana", "Stambana" und "Bottniabana". 1854 beschloss der Reichstag ein Netz von staatlich finanzierten Hauptstrecken im ganzen Land, das zwischen 1856 und 1896 gebaut wurde. Diese Strecken wurden "Stambanor" genannt. Wir befinden uns nun an einer dieser "Stambanor", an der "Stambana genom övre Norrland", die ich der Einfachheit halber im Reisebericht aber nur "Stambana" nenne.

Die "Stambana genom övre Norrland" trägt heute die gesamte Last des Zugverkehrs nördlich Schwedens geographischer Mitte. Während die an sich jüngere Inlandsbana von mir als "Vergangenheit" bezeichnet wird, denn mehr als ein auf Touristen zugeschnittener Sommerverkehr ist dort bekanntlich nicht mehr, rollen über die nördlichste schwedische Stambana täglich ca 10-20 Güterzüge je Richtung. Personenverkehr herrscht nur um die Nachtstunden herum: Dann gibt es zwei Nachtzugpaare aus Stockholm und Göteborg nach Boden und weiter Richtung Kiruna-Narvik oder Luleå.

Nahverkehr gibt es auf diesem Teil der Stambana nicht, denn die Strecke hat einen erheblichen Nachteil: Aus strategischen und geografischen Gründen war sie nicht entlang der Küste, an der doch noch einige große Städte liegen, gebaut worden, sondern durchs Landesinnere - so richtig durch die Wälder. Die großen Küstenorte wurden über Stichstrecken an die Stambana angebunden. Zum Schluss hatte nur noch die Stichbahn nach Umeå Personenverkehr. Einer der Nachtzüge fuhr die Stichbahn einfach komplett rauf und runter, was ihn mit Umsetzen der Lok über eine Stunde kostete. Davor hatte es eine Kurswagenlösung gegeben.

Kommen wir zur soeben angebrochenen Zukunft: Die Bottniabahn. Eine eingleisige Schnellfahrstrecke entlang der Ostküste, die große Küstenorte wie Sundsvall, Örnsköldsvik, Umeå, Skellefteå und Piteå mit Luleå ganz im Norden verbinden wird. Genau mit Beginn unseres Urlaubs ist der erste Teilabschnitt zwischen Örnsköldsvik und Umeå für einen Vorlaufbetrieb dem Verkehr übergeben worden. Für ein Jahr wird hier ein von Norrtåg (an dem SJ und DB Regio beteiligt sind) geliehener Regina-Triebwagen pendeln. Doch lange wird es nicht mehr dauern, dann wird sicherlich ein Großteil der Güterzüge von der Stambana auf die Bottniabana umgelegt. Deshalb hofften wir, in den nächsten Tagen an der Stambana noch den einen oder anderen Zug aufnehmen zu können.

Nachdem das also alles geklärt war, drehten wir eine Runde durch den Ort. Wegen einer Baustelle fanden wir zunächst nicht gleich zum Bahnhof, doch dann entdeckten wir gleich gegenüber des Bahnhofs ein nettes Restaurant-Pizzaria-Café "Terrassen", das auch türkische Spezialitäten anbot. Wir nahmen Döner-Pizza bzw Döner im frisch gebackenen Fladenbrot und erhielten gigantische Portionen! So langsam wurde uns Långsele immer sympatischer! Danach ging es aber erstmal auf Siesta in die Stuga. Während ich gegen 16.30 Uhr diese Zeilen schreibe, sehe ich allerdings von Nordwesten (warum von da?) einiges an blauem Himmel auf uns zuziehen! Der Tag war noch nicht beendet!

Ich weckte Nico, und wir fuhren raus an die Faxälvbrücke. Die Brücke war zwar aus Beton, sah aber im Abendlicht klasse aus. Der Himmel war bald zu 80% wolkenfrei. Doch die übrigen 20% hielten sich hartnäckig dort, wo die Sonne war und ließen bestenfalls mal für eine Minute das intensive Licht durch. So ging sich also in knapp einer Stunde Wartezeit gar nichts aus. Dazu hat allerdings auch in nicht unerheblichen Umfang beigetragen, dass kein einziger Zug kam, obwohl laut Bildblatt zwei oder drei hätten kommen müssen. Als von Westen wieder geschlossene Bewölkung aufzog, zog es uns zur Hütte zurück, wo wir uns Kjøttbullar mit Reis machten. Das war natürlich ziemlicher Blödsinn, weil wir vor gut drei Stunden gerade die Dönermahlzeit hatten, aber wir hatten's halt da...

Während des Essens klarte der Himmel nun vollends auf. Wir blickten bald in die strahlende Weite der blauen Stunde. Das schrie nach einem Verdauungsspaziergang! Den hatten wir auch bitter nötig... Leider nahmen wir erst die Kameras nicht mit, doch die holten wir schnell nach, denn der Blick über den See mit dem tiefblauen Himmel war klasse.

Blaue Stunde über dem Faxälven in Långsele.

Ein wunderbar stiller Abend - wäre es gewesen. Wenn da nicht am anderen Ufer jemand irgendwelche Cross-Trainingseinheiten mit irgendeinem tierisch lauten Gefährt durchgeführt hätte. Sowas widerliches. Am liebsten hätte ich dem einen Nagelteppich ausgelegt. Nach ca einer halben Stunde war das Training endlich beendet oder Maschin' kaputt, jedenfalls herrschte Stille über dem Faxälven. Nur paar vereinzelte Vogelstimmen waren zu hören. So soll das sein...

Fortsetzung

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