Der Vogelfluglinie letzter Akt

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Als Eisenbahnfotograf "kümmert" man sich ja um soooo viele Strecken, und zu den meisten hat man gar keine so richtige persönliche Beziehung. Mit der Vogelfluglinie war das anders. Zwischen 1990 und Ende der 2000er ("nuller") Jahre war die Vogelfluglinie für mich die direkte Einflugschneise zu unzähligen Skandinavientouren. Während die Landschaft beiderseits des Belts ja nicht die allerspektakulärste ist, konnte man sich immer auf den Höhepunkt freuen: Die Fährüberfahrt. Oft war die viel zu kurz, um lecker Essen zu gehen, den Shop zu besuchen und sich einfach auch mal den Seewind um die Nase wehen zu lassen.

Hinzu kam ein sehr freundschaftliches Verhältnis zwischen meiner damaligen DB-Dienststelle, der BL Hamburg, und den Puttgardener Kollegen. Dienstliche Gespräche endeten nicht selten mit einem persönlichen Klönschnack, und wenn ein bestimmter Kollege da oben mal nicht ranging, wurde mir schon bei der Einweisung gesagt, dann sei er wohl gerade in "dienstlicher" Mission auf der Fähre unterwegs... Was die "dienstliche" Mission war, das wussten wir auch, aber das gehört hier nicht her... ;-) Später traf man sich dann regelmäßig zur gemeinsamen Besteigung der Fehmarnsundbrücke mit anschließendem Besuch der Aalkate Lemkenhafen. Liebe Puttgardener, wenn Ihr das lest, seid herzlich gegrüßt! Das war eine tolle Zeit!

Im Laufe der Jahre lernte ich dann aber zumindest auf deutscher Seite auch die Landschaft zu schätzen. Als die dänischen IC3 (die ich zum Mitfahren sehr bequem finde, die aber in meinen Augen dann doch nicht gar so fotogen sind) zwischen 2007 und 2017 durch Diesel-ICEs ersetzt wurden, zog es mich viele Male an die Strecke, um Fotos zu machen. Davon habe ich auch eine Galerie erstellt, die ich am Ende des Reiseberichtes verlinke.

Jedenfalls war mir lange im Voraus klar, dass ich das Ende der Ära "Vogelfluglinie" miterleben möchte. Und als klar wurde, dass der Abschied tatsächlich planmäßig am 14.12. und nicht schon wegen Bauarbeiten o.ä. vorzeitig stattfinden würde, ging es an die Feinplanung. Eigentlich war mein Wunsch, dass ich mit dem allerletzten trajektierten Zug mitfahren wollte. Das war nun etwas ungünstig, denn der fuhr nach Dänemark. Nach Klärung der Übernachtungssituation an den folgenden Haltebahnhöfen nahm ich davon sogar fast wieder Abstand und hatte schon beschlossen, mich mit dem letzten Südfahrer zu begnügen. Hotels sollten deutlich über 100 Euro kosten, und in Hostels konnte man immer nur zu einer festgelegten Stunde einchecken. Erst als ich von Michael hörte, dass er sich im Danhostel Ringsted einquatiert hätte und mir den Schlüssel mitbringen könnte, konnte ich gedanklich wieder auf den allerletzten Trajekt umschwenken. Tatsächlich bot das Hostel dann sogar bei Vorauszahlung die Deponierung des Schlüssels in einem Schlüsselsafe an. So konnte man sich also auf die schöne Runde freuen, die von der Deutschen Bundesbahn im Rahmen des Programms "Der schöne Tag" unter dem Titel "Große Brücken, große Fähren" (o.ä.?) angeboten wurde.

Samstag, 14.12.2019

Entspannt ging es erst mittags los. Richtig verabredet hatte ich mich zum Anfang der Tour mit niemandem, aber mir schwante schon, dass man den Einen oder Anderen treffen würde. Und so war es dann auch. Der EC 35 stand aus Bahnsteigwende schon früh auf Gleis 6 des Hamburger Hbf bereit. Sven war auch schon fleißig am fotografieren, und zusammen stiegen wir dann ein.


EC 35 ist der vorletzte Zug in Richtung Vogelfluglinie und steht in Hamburg Hbf bereit.

EC 35 Hamburg Hbf 13.28 - Rødby 16.13

Wir hatten einen Vierer für uns und konnten die Fahrt durch die trübe Landschaft Ostholsteins genießen. Bei den Zugdurchsagen wurde dazugesagt, dass dies der vorletzte Zug sei, der über die Vogelfluglinie fährt. Die in Lübeck einsteigenden Zollbeamten entlarvten uns auf den ersten Blick als Eisenbahnfreunde und damit als "harmlos". Hmm, sollte uns das zu denken geben? Eine Truppe aus dem DSO-Auslandsforum war auch zusammen unterwegs im Zug. Auf der Fähre traf man sich dann und konnte die weiteren Planungen vergleichen. Sie hatten sich im Hotel am Bahnhof Puttgarden einquartiert; das war immerhin nicht so teuer wie die dänischen Pendants. Mit dem Zug ging es in Rødby noch aus der Fähre "Prinsesse Benedikte" hinaus an den Bahnsteig, wo wir länger als erwartet zwecks Video auf die Ausfahrt warten mussten. Der Zoll war relativ lange im Zug.


Paar DSO-Forianer hatten sich ebenfalls im EC 35, der paar Etagen tiefer steht, zusammengerottet.


Zwischen den LKWs ein Zug...


Am provisorischen Bahnsteig von Rødby Færge wartet EC 35 auf die Freigabe durch den Zoll.

Um 16.45 sollte die "Deutschland" nach Puttgarden zurückfahren. Eigentlich hatte ich ja mit dem EC 32 zurück nach Puttgarden fahren wollen, doch die DSO-Truppe wollte jetzt schon zurück und das Buffet nutzen, das es anscheinend momentan nur auf den deutschen Fähren gibt. Durch unsere Fotoaktion waren wir aber weit zurück. Der Weg von dem behelfsmäßigen Bahnsteig der ECs zur Eingangshalle der Fähre war nicht ganz kurz, und an der Sperre haderten wir nun etwas, da wir mit unseren Bahntickets keine Chance hatten, an der Sperre vorbei zu kommen. Ich hatte mich gerade durchgerungen, die 10 Euro für ein Fährticket zu opfern, da war es ca 16.30 und die Anzeige für die nächste Fähre sprang auf "17:15" um. äääh, haaaalt, ich will noch miiiit! Ich hetzte eine lange Treppe hoch, lief gefühlt kilometerweit durch irgendwelche Glasbrücken, bog am Schild "17:15 nach links" nach rechts ab, weil ich ja 16:45 fahren wollte, lief weitere Kilometer durch den Glaslaufstall, doch es war zu spät. Ein Scandlines-Mitarbeiter hatte die Tür verrammelt und kam mir entgegen. Klar könne ich auf die Fähre, meinte er. Um 17.15! Das war ja nun mal richtig blöd gelaufen!

Aber eines war mir klar: Um 17.15 würde ich nicht mitfahren. Vielleicht war es ein Zeichen: Heute sollte ich nur per Zug Fähre fahren. Und das war ja auch richtig so. Pfeif doch auf den Hunger! Der Zug kommt ja bald und nimmt auch eine deutsche Fähre, die um 17.45... Bei Sven und paar anderen dänischen Eisenbahnfreunden gab es jedenfalls ein großes Hallo, als ich wieder bei denen auftauchte. Der Scandlines-Typ vom Glas-Laufstall eben kam nun auch an und wurde sogleich mal examiniert, wie Scandlines sich denn den Zugang per Bahnticket vorstellt. Klar geht das, er müsse dafür die Sperre manuell öffnen. Dumm nur, dass er anscheinend während der Liegezeit der Fähre oben zu tun hat und nicht bei der Sperre verfügbar ist...

Um diese Erkenntnis reicher beschlossen wir nun eine Ortsbesichtigung. Auf dem Stadtplan sah es so aus, als müsse man nur irgendwie über die ganzen Warteflächen der Autos rüber kommen, und dahinter sah es auf dem Plan nach nettem Städtchen aus. Also wieder durch den Tunnel unter den Gleisen durch zum Parkplatz rüber, diesen gequert, bis man am Zaun des Fährgeländes mit den dahinter liegenden Wartespuren stand. Schemenhaft war rechts in der Dunkelheit die Silhouette einer Fußgängerbrücke erkennbar. Hier war keine einzige Lampe weit und breit an, die Treppe zur Brücke lag in absoluter Dunkelheit. Puttgarden ist ja schon "runter", aber Rødby kann man auf der Bahnseite getrost schon als "Lost Place" bezeichnen... In heftig auffrischendem Sturm ging es nun über die Brücke. Im Bereich der Wartespuren gab es nun auch wieder Beleuchtung. Die Brücke endet abrupt, bevor sie über eine Straße weiter führen könnte. Man muss vorher eine seitliche Treppe runtergehen. Das taten wir aber nicht, denn statt eines schnuckeligen Städtchens lag nur die finstere Straße eines Gewerbegebietes vor uns. Von Fern grüßte das Licht einer Tankstelle. Hmmm, da würde es sicher was zu essen geben. Neee, wir essen auf der Fähre!


Abfahrtsplan von Rødby.

Also über die Brücke zurück in die Dunkelheit gestapft und vorsichtig die Treppe hinab gestiegen. Nach Querung des finsteren Parkplatzes mussten wir nicht mehr lange warten, dann waren in der Ferne die Lichter des EC 32, des letzten Zuges von hier über die Fähre nach Hamburg zu sehen. In dieser Richtung hielt der auch gar nicht lange, sondern verschwand bald im Bauch der Fähre "Schleswig-Holstein", die mit diesem Zug ihren Abschied vom Bahnverkehr nahm.


Mit EC 32 rollt zum letzten Mal ein Südfahrer aufs Schiff.

EC 32 Rødby 17.38 - Puttgarden 18.36

An Bord stürmten wir sofort die Cafeteria. Wir hatten uns gegen das Buffet entschieden, da ja nach Zugankunft auf der Fähre noch eine Viertelstunde weniger Zeit dafür ist, als wenn man über den Landgang gekommen wäre. Statt dessen gab es das Fischfilet in Schollenform mit Pommes und der ekligen Remouladensoße - genau das richtige für den Abschied, denn sowas hatte man im Laufe der ganzen Touren häufiger mal gegessen. Am Ende hatten wir gegenüber dem Buffet nur wenige Euros gespart, aber was solls... Von den Sonnendecks war nur ein einziges offen. Der Sturm nahm einem fast den Atem. Das Schiff schaukelte ganz schön heftig.


Typisches Cafeteria-Essen auf der Vogelfluglinie... Fischfilet an Pommes unter Remoulade.


Auch auf der Fähre gilt bis heute: Schienenfahrzeuge haben Vorrang!

In Puttgarden wurde der aus der Fähre rollende Zug von zahlreichen Fotografen erwartet. Nach Ankunft wurde die Front des EC 32 geschmückt und ein Plakat mit dem IC3 ausgerollt. Man traf alte Kollegen und konnte etwas quatschen. Offenbar war Zeit, der EC 32 würde erstmal nicht weiterfahren. Planmäßig kreuzt er in Großenbrode mit dem Gegenzug EC 39, doch an diesem denkwürdigen Tag konnte die Begegnung der beiden Züge "dank" einer "Funkstörung" am EC 32 in Puttgarden zelebriert werden.


EC 32 ist in Puttgarden geschmückt worden.


Großer Auflauf auf dem Bahnsteig.

Und bald tauchten in der Ferne dann auch Lichter auf. Erst der Bummelzug, der schnell weggesetzt wurde, und dann der EC 39. Dessen Front war bereits geschmückt. Und dessen Einfahrt war für mich dann auch der Höhepunkt des Tages. Mit lautem Horn rollte er langsam an den Bahnsteig. Der am Bahnsteig wartende EC 32 antwortete mit seinem Typhon. Auf dem Bahnsteig winkende und Fähnchen schwenkende Leute. Das war schon feierlich! Zum Glück hatte ich mich für ein Video von der Einfahrt entschieden: Einfahrt des EC 39 in Puttgarden.

Ich glaube, in diesem Moment floss manch ein Tränchen. Langjährige Kollegen und Kolleginnen lagen sich in den Armen. Die Bahner hier auf der Vogelfluglinie oder zumindest das Stammpersonal bildeten immer schon eine eingeschworene Gemeinschaft, sogar eine grenzüberschreitende! Da Anfang der "nuller" Jahre im Zugbegleitdienst deutsch-dänische Teams gebildet wurden, die die komplette Strecke Hamburg - København fuhren und die auch beide Sprachen und natürlich englisch können mussten, war der Kreis der hier eingesetzten Zugpersonale damals recht übersichtlich, dafür aber deutsch-dänisch. Auch die Anzahl der IC3-kundigen Lokführer ist überschaubar. Hinzu kommen die Fahrdienstleiter der Fernsteuerzentrale Puttgarden, die bei Störungen oder schon einfachen Fahrplanabweichungen wie Verlegung von Kreuzungen usw engen Kontakt mit den Zugpersonalen gehalten haben und dadurch ebenfalls bekannt waren und zur "Familie Vogelfluglinie" dazu gehörten. Diese allen Zersplitterungen trotzende Gemeinschaft nannte sich irgendwann "IC3 Club". Dazu gehörten z.B. auch Zollbeamte, die in den Zügen mitfuhren. Diese Gemeinschaft gibt es bis heute. Und vielleicht auch noch länger, wenn auch wohl nicht mehr auf dienstlicher Basis.


Der IC3 Club hat sein Banner ausgerollt.


Ein letztes Mal und ein wenig außerplanmäßig treffen sich EC 32 und 39 in Puttgarden.

Mit dem EC 39 waren auch Steffen und Michael mitgekommen, mit denen ich nun zusammen nach Ringsted fahren wollte. Unsere gemeinsame Schrecksekunde hatten wir, als sich bei unserem Zug bereits um 19.05 die Türen schlossen. Da wollte wohl einer die Geschichte der Vogelfluglinie um drei Minuten kürzen! Neee neee, das ging ja mal gar nicht! Wir sind schnell nach vorn gerannt und durch die Führerstandstür rein. Hmmm, war ich der Letzte von uns dreien? Dann bin ich wohl der letzte Fahrgast, der in Puttgarden in einen Zug nach København gestiegen ist. Ich lass schon mal Autogrammkarten drucken ;-b

EC 39 Puttgarden 19.08 (dann doch nicht -3) - Ringsted 21.43

An Bord der Prinsesse Bededikte gab es nochmal eine Portion Frischluft (von einem zweiten Abendessen nahm ich lieber Abstand, aber zwei Tafeln Marabou Schokolade mussten noch eingekauft werden, auch das hat man immer so gemacht...). Der Zug stand allerdings auch auf der einen Seite schön frei, und das Fährpersonal hatte nichts dagegen, dass auch noch während der Überfahrt rumgelaufen und fotografiert wurde. Lediglich für frontale Fotos war die Doppelgarnitur etwas lang...


EC 39 ist endgültig der letzte Zug auf einer Fähre der Vogelfluglinie.


Selbst in der Enge des Schiffes wird die geflaggte Front fotografiert.


Ich hatte gar nicht gedacht, dass da doch noch so viel Platz ist...


Auch die DSO-Truppe ist noch guter Dinge :-)


Und ein Reporter bittet den Lokführer um ein Interview.

Die DSO-Truppe wollte mit diesem Schiff wieder zurück und durfte sogar unseren Zug bei der Ausfahrt aus der Fähre von der Fährbrücke aus fotografieren. Wir anderen durften immerhin nach dem Öffnen der Bugklappe auch schnell eine Aufnahme von dem Zug auf der Fähre machen, bevor wir geschwind wieder einstiegen. Dann war es soweit. Wir verließen mit dem allerletzten Zug zum allerletzten Mal ein Schiff der Vogelfluglinie. Das war's: Mit dem EC 39 fährt der allerletzte Zug von der Fähre.


EC 39 steht in Rødby zur Ausfahrt aus der Prinsesse Benedikte bereit. Damit endet die Geschichte des Zugverkehrs über die Fähren der Vogelfluglinie!

Der Zug war gar nicht schlecht belegt. Ab jetzt ging es in der ersten Klasse für uns weiter. Glücklicherweise hatte mir Erik so viele Bierdosen aufgedrängt, dass wir drei und ein Norweger, der bei uns saß, versorgt waren. Es gab viel zu erzählen, und so verging die Fahrt durch die Dunkelheit Dänemarks wie im Fluge. Viel sah man natürlich nicht von den Streckenausbaumaßnahmen, aber klar ist, dass hier kein Stein mehr auf dem anderen stand. Von dem markanten Empfangsgebäude von Vordingborg fehlte jede Spur... In Ringsted waren wir nicht die einzigen, die sich von dem letzten Zug der Vogelfluglinie verabschiedeten. Trotz strömenden Regens fanden sich am Bahnsteigende mehrere Fotografen ein.


Eine dänische Eisenbahnerin nimmt in Ringsted mit ihrer Tochter Abschied vom letzten Zug.


Velkommen til Ringsted!

Michael kannte den Weg zum Hostel ja schon und führte uns zielsicher durch menschenleere Straßen zum Ziel. Das Hostel befand sich in einem hübschen Hof mitten in der Stadt, die einen sympatischen Eindruck machte. Mein Schlüssel war tatsächlich im Schlüsseltresor, prima! Wir hatten uns noch nen Schlummertrunk mitgebracht, den wir in gemütlicher Runde genossen, doch gegen Mitternacht ging es auf die Zimmer. Wir waren uns einig, dass es ein würdevoller Abschied gewesen war.

Sonntag, 15.12.2019

Ich muss ja zugeben: Dänemark ist für mich immer nur Transitland gewesen. Seit einem Familienurlaub als Dreijähriger auf Læsø habe ich nicht mehr in Dänemark übernachtet. Aber bei der Einrichtung des Vandrehjems fühlte ich mich hundertprozentig wie im Skandinavienurlaub... Während sonst skandinavische Städte an einem Sonntagmorgen allerdings komplett tot sind, hatte hier immerhin der Rema1000 schon offen. So konnten wir uns mit frischen Brötchen und Aufschnitt für die Rückfahrt versorgen. Der erhoffte Kaffee vom Bahnhofskiosk musste allerdings entfallen, da der Laden erst um 8 aufmachen wollte und die Bedienung noch am Brötchenschmieren war.


Der Satz unten weist auf den schönsten Tag des Jahres hin. Wobei es diesmal leider nicht der Sommer(!)fahrplan ist. (Falls jetzt jemand nur Bahnhof versteht: Das Godfredsen / Brodersen Special auf Youtube )

Ich trat frühzeitig raus auf den Bahnsteig und wurde prompt von einem Typen mit Plastiktüten angesprochen. Schnell fand er heraus, dass ich Deutscher sei, woraufhin er mich mit deutschen Werbesprüchen zutextete. Als Kind habe er immer deutsche Zeichentrickserien geschaut, deshalb könne er so gut deutsch. Dann wollte er noch wissen, wie Frau Merkel bei uns Deutschen angesehen ist. Nach meiner ausführlichen und natürlich restlos neutralen politologischen Expertise fuhr sein Zug nach Slagelse bald ein. Als er den Ortsnamen nannte, hätte ich ihn fast gebeten "Können Sie das nochmal sagen?". Diese Sprache ist echt urkomisch. Keine Ahnung, wie die diesen gewissen, ständig vorkommenden Laut hinbekommen, der so klingt, als ob jemand kurz vorm Ersticken ist...

IC 393 Ringsted 7.55 - Hamburg Hbf 12.02

Steffen wollte noch nach København, so dass Michael und ich allein zurück fuhren. Zwei jüngere Hobbykollegen, Julian und Christian, waren auch an Bord; die hatten die Nacht in København durchgemacht. Wir ließen sie schlafen... Sehr erfreut nahmen wir beim Einsteigen zur Kenntnis, dass in der ersten Klasse diesmal Kaffee und Tee bereit standen. Das war wirklich gut! Und dann kam der Schaffner doch tatsächlich noch mit je einem Frühstücksbrettchen, je einem Brötchen, Marmelade und Käse an. Wir hatten fast das ganze 1.Kl-Abteil für uns und konnten uns nun so richtig auf das Frühstück stürzen.


Das in der ersten Klasse inkludierte Bordfrühstück. Kaffee oder Tee kann man sich natürlich beliebig nach nehmen.


...Und angereichert durch unsere Einkäufe!

Tja, und so war diese Fahrt dann auch mal wieder richtiges "Reisen". So könnte ich stundenlang Bahn fahren. Bei einem Käseschinkenbrötchen und dem zweiten Kaffee ging es von Sprogø rüber nach Fünen. Das Meer war ordentlich bewegt, obwohl es nicht mehr so stürmisch war wie gestern. Aber egal, gestern war Fähre, heute Brücke, und so merkten wir nicht viel vom rauhen Wetter auf See. Mit Halten in Odense und Kolding ging es südlich an Fredericia vorbei. Vor Lunderskov gab der Schaffner bekannt, dass der Kaffee ein Angebot der dänischen (mit drei !!!) Bahn sei und er kurz vor der Grenze die Kannen einsammeln würde. So geschah es dann auch.

Der dritte und letzte planmäßige Zwischenhalt für Reisende war Padborg. In Flensburg blieb der IC am Abzweig Friedensweg auf der zweigleisigen Hauptstrecke und nahm unter Umfahrung des Flensburger Personenbahnhofs Kurs auf Flensburg Weiche. Dort gab es einen kurzen Halt vor dem Stellwerk - mitten im durchgehenden Hauptgleis. Eine Durchsage bat darum, die Pässe bereit zu halten, damit es möglichst schnell weiter gehen könne. Doch bald sah man das Polizeiauto wieder wegfahren und der Zug fuhr weiter. Hatte man nur den Lokführer überprüft? Nein, zwei Polizisten waren noch an Bord und kontrollierten dann doch alle Fahrgäste. Für sie wurde der Zug extra in Schleswig ins Ausweichgleis, an dem der Bahnsteig liegt, gefahren. Dort stiegen sie wieder aus. Wenn man hier eh hält, könnte man in Schleswig doch eigentlich auch einen Verkehrshalt einrichten?

Nachdem es in Dänemark noch durch schwärzeste Regenwolken mit ganz eigentümlichem gelblichen Licht gegangen war, lockerten die Wolken nun zunehmend auf und klarer Sonnenschein kam hervor. Ohne besondere Vorkommnisse und ohne weitere Zwischenhalte ging es nach Hamburg, wo wir am Rainweg und vor Dammtor die entstandene Verfrühung wieder abbummeln mussten. So schloss sich der Kreis. Am Heck des Zuges waren die am Gummiwulst angebrachten Flaggen noch weitestgehend dran. Es war dieselbe Zugeinheit gewesen, die am Vortag den EC 39 gefahren hatte. Über die Vogelfluglinie...


Am Hamburger Hbf schließt sich der Kreis. Der Flaggenschmuck war in København nicht abgenommen worden und hängt noch größtenteils am Zug.

Hatten wir gestern wirklich deren letzten Akt miterlebt? Bis zur Wiedereröffnung des Bahnverkehrs durch einen neu zu bauenden Fehmarnbelttunnel und Fertigstellung der Hinterlandanbindung in Deutschland werden noch viele viele Jahre vergehen. Dann werden sich nur noch die ganz Alten erinnern, dass es eine Zeit gab, als man hier die Züge auf Fährschiffe verladen hat, um dem Weg der Kraniche zu folgen...

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