Schweden blaugelb - Septembertour 2014

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Nach über zwei Monaten Abstinenz war es nun endlich wieder soweit. Eine lange geplante Skandinavientour zu viert sollte es sein. Und da wir ganz in den Norden wollten, am liebsten an die Erzbahn, hatten wir zwei Wochen eingeplant. Mit von der Partie waren Horst und Werner sowie Nil. Einen Flug nach und ab Stockholm (Horst und Werner zurück Fähre ab Göteborg) hatten wir weit im Voraus gebucht. In der Woche vor dem Urlaub mussten wir überlegen: Halten wir uns möglichst flexibel und nehmen wir einfach den Leihwagen ab Arlanda, dem Stockholmer Flughafen? Oder gönnen wir uns das Vergnügen einer Reise in einem der legendären Norrland Nachtzüge, legen uns damit aber auch auf einen Startpunkt ganz im Norden fest? Die Nachtzugidee gewann, denn die Flugankunft in Arlanda würde auch ideal auf den zweiten Nachtzug passen. Für rund 120 Euro pro Person zogen wir im Internet eine Fahrkarte inkl Schlafwagen T2. Die SJ bietet das als 'eigenes Dreibettabteil für zwei Personen' an und erklärt sogar, dass man für das leerfahrende Bett praktisch einen Kinderpreis bezahlt. Ab Luleå hatten wir je einen Wagen in Einwegmiete nach Stockholm bzw Göteborg gebucht. Zwei Wochen für knapp 500€ inkl Zweitfahrer und Einweggebühr erschien uns für skandinavische Verhältnisse ok.

Freitag, 12.09.2014

Nach einem Arbeitstag und frühem Feierabend ging es erst nach hause zum Packen der restlichen Sachen. Um 16:30 brach ich auf. In strahlendem Sonnenschein ging es per Bus und zweimal S-Bahn zum Flughafen, wo ich Horst und Werner traf. Schon ein komisches Gefühl, dass wir nun im Nachtsprung nach Norrland kämen...

Das Check-in Prozedere ging nun außerordentlich schnell. Fast fühlte man sich magisch angezogen von einigen längeren Schlangen und übersah dabei, dass da einige Mitarbeiter unter SAS Schildern saßen und verschämt auf Kundschaft warteten. Das Aha-Erlebnis kam diesmal hingegen am Sicherheitscheck. Davor wartete nämlich eine gigantische Menschentraube, auch schon außerhalb des eingegurteten Wartezickzacks. Allerdings war eine ständige Bewegung drin. Und so waren wir zuversichtlich, dass unsere halbe Stunde Sicherheitsmarge reichen würde. Witzig war, dass der Zickzackkurs immer wieder umgesteckt wurde. Das hatte schon was von Irrgarten. Irgendwann stellten welche in der Nachbarreihe fest, dass zwei Bahnen sich an einem Durchgang wieder trafen. Als ich endlich dran war, gab es 'natürlich' für mich das volle Programm. Erst piepte es beim Durchgehen, dann mussten meine Objektive noch ne Runde durch den Scanner fahren. Ich frage mich wirklich, wie sich die Leute das regelmäßig für innerdeutsche Distanzen antun können.

Startender Flieger. Nein, das da rechts sind keine Säufersonnen ;-)

Als das nun alles erledigt war, sahen wir die Anzeige: Abflug erst 19:55 statt 19:00. Na toll! Da sind wir dann doch erstmal oben zu Marche rein, wo es ein Schinkenbrötchen gab. Alles weitere war dann sehr zähflüssig. Mit einem Bus ging es zu einem Flugzeug in bis dahin unbekannter Farbgebung. Es gehörte der finnischen Gesellschaft Blue1. Irgendein Billigkrauter der SAS. Die Durchsagen gab es dann auch gleich mal auf finnisch. Neben nach finnisch klingendem schwedisch und nach finnisch klingenden englisch natürlich. Um 20:10 standen wir immer noch. Nil langweilte sich bereits in Arlanda. Aus den Deckenritzen wurden wir bedampft wie die Bananen im Frachter. Schien aber niemanden zu stören...

SK 2648: Hamburg 19:00+80 - Stockholm 20:30+60

Den Flug konnte man ruhigen Gewissens als langweilig bezeichnen. Draußen war es mittlerweile komplett dunkel. Und die Besiedlung Dänemarks und Schwedens ist nun auch nicht so dicht, dass man da unten ein Lichtermeer gesehen hätte. Einmal tauchte unten ein größerer Ort auf, in den eine dunkle Bucht hineinragte. War das nun Wasser? Oder doch nur Wald? Keine Ahnung! Abwechslung brachte wie auf jedem Flug nur die Minibar. Auf SAS Flügen gibt es ja nichts mehr kostenlos. Um so verwunderter waren wir, als wir im Näherkommen keinerlei Abkassieren bemerkten. Offenbar gab es Kaffee, Tee und Wasser kostenlos, vielleicht aufgrund der Verspätung. Ich nahm zwei Becher Wasser. Für Sandwichs wurde abkassiert. Tja, soweit die Schilderung der aufregendsten Momente unseres Fluges. Der Käptn war sich lt seiner Durchsage sicher, dass wir mit nur noch +65 ankämen...

Tatsächlich berührten wir den Boden sogar mit 'nur' noch genau +60. Und vier Minuten später hatten wir bereits am Gate festgemacht. Dabei ist Arlanda ja nicht unbedingt ein kleiner Flughafen. Allerdings machte er dennoch einen ziemlich ausgestorbenen Eindruck. Einige Restaurants hatten schon geschlossen. Nach einigem Austausch von WhatsApp Botschaften fanden wir auch Nil. Gemeinsam schauten wir erst bei Mägges, doch das machte einen sehr trostlosen Eindruck. Dann setzten wir uns einfach in die große, freundliche Halle und besorgten uns an einer Bar Lachspudding (eklig in der Mikrowelle erhitzt) und Pripps Blå, das leckere Lettöl. Als alles auf war, mussten wir auch langsam zum Zug. Nun gab es ein Dejavu. Es wurde wieder mal eine neue Abfahrtszeit bekanntgegeben: 0:00 statt 23:06. Grund: Spårspring, wohl Schienenbruch. (Nachtrag: Lt Antwort im DSO-Auslandsforum handelt es sich um Personen im Gleis bzw vermutlich sogar Suizid). Die 'ny tid' wurde sogar bald auf 0:11 erhöht. Suuuper! Ich wollte immer schon mal um Mitternacht auf dem Flughafen abhängen... Wir zogen uns noch ne Runde Pripps Blå und setzten uns wieder in die Halle. Schon ein blödes Gefühl, sich dabei einzig auf die 'ny tid' Anzeige zu verlassen. Aber unten im Höhlenloch auf dem Bahnsteig wollten wir die Stunde nun wirklich nicht verbringen. Mittlerweile wurde auf 0:31 erhöht. Oh Mann... 0:36. Erstaunlich, wieviele Leute in der Halle noch warteten. Allerdings schienen mir das jetzt nicht unbedingt Zugreisende zu sein, sondern Flugpassagiere, die auf irgendwelche Frühflüge warteten.

In der Flughafenhalle wartete man auf den Nachtzug.

Um punkt Mitternacht plötzlich ein lautes Gepolter vom Bahnhofseingang. Sämtliche Sperren waren geöffnet worden, die Damen vom Counter hatten Feierabend. Nach weiteren zehn Minuten nutzten wir die neu gewonnene Freiheit, den Bahnhof ohne Vorzeigen der Fahrkarten betreten zu können, und fuhren endlose Rolltreppen in die Bahnhofsgrotte hinab. Da unten, tief im Gestein, herrschte eine eigentümliche Stille. Allerdings nicht lange. Offenbar hatten die ganzen Leute in der Halle doch auf den Zug gewartet und kamen uns nun hinterher.

Weiterwarten in der Felsengrotte tief unterm Flughafen.

Die 'ny tid' hatte sich nun länger kontinuierlich auf 0:36 gehalten. Und tatsächlich tauchte um punkt 0:34 in ein Scheinwerferlicht in der Ferne auf. Leider gab es auf dem ganzen Bahnhof keinen Wagenstandsanzeiger. Aber wir konnten unseren Wagen bei der langsamen Einfahrt identifizieren und gemütlich hinterherlaufen.

SJ Nattåg 92: Arlanda C 23:06+90 - Luleå 11:55+15

Wir stiegen gleich in unseren Zweierabteilen zu Bett. Irgendwas klapperte, doch der Schlaf überkam mich dann doch mal.

Samstag, 13.09.2014

Wach wurden wir irgendwo auf der Botniabahn. Schön ruhig glitt der Zug über die Neubaustrecke. Die Sonne ging auf und beleuchtete die Nebelbänke in den Tälern drastisch von hinten. Ein wunderschöner Ausblick. Hinter Umeå, wo wir mit nur noch +49 abfuhren, wechselten wir in den Cafevogn, wo wir bei einem netten Frühstück weitere sonnige Nebelausblicke genießen konnten. Markante Punkte wie die Skelefteälvsbron und andere Ecken, die ich auf der 2011er Tour besucht hatte und wo wir von den Sturmschäden heimgesucht worden waren, konnten identifiziert werden.

Der Blick aus dem Speisewagen in die Landschaft gefällt schon mal.

Doch von Jörn bis in die weitere beackerte Ecke zwischen Storsund und Älvsbyn zog sich die Fahrt im Bummeltempo ganz schön hin. Noch ein Bahnhof, Wald, Wald, See, noch ein Bahnhof, immer noch nicht Storsund, obwohl es ähnlich aussah, Wald, Hügel auf, Wald, Hügel ab, See mit Wald, ein Waldsee, Wald ohne See, wieder ein Bahnhof, ähnlich Storsund, aber nicht Storsund.

Wir waren nicht die einzigen, die es stundenlang im Cafevogn ausgehalten haben.

Dann irgendwann eeeendlich der bereits beackerte Wald und der Seedamm durch den Stor Teuger. Im Cafewagen wurde die gute Tradition des Påfyllkaffees gepflegt, so dass ich am Ende drei Becher Kaffee hatte. Aber wir vier konnten dort sehr schön zusammen sitzen. Nil erzählte von den Löwen, die er auf dem zurückliegenden Südafrika Aufenthalt nicht zu sehen bekommen hatte, während wir draußen vor dem Zugfenster keine Elche oder Rentiere sahen. Älvsbyn verließen wir trotz X Güterzug, dank derer die Zugbegleiterin sogar zwei Zigarretten schaffte (an allen anderen Stationen immer nur eine hektische), mit nur noch +20. Laangsam rückte das Ziel näher. Und der Mittag ebenfalls. Hinter Älvsbyn Bummelei durch eine Baustelle. Eine blaue Rundnase stand dort mit Schotterzug. Die Verspätung stieg nun wieder auf rund eine halbe Stunde in Boden an.

In Boden präsentieren sich die ASEA-Loks in drei verschiedenen Farbgebungen.

Der Lokumlauf ging allerdings recht flott. Von einer Bremsprobe haben wir nichts mitbekommen. Mein Handy hatte gerade wieder Saft aus der Steckdose bekommen, da zog der Zug schon an. Abgesehen von einem Schlenker durch das Bahnsteiggleis von Sunderbyns Sykehus ging es nun flott gen Küste. Den Abstecher durch den Krankenhaus Hp hätten wir uns schenken können. Es gab zum Glück keinen Bedarf. Aber dieser Riesenkomplex von Krankenhaus inmitten der Wildnis ist schon beeindruckend. Schneller als erwartet trafen wir in Luleå ein. Die Verspätung betrug nur noch 15 Min.

Jetzt wäre es ganz schick gewesen, wenn wir ein Taxi vorbestellt gehabt hätten. Hatten wir aber nicht. Deshalb war auch keines da. Autoabholung war für 12:30 am Flughafen bestellt. Gerade hatten wir beschlossen, einfach mal Richtung Innenstadt zu ziehen, wo um 12:46 ein Bus zum Flughafen fahren sollte, und hatten oben schon die Hauptstraße gequert, da sahen wir weiter hinten ein Taxi in Richtung Bahnhof abbiegen. Wir schnell wieder runter. Es wurde unser. Wir vier passten locker samt Gepäck hinein und in rasantem Tempo brachte uns der Fahrer exakt zu 12:30 zum Flughafen. Dort war der Europcar Schalter zwar geöffnet, aber weit und breit war niemand zu sehen. Gewartet, draußen auf dem Parkplatz nachgeschaut. Niemand zu finden. Also die Nummer angerufen, die am Schalter ausgeschildert war. Da kam nur eine Ansage, die ich erst nicht verstand. Erneute Runde über den Parkplatz, ebenfalls erfolglos. Nun hatte Werner die Nummer nochmal angerufen. Und geschnallt, dass da eine weitere Nummer angesagt wurde, die man bitte anrufen möge. Über die hatte er dann auch das zuständige Mädel erreicht, das nach fünf Minuten auftauchte. Es muss wohl irgendwo im Flughafen einen Raum geben, in dem es schöner ist als am Europcar Schalter. Ich sag' da jetzt nichts zu...

Alles weitere war unkompliziert. Die Verträge waren vorbereitet, sie trug unbürokratisch noch ein 'Norge ok!' ein (gut, dass wir nicht die Auslandoption für 138€ mitgebucht hatten, Norwegen ist von Schweden aus nie ein Problem) und selbst den Zweitfahrer müsse sie nicht registrieren (da hätten wir uns wohl die 50€ extra sparen können, künftig werden Extras nur noch vor Ort bestellt). Wir erhielten einen VW Touran mit den Buchstaben USW im Kennzeichen, mit dem wir sehr zufrieden waren. Horst und Werner erhielten einen Golf mit Kennzeichenbuchstaben ABO.

Gemütlich ging es nun auf leeren Straßen erst die E4 runter nach Piteå und dann auf noch viel leereren Straßen durch die weiten Wälder nach Jörn. Nach einem Supermarktbesuch ging es nach Granheden zu der Anhöhe, wo Nico und ich seinerzeit keinen einzigen Nordfahrer hatten. Heute sollten ab 16 Uhr eine ganze Menge Nordfahrer kommen, das hatte uns der Daglig graf, der tagesaktuelle Fahrplan, versprochen. Gerade waren auch Horst und Werner eingetroffen, da hörten wir in der Ferne ein Rauschen, welches eindeutig einem Zug zugeordnet werden konnte. DB Schenker! Von der Länge her passte er wunderbar!

Die Stambana ist eine ganz schöne Berg- und Talbahn. Hier kommt ein Schenkerzug die Rutsche bei Granheden heruntergerutscht.

Zufrieden zogen wir nach Kusfors zur Brücke über den Skellefteälven weiter. Das Licht war wunderbar klar. Vor paar Jahren hatten wir hier wegen Sturmschäden bei solch herrlichem Licht fünf Stunden vergeblich gewartet. Hoffentlich diesmal nicht... Es kamen dann auch irgendwann Züge. Als erstes ein CargoNet Containerzug mit eigener Traxx. Das passte schon mal.

Cargonet auf der Skellefteälvbron, eine der längsten Brücken der Strecke. Diese einst unter dem Namen "Arctic Rail Express" (ARE) firmierenden Züge fahren von Oslo im Transit durch Schweden nach Narvik. Mittlerweile fährt die norwegische Gesellschaft Cargonet die Züge selbst. Bis vor kurzem wurden sie noch durch Green Cargo befördert.

Nr 2 hatte ebenfalls eine Traxx vor, allerdings von Railpool ohne weitere Beschriftung. Der Zug ging allerdings im totalen Modderlicht. Die Sonne stand nämlich mittlerweile so tief, dass sie die im Westen hängenden Schleier erreicht hatte. Ab jetzt gab es stark wechselnde Lichtverhältnisse. Nil und ich warteten im Dickicht unmittelbar am Ufer sitzend. Hier gab es sogar Tiere! Die Mücken fielen über uns her. Hauptsache, dass wir beim Durchschlagen durchs Unterholz keine Zecken abgestriffen haben... Das Bildblatt hatte nun Züge im Viertelstundenabstand für uns vorgesehen. Als ganz so dicht erwies sich der Takt nun leider nicht. Wir warteten und warteten. Das Licht kam mal wieder raus und verschwand wieder. Nr 3 war ein Holzzug mit einer Rc.

Ein Holzzug. Wenige Rc-Loks hatten mal entweder ein "Green" oder ein "Cargo" aufgemalt bekommen. Der vollständige Firmenname kam also nur bei richtig gekuppelter Doppeltraktion zum Vorschein.

Danach lief ich zurück zum seitlicheren Ausblick, wo man doch besser variieren konnte. Hier kam bald Nr 4 mit Rc Doppel und Leerstand an Position 1. Für alle, denen der Zug nicht gefiel, kam auch bald schon Nr 5. Dabei handelte es sich erneut um eine Traxx, und zwar wieder eine von CargoNet / Railpool. Damit hatte CargoNet uns definitiv die zwei schönsten Fahrten beschert.

Kleines Dejavu: Nochmal Cargonet. An einigen Wochentagen fahren zwei ex ARE Züge pro Tag. Oben auf der Erzbahn kommen die leider in der Nacht durch, aber hier auf der Stambana klappen sie im besten Licht.

Nun ging es nochmal zurück nach Granheden, wo wir hofften, noch einen Zug mit Frontlicht hinzubekommen. Zwar bediente uns dort auch bald Gz Nr 6, ein Norra Stålpendel mit Rc Tripel, aber die Sonne hatte sich nun vollends hinter die Wolken verpieselt. Das war etwas schade, nachdem man den ganzen Tag nur durch Sonne gefahren war. Aber was solls...

Ein Rc-Tripel im letzten Tagesleuchten. Für die Steigung kippt der Tf gerade ne ordentliche Schippe Sand auf die Gleise.

Da wir morgen Richtung Erzbahn fahren wollten, schauten wir in der booking App nach Unterkünften in Arvidsjaur und buchten für 460 SEK pP zwei Zimmer im Hotel Laponia. Nachdem wir uns am Bahnhof Jörn noch Gz Nr 7 angeschaut haben, wieder eine Railpool Traxx mit paar Kisten und vielen Lücken, ging es in den entspannten Endspurt auf leeren Straßen nach Arvidsjaur. Vor uns dabei ein wunderschöner Abendhimmel. Wir schauten nach einem geeigneten See aus, um den sich spiegelnden Abendhimmel zu fotografieren, doch irgendwie kam nichts geeignetes. Und wir waren dann doch froh, als wir unsere Unterkunft erreicht hatten.

Das Hotelrestaurant hatte auch noch bis 22 Uhr geöffnet, so dass wir dort einfach mal reinschauten. Für Horst und mich gab es eine Art norrländisches Elchgulasch mit Schinkenspeck, Pilzen und Kartoffelpüree. Sehr lecker, hätte bloß etwas mehr sein dürfen. Anschließend drehten wir noch eine Verdauungsrunde um den See, an dem das Hotel lag. Ein Nordlicht sahen wir allerdings nicht, obwohl recht starke Aktivität vorhergesagt war. Dann waren wir aber auch reif für die Falle. Später abends meinten noch einige Raucher vorm Haus Lärm machen zu dürfen, aber ein multilinguales 'Ey, pssst!' aus dem Fenster reichte zum Glück.

Sonntag, 14.09.2014

So haben wir also wunderbar geschlafen. Dem sehr guten Eindruck vom Hotel setzte das Frühstücksbuffet dann noch die Krone auf. Auf allen Tischen in dem urgemütlichen Restaurant brannten Kerzen. Und die Auswahl, auch an warmen Bestandteilen, ließ keine Wünsche offen. Ich aß paar Pfannküchlein mit Marmelade. Ja, ich gebe es zu: Etwas Sahne gab es auch noch dazu... Dann Rührei mit Bacon, Köttbullar, Würstchen und Tomate, dann zwei lecker Minibrötchen mit einem ganz tollen salzigen Käse, Schinken und Gurke. Alles in allem: Dicker Daumen hoch für Hotel Laponia in Arvidsjaur!

Um 8:40 starteten wir gemütlich über den Inlandsvägen nach Gällivare. Auf der Straße war erwartungsgemäß gar nichts los. Die Herbstfärbung war wunderbar. Von Landschaftsbildern in größerem Umfang hielten uns bloß die Schlonzfelder am Himmel ab, aus denen wir praktisch nie so recht hinauskamen. Und voraus sah es am Himmel noch dicker aus! Wir hatten mit einem Norrtåg geliebäugelt, der gegen 12 in Gällivare sein sollte. Der war unser nächstes Ziel. Anfangs dachten wir ja noch, dass wir viel Zeit hätten und fotografierten noch das hübsche EG vom Campingplatz Moskosel nebst Flaggen aller skandinavischer Länder.

Schweden blaugelb ;-)

Später dachten wir, dass wir noch viel mehr Zeit hätten, denn je näher Gällivare rückte, desto dicker wurde der Schlonz und ließ bald gar kein Licht mehr durch. Letztendlich ließen uns paar blauere Löcher dann doch mal auf gut Glück den Kreuzungsbahnhof Sikträsk aufsuchen. Und das wurde regelrecht eine Punktlandung. Allerdings ging da gar nichts, weil das Durchfahrgleis das südliche war und direkt am Rand die Birken begannen. Überhaupt hatten wir schon auf der Hinfahrt festgestellt, dass es in den breiten Sturmschutz-Schneisen, die nach einem verheerenden Sturm vor paar Jahren profilaktisch links und rechts der Gleise geschlagen worden waren, schon wieder überall 'gut' am wuchern war. Der Norrtåg war ein Regina und hatte kaum Licht. Das waren alles Gründe, ein Bild bleiben zu lassen.

Weiter ging es über die E10 und Svappavaara nach Kiruna. Der Bf Svappavaara war durch eine Lärmschutzwand hermetisch von der Außenwelt abgeschirmt und schien uns praktisch unzugänglich. Ein Stück weiter überraschte uns mitten im Wald das Northland Terminal. Die Firma Northland Resources fährt seit kurzem ihr Erz aus einer Grube an der finnischen Grenze in wahren Monstertrucks hierher, wo das Zeug dann auf den Zug geladen wird. Wie das LKAB Erz wird es dann zum Schiff nach Narvik gebracht. Als Zugloks fungieren Rm/Rc-Tripel von Green Cargo.

Seit Gällivare hatten wir voraus wieder großflächigeren blauen Himmel ausgemacht. Und wir waren uns jetzt sicher, dass wir Kiruna im Sonnenschein erreichen würden. Das klappte nun aber gar nicht. Irgendwo waren jetzt so fönartige Wolkenfelder hergekommen, die die auf gepackten Koffern sitzende Stadt völlig eindunkelten. Die Erzgrube nähert sich der Stadt, die bald in weiten Teilen ostwärts umziehen muss. Der Bahnhof und die Bahnstrecke ostwärts sind schon Geschichte. Sämtliche Gleise des bisherigen Bahnhofs sind abgebaut. Stück weiter am neuen bzw provisorischen Bahnhof konnten wir gerade einen Zug beim wenden beobachten. Stück weiter besichtigten wir dann noch das neue Gleisdreieck, über das die neue, südlich um den Kirunavaara herumführende Strecke nach Boden angebunden ist. Da lässt sich sicherlich was mit ausfahrenden Zügen Richtung Gällivare und dem Luosavaara im Hintergrund machen. Aber nicht jetzt. Dazu waren zu viele Wolken da.

In Richtung Torneträsk sah der Himmel kontinuierlich blau aus. Wir strebten weiter - Nil und ich zumindest. Die beiden anderen besichtigten noch die neue Werkszufahrt. Die Straße führt jetzt parallel zum Malmbanegård in die Grube. Als wir den Bf Rensjön erreichten, passierten zwei Dinge gleichzeitig. Der BÜ war eingeschaltet und von Norden schob sich ein Erzzug durch den Bahnhof. Und Horst vermeldete aus Richtung Kiruna einen Cargonet Containerzug. Der war wichtiger, so dass wir den Erzzug einfach mal fahren ließen. Das war nicht einfach, da hier nun endlich mal gutes Sonnenlicht herrschte.

Der Cargonet Zug musste vermutlich in Torneträsk mit dem Nachtzug nach Stockholm kreuzen. Deshalb durfte es jetzt gern eine Stelle für beide Richtungen sein. Zwischen Bergfors und Torneträsk glaubten wir einen Einschnittrand ausgemacht zu haben, der als Standpunkt taugen mochte. Das Auto mussten wir ein ganzes Stück weiter abstellen, konnten dann aber sogar durch eine Tür im Wildschutzzaun an die Bahn gelangen. Beim Näherkommen tauchte sogar noch ein kleiner See im Vordergrund auf, das war nett!

Sagte ich, dass die exARE-Züge auf der Erzbahn nur nachts fahren? Tun sie im Prinzip auch. Nur einmal die Woche sonntags gibt es eine Leistung, die auch im Herbst bei Tageslicht kommt. Den haben wir zwischen Bergfors und Torneträsk erwischt.

Der Blick in die Gegenrichtung erwies sich nun allerdings als nicht ganz so frei. Etwas mehr versprachen wir uns von der nächsten Kurve. Nil lief am Gleis entlang dorthin, während ich zum Auto zurück raste und mit dem Wagen vorfuhr. Da hinten gab es natürlich wieder keine Haltebucht, aber wenigstens eine nur soft abfallende Böschung, in deren Schräge ich das Auto hinstellte. 14:59. Der Zug musste den Bf Torneträsk schon verlassen haben. Ich schnell über den Graben, einen Pfad hoch, flach auf dem Boden liegend eine Rolle unterm Wildzaun durch, Rucksack hinterherziehen, Böschung zum Gleis runter, Zug noch nicht zu sehen, rüber, auf der anderen Seite wieder hoch, Zug in der Ferne zu sehen, möglichen Ersatzstandpunkt gefunden, falls nichts anderes mehr geht, seitlich weitergeschaut, Zug taucht bereits ein gutes Stück näher auf, in paar langen Sprüngen zum Ersatzstandpunkt zurück, Kamera hochgerissen. Klang hektisch? War es auch!

Der Nachtzug auf dem Weg nach Stockholm. Es sollte das letzte Mal sein, dass wir ihn westlich Kiruna mit Schlafwagen sahen...

Nil war gar nicht so weit gegangen und kam nun zu mir. Gemeinsam robbten wir nun wieder unterm Wildzaun auf die sichere Seite des Lebens hindurch und stiegen ins Auto. Das Programm war noch nicht zuende. Bald stand der Bummelzug nach Narvik an. Am Südufer des Torneträsk hatten sich die Wolken, die dort stationär gehangen hatten, zu einem guten Stück aufgelöst. So wollten wir mal am Bf Torneträsk nach dem rechten sehen. Mit dem EG ging dort allerdings nichts. Das Durchfahrgleis war mal wieder das südliche, und da ragten diverse Bäume und Büsche rein. Aber den Berg gegenüber des EGs konnte man gut besteigen. Von da oben hatte man einen genialen Landschaftsüberblick. Allerdings durfte der Zug nun auch gern mal kommen, da das zuständige Mastfeld zuzuschatten drohte. Wir hatten gesehen, dass der Zug in Rautas einen 18min Kreuzungaufenthalt haben sollte. Da der wahrscheinlich nicht komplett nötig gewesen war, konnte der Zug leicht früher kommen. Kam er zum Glück auch, so dass alles bestens klappte.

Bevor die Schatten das Motiv beendeten, kam Zug 96 leicht vor Plan um die Ecke gebogen. Diese Herbstfärbung war ein grandioser Empfang. Für den Zug und für uns auch!

Hier oben ging ein eisiger Wind. Von den Temperaturen war es jetzt ganz was anderes als gestern an der Stambana. Als wir wieder im Auto saßen, fuhren Horst und Werner vor. Gemeinsam legten wir die nächste Etappe westwärts zurück. Eigentlich hatten wir jetzt auf den See Niusakjauras als nächstes Motiv gehofft, doch hingen am dortigen Berg Gaisevarri die Wolken, in denen die Sonne zu verschwinden drohte. Deshalb fuhren wir bis zum Pessisjåkka weiter und bestiegen dort den Aussichtshügel, den ich noch von der 2003er Tour in Erinnerung hatte.

Zwei nordwestwärts fahrende Erzzüge standen jetzt an: Einer von LKAB und einer von Northland. Der eisige Wind blies kräftig über unseren Hügel. Aber man war mittlerweile dick eingepackt und die Aussicht auf die herbstlich gefärbte Landschaft entschädigte für die Unbilden.

Der LKAB Erzzug vor den Weiten des Torneträsk. Ja, die IORE Doppelloks sind eindrucksvolle Maschinen!

Die IORE war länger als erwartet. Den zweiten Erzzug von Northland Resources, den Green Cargo mit Rm und Rc in Dreifachtraktion fährt, wollte ich seitlicher nehmen, da ein Leitungsmast hinter der Bahn etwas problematisch war. Nachtrag: Wenige Tage nach unserer Tour gab Northland Resources bekannt, dass der Erzabbau an der finnischen Grenze erstmal eingestellt worden ist. Die Erzpreise seien gesunken, und deshalb sei die Produktion an diesem Standpunkt unwirtschaftlich geworden. Kurze Zeit später wurden auch die Northlander Erzzüge eingestellt.

Green Cargo als Transporteur für Northland Resources präsentiert sich mit seinen Loks eher ausgeblichen und keimig.

Nun war uns aber auch kalt. Immerhin waren beide Fuhren in Sonne gegangen. Mit einem kurzen Abstecher zum Solbacken ging es nach Björkliden. Wir bekamen zwei schöne Hütten der Luxusklasse, sogar mit eigener Sauna! Preislich lag das etwa wie letzte Nacht, bloß dass jetzt kein Frühstück inklusive war. Dafür war eine Hammeraussicht über den Torneträsk im Preis mit drin. Auch wenn wir nicht die bekannte Aussichtshütte 20 bekamen, erhielten wir ohne zu fragen zwei Hütten in vorderster Reihe, Nr 57 und 56. Die wirkten sehr neu. Früher standen hier, wenn ich mich recht entsinne, ältere, wenig attraktiv wirkende Wohnschränke.

Der Wohnraum unserer Hütte 57 mit wunderbarer Aussicht.

Da wir nicht groß eingekauft hatten, leisteten wir uns auch das Abendessen oben im Hotelrestaurant, von dem wir in Erinnerung hatten, dass es teuer, aber nicht wirklich sättigend war. Heute war es aber ok. Es gab Gulaschsuppe, die man sich sogar zweimal nehmen konnte, danach eine Art Tafelspitz mit Pommes und zum Nachtisch Eis mit Moltebeeren. Dazu das fast alkoholfreie Mariestads, dass ein wenig nach Earl Grey Tee schmeckte. Das mein' ich positiv, ich mag Earl Grey :-) Auch beim Essen wieder der Topp-Ausblick, denn es war nicht viel los und alle Gäste konnten am Panoramafenster sitzen. Vom Balkon unserer Hütte hätte man topp die Nordlichter beobachten können. Mein letzter Aufenthalt in den Hütten von Björkliden dürfte jetzt genau zehn Jahre her sein, meine Güte. Trotzdem hatte sich am Ausblick nichts geändert. Auf halber Strecke nach Abisko blinkte wie immer das Vorsignal vor sich hin, dahinter die Lichter von Abisko und die Lapporte. Und am gegenüberliegenden Ufer des Torneträsk ging der Mond auf und beleuchtete die ganze Wolkenschlonze. Ein Nordlicht gab es wiederum nicht zu sehen.

Montag, 15.09.2014

In der hier herrschenden absoluten Stille habe ich prima geschlafen. Da wir noch gar nicht so recht auf Selbstversorgung eingestellt waren, lief ich erstmal durch die klare Morgenluft zur Rezeption hoch und ließ mir einen Kaffee geben. Bezahlen brauchte ich dafür nichts. Nett! Nach ner Weile Aussicht genießen gab es in der Nachbarhütte Frühstück. Die beiden hatten offensichtlich schon einen Supermarktbesuch hinbekommen und verfügten über Brot und Aufschnitt.

Ausblick aus Hütte 57 auf den Torneträsk und die Lapporte.

Über dem See zeigten sich geschlossene hohe Wolkenfelder. Aber ringsherum und besonders Richtung Westen zeigte sich der Himmel tiefblau. Dennoch gelang uns mit dem ersten Erzzugpaar rein gar nichts. Der Ostfahrer war leider auch etwas früh dran. Mittlerweile war es 9:15. Nil und ich beschlossen, einen Ausblick bei Tornehamn in Angriff zu nehmen, den Nico und ich vor zehn Jahren entdeckt hatten und den man sich etwas erwandern muss. Von der Straße aus ging es zunächst einen herrlichen Pfad durch die gelb leuchtenden Birken und dann auf dem Rallarvägen, dem alten bahnparralelen Wanderweg um einen See herum.

Einer der zahlreichen Wasserfälle.

Der Wanderweg durch den herbstlichen Birkenwald.

Bald zweigte eine Kradspur vom Rallarvägen nach rechts in die Höhe ab. Der Wegweiser besagte 'Tornehamn hpl'. Dort droben gab es erstmal wieder gymnastische Übungen, um den mit Holzspalieren verschlossenen Wildschutzzaun zu passieren, dann ging es über einen Tunnelvorbau und hinterm örtlichen Bahnwärterhaus, das sogar mal das Stationsgebäude gewesen sein könnte, in einer Schneise durch den Birkenwald hinauf. Ganz oben fanden wir die kahlen Felsen von vor zehn Jahren, von deren höchster Stelle aus man gerade noch über die Birken auf den freien Abschnitt der Bahn hinabschauen konnte. Die Aussicht über die herbstliche Bergwelt war topp, aber es wehte ein kalter Wind. Erstmal wurden wir zugtechnisch leider nur aus der falschen Richtung bedient.

Weiter Ausblick von unserem Felsen über das westliche Ende des Torneträsk.

Und die Fönwolken im Süden und Osten blieben in Lauerstellung. Tja, es tat sich einfach nichts. Na ja, eines doch. Die Wolkenfelder griffen auf uns über. Sie weiteten sich bis zu uns aus und blieben dort. Sie hätten ja durchziehen können, wär' ja kein Problem gewesen. Aber sie blieben über uns, bildeten sich ständig um, verschwanden aber nicht. Und der leere Northland Erzer, der nun bald hätte kommen sollen, tauchte auch nicht auf. Und jedes Mal, wenn man sich zum Wolkenfeld umschaute, befand sich die Sonne mittendrin. Oder wenn sie einmal dem Rand näher gekommen war und man Hoffnung geschöpft hatte, war sie beim nächsten Blick wieder mittendrin. Vor uns im Norden dagegen nur blauer Himmel. Das darf alles wieder nicht wahr sein.

In diesem Wolkenfeld steckte die Sonne heute stundenlang. Mal war es größer, mal wieder kleiner (wie auf dem Foto). Nur selten gelangte das Sonnenlicht ungedämpft ins Motiv.

Letztendlich hatte das dämliche Wolkenfeld aber doch noch relativ viel Verständnis für uns. Zwar klappte der Bummelzug, der heute auch Schlaf- und Liegewagen führte, nur in Minimallicht, aber für den nachfolgen Northland Leerzug und auch einen späteren LKAB Leer-Erzer gab die Sonne alles, so dass da doch noch ganz passable Bilder rauskamen. Das größere Problem waren eher die finsteren Wagen, insbesondere die schwarzen beim Northland Zug.

Erst kam der "Northlander", und dann...

... mit ganz anderen Lichtverhältnissen der LKAB Zug. Mit im Bild ist der See Baktajohkaluobbalat.

Zwischenzeitlich war auch der NZ Stockholm - Narvik durchgekommen, der nur zwei Sitzwagen hatte - vermutlich der Zugteil aus Luleå. Wo wohl der Rest abgeblieben war? - Wir setzten an den Ausblick einen Haken. Nun war die ursprüngliche Überlegung gewesen, auf den Felsen gegenüber zu wechseln, um Westfahrer auf demselben Streckenstück nehmen zu können. Doch die Sonne waberte noch immer in diesem Wolkenfeld herum, das allerdings deutlich kleiner geworden war. Irgendwie war es hier aber schön, so dass wir zum anderen Felsen hinüber liefen. Dort oben waren wir beide noch am Rumexperimentieren, als schon der erste Westfahrer kam.

Mit kleiner Brennweite war der Zug zwar erst auf den zweiten Blick zu erkennen, doch der Ausblick über die Wasserwelt am westlichen Ende des Torneträsk war nicht minder interessant als der IORE bespannte LKAB Erzzug.

Was nun tun? Irgendwie war das bei uns beiden zu experimentell gewesen. Es war - abgesehen vom Wind - schön da oben. Warum also nicht mal weiter warten? Das Wolkenfeld war zwischenzeitlich immer kleiner geworden, hatte aber bis zuletzt die Sonne im Bann gehalten... Nun kam auch der NZ Narvik - Stockholm durch, der zwei Sitz- und einen Speisewagen führte. Das war alles etwas außergewöhnlich heute...

Ansonsten war es jetzt umgekehrt zum Aufenthalt heute Vormittag. Wir hingen nun wirklich zwei Stunden in schönem Sonnenschein auf dem Felsen ab. Nur der Wind sorgte dafür, dass es nicht zu kuschelig wurde. Irgendwann tauchten auch noch Horst und Werner auf. Doch unmittelbar vor Durchfahrt des so lange erwarteten nächsten Erzzuges schob sich wieder der Mumpf vor die Sonne. Mit Blendenaufreißen kam zwar noch ein leidliches Ergebnis zustande, aber wenn man weiß, wie schön es die zwei Stunden zuvor war, ist es ärgerlich.

Und nochmal die etwas zugbetontere Variante einige Stunden später.

Wir beschlossen, noch auf den Personenzug in einer Dreiviertelstunde zu warten. Dabei wuchs das Wolkenfeld allerdings wieder beträchtlich. Es gedieh prächtig und wir konnten uns einmal mehr die Sinnfrage des Ganzen stellen, zumal es einen nun wirklich langsam fröstelte... Als der Personenzug fällig war, hatte das Wolkenfeld die Sonne noch immer fest im Griff. Das wirkte sich dahingehend aus, dass die Sonne mal etwas stärker und mal etwas schwächer rauskam. Aber nie wirklich voll. Der Personenzug war nun überfällig. Er kam, als das Licht gerade mal wieder am unteren Limit angekommen war.

Aber der Zug war noch gar nicht richtig vorüber, da öffnete die dämliche Wolke ihre Schleusen und - neee, es fing nicht an zu regnen - die Sonne bratzte mit aller Kraft hervor. Den kompletten Weg zum Auto zurück durften wir im Angesicht leuchtender Landschaft zurücklegen, wobei wir viel im Bergschatten wandelten. Das machte nun so richtig Laune!

Für die beiden abendlichen Erzer beider Firmen schauten wir noch nach Vassijaure. Das sah uns wolkentechnisch noch am vernünftigsten aus. Der LKAB Zug kam dann auch zeitnah und ohne Wolkenschatten.

Der LKAB Erzzug mit dem markanten EG von Vassijaure.

Auch der Northlander kam dann irgendwann um die Ecke. Dabei blieb es dann allerdings auch. Die vier erwartungsvoll schauenden Fotografen wurden erstmal nicht erreicht. Die junge blonde Lokführerin brachte ihren schweren Zug am Bahnsteig zum stehen und legte erstmal den Hauptschalter aus. Dann lief sie paarmal nach hinten. Zwischendurch wurden immer wieder die Bügel von erster und dritter Lok gehoben. Den von der zweiten Lok bekamen wir nicht mehr zu sehen. Keine Ahnung, was da falsch lief. Immerhin schaffte sie es kurz vor Zuschattung des Bahnhofsbereiches, ihre schwere Fuhre wieder ingang zu bringen.

Von zarter Hand gesteuert beschleunigt der schwere Northlander aus dem Bahnhof Vassijaure.

Durch das Manöver fehlten uns natürlich die entscheidenden Minuten, in denen wir noch in Abisko in den Coop Lapporten (ex ICA Lapporten) hätten gehen können. Wir schafften es gerade noch in den Laden der Turiststation, wobei dort die Auswahl sehr eingeschränkt war. Deshalb sahen wir vom geplanten selbstgekochten Abendessen ab und frequentierten wieder das Hotelrestaurant in Björkliden. Ich nahm diesmal Rentierfilet. Ohne die dazu bestellten Pommes wäre ich aber nie satt geworden... Der Abend war klarer als gestern. Der Mond war auch wieder da. Das Nordlicht fehlte jedoch wieder. Lange konnte ich darauf aber auch nicht warten, denn ich war nach der ganzen Kraxelei totmüde.

Dienstag, 16.09.2014

Der 'schöne Dienstag', so waren sich die Wetterberichte übereinstimmend sicher. Morgens hingen noch paar Wolkenfelder über dem See, doch die verpieselten sich im Laufe der Zeit. Frühstück gab es wieder nebenan, wobei sich dabei schon die fehlende Einkaufsmöglichkeit gestern bemerkbar machte. Aber ich hatte wenigstens Kaffee :-) Und Polarbröd mit Presselbeermarmelade war auch sehr lecker.

Zunächst gibt es natürlich wieder den morgendlichen Ausblick von der Hütte.

Die beiden anderen zog es jetzt nach Westen, rüber nach Norwegen. Nil und ich wollten mal verschiedene Dinge am Torneträsk probieren, wo die Herbstfärbung besonders schön war. Für den ersten Ostfahrer suchten wir nochmal nach Möglichkeiten bei Pessisjåkka. Aber die Riesenloks zwischen die Fahrleitungsmasten zu quetschen, war mal wieder eine Herausforderung, die letztendlich in einem reinen Fahrzeugportrait in gelber Herbstlandschaft endete.

Habe ich schon gesagt, dass die IORE eindrucksvoll sind? ;-) Es war immer schwierig, die Loks zwischen die Masten zu quetschen.

Nun wollten wir mit dem Northlander eine Verfolgung starten und ihm bis Vassijaure entgegen fahren. Zum Glück hatten wir aber unsere Vormelder in Norwegen. Als deren Zuglaufmeldung reinkam, waren wir gerade erst Tornehamn. Das war uns zu knapp, zumal wir in Vassijaure auch noch ein Stück hatten rauslaufen wollen. So bauten wir uns einfach mal im Bf Björkliden auf. Der Holzbahnsteig war jetzt nicht sooo hübsch, die Herbstfärbung dagegen schon.

Der Bahnhof von Björkliden hat jetzt zwei Bahnsteige. Na ja, anderthalb sagen wir mal.

Unser wichtigster Punkt für den Zug lag allerdings weit ostwärts, zwischen Torneträsk und Bergfors. Obwohl der Lerrzug zügig bei der Sache war, hatten wir ihn vor Abisko bereits eingeholt. Er würde auch unterwegs noch zwei Kreuzungen bekommen. So schafften wir es locker ins Motiv, das man sich ein Stück weit querbeet und natürlich zweimal unterm Wildzaun durchrobbend erwandern musste. Als wir den passenden Aussichtshügel entdeckt hatten, dauerte es sogar noch eine Weile, bis der Zug kam. Leider hatte ich mich mit der Größe der Doppeltraktion mal wieder völlig verschätzt und versemmelte das Bild dank Serienbildfunktion so blöde, dass es schon wieder Kunst war. Bei der ersten Aufnahme mit beiden Loks komplett im Mastfeld war gerade noch eben der Mastchatten auf dem Ende der zweiten Lok. Und bei der zweiten ging das Abspannseil des Mastes schon durch den Puffer der Lok. Hätte man einmal im richtigen Moment gezielt abgedrückt, wäre alles gut gewesen. Aber ich hatte nicht erwartet, dass überhaupt beide Loks zwischen die Masten passen und gedacht, einfach mal metern und dann das erträglichste Bild aussuchen...

Offenbar standen für den Northlander nur noch zwei betriebsbereite Loks zur Verfügung. Hier bei Bergfors zwischen die Masten gequetscht.

Aber nicht nur deshalb beschlossen wir, hier auch noch den Personenzug mitzunehmen. Für einen entgegen kommenden Erzzug bauten wir uns erstmal am anderen Ende des Motivabschnittes auf. Das war sogar perfekte Arbeitsteilung. Ich sagte, man könne ja mal von da hinten, war aber zu faul. Nil wanderte dann rüber, und rief dann, dass die Farben im Gegenlicht so schön leuchten, woraufhin ich auch rüber bin. Das war dank eines Pfades auch gar nicht so schwierig. Immerhin wartete der Erzzug noch auf mich, bevor er hinter der Biegung hervorgefahren kam.

Erzzug im Herbstwald zwischen Bergfors und Torneträsk.

Das hatte gut geklappt. So ging es dann erstmal wieder zurück zum eigentlichen Motiv, wo ich allerdings mehrere Blickvarianten, allesamt von irgendwelchen Felsen, durchprobierte. Es gab hier ein Geröllfeld mit vielen einzelnen Felsen, auf denen man rumklettern konnte. Nun war die spannende Aufgabe, den richtigen Felsen auszutaxieren, bei dem man hoch genug stand, um die Birken im Vordergrund nicht ins Gleis ragen zu lassen und niedrig genug, um die Drähte einer Leitung, unter der ich stand, auszublenden. So war ich wirklich so lange am hin- und herlaufen und rumprobieren, bis der Zug in der Ferne zu sehen war. Auch wenn ich beim einzigen (! - Einen Fehler muss man ja nicht unmittelbar wiederholen) Schuss gefährlich tief gehalten habe, so ist das doch zumindest bei der Überprüfung in der Kamera ein Hammerbild geworden.

Weiter Überblick über die sagenhafte Landschaft. Hinter Zug 95 ist der Torneträsk zu sehen, und auf einer Halbinsel darin der markante Felsen Roavvoaivi. Die Namen sind natürlich alle samisch.

Jetzt war erstmal Abflug angesagt. Durch die Botanik und zweimal Wildschutzzaun ging es wieder zurück zum Auto. Nächster Programmpunkt sollte ein von Nil vor längerer Zeit aufgetaner Ausblick bei Stordalen sein. Bei dem Motiv frage ich mich im Nachhinein, wie man solch einen Ausblick überhaupt als Standpunkt in Erwägung ziehen kann. Wir mussten wirklich eine halbe Stunde von der Straße querbeer durch die Botanik stapfen. Bis zur Bahn konnten wir uns noch an die Schneise einer Leitung halten, wobei das auch dort schon Kraxelei über Felsen und Baumstämme bedeutete. An der Bahn waren sogar Durchlässe durch die Wildzäune installiert. Der hinter der Bahn führte aber nun geradewegs ins Birkendickicht. Ein Pfad war hier nicht mehr erkennbar. Um einen bewaldeten Hügel herum und nach Umrundung eines kleinen Hochmoores gelangten wir an weitere Felsen, die einen Topp-Ausblick auf eine S-Kurve der Bahn und den Torneträsk boten. Ich komme zur eingangs gestellten Frage zurück: Wie entdeckt man sowas? Da hat die Schweizfraktion seinerzeit bei Entdeckung der Stelle wirklich erstmal Vorstellungskraft ('da könnte was gehen') und Pioniergeist bewiesen. Damals hatten Nil & friends hier keinen Erfolg. Wir hofften ganz stark, dass es heute klappen würde. Erst kam noch der Gegenzug, der eher zufällig mit nettem Motiv als Seitschuss erlegt werden konnte.

Der "Nachtzug" nach Stockholm, der erst in Kiruna seinen eigentlichen Zugstamm erhalten wird, konnte seitlich bei Stordalen aufgenommen werden.

Man könnte das Hauptmotiv natürlich noch eine Weile aussitzen, wenn der benötigte 15:00 Erzer nicht käme. Das wäre allerdings blöd gewesen, weil wir für den nachfolgenden Personenzug auch noch ein Muss-Motiv hatten, zu dem es noch ein Stück zu fahren wäre. Für den Ortswechsel mit zweimaligem Orientierungslauf hatten wir laut Plan 45 Min Zeit. Wir waren also darauf angewiesen, dass der Erzer hier pünktlich käme. Tja, und das tat er dann auch. Auf die Minute!

Doch dies war der eigentliche Haupt-Ausblick. Ein LKAB Zug schlängelt sich aus dem Bahnhof Stordalen hinaus.

Wir nun unseren Kram zusammengerafft und zum Auto zurück. Nil hatte noch woanders gestanden. Wir trafen beide zeitgleich an der Bahn ein. Auf dem weiteren Weg zum Auto hätte ich beim Springen über Stock und Stein beinahe das Knie überdehnt. Der kurzzeitige Schmerz blieb zum Glück folgenlos. Mit dem Auto ging es zügig an den Niusakjauras zwischen Kaisepakte und Stenbacken. Dort war wieder Orientierungslauf angesagt, zum Glück aber nur bis zur Bahn. Wir brauchten auch nur unter dem nördlichen Wildzaun durchzukrabbeln. Der Standpunkt war am südlichen Einschnittrand. Tja, wir waren da. Wo war der Zug? Verpasst hatten wir ihn sicher nicht, selbst wenn ein 20 minütiger X-Aufenthalt weggefallen wäre, hätten wir den Zug zumindest sehen müssen.

In Sichtweite von uns war ein Vorsignal für Ostfahrer zu sehen, das nicht leuchtete. Wir erklärten uns gerade das Nichtleuchten damit, dass die Erlaubnis sicherlich für Westfahrer stände und der Personenzug gleich käme, da trötete hinter uns ein Erz-Leerzug nach Osten. Und plötzlich konnte das Vorsignal blinken, als wenn nichts gewesen wäre. Hinterm Zug schaltete es auf 'Halt erwarten' und ging bald wieder ganz aus. SJ von Luleå weiterhin nicht im Angebot. Die Schatten wuchsen. Doch dann blinkte das Vorsignal plötzlich wieder 'Halt erwarten'. Irgendetwas musste geschehen sein. Da kein Zug von hinten kam, musste wohl einer von vorn in den Abschnitt hineingefahren sein. Und bald tauchte tatsächlich der Bummelzug auf.

Klappte gerade noch am vorgesehenen Motiv: Der stark verspätete Regio von Luleå am Niusakjauras.

Der hatte mittlerweile +40. Die nachfolgenden Erzzüge sollten nun auch bald anstehen. Doch der Schatten des hinter uns aufragenden Bergmassivs vereitelte weitere Ambitionen. Als wir gerade wieder am Auto angekommen waren, tauchte in der Ferne ein Erzzug auf. Wir fuhren ihm einfach mal voraus. Vielleicht würde ja irgendwo geeigneterweise die Sonne hinkommen. Das war in Pessisjåkka der Fall. Wir bestiegen diesmal einen anderen Felsen als vorgestern. Viel genialer als der Blick mit dem Licht wäre hier die Streiflichtvariante gewesen. Doch erstmal kam ja der gesichtete Westfahrer, dessen Loks mal wieder zu lang waren.

Wieder mal Pessisjåkka, aber diesmal vom nächsten Hügel.

Danach war die spannende Frage, ob der Northland Erzzug hinterher käme oder für das Streiflichtmotiv ein LKAB Leerzug, der uns von 'Team West' schon vor längerer Zeit vorgemeldet worden war. Es kam --- weder der eine, noch der andere. Das stimmt nicht ganz. Der Leerzug tauchte dann doch irgendwann auf. Allerdings genau in dem Moment, in dem die Sonne uns ein letztes Mal über den Bergrücken zuwinkte...

So blieb noch die Rückfahrt. Zwischen Stordalen und Abisko herrschte noch gleißender Sonnenschein. Doch auf noch eine Querbeet-Tour zum Gleis hatten wir keine Lust mehr. War eh ungewiss, ob der Northlandzug noch käme. So besuchten wir in Abisko noch den Coop Lapporten, besorgten alle Zutaten für ein Köttbullarmahl und bereiteten dies in der Hütte unserer Nachbarn zu. Dafür, dass kein Messbecher vorhanden war, klappten die Soße und der Kartoffelbrei ganz gut.

Danach gab es noch paar Fotos von Nil zu sehen. Und als wir gerade mit dem Tag abgeschlossen hatten und zu unserer Hütte rübertaperten, sahen wir es. Das Lichtspiel hatte begonnen. Die Aurora Borealis flammte über den nördlichen Himmel. Endlich mal Nordlicht. Im Gegensatz zu Horst und Nil hatte ich zwar kein Stativ dabei, aber die Balkonbrüstung war bestens geeignet. Erstmals konnte ich brauchbare Nordlichtbilder machen, nachdem zu Analogzeiten Versuche immer daran gescheitert waren, dass man nicht einfach rumprobieren und sich von Ergebnis zu Ergebnis verbessern konnte. Das geht halt wirklich nur mit Digitalkameras.

Nordlicht über Björkliden Fjällby.

Am gegenüberliegenden Berghang kündigt sich zudem der Mondaufgang an.

Hüttendorf unter grünem Lichtspiel.

Mittwoch, 17.09.2014

Heute habe ich für ein um eine halbe Stunde vorgezogenes Frühstück gesorgt, indem ich abends etwas von einem Erzzug um 7:55 ostwärts erzählt habe. Der Fehler war dabei, dass ich aus Versehen den Daglig graf vom 17.04. runtergeladen hatte. Aber Horst war zum Glück heute Morgen aufgefallen, dass laut seinem Daglig graf dasselbe Programm wie gestern im Angebot sein sollte. So konnten wir also in Ruhe frühstücken. Die Auswahl war riesig, weil gestern beide Teams unabhängig voneinander fürs Frühstück eingekauft hatten...

Der Morgen danach: Vom grünen Lichtspiel ist nichts mehr zu erahnen. War es wirklich da gewesen? Die Sonne scheint, das war das wichtigste!

Für den ersten Ostfahrer sollte es dann der Blick vom Solbacken sein. Leider verpassten wir so gerade den Westfahrer, der hier im Streiflicht wunderbar gekommen wäre. Die Wolken machten es ziemlich spannend; heute klebten wieder diese Fönteile am Himmel. Und der Leerzug ließ uns gegenüber den Vortagen ganz schön lange warten. Immer wieder fielen wir auf LKW Lärm von der Straße rein. Doch irgendwann waren die Laute eindeutig als Zug identifizierbar.

Die IORE hat sich mit ihrem Leerzug die Steigung von Abisko nach Solbacken hochgearbeitet.

Danach fuhren wir dem Northlander nach Vassijaure entgegen. Dort hatten Horst und Werner die Tage einen netten Ausblick auf das EG von einem Hügel aus entdeckt. Da oben war man nun aber in 'richtige' Wolken hineingefahren. Die Sonnenchance hatte ein Downgrade auf nur noch ca 20% erfahren. Und es wehte wieder dieser üble kalte Wind. All zu lange mussten wir zum Glück nicht ausharren. Irgendwann hatte sich der Himmel komplett zugewölkt. Der Northland Leerzug hatte nun schon wieder ordentlich Verspätung. Als wir zum Auto gingen, war aber immerhin die Ausfahrt gezogen worden. Es würde sich also irgendwann etwas tun. Hier ging allerdings wolkentechnisch nichts mehr.

Die Berge bei Vassijaure sind wolkenverhangen.

Tornehamn.

Wir fuhren voraus. Ein Bild ohne Sonne gab es in Abisko Östra. Der Bahnhof ist ja wirklich krass ausgebaut. Der Mittelbahnsteig würde jedem Vorortverkehr gerecht werden. Da es im Osten besser aussah, fuhren wir voraus. Doch erst vor Kiruna wurde die Bewölkung durchlässiger. 'Witzigerweise' war nun hinter uns, also im Westen, alles blau. Wir positionierten uns auf der Brücke im neuen Gleisdreieck und warteten einfach mal.

Drei Mann am Ausguck!

Und da hatten wir sogar großes Glück. Der Mumpf am Himmel machte wenigstens so weit auf, dass man voll belichten konnte.

Wieder nur mit zwei Loks bespannt biegt der "Northlander" in Peuravaara auf die Umfahrung von Kiruna ab. Sein Ziel ist Svappavaara.

Blick in die leeren Wagen.

Danach kam noch der Bummelzug rein. Auch der hatte fast volles Licht. Da dieser auf der 'alten' Strecke in den Bahnhof hinein fuhr, konnte ich mal eine 'Jetzt'-Variante von einem Standpunkt anfertigen, wo man schon mal mehr gestanden hat. Vor zehn Jahren war das alles noch sehr zugewuchert hier.

Das Bild vom Erzzug nach dem Essen war schöner.

Als das Bild im Kasten war, zog es uns erstmal zum Burgerbrater am Stadtplatz. Wie lange das alles wohl noch existiert? Als wir alle brav aufgegessen hatten, klarte es sofort am Himmel auf und das großflächige Blau, das wir vorhin im Westen gesehen hatten, erklärte sich für uns zuständig. Das Gleisdreieck erschien uns mit seinen zahlreich möglichen Alternativen mal wieder am attraktivsten, so dass wir uns dort einfach mal postierten.

Vor Kulisse des Luossavaara verlässt ein LKAB Zug Kiruna. Das war noch vorm Essen; ich schmeiß' die Bilder gerade etwas durcheinander.

Die Durchführung des Stockholmer Nachtzuges war dabei besonders interessant. Verspätung? Was macht das schon? Wir hatten uns schon gewundert, dass die ganze Zeit nach Ankunft der zwei Wagen aus Narvik niemand die im Bahnhof abgestellten Schlafwagen an den Zug bewegte.

Der von Narvik einfahrende Nachtzug nach Stockholm hat gerade die Abzweigweiche von Peuravaara passiert.

Der Bahnhof war über den See rüber für uns gut einsehbar. Es bewegte sich genau gar nichts. So dachten wir, dass die Schlafwagen wohl doch erst in Boden dazu kommen und harrten also zur Abfahrtszeit einem weiterhin nur zwei Wagen langen Reisezug. Doch erstmal kam gar nichts. Dann passierten zwei Dinge gleichzeitig. Etwa drei Minuten nach Planabfahrt drückte die Zuglok die zwei Wagen aus Narvik, um die sie immerhin mittlerweile umgelaufen war, nach hinten an die Schlafwagen. Und: Ein GC Zug mit Staubgutwagen, der eigentlich hinterm Nachtzug fällig gewesen wäre, setzte sich Richtung Boden in Bewegung. Aus fototechnischer Sicht war das schön, da der auch am geplanten Motiv umsetzbar war. Aber masttechnisch wäre mir die Einfachtraktion des Nachtzuges wesentlich lieber gewesen.

Zwischen Luossajärvi und Luossavaara macht sich ein Green Cargo Zug auf den Weg gen Süden.

Der Nachtzug setzte sich nach einem weiteren Bahnsteighalt mit knapp +20 in Bewegung. Bis dahin war allerdings der nächste Mumpf am Himmel zur Stelle. Immerhin gab die Sonne nochmal alles, als der Nachtzug bei uns durchs Motiv zog. Die beiden anderen machten sich auf den Weg westwärts. Ich drehte eine Tankrunde durch Kiruna und Nil harrte im Gleisdreieck aus. Das wurde sogar belohnt mit einem Erzzug, der quasi im Ringverkehr durch die Verbindungskurve am See fuhr. Gemeinsam warteten wir noch auf den Norrtåg um 17 Uhr, doch die Sonne funzelte nur noch mühselig durch die dichte Schmodderdecke.

Der Norrtåg auf der Verbindungskurve von Süden in den Bahnhof Kiruna hinein.

Es ging gemütlich unter geschlossener Bewölkung heimwärts. Größere blaue Flächen hatte man zwar immer vor sich, erreichte man aber nicht. In Abisko gab es noch den obligaten Einkauf, wobei wir nicht mehr den ganz großen Hunger hatten. Ich besorgte mir Tomaten, Gurken und Käse für einen Salat. In Björkliden hingen die Wolken tief über dem See. Auf dem Parkplatz unseres Hüttendorfes empfing uns leichter Sprühregen. Das schöne Wetter war offenbar vorüber.

Donnerstag, 18.09.2014

Leider war für die nächsten Tage nicht wirklich eine Wetterbesserung in Sicht. Deshalb packten wir schweren Herzens unsere Koffer, um uns in Richtung Süden umzutopfen. Um 7:15 frühstückten wir in Ruhe, es war ja genug da. Oder besser gesagt: Es war dank unserer 'wohlkoordinierten' Einkaufsweise alles doppelt da. Dann begann das Reinemachen der Hütten, wofür immerhin alles erdenkliche Werkzeug zur Verfügung stand. Um 8:45 hatten wir ausgecheckt und fuhren los.

So richtig viel ist von der Fahrt eigentlich gar nicht zu erzählen. Wir wollten am Freitag irgendwann an der Botniabahn sein, also an der Neubaustrecke Kramfors - Umeå. Wir würden sehen, wie weit wir heute kämen. Im angeregten Gespräch vergingen die Etappen wie im Fluge. In Kiruna kurzes Treffen mit dem Team ABO zur Absprache der nächsten Rast, die wir für Porjus verabredeten. Svappavaara war Großbaustelle mit Baustellampel und ewiger Wartezeit, da die Straßen für die Northland Erz-LKWs ausgebaut werden, die hier wie gesagt ihre rohe Fracht an die Bahn übergeben. Gällivare glatte Durchfahrt, dann in Porjus in einer typisch schwedischen Gatekjökke Mittagsrast gehalten. Das passte zeitlich wunderbar. Mein Reinskarv (Rentierdöner) mit Potatismos war sehr lecker, aber viel zu wenig. Nach fünf Atemzügen war es weg...

Weiter ging es. Jokkmokk, dann der Polarkreis, von dem wir uns natürlich wieder mit langgezogenem Hupton verabschiedet haben. Die Straßen waren wie immer leer und wunderbar zu fahren. Am Bf Kitajaure gab es einen kleinen Fotostopp. Immerhin stehen hier noch Formsignale und die Herbstfärbung war auch ganz nett.

Kitajaure, ein Bahnhof an der Inlandsbahn.

Direkt daneben ein Fluss.

Und weiter. In Arvidsjaur verließen wir den Inlandsvägen E45, um uns in Richtung Umeå oder Vännäs zu wenden. Horst hatte allerdings schon mal nach Unterkünften geschaut und entdeckt, dass dort alles ausgebucht sei. Offenbar fand dort gerade eine Textilmesse größeren Ausmaßes statt. Gut, dass wir das im Vorhinein wussten! Erinnerungen an eine Schottlandtour wurden wach, als man wegen der Aberdeener 'Oil Weeks' abends im Umkreis von über 100km kein freies Bett mehr fand. Wir entwickelten die Idee, dass man sich morgen ja auch mal um die Dieselpiste Lycksele - Hällnäs kümmern könnte, die neben dem neuen Personenzugsangebot auch drei Güterzugpaare aufweist. Wir bestellten über booking.com Zimmer im Ansia Ressort zu Lycksele, die mit 740 SEK pro Zimmer durchaus erschwinglich waren.

Schon seit Porjus fuhren wir zunehmend durch Sonnenschein. Die Birken machten sich als leuchtend gelbe Farbtupfer wunderbar in den sonst grünen Nadelwäldern. Vor Norsjö unterquerten wir eine Materialseilbahn, die mehrere Kilometer weit durch die Wälder führt und wohl zu einem Bergwerk gehört. Gegen 17 Uhr näherten wir uns Lycksele. Der erste Blick galt selbstverständlich dem Bahnhof. Ein Güterzug musste momentan hier sein, wobei anzunehmen war, dass er gerade das Gewerbegebiet auf der anderen Flussseite bediente. Tatsächlich standen im Bf nur abgestellte leere Holzwagen und kein Tfz. Nach Inspizierung der Brücke über den Umeälven, die aber wegen Obergurtträgern an der falschen Stelle nicht motivgeeignet erschien, drehten wir eine Runde durch das besagte Industriegebiet. Der erste Anschluss zu einer IKEA Halle war verwaist. Also weiter zu einem Holzterminal. Auch dort null Geschäftigkeit. Hmmm... Auf dem Rückweg meinte ich scherzhaft zu Nil: 'Die Lok ist uns bestimmt auf dem Weg vom IKEA- zum Holzanschluss entgegengekommen und steht da jetzt topp ausgeleuchtet mit einem Spitzenherbstmotiv.' Wie klappten unsere Unterkiefer wohl runter, als die Lok tatsächlich plötzlich im IKEA Anschluss stand?!

Das IKEA-Rolltor war aufgegangen und spuckte eine lebensgroße Td aus!

Und die fuhr dann auch bald los. Szene aus einem Gewerbegebiet irgendwo in Mittwaldistan.

Nach dieser Aktion fuhren wir dem nächsten Triebwagen bis Arvån entgegen. Hier sah man aber die Seen vor lauter Bäumen nicht. Die Bahn führte mitten durch Wald. Eine Kurve östlich des alten Bahnhofs erhielt bei unserer Ankunft noch etwas Sonnenlicht, so dass wir uns dort inmitten von trächtigen Heidel- und Preisselbeersträuchern aufbauten. Hier herrschte absolute Stille. Man hatte das Gefühl, dass Horsts Drehen am Einstellrädchen seiner Kamera laut durch den Wald hallte. Dann wieder Stille. Die Sonne schwächelte immer mehr. Bald war nur noch eine Ahnung von Licht auf dem Gleis. Dann begann das Getöse. Es erhob sich hinter dem Berg, um den die Bahn offenbar herumführte. Es klang wie schwere Auspuffschläge einer Dampflok. Es kam näher. Dann kam er laut polternd um die Ecke gebraust: Der Norrtåg Itino! Welch einen Sound doch selbst ein kleiner Sechsachser auf ungeschweißten Schienen hier in den stillen Wäldern verursachen kann! Schienenstöße im Sechssechsteltakt!

Itino im Sechssechsteltakt.

Das Licht ging aus, wir fuhr'n nach haus in unser gebuchtes Domizil. Unterwegs mussten allerdings am Ufer des Umeälven noch paar wichtige Stimmungsbilder gemacht werden.

Abendstimmung am Umeälven östlich Lycksele.

Und nocheinmal.

Am Ressort warteten Werner und Horst bereits. Wir hatten die Wahl zwischen Zimmer im Hoteltrakt oder zum gleichen Preis eine Doppelhüttenhälfte mit voller, hotelmäßiger Ausstattung. Die nahmen Nil und ich, während sich Horst und Werner für ein Zimmer entschieden hatten. Die Betten unserer Hütte waren bezogen, und eine Endreinigung war im Preis inbegriffen. Die Hütte war sauber, das Preis-Leistungsverhältnis war sehr gut. Das Ansia Ressort lag direkt am Fluss gegenüber der Stadt. Während wir am Ufer Abendaufnahmen machten, kam feuchter, kalter Nebel den Fluss abwärts gekrochen und hüllte bald die Stadt drüben ein.

Den Fluss hinab nähert sich eine Nebelfront der Stadt...

...und legt sich mit feuchtem Händchen über die Häuser der Stadt.

Blick vom Ansia Ressort über den Umeälven zur Stadt.

Zum Abendessen fuhren wir nochmal rüber. In einer Pizzeria am Bahnhof konnten wir lecker essen. Das gut gelaunte arabische Personal erzählte, dass ein Ehepaar, das eben noch am Nachbartisch gesessen hatte, auch aus Deutschland sei, aus Hamburg! Nun haben sie in Lycksele ihr Glück gefunden...

Freitag, 19.09.2014

Auch hier konnte man tief und fest schlafen. Unsere riesige Hütte war herrlich! Horst und Werner waren nicht so zufrieden mit ihrem Zimmer; es soll sehr eng gewesen sein. In einem großzügigen Holzgebäude, das der Form nach einer Samikåta, also einem nach oben offenen Zelt, nachempfunden war, wurde das Frühstücksbuffet kredenzt. Es war alles vorhanden, was das Herz begehrte, was auf ein schwedisches Smörgåsbord gehört. Somit hatte man schon mal eine gute Grundlage für den Tag. Große Eile hatten wir angesichts des Nebels nicht. Um 9 Uhr starteten wir. Der Plan war, für den VT 10 Uhr ab Lycksele irgendwo in den hügeligen Wäldern zwischen Åmsele und Hällnäs eine nette Stelle zu finden. Die nördliche Straße nach Åmsele führte uns durch nebelverhangene Wälder. Das längste Stück der Strecke legten wir dabei auf Gruspiste zurück.

Stimmungsvolle Fahrt durch die Nebelwälder.

Erst ab Querung des Vindelälven hatte man wieder Asphalt unter den Rädern. Bei Åmsele war die Straße sogar ein Stück weit zur Landebahn für Flugzeuge ausgebaut. War irgendwie komisch, im dichten Nebel auf dieser breiten Piste zu fahren.

Bremsprobe auf der Landebahn.. Neee, das war ich gar nicht, Horst hat im passenden Moment ausgelöst, als ich über die Spur fuhr :-)

Nach einem kurzen Check am Bf Åmsele fuhren wir nur noch ein kleines Stück Landstraße, wobei das ausreichte, um durch einen von einem entgegen kommenden Holzlaster aufgewirbelten Steinchen die Windschutzscheibe zu beschädigen. Dann ging es auf einer Gruspiste in die Wälder. Eine S-Kurve der Bahn, die man von einem BÜ einsehen konnte, wurde schon mal vorgemerkt. Weitere Erkundungen brachten nicht viel bzw am BÜ Åmlidvägen eine Rodung, die vielleicht für nachmittags taugte. Also wieder zurück zur S-Kurve. Der Nebel oder hier eher Hochnebel hatte schon immer wieder Risse gezeigt, aus denen helles Sonnenlicht die herbstlichen Farbtupfer besonders zum leuchten brachte. Doch als sich in der Ferne wieder das Stakkato im Sechssechsteltakt erhob und der Itino lauthals über die Schienenstöße angebrettert kam, waren die Nebellücken leider zu weit entfernt.

Es sollte im Laufe der nächsten anderthalb Stunden ein Güterzug folgen. Für den blieben wir einfach mal vor Ort, da man nicht wusste, wann er wirklich käme. Da es in Åmsele Signale gegeben hatte, die nicht durchgeschaltet waren, konnte der Gz ja 40 Min hinter dem Triebwagen folgen. Grund genug, uns in die Moose zu setzen und uns von den Mücken, die es hier noch gab, auffressen zu lassen. Dafür wurden wir belohnt mit einem pünktlichen Erscheinen eines wunderbar langen Holzzuges.

Pünktlich erschien der Güterzug auf der Bildfläche.

Vor uns schlängelte er sich durch die Kurven.

Wir erkundeten nochmal weiter. Uns interessierte noch der BÜ in Gladaberg. Offene Bauernlandschaft und Herbstfärbung gefielen, die partielle Verkrautung des Gleisrandbereiches weniger. Um diese Erkenntnis reicher ging es nun rüber an die Hauptstrecke bei Hällnäs. Während Team ABO am Bf Hällnäs ausharrte, suchten wir nördlich des Ortes eine Stelle für den Norrtåg aus Luleå. Wir konnten den ewigen Wäldern tatsächlich eine Fotostelle abtrotzen. Eine lange Gerade. Ideal für einen X62. Denn ein solcher musste hier auf der Hauptstrecke ja wohl kommen, wenn man überall sonst immer nur Reginas gesehen hat. Kleiner Irrtum...

Auch der Regionalzug von Luleå nach Umeå besteht nur aus einem Reginchen. Dafür, dass Norrtåg nur zwei Reginas besitzt, haben wir mit denen eine ganz schön hohe Trefferquote, zumal Nil und ich die Teile auch im März 2013 schon dauernd auf der Mittlinje (also weiter im Süden) gesehen hatten.

Wir hatten uns schon im Bildblatt über den Einminutenanschluss in Hällnäs von dem Reginchen aus Luleå auf den Itino nach Lycksele gewundert. Doch die am Bahnhof Gebliebenen konnten später berichten, dass der Regina in Hällnäs gar keinen Verkehrshalt hat. Er wartete zwecks Kreuzung auf einem Gleis ohne Bahnsteig paar Minuten auf den Itino. Dieser durfte das einzige (!) Bahnsteiggleis nutzen.

Die X62, die ich so mit zu den wohlgestaltetsten neueren Triebwagen zähle, entwickeln sich immer mehr zum Phantom. Wo mögen sie fahren? Vielleicht auf der Botniabahn? Dort wollten wir hin! Doch als wir Horst und Werner diese Idee unterbreiteten, wurde uns klargemacht, dass man ja nun hier sei und man deshalb auch hier erstmal paar Fotos machen wolle. Ok. Ich verkrümelte mich für den demnächst anstehenden ARE nochmal an die lange Gerade, während die anderen im Bahnhof Quertragwerke abschneiden wollten, was mir irgendwie nicht so zusagte. CargoNet kam pünktlich, aber das Bild, nun ja, die Welt braucht es nicht wirklich.

Dafür gibt es ein Bild von einer der Gruspisten oben im Wald bei Gladaberg zu sehen.

Zurück am Bf entwickelten wir alle gemeinsam ein Konzept: Die Strecke im Ortsbereich Vindeln erkunden, insbesondere ein Herankommen an die Vindelälvbro austesten, dann für einen Itino und einen Güterzug an die Nebenbahn nach Gladaberg, dann in Vindeln das restliche Tageslicht mit Sichtungsfotografie nutzen. Gesagt, getan. Gewonnene Erkenntnis: Im Ortsbereich Vindeln geht einiges, Vindelälvbrücke geht aufgrund der bewaldeten Hänge eher nicht. Der im Sechsechsteltakt angepoltert kommende Itino klappte dann in Gladaberg ganz gut.

Wenigstens einmal klappt der Norrtåg Itino auf der Nebenbahn bei Sonne. Es handelt sich übrigens um den einzigen Dieseltriebwagen von Norrtåg (Besteller und vermarkteter Name, wohl auch Fz-Einsteller) bzw Bottniatåg (Durchführer). Ob der Fahrzeugpool, von dem er gemietet ist, bei Ausfall wohl schnell genug Ersatz schaffen kann?

Der Güterzug hatte in einiger Entfernung volles Licht. Aber eben nur in einiger Entfernung. Ich sag' da nichts mehr zu...

Der Güterzug klappte leider nicht so wie geplant...

Zurück in Vindeln konnten wir uns immerhin fein ins Gras setzen. Es war jetzt nicht so, dass die im Daglig grafen verzeichneten Züge auch alle gekommen wären und uns in Hektik versetzt hätten... Nach rund einer Stunde änderte sich das allerdings schlagartig. Da kam nämlich plötzlich alles gleichzeitig. Erst ein Cargonet Zug nordwärts, der noch glatten Gang hatte. Dann ein Stahlzug nordwärts, der in Vindeln an die Seite genommen wurde. Und dann kamen gleichzeitig von Süden der Itino nach Lycksele und von Norden ein einfahrender Green Cargo Zug, der seeehr seeehr langsam einfuhr. Als er dann eeendlich vollständig drin war, konnte der Stahlzug laaaangsam ausfahren. Erst nachdem der letzte Wagen um die Ecke verschwunden war, gingen die Schranken auf unserer Bahnhofsseite wieder zu und der Itino durfte einfahren. Weiter aber nicht, er hatte schließlich Abstand zum Stahlpendel.

Nun tat sich lange Zeit gar nichts. Erst als der Itino nordwärts Ausfahrt hatte, zog der Green Cargo Zug südwärts auch an. Das war für unser Motiv der erste Südfahrer. Doch mittlerweile war das Licht natürlich in die Schlonzsuppe am Himmel eingetaucht. Meine Motivation auf ein Foto von der sich nähernden Eisenbahn, die sich ebenfalls als Stahlpendel mit 3 Rc Loks entpuppte, hielt sich stark in Grenzen. Skandinavien im Schlonz! Das hatten wir anders gebucht...

Da erschien mir eine Gegenlichtaufnahme von der Vindeln kyrka eindrucksvoller. Wie häufig bin ich im Nachtzug beim Frühstück an dieser Kirche vorbeigekommen und hab so bei mir gedacht: Die müsste man mal mit Zug umsetzen! Dürfte aber wenn, dann nur im Sommer frühmorgens gehen.

Mittlerweile hatten wir über die Booking-App das Hotel U&Me in Umeå reserviert. Dort ging es jetzt also direkt hin. Weit war es ja nicht mehr. Das Hotel lag direkt in der Innenstadt von Umeå und war nagelneu. Wir entdeckten es erst gar nicht, weil der Zugang durch eine Passage erfolgt. Nach einer Runde um den Fluss hatten wir das Gebäude, das in der Storgatan praktisch in zweiter Reihe liegt, aber identifiziert und fanden einen 5min Parkplatz davor. Das war für den Anfang ja gar nicht mal schlecht. Das Check in befand sich zwischen den Tischen verschiedener Lokalitäten unter dem Glasdach der zentralen Passagehalle. Es war ein Self Check in Counter, der aber von einem hilfreichen Geist betreut wurde. Irgendwas haute mit meiner Buchungsnummer nicht hin, aber er konnte uns zum Glück in einer Exceltabelle finden.

Ausblick aus dem 13. Stock des U&Me auf den Fluss Umeälven und die Stadt.

In der Hotelbeschreibung auf booking.com stand schon zu lesen, dass das Hotel neu und modern sei und ein innovatives Konzept besäße. Na ja. Die Zimmer erwiesen sich tatsächlich als sehr innovativ. Optisch mal ganz was anderes, sehr stylisch, besonders dieses Waschbecken im Waschschüsseldesign direkt im Zimmer... Aber es ist nicht unpraktisch, das Waschbecken außerhalb der Nasszelle zu haben. Da kann einer schon mal Zähne putzen, während der andere noch (hier sogar bei dimmbarem Licht!) ein Ei legt oder duscht. Und der Ausblick aus dem 13. Stock war natürlich auch nicht zu verachten. Im Bett sitzend hatte man die komplette Stadt vor sich. Allerdings waren die Zimmer für zwei ganz schön eng. Und ob die Klarsichtscheibe (allerdings mit Jalousie) zwischen Dusche und Zimmer nun unbedingt sein muss, sei auch mal dahin gestellt... Horst und Werner kamen vorbei und fragten, ob zusammengeknüllte Handtücher auch zum innovativen Konzept gehören. Offenbar hatten sie aber 'nur' ein noch nicht gereinigtes Zimmer bekommen. Der 'kleine' Fehler ließ sich durch einen Zimmertausch beheben.

Die "innovative" Einrichtung. Modern und gefällig, aber etwas eng.

Als alles geklärt war, brachten wir die Autos ins nahe Parkhaus. Dann gaben wir uns nach einer Woche Wildnis dem Kulturschock einer Großstadt hin und stürzten uns ins Stadtleben. Letztendlich landeten wir bei einem chinesischen Buffet, wo wir gut zugelangt haben. Als Verdauungsspaziergang ging es zum Bahnhof, wo wir den Nachtzug nach Göteborg und einen X11 in der lilanen Skåne Lackierung nach Vännäs beobachten konnten. Wagenstandsanzeiger gab es allerdings auch in Umeå nicht. Die Nachtzüge sind toll, wir wären gern eingestiegen! Statt dessen mussten wir in unserem Hotelzimmer mit dem all zu ausgeklügelten und innovativen Beleuchtungssystem kämpfen. Nil konnte zwar über den Schalter an seinem Bett die Komplettbeleuchtung ausschalten, also auch die im Klo. Aber einen Schalter für die Strahler, die aus der Fensterbank heraus an die Decke strahlten, fanden wir beim besten Willen nicht. Hier half nur, wahlweise den Vorhang vorzuziehen, was aber aufgrund des Ausblicks ein Jammer gewesen wäre, oder den Textilstreifen, der die Fußenden der Betten verzierte (die Sparversion einer Überdecke; normalerweise beides überflüssig), über die Lichter zu legen. Sollte er durch die Hitze Feuer fangen, hätten wir das Nottreppenhaus gleich nebenan gehabt. Mit dieser beruhigenden Erkenntnis schliefen wir ein...

Samstag, 20.09.2014

Nicht nur das Hotel wies eine innovative Technik auf, sondern auch das Parkhaus. Erstmal gab es aber Frühstück. Es wurde von der 'Kulturbäckerei' im Lichthof der Passage unten kredenzt. Doch Vorsicht! Es war im Zimmer und unten genau erklärt, was man sich nehmen darf, ohne dafür extra zu bezahlen. Das wurde einem unten auch nochmal von einer Hostess erklärt, die offenbar auch nur zu diesem Zweck angestellt war. Werner fand das so faszinierend, dass er gleich mal ausprobierte, was passiert, wenn man nen Keks dazu nimmt. Das Ergebnis war eindeutig: '15 Kronen' sagte die Kassiererin. Es gab einen Kaffee oder Tee und ein Schinkenbaguette, das wirklich lecker war. Musste es ja auch, denn es wurde nicht von irgendeiner Bäckerei, sondern von einer 'Kultur(!)bäckerei' gebacken und angerichtet. Das Fleisch kam sicher auch von einer einheimischen Kulturschlachterei, aber das hat man in aller Bescheidenheit verschwiegen. Es wurde auch nicht erklärt, weshalb man nicht die Auswahl zwischen verschiedenen Belägen habe. Wobei der Schinken für mich ok war.

Erklärt wurde dagegen nun wieder, dass der Kaffee von der einzigen Kaffeerösterei Umeås käme und der O-Saft selbstgepresst sei. Alternativen A-Saft gab es nicht. Ach ja, der O-Saft und ein Joghurt mit Vogelfutterkörnern, dessen Entstehungsgeschichte nicht näher erklärt war, gab es auch noch kostenlos.

Allerdings saß man beim Frühstück ganz nett unter dem Glasdach im Innenhof der Passage.

Na ja, und dann die Geschichte mit dem Parkhaus. Vorgesehen war bei Kreditkartenzahlung am Automaten ein Durchziehen der Karte bei Ankunft, Auswurf eines Tickets, das in die Windschutzscheibe kommt und ein weitetes Durchziehen der Kreditkarte bei Abholung. Diese Tätigkeit wollten wir unbedingt vor 8 absolviert haben, da nur bis 8 der Nachttarif galt. Das schafften wir auch; Nil unterbrach dafür sogar extra seine Thronsitzung. Als Nil aber seine Kreditkarte durchzog, führte der dumme Automat einen weiteren Check-in durch. Suuuuper innovativ hier alles! Nun hatten wir zwei Parktickets. Wir liefen zum anderen Automaten, an dem wir gestern eingecheckt hatten. Vielleicht waren die Dinger ja nicht vernetzt. Waren sie aber, denn da erfolgte nun das Auschecken für die eben gezogene Parkkarte. Wir beließen es dabei. Nil rief eine Hotlinenummer an, auf der ein Anrufbeantworter auf 'etwaige Probleme beim Auschecken und Kontaktdaten' wartete.

Beim Auschecken aus dem Hotel bin ich mal gleich an den Automaten ran. Der Vorgang wurde durch hoffnungsvolle Blicke der 'Betreuerin' begleitet. Als die Fehlermeldung kam, dass ein Gast meines Namens nicht bekannt sei, schien sie das aber nicht all zu sehr zu überraschen...

Wir verließen Umeå, diese Stadt der Innovationen, auf der E4 entlang der Botniabahn südwärts. Nun ist es an der Zeit, einige Sätze zur Botniabahn zu erzählen. Dazu ist es vielleicht ganz hilfreich, eine Skizze des nordschwedischen Schienennetzes zu zeigen:


Bislang führte neben der "historischen", für heutigen Verkehr nicht geeigneten Inlandsbana nur eine Hauptstrecke nach Norden, die "Stambana genom övre Norrland", kurz "Stambana" (grün). Diese Strecke führte mit ordentlichem Abstand zur Küste durch die Wälder. Die Städte liegen jedoch alle an der Küste und wurden über Stichstrecken (heute alle elektrifiziert!) angebunden. Personenverkehr spielte sich auf diesen Stichstrecken allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr ab. Lediglich Umeå wurde von einem Nachtzug als Stichfahrt bedient. Überhaupt gab es zuletzt auf der gesamten Stambana nördlich von Bräcke nur noch zwei Nachtzugpaare.

Um die bedeutenden Küstenstädte besser an den Schienenverkehr anzubinden, begann man in den neunziger Jahren mit der Planung für eine Neubaustrecke, die die Küstenstädte miteinander verbinden sollte. Ende August 2010 war es soweit: Der erste Abschnitt der Botniabahn, die sich ab Västeraspby an die teilmodernisierte Ådalsbane Sundsvall - Långsele anschließt, wurde eröffnet. Das von den Zügen mitgenutzte Stück der Ådalsbane wurde entsprechend ertüchtigt bzw teilweise neu trassiert. Die Strecke Gävle - Sundsvall war ebenfalls schon für höhere Geschwindigkeiten ausgelegt worden. So erhielten Städte wie Örnsköldsvik und Umeå erstmals schnelle Tageszugverbindungen zur Hauptstadt.

Wann das fehlende Stück Umeå - Luleå gebaut wird, steht allerdings noch in den Sternen. Dafür ist Boden - Haparanda bereits als quasi Neubaustrecke fertig. So müssen also alle Züge von der Botniabahn über die einstige Stichstrecke Umeå - Vännäs auf die Stambana wechseln. Die Stambana erfährt ebenfalls laufend Ertüchtigungen. Es besteht die Überlegung, die beiden eingleisigen Strecken mit Güterzügen im Richtungsbetrieb zu nutzen. Wir sollten das allerdings im Laufe der kommenden Woche etwas anders erleben... Zu erwähnen ist noch, dass die bereits gesehenen Personenverkehre von Umeå nach Boden und mit dem Itino nach Lycksele erst rund um die Eröffnung der Botniabahn wieder eingeführt wurden.

In der morgendlichen Schlonze am Himmel waren immer mehr blaue Stellen zu sehen. Angesichts der bescheidenen Wettervorhersage wollten wir hauptsächlich kundschaften. Auf den einen oder anderen Zug konnte man im Falle von ordentlichem Sonnenschein natürlich auch warten. Das Licht wurde besser. Zwischen den Ausweichen Ängersjö und Norrsjön steuerten wir zwei Brücken an, die uns sogleich auch ganz gut gefielen. Von der ersten gab es eine Rennregina, also die als 'SJ3000' vermarktete HGV Variante aus der Regina-Familie, Baureihe X55.

Dreimal täglich verkehrt ein Fernzug über die Botniabahn ab Umeå. Zum Einsatz gelangen da die "Rennreginchen" der Baureihe X55, die sogar den schwedischen Geschwindigkeitsrekord halten. X2000 war gestern, jetzt ist "SJ3000" angesagt!

Zu sehen hatten wir auch einen der von mir bislang so vermissten X62. Da unsere Herren Beifahrer aber nicht vom Nähern eines solchen berichtet hatten und eh noch kein rechtes Licht war, blieb ein Foto desselben aus. Doch von der nächsten Brücke durfte ich endlich meinen ersten Norrtåg X62 mit Vollsonne fotografieren. Es gibt sie wirklich! Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht, dass die Dinger im Laufe der kommenden Woche für uns zur Landplage werden sollten. Immerhin zu einer fotogenen Landplage.

Endlich kommt mal ein X62 angerollt. Es sollte nicht der einzige bleiben... Diese Züge fahren 9x zwischen Sundsvall und Umeå, am Wochenende weniger.

Anschließend gab es noch einen Güterzug, dann schauten wir mal weiter. Zunächst gab es eine kleine Runde durch die schnuckelig zwischen herbstlichen Bäumen verstreuten Holzhäuser eines Gutshofes, dann über eine hölzerne Hängebrücke über den Öre Älv und durch den Ort Håknäs zurück an die E4. Nette Wege durch Kleinode, die kein 'herkömmlicher' Tourist entdeckt.

Green Cargo setzte auf der Botniabahn ausschließlich Loks der Baureihe Rd ein.

Nun gab es größere Sprünge auf der E4. Vor Nordmåling animierte uns eine Brücke mit Weitblick südwestwärts, mal wieder von der E4 abzufahren. Der Blick war auch nett, doch es fehlten gerade die passenden Züge und das Licht drehte. Wir drehten die Runde durch Nordmåling. Die alte Kirche hätten wir glatt fotografiert, wenn die Sonne nicht gerade im Schmodder drin gewesen wäre. Vorbei am neuen Bahnhof gelangten wir erneut auf die E4.

Wir schauten uns immer mal wieder eine Brücke an, doch schönere Ausblicke fanden wir erst hinter Husum bzw zwischen den Betriebsbahnhöfen Gideåbacka und Högbysjön. Am ersten Punkt gab es einen X62 Nachschuss und an einer Nebenstraße bei Norrbrynge warteten wir kauenderweise auf einen Güterzug. Schade war bei dieser Mittagsrast nur, dass die E4 nah und sehr laut war. Der Güterzug ließ lange auf sich warten. Ich glaubte schon nicht mehr an ihn. Dann war auch noch eines dieser Schmodderwolkenfelder, die wir von dieser Tour ja zur Genüge kennen, herangezogen und hatte für erste Sekunden seine Schatten geworfen. Doch dann kam der Güterzug tatsächlich nochmal bei vollem Licht.

Ein weiterer Güterzug bei Norrbrynge.

Prima! Uns hatte bereits die ganze Zeit das gegenüberliegende Tunnelportal angelacht. Inzwischen war die Sonne ohnehin herum, so dass man von dort eigentlich gut was machen können sollte. Also hin da! Der Ausblick erwies sich nun auch als ganz nett, wobei wir oberhalb der über das Portal führenden Straße noch ein ganzes Stück den Hang hochgekraxelt sind. Leider dominierte das Wolkenfeld nun ziemlich stark, doch als der Norrtåg kam, herrschte gerade ganz vernünftige Beleuchtung.

Umgekehrter Blick mit Norrtåg.

Die Erkundung ging weiter. Im Bereich Örnsköldsvik ('Övik') wurde die Landschaft immer gebirgiger. Es gab viele längere Brücken, die allerdings vielfach irgendwelchen Lärmschutz besaßen. Trotzdem sollte insbesondere westlich des Ortes einiges möglich sein. Insbesondere gab es einen Topp Ausblick auf den langen Nätraånviadukt bei Bjästa, für den aber gerade das Licht recht spitz stand. Zugverkehr war allerdings auch gerade nicht wirklich zu erwarten. Es folgte der am Hang gelegene Ausweichbahnhof Bjästa, oberhalb dessen ein Erschließungsweg für die nötigen Ausblicke sorgte. Diese Bahnhöfe ganz ohne Signale, sondern nur mit ETCS Tafeln, waren ein ungewohnter Anblick, gerade an solch einer Schnellfahrstrecke. Wir fuhren viele dieser Wege rein und fanden immer wieder schöne Ausblicke. Die Schranken standen alle offen, so dass man auf die ganzen Versorgungswege gelangen konnte. Hinterm Ausweichbahnhof Drömme waren wir erneut von der Straße in die weiten Wälder abgebogen. Hier wurde offenbar ein ganzer Berg für den Bau von Windrädern erschlossen. Wir gelangten zu einem Punkt hoch oberhalb eines Tunnelportals, von dem aus man einen weiten Blick über die Landschaft hatte. Das war grandios. Erst kam der Norrtåg von hinten, dann statt eines erwarteten Trafikverket Zuges ein weit vor Plan laufender Hector Zug. Und weil die Masten auf unserer Seite standen, hatte der Zug natürlich gleich drei Loks vor. Aber dennoch kam er gut, zumal jetzt mal volles Licht herrschte.

Der Hector Zug vom Portal des Björnbölestunneln, dem mit 5095m zweitlängsten Tunnel der Strecke.

Über das Netz der Grus- und Schotterpisten hier in den Bergen ging es weiter. Die Bahn hatte jetzt lange Tunnel, die wir obenrum umfuhren. Am nächsten Betriebsbahnhof, Hämrasviken, standen schon wieder Züge in beiden Richtungen an. Und die Streiflichtperspektive machte uns auf Anhieb an. Die Renn-Regina machte sich dann auch hervorragend.

Der X55 hat gerade den längsten Eisenbahntunnel Schwedens, den Namntalltunneln (6001m) verlassen und fand sich sogleich im Ausweichbahnhof Hämrasviken wieder.

Wir nahmen noch den X62 in der Gegenrichtung mit, bevor wir uns wieder in Richtung Straßennetz aufmachten. Zügig gelangten wir südwärts. Den ursprünglichen Plan, erst die Bahnbrücke über den Ångermanälven zu besichtigen und dann nach Långsele zu fahren, wo ich einen netten Campingplatz kannte, verwarfen wir angesichts der fortgeschrittenen Stunde. Die Sonne ging schon unter, und die Brücke konnten wir uns auch morgen noch anschauen. Zum Glück kam uns noch die Idee, erstmal beim Campingplatz anzurufen. Tja, und leider hatte man keine Hütte mit Du/WC mehr für uns. Auch sonst wimmelte es nicht gerade vor Unterkünften in der Gegend, so dass wir kurzerhand ein Hotel in Härnösand buchten.

Wir waren gerade an der Verzweigung vorbei gewesen, an der sich die Wege nach Långsele und Härnösand aufteilten. Also Stück zurück und die 80km in der Dämmerung unter die Reifen genommen. So kamen wir doch heute noch an der Ångermanälvbrücke der Botniabahn vorbei. Die war leider eine ziemliche Ernüchterung. Auf beiden Seiten gab es diese fahrwerkshohen Lärmschutzwände. Wir querten den großen Strom auch bald. Drüben führte die Botniabahn teils genau auf der Trasse der alten Strecke Långsele - Sundsvall ("Ådalsbane", steht wohl für "Ångermanälvsdalsbane"). Da war dann Schluss mit Schnellfahrt. Es gab enge Kurven und sogar unbeschrankte Bahnübergänge! Andere Abschnitte waren jedoch auch hier vollkommen neu trassiert. Eindrucksvoll sah die illuminierte neue Bahnbrücke über den Älandsfjärden bei Härnösand aus.

Als wir unser gebuchtes Hotel Royal erreichten, gab es erstmal einen Schock. An der Rezeption war niemand mehr! Es lagen zwar zwei Umschläge mit Schlüsseln dort, aber einer war nur für ein Einzelzimmer. Horst rief eine ausgehängte Nummer an und zehn Minuten später erschien jemand. Wir konnten einchecken. Was für eine Wohltat, wieder ganz normale Lichtschalter und ein ganz normales Badezimmer zu haben! Unser Zimmer war sehr großzügig und strahlte in diesem Holzhaus eine skandinavische Gemütlichkeit aus. Es war nun ganz schön spät geworden, aber Hunger hatten wir natürlich auch noch. Ein Stadtrundgang ergab, dass außer einem Chinesen und Mägges nichts mehr aufhatte... Wir waren schon bei Mägges drin, denn chinesisch hatten wir ja gestern. Doch die geballte Ladung an Unkultur (Musik, Publikum...) trieb uns wieder raus. Zum Glück! Für ne schnelle Mittagsrast will ich gegen Mc Donalds gar nichts sagen. Aber für ein gepflegtes Abendessen? Neeee! Der Chinese ging voll in Ordnung.

Sonntag, 21.09.2014

Gemäß Wettervorhersage sollte es heute eher bedeckt sein und sogar etwas Regen geben. Der erste Regen der Tour! Und tatsächlich tröpfelte es morgens müde vom Himmel. Zur dringend benötigten Autowäsche reichte das allerdings nicht. Wir frühstückten erstmal in Ruhe. Also gaaanz in Ruhe. Wir waren praktisch da, als das Buffet eröffnet wurde. Und wir wurden besorgt gefragt, ob wir noch was möchten, bevor das Buffet wieder abgeräumt wurde. Da das leicht vor Plan geschah, dürften wir in der Zwischenzeit wohl auch alle Hotelgäste kennengelernt haben. Das machte alles einen sehr familiären Eindruck. Das Hotel wurde wohl vom Wirtsehepaar selbst "geschmissen", sie selbst fragte sogar, wann sie denn zwecks Reinigung am besten in die Zimmer könnte.

Während des Frühstücks wurde dann auch immer wieder andiskutiert, ob man es heute und für die nächsten Nächte nochmal mit den schönen Campinghütten in Långsele probieren sollte oder ob man es sich einfacher machen und einfach in Härnösand bleiben sollte. Insbesondere Nil war für die Hütte. Ich selbst hätte zwar auch mehr Lust auf eine schöne Hütte in der Natur gehabt, doch die Unsicherheit, ob es klappt und die Vielfalt der Möglichkeiten ab Härnösand, von wo aus man sich bei Botniabahn-Überdruss auch südlich wenden könnte, sprach für eine Verlängerung um zwei Nächte in Härnösand. Das Hotel war ja wirklich ok. Nil war nach einer Sitzung auf dem Thron wohl auch auf diese Abwägung gekommen, so dass kurz vorm geplanten Auschecken dann doch die Entscheidung zugunsten einer Verlängerung fiel. Das nahm die Wirtin dann auch sehr erfreut zur Kenntnis.

Für heute hatten wir uns ausgedacht, erstmal paar Erledigungen zu machen, also hauptsächlich tanken und Leergut wegbringen. Der große Supermarkt hinterm Bahnhof hatte selbstverständlich auch sonntags 8 - 22 Uhr geöffnet. Danach testeten wir die große Bahnbrücke über die Meeresbucht Älandsfjärden bei Härnösand auf Motivtauglichkeit. Das sah soweit gut aus. Nächster Plan war eine Runde durch die zerklüftete, felsige Küstenlandschaft 'Höga kusten', wo wir nach einer Runde über Lövvik und Ramsta eigentlich nach Bönhamn an die Küste ranfahren wollten. Letzterer Programmpunkt wurde leider dadurch verhindert, dass im Nordwesten die Wolkendecke jäh zuende war und blauer Himmel hindurchleuchtete. Idiotischerweise ließen wir uns davon beeindrucken und sahen zu, dass wir auf die E4 und auf dieser nordwärts in Richtung Örnsköldsvik gelangten. Die absolvierte Runde war zwar nett gewesen, doch abgesehen davon, dass die Landschaft felsiger war, bestand kein großer Unterschied zu sonstiger Wald- und Seenlandschaft in Schweden. Das offene Meer war auf unserer Runde nie zu erkennen. Die Fjorde wirkten höchstens durch die größere Präsenz von Booten ein wenig maritimer.

Wir kamen auch durch einen Ort namens Eden. Auf der E4 merkten wir bald, dass das Unterfangen, das Himmelsblau zu erreichen, mal wieder vergeblich gewesen war. Wir waren dem Blau gefühlt kein Stück näher gerückt, als wir mal wieder am Nätraånviadukt bei Bjästa standen. Schade... Aber mir geisterte nach der Durchfahrt durch Eden nun dauernd das Lied 'Jenseits von Eden' im Kopf herum. Ich hatte ja keine Ahnung mehr, von wem das war. Daher musste jetzt erstmal Google angeworfen werden. In Schweden klappt sowas auch in den tiefsten Wäldern, das wäre in Deutschland natürlich undenkbar. Nino de Angelo, natürlich! Meine Güte, wie konnte das in Vergessenheit geraten? Einmal mehr wurde klar: Reisen bildet! ;-)

Weil das Licht eh kaum da war, haben wir den nächsten X62 aus der schöneren und bequemeren Perspektive (=fast am Auto) aufgenommen. Doch was war das? Der erste Wagen wurde von einem großflächigen Graffito 'geziert'. An dieser EU geförderten und kaum genutzten Neubaustrecke fühlt man sich ja ohnehin etwas an Griechenland erinnert. Ein verschmierter Zug konnte das nur unterstreichen.

Jedenfalls hatte das alles wolkentechnisch nicht so den richtigen Sinn. Selbst die blauen Flächen in der Ferne verschwanden bald. Wir beschlossen, nun doch noch Bönhamn an der Höga Kusten zu besuchen. Da der Ort als 'malerisches Fischerdorf' im Reiseführer enthalten war, würde man da ja vielleicht als verspätete Mittagsrast lecker Fisch essen können. Die Fahrt dorthin durch die zerklüftete Felsenlandschaft war jedenfalls eindrucksvoll. Es ging über ein Wirrwarr an Straßen und Gruspisten, auf dem ich als Fahrer bald jegliche Orientierung verloren hatte. Es ging auf und ab. Immer wieder tauchten in den Senken Gewässer auf. Meeresbuchten? Binnenseen? Nil meinte: 'Finger reinhalten und ablecken, dann weiß man's.' In Bönhamn empfingen uns Hinweistafeln, dass man bitte nur auf den markierten Parkplätzen parken solle. Zur Hauptsaison muss es hier gut abgehen. Heute war Werner allerdings der einzige Mitbewerber um die begrenzte Anzahl von Parkplätzen.

Der Ort lag schuckelig um eine Meeresbucht herum. Und die einheitlichen Holzhäuschen rund um das natürliche Hafenbecken waren wirklich ein allerliebstes Kleinod. Und wir konnten trotz vorgelagerter Inseln einen Blick auf das offene Meer werfen.

Der malerische Hafen von Bönhamn.

Mit dem Besuch hier ging für mich sogar ein kleiner Traum fast in Erfüllung. Seit meinem ersten Skandinavienbesuch 1990 war mir im schwedischen Jugendherbergsverzeichnis das Vandrarhem Högbonden aufgefallen. Auf dem Foto war ein auf einer Klippe stehender Leuchtturm zu sehen. Der Blick auf die Karte zeigte dieses Vandrarhem auf einer kleinen Insel vor einem vollkommen abgelegenen Küstenstreifen. Der Blick in mir zugängliche Busfahrpläne zeigte --- gar nichts. Dieses Paradies in eine Bahnreise einzubauen, war praktisch aussichtslos. In den Folgejahren habe ich noch manches Mal auf der Landkarte nach jenem Leuchtturm gesucht oder mir das Bild im STF Verzeichnis angeschaut. Tja, und nun standen wir zwar nicht auf Högbonden, aber am Anleger, von dem in der Saison das Boot Ronja nach Högbonden ablegt. Die Insel war in der Ferne zu sehen. Dank Internet wüsste man heute vielleicht sogar, wie man sich per ÖPNV nach Högbonden durchschlagen kann. In der Saison natürlich nur. Damals, in der Zeit der Papierfahrpläne, war das schwieriger...

Blick vom Anleger in Richtung Högbonden, dahinter das offene Meer.

Für die erhoffte Nahrungsaufnahme sahen wir ziemlich schnell schwarz. Das einzige Cafe des Ortes hatte geschlossen. Vermutlich von Ende August bis Ende Juni. 'Säsongstängt' heißt das hierzulande. Sowas liest man hier im September häufiger. Und im Oktober. Und im November...

Der örtliche Dorfhöker hatte noch länger geschlossen. So wie der Laden aussah, wird dort nichts mehr öffnen, auch im Juni oder Juli nicht. Allerdings war das öffentliche Toilettenhäuschen des Dorfes geöffnet. Offenbar kümmerte sich sogar irgendein dienstbarer Geist um die Reinhaltung desselben. Also nicht frisch gestärkt, dafür aber frisch entsorgt, verließen wir dieses stille, friedliche Fleckchen Erde. Über verschlungene Straßen gelangten wir nach Häggvik. Das wäre eigentlich nicht weiter von Bedeutung, wenn mich als Vorausfahrenden nicht irgendwelche Schienenfahrzeuge, die am Hang über der kleinen Straße auf einem Hof abgestellt waren, zu einer Vollbremsung veranlasst hätten. Hier gab es die Institution 'Mannaminne', eine Ansammlung von Museen zu verschiedenen Themen, u.a. zur Landarbeit. Einige Gebäude waren im Stil asiatischer Pagoden errichtet. Na ja, und es standen eben eine Gruben(?)lok und ein Straßenbahnwagen im Freien. Aus einem Schuppen lugten weitere Wagen hervor. Diese ganze Zusammenstellung, insbesondere mit den asiatischen Gebäuden, ließen einen etwas fragend die Augenbrauen heben. Nil brachte seine Gedanken mit dem Wort 'Messihof' auf den Punkt. Wobei man der ganzen Angelegenheit positiv zugute halten konnte, dass sie noch nicht 'säsongstängt' war. Hier hätte es sogar Gastronomie gegeben. Allerdings war die Zeit so weit fortgeschritten, dass wir schon langsam an das Abendessen dachten.

Das Museumsdorf "Mannaminne" in Häggvik.

So fuhren wir also weiter. Über Binböle erreichten wir die E4, auf der es zügig gen Härnösand ging. Kurz vorm Ziel bogen wir allerdings nochmal auf eine Nebenstraße ab, um den Ausblick von dieser Seite auf die lange Bahnbrücke über den Älandsfjord zu besichtigen. Hier konnte man allerdings nicht so richtig schön hoch stehen. Dafür konnten wir uns der Aufmerksamkeit von der anderen Straßenseite sicher sein. Hinter mehreren Stacheldraht- und Elektrozäunen sowie zwei hohen Mauern mit breiten Grünstreifen dazwischen lag das Gefängnis Saltvik. Die 2009 eingeweihte 'Anstalt' (so die Bezeichnung auf Hinweisschildern) gehört zur höchsten Sicherheitsklasse schwedischer Gefängnisse. Die Mauern und Zäune deuteten optisch schon darauf hin.

Na ja, es kam niemand, um zu fragen, wen wir befreien wollten. So zogen wir weiter ins Hotel. Um 18 Uhr ging es los zum Abendessen. Dafür fanden wir das Restaurant 'Sam's', das gut besucht war. Ich aß 'black and white'. Das soll wohl in Schweden eine gängige Bezeichnung für Rinder- und Schweinesteak sein. Das Fleisch war, genau wie das Kartoffelgratin dazu, vorzüglich! Und die Portion war auch reichhaltig genug. Immerhin hatten wir seit dem Frühstück nur etwas Schokolade gegessen. Die Wartezeit auf das Essen hatten wir uns mit dem Erraten der Reisedauer verschiedener Bahnverbindungen vertrieben, also nur gängige Sachen wie Narvik - Palermo usw. Von Kemijärvi nach Skopje konnte man bei fast gleicher Reisedauer wählen, ob man über Stockholm - København oder St Petersburg - Moskau fährt. Und Hafas hatte etwas Schwierigkeiten in Tampere / Turku mit dem Übergang vom Kemijärvi Nachtzug auf die Tagesfähre nach Stockholm. Aber ich bin jetzt etwas vom Thema abgekommen...

Mein Black & White schmeckte so gut, wie es aussah.

Den Tagesabschluss bildete ein Besuch am Bahnhof, wo wir dem kurzen Zwischenhalt des um 13 Min verspäteten X3000 von Stockholm nach Umeå beiwohnen konnten. Der Zug war gut voll. Alle wollen nach Umeå, die Stadt der innovativen Hotels und Parkhäuser...

Auch innovativ: Das WC am Bahnhof in Härnösand ist mit SMS zu bezahlen...

In Härnösand hingegen kamen die Hirnamputierten nach und nach aus ihren Löchern, die in den letzten Stunden des Tages die gesamte Stadt mit ihren Autorennen und Schleudermanövern auf den großen Supermarktparkplätzen unterhielten. Die Kakophonie aus dem Lärm getunter Motoren und irrem, kranken Reifenquietschen war irre laut! Die Provinzpolizei hat wohl keinen Bock dagegen vorzugehen. Der Lärm hielt jedenfalls paar Stunden an. Hilfe, warum waren wir so früh schon wieder in die "Zivilisation" zurückgekehrt???

Montag, 22.09.2014

Der Tag war nun wieder als größtenteils sonnig angekündigt. Es war der Morgen, an dem Nil mir Prügel androhte, wenn ich noch ein einziges Mal 'Jenseits von Eden' pfeifen würde. Und um diejenigen, die mir eine pessimistische Grundeinstellung nachsagen (ich nenn' das ja eher 'Realismus'), nicht zu enttäuschen, sei gleich noch darauf hingewiesen, dass wir morgens aus dem Fenster einen (den?) Graffiti-X62 im Umlauf beobachten konnten. Außerdem hatte uns der Daglig Graf schonungslos darauf hingewiesen, dass heute Montag sei. Und am Montag bleiben brave Güterzüge zuhause. Nur ein einziger war den Tag über im heutigen Bildblatt der Botniabahn zu sehen. Nach dem Frühstück fuhren wir rüber auf die andere Seite des Älandsfjärden, von wo aus man einen schönen Blick auf die lange Brücke und den Saltvik Knast hatte. Hier wäre ein Güterzug besonders gut gekommen...

Ein Norrtåg kommt über die Älandsfjärdbron angefahren. Im Hintergrund die Saltvik Anstalt.

Irgendwann im Laufe der nächsten zwei Stunden sollte sich der einzige fotografierbare Güterzug des Tages über die Botniabahn südwärts bewegen. Für den wollten wir mal verschiedene Stellen auskundschaften. Glücklicherweise gerade noch rechzeitig dachten wir daran, dass uns da noch irgendein Norrtåg entgegen kommen müsste. Gerade hatten wir aus dem Auto ein Motiv gesehen. Also gedreht und dort, zwischen den Ausweichen Frånö und Sprängsviken, auf einem Fußweg ins Motiv gelaufen. In herbstlicher Landschaft und klarer Kälte ging es durch die Wiesen und um ein auf einer Anhöhe über der Bahn gelegenes Bahnwärterhaus herum. Dort hatten wir einen schönen Ausblick.

Südlich Kramfors begegnet uns ein Norrtåg auf einem alten, noch nicht begradigten Abschnitt der Ådalsbane.

Dann mussten wir uns allerdings um den Güterzug kümmern. Erst hatten wir dazu ein Tunnelportal in den Hängen am östlichen Ufer des Ångermanälven im Sinn. Doch zunächst waren wir ja auf dem Westufer, wo wir rund um den Bahnhof Västeraspby schauten. Südlich kam die Bahn aus dem Berg, hier hätte man den Hang hochkraxeln können. Wir fuhren lieber mal um den Bahnhof herum, ob man vom Ostende auf die lange Ångermanälvbrücke fotografieren könnte. Das war aber alles etwas halbgar. Man sah nur das erste Stück der Brücke. Und den Güterzug. Der kam nämlich plötzlich aus Richtung Brücke angefahren. Der Kopparpendeln. Der war schon mal eine TGOJ Ma Leistung... Ich schenkte mir den Schnappschuss. Allerdings ging der Zug im Bf an die Kante. Der X62 kam entgegen, der hier sogar hielt. Laut Fahrplantabelle und Bildblatt heißt die Station Västeraspby, laut Stationsschildern aber Lufthamn Höga Kysten oder so ähnlich. Hier befand sich nämlich nur der winzige Flughafen und sonst nur verstreute Bauernhöfe. Der Kopparpendeln hatte eine weitere Kreuzung mit einem hier auf die alte Strecke nach Långsele abzweigenden Güterzug. Diese Zeit benötigte er auch, weil die Sonne gerade in einem der inzwischen schon wieder reichhaltiger auftretenden Wolkenfelder drinsteckte. Bei der Ausfahrt allerdings nicht mehr...

Der Kopparpendeln (Kupferpendel; auf den Drehgestellen werden Kupferplatten transportiert, dazwischen ist Platz für normale Container) verlässt den Bahnhof Västeraspby.

Nun war das nächste 'must have' ganz klar der Mittags X62 auf dem Nätraånviadukt bei Bjästa. Dazu mussten wir natürlich ein gutes Stück bis kurz vor Örnsköldsvik fahren. Werner nahm den Weg über die E4 südöstlich an der Wildnis, durch die die Botniabahn führt, vorbei und wir fuhren auf Landstraße den nördlichen Bogen durch die Wälder. Dreimal mussten wir dabei anhalten. In der Straßenmitte entgegenkommende Warnfahrzeuge zwangen uns mit Kelle an den Straßenrand und dort stehenzubleiben. Es folgten noch mindestens zwei weitere solcher Fahrzeuge, bevor dann jeweils ein Schwertransporter mit einem Windradflügel in Straßenmitte entgegen kam. Ansonsten konnten wir aber zügig fahren und trafen zehn Minuten vor Zugdurchfahrt an der Brücke ein. Die Schleier hielten sich auch zurück, und so wurde das ein nettes Bild.

Sehr futuristisch macht sich der in einem Bogen gebaute Nätraånviadukt. Er ist über einen Kilometer lang und bis zu 40m hoch.

Da auf der Bottniapiste südwärts nur noch in zwei Stunden der Graffiti-X62 und in vier Stunden ein hässliches Reginchen zu erwarten war, beschlossen wir den Wechsel an die Stambana. Dort sollten in nächster Zeit vier Güterzüge allein nach Süden anstehen. Da hat sich die Botniabahn ja voll gelohnt, wenn weiterhin alles über die Stambana fährt... Beim Aufbruch ging es erstmal hinter einem Tross von Schwerlastern hinterher, die nun Teile der Türme eines Windrades und die Narbe geladen hatten. Da kamen wir aber wenigstens bald dran vorbei, da der Tross erstmal in einen Parkplatz einbog.

Zwischen Bjästa und Sidensjö.

Leider zeigten sich vor uns mehr und mehr die Wolken. Das war im Hinblick auf die Stambana blöde. Für einige Landschaftsaufnahmen zwischen Västersel und Sidensjö passten sie als Hintergrund dagegen ganz gut.

Blick auf die Sidensjö kyrka und den Drömmesjön davor.

Durch das Fotografieren hatte der Turmtransport uns wieder eingeholt und zieht hier gerade an Team ABO vorbei.

An der Stambana erforschten wir erstmal einen durch den dichten Wald kaum auszumachenden Seedamm oberhalb Skorped, dann einige Wege an den Seen westlich Skorped bzw schon am nächsten Ausweichbahnhof Holmån. Zwar gab es immer mal wieder Lücken in den dicken Wolken, doch waren die an der falschen Stelle oder wir kundschafteten gerade irgendwo, wo nichts ging. Jedenfalls verbaselten wir so drei Südfahrer. Den vierten verbaselten wir, als wir uns an der Straßenbrücke westlich Skorped, die wirklich fotogeeignet war, eingerichtet hatten, wegen Wolke. Erst als einstweilen alles durch war, kam die Sonne wieder für länger heraus. Das war zwar ganz angenehm, weiter brachte es uns aber nicht. Es war 15:30 und die nächsten Züge standen erst nach 17:00 an. Zumindest in Richtung Süden. Nordwärts kam irgendwann als kleines Leckerli die 'NOHAB der Tour', eine Railcare Rundnase, die in Skorped erstmal an die Seite gestellt wurde, ohne dass sich in der für uns interessanten Richtung etwas getan hätte.

Die "NOHAB der Tour" nähert sich Skorped.

Angesichts der zunehmenden Sonne hielt es uns nicht in den Autos. Und angesichts der fotogenen Bewölkung musste wenigstens der nebenan liegende Hof, aus dem wir natürlich schon neugierig beäugt worden waren, für ein Foto herhalten. Weiter warten. Das Licht kam immer spitzer, was für die Böschung im Vordergrund nicht unbedingt nachteilig war. Endlich hörte man mal wieder in der Ferne ein Rauschen, das eindeutig nach Zug klang. Es kam ein GC Holzleerzug um die Ecke. Auch seeehr seehr geil!

Ein Green Cargo Holzleerzug erreicht unsere Brücke vor herbstlicher Kulisse.

Dieses "seeehr seeehr geil" in entsprechender Tonlage war ab sofort "geflügeltes Wort" der Tour, nachdem uns Nil gestern Abend den vielen sicher schon bekannten EDEKA-Werbespot vorgespielt hat. Jaaa jaaa, ist schon älter. Ich gehöre aber zu einer Generation, in der man sowas nicht mehr unbedingt sofort kennen muss ;-)

Der Vordergrund war noch ziemlich schattig gewesen. Kurze Zeit später war die Sonne allerdings so in die Achse gedreht, dass der Schatten weg war. Einen Zug sahen wir nicht mehr. Es wurde nun empfindlich kalt. Insofern fühlten wir uns erlöst, als der Schatten unserer Brücke fast in den Motivausschnitt gerückt war und sich ein dickes, offenbar auch nasses Wolkengebilde vor die Sonne schob. Wir traten die Heimreise an. Die war extrem stimmungsvoll. Wir fuhren in dicke Hagelschauer hinein, in die die Sonne rot und intensiv hinein schien. Am Drömmesjön (wörtl. "Traumsee") mussten nochmal paar Aufnahmen gemacht werden.

Die Sonne verabschiedet sich über dem Drömmesjön. Na ja, nicht ganz. Die Dämmerung dauert in Skandinavien sehr lange, und den letzten Sonnenstrahl sahen wir sicher erst 20-30 Min später.

Die Reise auf der E4 südwärts war sehr angenehm und ging zügig vonstatten. Nur einmal musste eine Kolonne Schaustellerwagen mit verschiedenen Karussels überholt werden. Dafür brauchten wir drei Überholabschnitte. (Erklärung: Die E4 ist meist dreispurig. Mal hat die eine, mal die andere Richtung die Überholspur.) Mit der Musik der Tour, die diesmal von der französischen Gruppe Garou kam, gelangten wir rasant durch die zerklüftete Landschaft der Höga Kusten und über die schicke Hängebrücke auf die Westseite des Ångermanälven. Um 19:15 waren wir in Härnösand im Hotel, und um 19:30 saßen wir beim Chinesen.

Dienstag, 23.09.2014

Heute sollten wir nochmal einen wunderbaren, wolkenlosen Tag bekommen. Das hatten alle Wetterberichte übereinstimmend versprochen. Und es sollte den passenden Güterzug, einen Hector, für die Älandsfjärdbron geben. Deshalb beschlossen wir, um 7, also noch vorm Frühstück, aufzubrechen. Angesichts der morgendlichen Kälte waren wir jedoch alle überglücklich, als der Hector noch vor unserem Aufbruch durch den Bahnhof bretterte. Da konnten wir unsere Schritte direkt in den Frühstücksraum umlenken. Der war sicherlich wärmer als das Unterholz östlich der Älandsfjordbron. Und eine weitere Nacht zu verlängern ging auch.

Es ging los. Für den Kopparpendeln, also den Güterzug, der auch gestern Vormittag südwärts gekommen war, stand nun eine Erkundung auf dem Streckenanstieg östlich aus dem Ådalen hinaus an. Die Fahrt dorthin war sehr schön, führte sie uns doch über die alte E4 über den Ångermanälven und dann unmittelbar an der seeähnlichen Flußlandschaft mit ihren Inseln entlang. Zwischen den Felsen glänzten prächtige Bauernhöfe in der Sonne. Über das nördliche Portal des östlich an die lange Bahn-Flussbrücke anschließenden Tunnels, das sich wegen Einschnitt gar nicht umsetzen ließ, gelangten wir zum Ausweichbahnhof Solum. Dort legten wir eine Punktlandung für den südfahrenden X62 hin.

Der übliche Norrtåg im Bahnhof Solum. Im Hintergrund das Ådalen.

Insgesamt schien es uns, dass der Bahnhof an der Südausfahrt weiteres Potential hätte. Wir schauten dennoch den Weg östlich der Bahn erstmal nordwärts weiter. Da folgte oben im Wald nach einigen Kilometern eine längere Betonbrücke über einen See. Vielleicht könnte man von einem erhöhten Standpunkt auf die Brücke fotografieren? Seitlich ging nichts, das wurde wieder mal durch diesen seitlichen Fahrwerkschallschutz verhindert. Überhaupt entdeckten wir keine wirkliche Möglichkeiten. Da half es auch nichts, dass paar Weißrussen einer lettischen Firma als Sub des finnischen VR Track im Auftrag des schwedischen Trafikverket dabei waren, die Bahnböschung auszuholzen. Erst dachten wir ja, die würden schwarz 'Holz machen', aber das sah schon sehr professionell aus. Na gut, dass es sich um Weißrussen handeln könnte, war nur eine Vermutung... Über die Straße fuhren wir zurück zum Bf Solum, wo wir tatsächlich an der Südausfahrt für den Güterzug einen netten Landschaftsüberblick fanden. Dabei stand man im Schatten auf reifgefrorenem Boden. Oder anders formuliert: Es war schweinekalt! Gestern war der Kopparpendel ordentlich vor Plan gekommen. Das hätten wir heute auch gut gebrauchen können, denn der Lichtstand wurde nicht besser und bei planmäßigem Verkehren gäbe es eine Kreuzung mit nem kleinen Blaugelben. Das Ausweichgleis war fotografisch allerdings eher suboptimal. Wir waren trotz Wollsocken bald ganz gut am bibbern. Da half auch das Wippen auf einem Stein nicht viel.

Das Problem wurde dergestalt beseitigt, dass der Güterzug gar nicht kam. Wir wollten auch nicht ewig warten, denn die Blicke vom Panoramaweg am Bf Bjästa und westlich davon sollten es jetzt endlich mal sein. Da wir die Straße dorthin 'obenrum' durch die Wälder gestern auch schon um diese Zeit gefahren waren, konnten wir mal gezielt für das eine oder andere Landschaftsbild anhalten.

Rodungen oder Windbrüche ermöglichen immer wieder schöne Blicke über die weite Waldwelt. Und mittendrin liegt der Stor Norsjön (wörtl "Großer Nordsee").

Die ersten Höfe von Sidensjö, dahinter der Drömmesjön.

Rechtzeitig zum südfahrenden Mittags-X62 erreichten wir den Panoramaweg oberhalb des Bahnhofs Bjästa. Plötzlich kam uns dabei der Kopparpendel entgegen. Unfotografierbar, ist klar. Den X62 schossen wir direkt im Bahnhof nach. Dabei hatte man den Kornsjö im Hintergrund.

Der Mittags-Norrtåg im Bf Bjästa. Dahinter der Kornsjö (na, was könnte die wörtl Übersetzung wohl bedeuten?).

Nun sollte von Süden, hier also mehr von Westen, ein Green Cargo Güterzug kommen. Für den hatten wir bald ein geeignetes Motiv mit weitem Landschaftsüberblick auserkoren. Na ja, ehrlich gesagt hätte hier auch ein X62 gereicht. Tja, und wieder standen wir an Europas aufwändigster Regionalbahnlinie in der eisigen Mittagssonne. Und wieder tat sich nichts. Resummee eines sonnigen Tages: Ersten Güterzug verpasst wegen Verfrühung, zweiten verpasst wegen Verspätung. Und den dritten? Die Frage stelle ich, während wir noch warten. Der Zug ist mittlerweile 7 Min überfällig. Auch weit hinten in der Ferne, wo man die Strecke am Hang sieht, ist keine Bewegung wahrzunehmen. Da mit Ende einer mehrstündigen Sperrung auf der Stambana dort ab 13:00 der Bär toben sollte, beschlossen wir, den dritten Güterzug nach 20 Min Überfälligkeit wegen anderem Konzept zu verpassen. Oder wegen 'is nich' oder weiß der Teufel warum...

Als wir in Richtung Stambana unterwegs waren, war mehr als der halbe wolkenlose Tag gelaufen, und wir hatten es gerade mal auf drei X62 in irgendwelchen Ausweichbahnhöfen gebracht. Da konnten wir uns wohl noch beglückwünschen, dass da nicht noch das Graffitidingen dabei gewesen ist... An der Stambana fuhren die anderen alle an den Seedamm im Wald oberhalb Skorped. Mich reizte allerdings die seitliche Perspektive unweit der Brücke von gestern Abend mehr. So trennten wir uns. Das hatte den Vorteil, dass man sich Vormeldungen geben konnte. Einen ersten Zug bekam ich allerdings visuell mit. Der Frachtenzug stand nämlich bereits im Bf Skorped, als ich dort vorüber fuhr.

Den Reigen der Sichtungsbilder an dieser Stelle beginnt ein GC Frachtenzug mit blauer Rc.

Na ja, so richtig irre viel war nun aber doch gar nicht los. Zwischenzeitlich kam mal die Frau aus dem nahegelegenen Hof vorbei. Typ Jogginghose mit Fluppe in der Hand. Alter ca 35. Ob ich denn die Landschaft beobachten würde. - 'Nein, ich fotografiere Züge.' - Pause. - 'Züge?' - 'Ja!' - Pause. 'Gestern standen auch schon welche auf der Brücke.' - 'Ja, das waren wir.' - Größere Pause. Ungläubiger Blick. Muss man da den Arzt rufen? 'Warum?' - 'Weil wir uns für Eisenbahn interessieren.' - 'Züge kann man doch besser in Mellansel im Bahnhof fotografieren!' - 'Uns kommt es auf die Landschaft und die Herbstfärbung an.' - 'Ah!' Suchender Blick in die Landschaft. 'Na dann viel Spaß!' Mit einem ihre volle Ungläubigkeit ausdrückenden kopfschüttelnden Lachen wandelte sie wieder nach hause. Von dieser Begegnung wird sie noch lange erzählen. Ich hiermit auch...

Dafür nahm ich die Schafe der Frau als Vordergrund, als es mal wieder von Westen rauschte...

Nachdem ich zwei Züge hoch gemeldet hatte, bekam ich immerhin einen Bauzug mit diesen finster dreinblickenden Tb vor die Linse. Völlig verblichen mittlerweile, aber schön laut!

Herrlich laut waren sie ja, die beiden DLL-Tb Lokomotiven, die für die Arbeitszüge von Infranord zuständig sind.

Richtig gefreut habe ich mich dann über eine Vormeldung von Hector 1042ern. Die nahm ich von einer etwas näheren Perspektive.

Endlich gelangen mir mal Hector 1042er mit richtiger Ausleuchtung.

Es ging weiter mit Vormeldungen von den anderen: Cargonet, Stahlzug. Da das Licht für meine seitliche Ansicht mittlerweile etwas spitz stand, topfte ich mich für den Stahlzug um in den Bahnhof Skorped. Dort stand zu meiner Verwunderung sogar noch der zuletzt an die anderen gemeldete Trailerzug mit 185.

Der "Norra Stålpendeln" mit seinen drei Rc-Loks im Bf Skorped, der gut mit Baugelumpe und dem schon länger wartenden Gegenzug gefüllt ist.

Nach Kreuzung mit dem Stahlzug fuhr der Trailerzug immer noch nicht weiter. Es musste also nochetwas nachkommen. Ich hatte gehofft, zur anderen Bahnhofsausfahrt zu gelangen. Doch beim Rumsuchen überraschte mich bereits der nächste Zug von oben. Ich folgte ihm noch zur altbekannten Straßenbrücke von gestern, doch zum obligatorischen Objektivwechsel reichte es nicht mehr. Dafür traf ich dort die anderen, die dort mittlerweile eingetroffen waren. Mit Nil zusammen fuhr ich nun wieder rüber an die Botniabahn, wo wir westlich Bjästa einen X62 gut vom Panoramaweg aus bekamen.

Der X62 hat Bjästa durchfahren und rollt über einen kleinen Viadukt.

Dann wechselten wir nochmal an den großen Viadukt, wo auch Horst und Werner bald hinzu kamen. Und dort endete der Fototag, wie er begann. Eisiges Warten auf einen Güterzug, während die Schatten an der Brücke hochkrochen. In diesem Falle war es der Hector. Und wir setzten auf ordentliche Verfrühung, wie Sonntag Abend oder heute Morgen. Aber es kam nix. Im allerletzten Licht klappte gerade noch ein X62 zwischen den ganzen Schatten.

Gerade so ging ein Foto mit der Innenkurve des Nätraånviaduktes.

Das Folgende war eine Wiederholung von gestern, nur vielleicht eine Viertelstunde früher. Die E4 ist hier im Abschnitt der Höga kusten einfach nur landschaftlich wunderschön. Dazu das Licht der tief stehenden Abendsonne, das Fjorde und Felsen rötlich beleuchtete... Um 19:00 waren wir wieder in Härnösand. Und eine Viertelstunde später liefen wir durch die klare, eisige Kälte rüber zu Sam's, wo ich erneut Black & White aß. Nur Gratin nahm ich lieber nicht. Sonst wären wir drei Gratin-Esser gewesen. Und wir mutmaßten, dass der Teller für drei Personen der gleiche wäre wie vorgestern für zwei. Das wollten wir nicht riskieren ;-)

Mittwoch, 24.09.2014

Auch heute Morgen sollte es einen passenden Güterzug für die Älandsfjärdbron geben. Diesmal allerdings nicht so früh, dass es für eine Vorfrühstücksaktion gereicht hätte. Frokost gab es ab 6:45, der Zug sollte um 8 kommen. Allerdings mussten wir auch noch auschecken, denn auch wenn über uns der klare blaue Himmel lachte, das Wetter sollte bald abstürzen. Wir waren nach dem Frühstück gerade so in der Nachbereitungsphase, also beim Einpacken letzter Sachen oder beim Nachdenken über das zurückliegende Frühstück auf dem dafür vorgesehenen Stuhl, da geschah es: Draußen fuhr der Güterzug vorüber! Alle Eile war umsonst? Nein! Horst konnte bald bekannt geben, dass das der stark verspätete Kopparpendeln gewesen sei, und nicht der von uns erwartete Güterzug. So ging es nach einer Eiskratzorgie also nochmal raus zum Älandsfjärden. Dort wurde es auf die Dauer ganz schön frisch. Der Güterzug kam natürlich nicht zur verabredeten Zeit. Wir blieben gelassen. Kalt, aber gelassen. Green Cargo glänzte in letzter Zeit ja nicht gerade durch 'Operation Zeigersprung', und wir hatten eh erstmal nichts besseres zu tun. Zur Unterhaltung kam immerhin der eine oder andere kleine Blaue.

Für den Blaugelben wählte ich jetzt mehr Brennweite an der Älandsfjärdbron.

Immerhin brachte die steigende Sonne nun tatsächlich eine gewisse Wärme mit. Als die Sonnenstrahlen unseren Fotostandpunkt erreichten, wurde der Aufenthalt bedeutend angenehmer. Nur das Kräuseln der Nebel auf der Oberfläche des Fjordes hörte natürlich auf. Und der Güterzug kam und kam nicht. Die nahe E4 machte einen ganz schönen Lärm. Den erhofften Lärm eines fahrenden Güterzuges vermissten wir aber weiterhin. Solange die Brücke Seitenlicht hatte, wollten wir warten. Doch die Sonne drehte und drehte. Gerade hatte ich zuende geschrieben, da kam der Zug um's Eck.

Der Güterzug kam doch noch. Gut, dass wir geduldig ausgeharrt haben.

Zurück bei den Autos begann das große Gehader. Eigentlich wollte man sich ja nun süd- oder südwestwärts wenden. An der Mittlinje wäre laut Daglig graf nachmittags zum Beispiel bischen was los gewesen. Doch die Wetterberichte waren sich einig, dass man in dieser Richtung geradewegs in die aufziehende Bewölkung fahren würde. Wie um das zu unterstreichen, waren die Wolken im Westen auch schon zu sehen. Nach Norden hingegen allerfeinste tiefe Bläue am Himmel. Sollte man nochmal die Panoramastraße Bjästa probieren? Gestern war man dort ja nur mäßig erfolgreich. Hmm. Horst und Werner hatten auf Neubaustrecke nun gar keine Lust mehr. Nil und ich entschieden hingegen, dass wir auf Wolken am wenigsten Lust hätten und fuhren nordwärts. Somit war Trennung der Teams "ABO" und "USW" (die Buchstaben auf unseren Autokennzeichen) angesagt. Tja, würden wir uns wiedersehen? Wir gingen noch davon aus. Die Fahrt auf der E4 nordwärts war mal wieder hübsch und angenehm. Zügig erreichten wir Bjästa bzw die Ecke rund um den Kornsjö. Bald sollte ein X62 passend kommen. Danach rechneten wir mit dem eben am Älandsfjärden fotografierten Güterzug. Zur Zeit des Personenzuges kam nun allerdings der Güterzug um die Ecke. Das war insofern etwas schade, da wir als erstes einen mehr auf den Triebwagen zugeschnittenen Motivausschnitt hatten. Nun ja...

Zwischen Drömme und Bjästa kommt der eben schon fotografierte Güterzug angerollt.

Tja, und dann machte der Personenzug das, was gestern die Güterzüge gemacht hatten. Oder besser NICHT gemacht hatten. Nämlich auf der Bildfläche erscheinen. Und die Wolken rückten nun auch hier näher... Das gute ist aber, dass man bei Personenzügen mal nachschauen kann. Von +45 war dann die Rede. Freundlicherweise wurde noch nichts motivliches verdunkelt, als der Zug kam. Und so als Hintergrund machten sich die Wolken ja durchaus nett.

Und nochmal dieselbe Stelle mit den Höfen von Bjällsta (ein Dorf; hat nichts mit dem für den Bahnhof namensgebenden Ort Bjästa zu tun) und einem Alstom Coradia Nordic.

Das Ostende des Ausweichbahnhofs Bjästa.

Für den nordfahrenden Mittagsgüterzug, der von Horst und Werner bereits mit +40 vorgemeldet war, wollten wir mal der Strecke weiter in die Bergeinsamkeit folgen. Dank der Schotterstraßen kam man ganz gut bahnparallel voran. Die Böschung war schon wieder gut mit Birken zugewuchert, so dass man nah am Gleis stehen musste und das nach 'überall' aussah. Doch von der Brücke unmittelbar vorm Bf Drömme gab es einen ganz netten Weitblick in die Landschaft. Während Horst und Werner von der Mittlinje Schneefall vermeldeten, gab es bei uns nur paar Schönwetterwölkchen am blauen Himmel. Die Brücke wäre auch ein schöner Punkt für eine Mittagsrast gewesen. Wenn man denn Proviant dabei gehabt hätte. Aber auch so konnte man einfach nur prima den Sonnenschein genießen. Bald war der Güterzug zu hören.

Ein Frachtenzug mit dem Einfahrsignal von Drömme. Dank ETCS besteht dies nur aus einer Tafel, die zufällig auch dem Titel des Reiseberichtes entspricht...

Nun war der Plan, über die nahe Landstaße westwärts an die Stambana bei Forsmo oder da irgendwo ranzufahren. Das blieb so lange unser Plan, bis wir um eine Ecke bogen und vor uns den wie vom Lineal gezogenen Beginn der geschlossenen Wolkendecke sahen. Und der war gar nicht mehr weit weg! Ein sehr eindeutiger Wetterwechsel! Zum Glück kam uns noch die Idee, dort zu bleiben, wo wir gerade waren. Also wieder Botniabahn. Wir befanden uns auf Höhe des Abschnittes, der durch die große Waldeinsamkeit führt. An der Straße befindet sich ein kleines Museumsdorf. Hier zweigt eine Schotterpiste zum einsam gelegenen Bahnhof Harasjön ab. Nach wenigen Minuten waren wir dort. Der Blick von der Brücke in der östlichen Bahnhofseinfahrt fiel eindrucksvoll auf die Wolkengrenze im Westen. Mit Zügen war das allerdings eher schlechter umzusetzen, wie wir später noch erleben durften. Zunächst standen X62 in beide Richtungen an, die einen Bahnhof weiter kreuzen sollten. Nil blieb rund um die Brücke, ich fuhr ein kleines Stück weiter und lief dann ein ganzes Stück entlang des Gleises weiter. Da erreichte ich nun einen Ausblick auf eine Außenkurve und die weite Waldlandschaft.

Abseits aller Straßen und Wege zwischen Harasjön und dem 6 km langen Namntalltunneln.

Zurück am Auto sah Nil im Bildfahrplan, dass sich noch eine ominöse weitere Fuhre von Süden nähern solle. Und zwar recht bald! Wir vermuteten anhand der Nummer und der langen Fahrzeit, dass es sich um eine Arbeitsmaschine o.ä. handeln sollte. Die Wolkendecke hatte die Sonne nun fast erreicht, da war in der Ferne ein Rollen zu vernehmen. Das klang nun wieder gar nicht so nach Maschina. Das war was richtiges! Wir bauten uns auf der Brücke auf. Schön war der Ausblick nicht, wenn man auf der Sonnenseite stehen wollte, aber die musste es schon sein. Erste Vorflusen der Wolkendecke verdunkelten die Landschaft. Es wurde nochmal hell. Zug musste jeden Moment um die Ecke biegen. Zug kam! Es war ein Hector Holzzug!

Vor der Wetteränderung rollt noch ein Hector Holzzug durch den Bahnhof Harasjön.

Das Foto stellte schön den Wetterumschwung dar und war trotz des hässlichen Funkmastes ein würdiger Abschluss des Fototages. Denn das war es. Ein weiterer großer Sprung nach Norden wäre vollkommen gegen unsere geplante Richtung gewesen. Und man hätte vermutlich eh nur festgestellt, dass man vor Wolken nicht fliehen kann. Also fügten wir uns ins unvermeidbare und steuerten in Richtung Wolken. Einen gewissen Sprung südwärts wollten wir nun noch machen. Horst und Werner hatten sich für eine Übernachtung bei Bollnäs entschieden. Ob wir es so weit schaffen würden, war fraglich. Über Sollefteå, Långsele, Hammarstrand sollte es erstmal Richtung Bräcke gehen. In Långsele wollten wir bei ICA Sandwichs kaufen, entdeckten aber Bleche mit gut aussehenden Wienerbröds. Das sind quasi Puddingteilchen. Die aßen wir mit Bahnblick bei Långsele. Und die waren so richtig herrlich pervers fettig trievend oder einfach nur seeeehr seeehr geile Wienerbröds!

Den Schlenker über Hammarstrand nahmen wir noch mit, um vom östlichen Ufer des Indalselven zu schauen, ob man etwas von den Bahnbrücken (alt und neu) über den Fluss erkennt. Dazu schauten wir mal am Parkplatz des NSG Döda fallet rein. Man sah die Brücken ganz tief unter sich liegen. Vielleicht müsste man für den freieren Blick mal auf den Wanderwegen des Naturschutzgebietes um den trockengelegten Wasserfall hinabsteigen. Aber nicht bei der mittlerweile herrschenden Trübnis!

Bei Hammarstrand querten wir den Indalselven auf einer Staumauer. Der Flusslauf mit seinen Stromschnellen und Wasserfällen ist vielleicht noch eindrucksvoller als der des benachbarten Ångermanälven... Angenehm und ohne viel Verkehr ging es durch die Wälder nach Bräcke. Man fährt dabei ziemlich parallel zur Stambana, doch einen Zug sahen wir nicht. Dafür verwandelte sich der schon länger präsente Sprühregen dann und wann sogar in Schnee. Liegen blieb natürlich nichts, denn die Temperatur pendelte zwischen 4 und 6 Grad. Ab Bräcke befuhr man die E14, auch eine gute alte Bekannte von diversen Mittlinje Touren. In Ånge haben wir erstmal den Parkplatz am Bahnhof aufgesucht, um in uns zu gehen. Es war jetzt 17:30. Zwar hätte ich durchaus noch Lust zum fahren gehabt, aber bei dem trüben Wetter wäre es nicht mehr lang bis zur Dunkelheit gewesen. Bollnäs, wo sich Team ABO niedergelassen hat, war noch über 200 km weg. Aber selbst bis zur nächsten Stadt in die Richtung, Ljusdal, hätte man wohl 100 km fahren müssen. Den Ausschlag für unsere Entscheidung in Ånge zu bleiben, gaben letztendlich zwei Faktoren: Der Wetterbericht für morgen war für hier oben einfach besser. Und auf der anderen Straßenseite wartete schon die Bruzzelbude, die Nil und ich getrennt voneinander von vorherigen Touren bestens in Erinnerung hatten.

Überhaupt ist das gastronomische Angebot in Ånge rund um den Bahnhof ganz gut. Der Bahnhof liegt direkt im Zentrum. Man könnte auch sagen, der Bahnhof ist das Zentrum.

Bf Ånge. Hier hat man nachts schon das eine oder andere Mal auf den Nachtzug nach Norden gewartet, wenn man aus Richtung Jämtland kam...

Wir checkten im Hotel Mittlandia ein. Das war bis jetzt der teuerste Schuppen der gesamten Tour. 1100 SEK sollte die Nacht kosten. Und es bewahrheitete sich wieder mal das Gesetz, dass man in Skandinavien für viel Geld wirklich wenig Leistung erhalten kann. Allein der Weg von der Tiefgarage durch nen Gerümpelkeller zum Treppenhaus war ein tolles Willkommen. Dass dem Betreiber eines Hotels dieser Preisklasse so ein erster Eindruck für die Gäste nicht die Schamesröte ins Gesicht treibt, ist schon sehr krass!

Willkommen im Hotel Mittlandia; links kommt man aus der Tiefgarage.

Das Zimmer selbst war ok, aber schon sehr eng. Da hatten wir es in Härnösand wesentlich gemütlicher. Nach dem Einräumen des Zimmers liefen wir durch den eisigen Sprühregen nochmal zum Bahnhof rüber. Cargomäßig war hier gut was los. Eine Ma setzte sich mit leeren Containerwagen ostwärts in Bewegung. Ein Autozug machte Lokwechsel, diverse andere Züge hatten Personalwechsel. Personenverkehr war gerade nicht. Auf dem Bahnsteig stehend wurden allerdings Erinnerungen an eigene Bahnreisen wach, als man hier mehrmals umgestiegen ist. Besonders, wenn es ab hier mit dem Norrland Nachtzug weiterging, wartete man hier mit einer gewissen Vorfreude auf schöne Tage in Abisko an der Erzbahn, gern auch im Winter. Heute kann man von hier nicht mehr nach Norrland gelangen. Aus Richtung Jämtland muss man jetzt in Sundsvall gen Norden umsteigen.

Die Bruzzelbude ist schon in Sicht!

Als diese Erinnerungen geschwelgt waren, gab es die leckere Abendspeisung im Hamburgergrill. Die Portionen waren riiiiesig.

Die Erinnerungen trügten nicht. Ein Ort zum Sattessen!

Danach gab es auf dem Bahnsteig einen Verdauungsspaziergang bis ganz zum Ende und zurück, und anschließend im Hotel die Südafrika Bilder von Nil.

Donnerstag, 25.09.2014

Der Tag begann mit fettem Nebel. Wir ließen es ruhig angehen. Erst um 7:30 gingen wir runter zum Frühstück. Das schloss sich dem bisherigen Eindruck vom Hotel nahtlos an. Von den Buffets der Tour war es wohl das dürftigste. Die Note 'ok' hätte ich ja noch vergeben, wenn dann wenigstens eine Stunde vor Buffetende noch Rührei und Bacon nachgelegt worden wären. Doch trotz dreier dienstbarer Geister, die herumwieselten und bald ein großes Salatbuffet aufbauten, gab es nix an Eiern nach. Schön blöd!

Nachdem die Frau von der Rezeption mit uns in den Keller gekommen war, um die Tür in die Rumpelkammer und damit in die Tiefgarage aufzuschließen, ging es los. Eine Auskundschaftung eines erinnerlichen Ausblicks auf die Borgsjö kirka bei Erikslund erschien uns leider sehr verbuscht.

Nebel liegt über dem Land...

Über die E14 rollten wir erst zügig, ab St.Öde wegen einiger Baustellampeln nicht mehr ganz so schnell, nach Sundsvall. Hier lichtete sich der Nebel immer mehr. Und was zum Vorschein kam, war tiefblauer Himmel. Das war nett. Da konnten wir gleich mal einen X62 (ja, auf der Mittlinje fahren die auch) als Weitwinkelspielerei nachschießen. Stück weiter waren paar Arbeiter an der Bahn zugange. Einer von denen kam mit dem Auto extra zu uns angefahren, um neugierig zu fragen, was wir da machten. Unsere Erklärung wurde mit einem freundlichen und erleuchteten 'Jahååå!' honoriert. Dieses Wort (massive Betonung auf dem 'ååå!', das wie ein offenes 'oooh!' ausgesprochen wird) ist die schwedische Allzweckantwort und kann je nach Intonierung bösartig, freundlich, zweifelnd oder erleuchtet gemeint sein. Wer 'Jahååå!' in der richtigen Aussprache sagen kann, kann einem schwedischen Gesprächspartner mindestens für eine halbe Stunde glauben machen, fließend schwedisch zu können...

Auch auf der Mittlinje fahren jetzt X62, hier östlich Töva.

Nun waren wir aber mal neugierig auf die Ortsdurchfahrt Sundsvall. Hatte ich gedacht, dass man im Zuge des Botniabahn Baus bzw Ådalsbahn Ausbaus eine Stadtumgehung um Sundsvall baut, hatte ich mich mal ganz gewaltig geirrt. Na ja, so wenig, wie auf der Botniabahn los ist, tut das vielleicht auch gar nicht not. Jedenfalls ist es gestern wie heute so, dass bei Zugverkehr die ganze Stadt Sundsvall wie ein riesiger Wecker am Bimmeln ist. Die Bahnen, also Mittlinje und Ådalsbahn parallel, führen mitten durch die Stadt. Da folgt ein Bahnübergang dem anderen. Für Fotos wäre auch das eine oder andere nette Gebäude mit Zug umsetzbar. Nur die Schatten sind ein Problem. Deshalb sind auch die Züge aus Richtung Botniabahn die besseren Motive, wie ich dachte. Sie befahren wohl planmäßig auch wirklich das nördliche Gleis. Aber seit heute weiß ich also auch, dass man bereits an der Streckenzusammenführung die Gleise wechseln kann. Diese Möglichkeit nutzte der X62 aus Umeå dann auch gleich mal aus, als ich ihn, wie auf dem Abfahrtsanzeiger ausgeschildert, auf Gleis 2 des Hp Sundsvall Väst erwartete. Schade eigentlich...

Der Zug wurde auf dem anderen Gleis erwartet...

Zwischenzeitlich war eine gutmütig aussehende, nicht mehr ganz junge 'Oma' in orangem Outfit angekommen und fing an, im Schalthaus des BÜ zu arbeiten. Respekt! Gute Tarnung! Hätte ich ihren Beruf raten müssen, hätte ich jedenfalls 'Hausfrau' genannt...

Mit Abstecher zur Tanke reisten wir zurück an die Mittlinje. Ärgerlicherweise war ein Holzzug, der im Bf Töva beginnen sollte, bereits weg, als wir am dortigen Holzterminalbahnhof vorüber kamen. Ärgerlich! Wir suchten nun einfach diese wunderbare Panoramastelle zwischen Viskan und Torpshammar auf, setzten uns mit untergelegten Fließen ins Gras und aßen die mitgebrachten Baguettes. Wolken, Bauernhöfe und allgemein die Landschaft gaben eine wunderschöne Kulisse ab. Da konnte man einfach mal paar Züge aussitzen.

Norrtåg zwischen Torpshammar und Viskan im Tal des Ljungan.

Die Wolkenkulisse wurde immer bedrohlicher. Hatten wir nicht irgendwo gelesen, dass es zum Nachmittag hin vollkommen wolkenlos werden sollte? Muss wohl eine extrem schwer vorherzusagende Wetterlage sein. Ein umgeleiteter Postzug kam sogar vorbei und klappte mit Sonne.

Die umgeleitete Post: Normalerweise fährt dieser Zug auf direktem Wege von Sundsvall nach Gävle und dem Stockholmer Postbahnhof Tomteboda (wörtl: "Weihnachtsmannschuppen"). Heute geht es über Ånge. Da war in Sundsvall wohl etwas früher Briefkastenleerung...

Der Kopparpendeln danach aber leider nicht. Das war schade, da der zwischen all dem Kupfer auch jede Menge bunter Container geladen hatte. Das waren aber nur einzelne Wolken gewesen. Kurze Zeit später rückten allerdings die bedrohlichen Wolken, die sich lange fern gehalten hatten, bedenklich in Richtung Sonne. Der Westhimmel war schwarz! Und was war auch gestern schon der letzte Zug vor der Bewölkung? Richtig, ein Hector-Holzzug! Der kam, zum Glück diesmal weit vor Plan, unmittelbar vor 'Licht aus'.

Ein Hector-Holzzug ist wieder die letzte Fahrt vor dem großen Wetterumschwung.

Die große Wolkenfront bewegte sich aber sehr langsam. In Richtung Osten war noch alles blau. Da wir ohnehin über die E4 südwärts fahren wollten, nahmen wir wieder Kurs auf Sundsvall. Kurioserweise überholten wir im Bf Stöde den Holzzug wieder. Der hatte hier X mit einem Regionalzug, doch die Kreuzung sollte schon vor vier Minuten gelaufen sein. Vielleicht war der Triebwagen später. Nil schaute noch, ob man für den Holzzug eine Stelle ohne Frontschatten bekäme, aber das war bei einem nachmittäglichen Ostfahrer nicht wirklich drin. Allerdings entdeckten wir nach Kundschaftsrunde durch Nedansjö, wo der Flussblick, den wir anno 2005 gemacht hatten, völlig zugewuchert war, eine an sich unscheinbare Wiese vor Vattjom. Das Motiv war hier definitiv der schwarze Himmel, während vor der Sonne bestenfalls kleinere Wolkenfelder durchzogen. Der Hector kam tatsächlich bald.

Wir bekamen ihn nochmal vor Vattjom. Das war es dann aber wirklich. Und zwar insgesamt mit Zug-Sonnenbildern dieser Tour!

Da wir nicht groß etwas anderes auf dem Zettel hatten, warteten wir nochmal weiter auf einen nachfolgenden Bummelzug. Der kam aber im Schatten. Das war nun aber nicht weiter schlimm. Ein anschließender Erkundungsritt zum Holzterminal in Töva brachte gar keine Ergebnisse, denn man kam nicht an den Bahnhof ran. Dafür konnte man aber nochmal den Sonnenschein für Landschaftsaufnahmen vor schwarzem Himmel nutzen.

Einige Höfe bei Töva.

Dann ging es Richtung E4. Doch das war nun nicht zu einfach. Der Verkehr war extrem stark. Schon in Töva hatte man kaum auf die E14 einbiegen können, weil eine endlose Blechkaravane aus Sundsvall hinausdrängte. Uns schwante böses, denn warum sollte es nachher auf der E4 besser aussehen? So war es dann auch. Der Stau begann bereits in der Stadt. Und er zog sich kilometerweit aus der Stadt hinaus. Wo kamen die alle her? Ist das bei deutschen Kleinstädten auch so? Toll war auch, dass die E4 auf einer langen, kühn geschwungenen Brücke über ein Hafenbecken heranschwebte und dann als Autobahn fortgeführt wurde. Der Verkehr spielte sich allerdings --- daneben ab. Die neue E4 war nämlich noch gar nicht fertig. Die Blechkaravane war endlos. Zu allem Überfluss führte die Polizei auch noch an mehreren Stellen groß angelegte Verkehrskontrollen durch. Das animierte einige Verkehrsteilnehmer, bis fast zum Stillstand abzubremsen. Unterwegs sahen wir auch paar nette Motive an der parallelen Bahnstrecke. Und die Wolken hatten sich so schnell (fast) aufgelöst, wie sie entstanden waren. Wir fuhren rechts ran und zogen erstmal das Bildblatt. Statt Zuglinien waren da aber nur große braune Kästen aufgemalt. Nördlich Söderhamn Vollsperrung! Das wirkte sich natürlich sehr positiv auf unser Fortkommen aus...

Erst im Laufe der folgenden Orte entspannte sich der Verkehr, und ab Hudiksvall fuhr man meist auf vierspuriger Schnellstraße. Aber die ganze Aktion in Sundsvall hatte so lange gedauert und die Distanz war doch noch so groß, dass wir erst um 19:00 vor Hotel Gävle in Gävle eintrafen. Nil hat ja bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht mit Hotels, die den Namen der jeweiligen Stadt tragen. Ob es hier besser wird? Mit 1135 SEK war es noch ein wenig teurer als letzte Nacht. Da konnten wir auch nach meiner Lesart 'je teurer desto schlechter' nichts Gutes erwarten. Das Zimmer war dann ähnlich 'ok' wie letzte Nacht. Bloß, dass die Lärmkulisse von der Hauptstraße und aus den Nachbarzimmern größer war als in Ånge.

Es ging natürlich noch in die Stadt. Vorbei am Bahnhof, wo aber nur Uppland Reginas präsent waren, ging es in die Fußgängerzone. Dort entdeckten wir den Thailänder 'Tom Yum', bei dem wir gut unsere Abschlussmahlzeit abhalten konnten. Horst und Werner waren heute Abend in Ludvika gelandet. Sie hatten als Rückreise die Fähre Samstag Abend ab Göteborg gebucht, während Nil und ich Freitag Abend ab Arlanda fliegen wollten. Wir würden uns also auf dieser Tour nicht wieder sehen. Ein Verdauungsspaziergang führte uns erneut zum Bahnhof, wo es abermals nur Reginas zu sehen gab. Besonders schlau war dabei der Übergang des Upptågs von Uppsala auf den nach Söderhamn (-Sundsvall). Der betrug null Minuten und war nichtmal bahnsteiggleich. Obwohl der Fahrer des abgehenden Zuges noch kurz wartete, kam niemand angesprintet. Beim Nachtzug nach Östersund und Luleå wurde 'instillt' angezeigt. Planmäßiger Ausfall wegen der Bauarbeiten? Da hätte es doch wohl Umfahrungsmöglichkeiten gegeben!

Freitag, 26.09.2014

Für heute wurde uns keine große Hoffnung auf Sonne gemacht. Obwohl der Wetterbericht der letzten Tage extremen Schwankungen unterworfen war, hielt sich die schlechte Prognose für heute hartnäckig. Der Blick aus dem Fenster zeigte dann auch bestenfalls den einen oder anderen blauen Riss in der Wolkendecke. Mehr nicht. Nachdem der Straßenlärm sehr heftig gewesen war, waren wir, oder zumindest ich, sehr früh wach. Das Frühstücksbuffet war recht ordentlich. Die Auswahl war trotz aller platzmäßiger Kompaktheit größer als gewöhnlich. Es gab sogar die bekannten Frühstücksfischchen oder Melonenstücke. Dass ich meine Begeisterung dennoch eher gedämpft kund tu', liegt am Kaffee, der eine furchtbar dünne Plörre war, auch wenn man den Multifunktionsautomaten auf die stärkste Stufe einstellte.

So führte uns der erste Weg zunächst mal zu einer Tankstelle, wo ich mir einen kalten Kaffee zog. Unsere heutige Planung war angesichts der Wetterlage und fehlender Todos hier unten eher bahnlos. Wir wollten einen Bogen entlang der Küste über Norrtälje nach Arlanda zum Flugplatz schlagen, natürlich nicht ohne die eine oder andere auf der Karte landschaftlich interessant aussehende Nebenstraße ans Wasser zu testen. So ging es zunächst auf der Straße 76 ostwärts aus Gävle raus. Das erste Stück verlief noch entlang der Bahn. Eine erste Sehenswürdigkeit am Wege war dann der Wasserfall des Dalälven bei Älvkarleby. Was der Zugreisende nur in Sekundenbruchteilen als völlig belanglose Flussquerung mitten in den Wäldern, bestenfalls mit entferntem Staudamm, zur Kenntnis nimmt, ist in wirklichkeit ein schmuckes Ossomböh, das einen näheren Blick lohnt. Nicht nur die Kombination aus natürlichem Wasserfallverlauf und älterem Staudamm mit backsteinernem Turbinenhaus sind sehenswert, sondern auch die aus schmucken Holzhäuschen bestehende alte Werksiedlung. In den Häusern befindet sich heute u.a. ein Vandrarhem. Wir schauten noch kurz zur Bahnbrücke über den Fluss. Nachschüsse auf Südfahrer sollten drin sein, gibt aber spektakuläreres.

Weiter ging es auf dem Rv 76 ostwärts, nun ohne parallele Bahn, die den direkten Kurs auf Uppsala nimmt. Die Fahrt durch endlose Wälder unterschied sich von bisherigen Waldstrecken nicht wirklich. Aber auch der angenehme Nebeneffekt, dass man auf den leeren Straßen gut fahren konnte, traf hier zu. 'Wach' wurden wir erst wieder, als wir Forsmark erreichten. Bekannt ist der Ort in erster Linie durch sein Atomkraftwerk. Das liegt abseits der Straße an der Küste. Es sollte Ende April 1986 fast evakuiert werden, weil erhöhte Strahlung im Arbeitsbereich gemessen wurde. Die kam dann aber von paar Häusern weiter, aus Tschernobyl... Hier wurde die bis dahin verschwiegene Katastrophe außerhalb der SU entdeckt.

Wir entdeckten Forsmark allerdings als wunderschönen kleinen Ort mit Mühlenteich und Herrenhaus. Da von Nordwesten jede Menge blauer Himmel im Anmarsch war, pausierten wir ein Weilchen und machten paar Fotos, als die Sonne herausgekommen war. Eine gewisse Eile war dabei nötig, denn plötzlich fingen niedrige Hochnebelschwaden an, den Himmel zu bevölkern. Paar Bilder gingen aber.

Der Mühlenteich von Forsmark.

Und nochmal.

Der Forsmark Herrgård.

Dann sollte es mal ans Wasser gehen. Kurz vor Östhammar zweigten wir auf eine Nebenstraße ab, die einen kleinen Fjord querte und uns auf eine Halbinsel führte. Die Landschaft war nun von weniger Wald und mehr offenen Weiden, Wacholdern und Felsen geprägt. Wunderschöne Dörfchen gab es hier.

Auf der Halbinsel liegen die Höfe von Nolsterby.

Das Ende der Straße bildete die kleine Siedlung Älvsnäs. Auch hier gab es eine kleine Bootsbrücke mit netten Häuschen. Während Nil sich auf einen Steg legte, streifte ich mit der Kamera durch die Gegend.

In Älvsnäs genießt Nil die letzten Sonnenstrahlen.

Die Bootsbrücke von Älvsnäs. Offenbar hat die Gemeinde sich zwischenzeitlich ein "Ä" und ein "S" gekauft...

All zu lange wollten wir uns aber nicht Zeit lassen. Einen bahnmäßigen Programmpunkt hatten wir nämlich noch. Auf der Karte hatten wir gesehen, dass in das Stück südlich von Östhammar gelegene Hargshamn und weiter entlang der Küste nach Hallstavik eine Stichbahn führt. Aus dem Kursbuch war mir in dieser Gegend keine Nebenbahn geläufig. So schauten wir mal neugierig in den Daglig grafen, ob dort denn noch irgendein Zug auf dieser Strecke verzeichnet wäre. Und tatsächlich. Blad 19 wies sogar drei Fahrtenpaare für heute zwischen Dannemora und Hargshamn aus. Das war kurios, denn das wäre quasi ein Inselbetrieb. Keine der Fahrten sollte von/zur Hauptstrecke fahren. Einer der Züge sollte um 13 Uhr in Hargshamn ankommen. Den wollten wir uns natürlich ansehen.

Über eine andere Straße fuhren wir also zurück zur Hauptstraße nach Östhammar. Dabei entdeckten wir noch viele schöne Herbstmotive, doch mittlerweile herrschte wieder geschlossene Bewölkung. Hinter Östhammar ging es durch einen weiteren 'Museumsort', zumindest dem Alter der uniformen Häuschen und dem alten Glockenturm nach. Harg bzw Hargs bruk hieß der Ort, der offenbar auch einen werktätigen Hintergrund hat. Hier hätte man sich ebenfalls fotografisch austoben können. Ein wahres Kleinod. Offenbar ist diese Gegend ähnlich voll mit alten Eisenwerken wie die Bergslagsregion weiter im Westen.

In Hargs bruk stießen wir auf das Bahngleis. Nicht elektrifiziert und partiell verkrautet. Ein alter, oben spitz zulaufender Ladekran erregte unsere Aufmerksamkeit. Gerade waren wir ausgestiegen, um doch mal eines der alten Gebäude zu fotografieren, da trötete es auch schon in der Ferne. Trotz Motivlosigkeit und Düsternis bauten wir uns an einem nahen BÜ mitten im Wald für ein Foto auf. Der Zug aus Dannemora, der auf dieser Nebenbahn trötend angefahren kam, war wesentlich eindrucksvoller als erwartet. Zwei Td schleppten sich mit einer langen Kette von Schüttgutwagen ab.

Der Urlaub endet bahnmäßig mit einem Erzzug: Dieser Verkehr pendelt zwischen Dannemora und Hargshamn.

Hier musste Wikipedia mal wieder aufklären: In Dannemora wird tatsächlich seit 2012 wieder (!) Eisenerz gefördert. Im 19.Jh war dies sogar das bedeutendste Erzabbaugebiet Schwedens. Die Bahn war anfangs ein schmalspuriger Inselbetrieb zwischen Dannemora und Hargshamn, später Bestandteil des Roslagsbannetzes, von dem nur noch einige Vorortbahnstrecken nördlich Stockholm übrig sind. Nach Umspurung in den 1970er Jahren gab es hier aber kaum Verkehr. Erst nach der Wiedereröffnung der Grube Dannemora kam es zur Modernisierung und Wiederaufnahme des regelmäßigen Verkehrs.

In Hargshamn wurde der ganze Kram direkt in ein am Meer gelegenes Werk bzw eine Verladeanlage befördert. Das weiterführende Streckengleis war rostig. Interessant war auch die neue Sicherungstechnik. Wird wohl etwas EOW ähnliches sein. Es gab rote Punkte oder Weichenlagemelder in Kästen auf Schienenhöhe mit LEDs, wie wir sie von Zs2 oder Zs3 Signalen in ESTWs kennen.

Da die Züge ja höchst fotogen sind, suchten wir nochmal bis Gimo nach Fotomöglichkeiten. Nicht für heute, aber vielleicht treibt einen das Wetter oder der Flugplan ja irgendwann mal wieder in diese Gegend... In Hargshamn dürfte der Blick von der Straßenbrücke ins Werk abends gehen. Der Verladekran Hargs bruk wäre ebenfalls was für abends. Östlich Gimo dürfte ganztags einiges gehen. Die Bahn verläuft dort sehr frei. Ca 3 km östlich auch evtl spätnachmittags mit Bahnwärterhaus. Bf Gimo selbst wäre vormittags am fotogensten.

Der Glocken(?)turm von Gimo.

Von Gimo führte eine Hauptstraße geradewegs auf Uppsala zu. Auch wenn mal ein Schleicher vor uns war, den schwedentypisch niemand überholte (außer uns), kamen wir gut vorwärts. An einer Stelle wurde die Straße ausgebaut. Überall an den Felsen waren die bunten Sprengmarkierungen aufgemalt. Aber wir hatten Glück und kamen ohne entsprechende Sperrung gut durch. Ab Uppsala hatten wir noch paar Kilometer auf der E4, dann war auch schon der Abzweig zum Flughafen erreicht. Nun stellte sich heraus, dass Arlanda für uns beide der erste Flughafen war, an dessen Zufahrtsautobahn nicht gekennzeichnet war, wo es zur Leihwagenabgabe geht. So drehten wir erstmal eine Ehrenrunde an den Terminalgebäuden vorbei. Dabei sahen wir das periphär gelegene Leihwagenterminal. Erst mussten wir noch tanken, dann ging es zur Abgabe. Dort mussten wir eine Schadensmeldung ausfüllen, weil uns bei Åmsele der entgegen kommende Holzlaster zu einem kleinen sternförmigen Sprung in der Windschutzscheibe verholfen hatte. Mal sehen, was wir davon noch hören... (Nachtrag: Davon hörten wir "6000 SEK!". 677 Euro für eine Windschutzscheibe? Tja, steht so als Beteiligung für Glasschäden im Kleingedruckten. Europcar Schweden erklärte, dass eine neue Windschutzscheibe inkl Steuern sogar noch teurer wäre).

Mit dem Shuttlebus gelangten wir zum Terminal 5. Das Einchecken klappte problemlos, die Sicherheitskontrolle sogar ohne einen einzigen Mucks des Detektors oder Öffnungswunsch des Handgepäcks. Auf der anderen Seite setzten wir uns noch auf ein Baguette in ein Bistro. Dann war Verabschiedung angesagt. Das Boarding nach Hamburg verzögerte sich dann etwas, aber irgendwann war es so weit...

SK2647: Stockholm 16:50+30 - Hamburg 18:30+15

Der Flug war angenehm. Außer einem kurzen Ausblick auf den Flughafen Kastrup durch eine Wolkenlücke sah man nur Rümpel mit der markanten Ausfädelung der ehemaligen Trittauer Bahnstrecke aus der Strecke Hamburg - Lübeck, Bargteheide und die nördlichen Hamburger Stadtteile.

Fazit

Na, bei dem Wetter darf jetzt gewiss keine Klage kommen :-) Und mit den Punkten Erzbahn mit Herbstfärbung (mein zweiter (und erster gelungener) Versuch!) und Botniabahn haben wir sogar Wunschthemen beackern können. Auch die "sonstigen" Bilder an Stambana, Lycksele Piste oder Mittlinje waren als Erfolg zu werten. Da sind wir hochzufrieden.

Etwas schade war vielleicht, dass man den Höhepunkt - auch aus erholungstechnischer Sicht - im ersten Urlaubsdrittel hatte. Alles andere konnte da eigentlich nur "schlechter" werden. Das betraf die Motive, das betraf allerdings auch die Unterkünfte. Vielleicht sollte man an der Erzbahn ruhig mal wieder eine ganze Woche aussitzen? Es ist einfach wunderschön dort. Und: IORE geht! Die IORE vor den Erzzügen sind eine hocheindrucksvolle Erscheinung, die einen Besuch jederzeit lohnt! Dagegen war die Dm3 mickrig! ;-)

Gefallen hat mir aber auch der fast bahnfreie Abstecher am Abreisetag in eine Gegend, in der Wildnis (mehr als erwartet!) und interessante Kultur auf wunderschöne Weise aufeinender trafen. Tja, da haben wir Schweden mal wieder als abwechslungsreiches Land kennengelernt. Seeeehr seeehr abwechslungsreich. Und so --- blaugelb!

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