1992: Urlaub in Teterow

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Verfasst 2021 nach Tagebuchaufzeichnungen des Jahres 1992.

Eine in den Jahren nach der Wende gerne angewandte Kombination von Fortbewegungsmitteln hatte ich noch nicht in Reiseberichtform aufbereitet: Bahn und Fahrrad. Ich war noch in der Ausbildung bei der Bahn, und irgendwie müssen wir wohl paar Tage frei oder Urlaub gehabt haben. Jedenfalls war das Wetter gut und warm angekündigt, so dass sich mein Ausbildungskollege Lars und ich entschieden, mit dem Fahrrad die Nebenbahnen in der Mecklenburgischen Schweiz zu besuchen. An- und Abreise, aber auch verschiedene Wege vor Ort erfolgten natürlich mit der Bahn. Die Reichsbahn gab es noch, die DDR schon zwei Jahre nicht mehr, und die ersten Modernisierungen gab es bei der Reichsbahn vor allem im Fahrzeugsektor.

Mittwoch, 05.08.1992

Immerhin hatte man es 1992 geschafft, einen Zweistundentakt mit Eilzügen zwischen Hamburg und Schwerin einzuführen. Habe ich Zweistundentakt gesagt? Nun, das ist im Prinzip richtig, wenn man von der "klitzekleinen" Taktlücke absieht, die es zwischen 9 und 15 Uhr gab. Was im ersten Moment Kopfschütteln verursachen mag, ist sicherlich dem massiven Baugeschehen geschuldet, das die Strecke in den Folgejahren beherrschen sollte. Ein wenig von meiner heutigen Bequemlichkeit habe ich damals wohl auch schon gehabt; jedenfalls sind wir erst mit dem letzten Eilzug des morgendlichen Zweistundentaktes gestartet, obwohl man bei dem tiefblauen Himmel vielleicht auch für zwei Stunden Fotos im damals noch unangetatsteten Bahnhof Hagenow Land hätte machen können...

E 3761: Hamburg-Bergedorf 09.29 - Hagenow Land 10.35+10

Moderne Wagen haben sie der Eilzuglinie Hamburg - Schwerin ja recht bald spendiert. Die Zugbildung lautete: 232+Byu+Byu+BDwsb+AB+Byu. Byu waren die modernisierten Halberstädter, die außen eine Lackierung in mint/weiß und innen Stoffsitze (aber noch in Vierergruppen) bekommen hatten. Bei der Modernisierung hatte man einige Genialitäten angewandt: Die neuen Stoffpolster waren, damit sie ihren Einsatzort auch ja in tadellosem Zustand erreichen, in Folie eingeschweißt montiert worden. Bei der Inbetriebnahme hat man nun notdürftig die Folie von den Sitzflächen abgekratzt, doch an den Seiten hing die Folie noch "willenlos" runter. Und das Signet, dass man keinen Müll aus dem Fenster werfen soll, war zwischen die beiden Scheiben der Doppelverglasung geklebt. Durch die Feuchtigkeit, die sich im Laufe der Zeit zwischen den Scheiben sammelte, löste sich der Kleber, und das Signet rutschte zusammengeschrumpelt langsam nach unten. Und man konnte nichts machen, ohne das Fenster auszubauen... Aber ich schweife ab. Der Halbpackwagen BDwsb (mit einigen Spezialabteilen) und das 1.Kl Kontingent im Bautzener Abteilwagen waren natürlich noch unmodernisiert und von außen an der elfenbein/grünen Farbe der DR erkennbar. In Brahlstorf standen wir etwa 10-15 Min länger als geplant, vermutlich wegen Zugfolge. Die Strecke war eingleisig und entsprechend dicht belegt.

N 5863: Hagenow Land 10.41+10 - Ludwigslust 11.06+10

Zugbildung: 201+Bghw+BDghw+Bghw. Dieser "Systemanschluss" in Hagenow Land existierte früher auch schon, als man noch mit dem Bummelzug von Schwanheide bzw später Büchen anreisen musste. Und auf dem Anschlusszug nach Ludwigslust war zu 90% immer derselbe Zugführer. Der stand immer schon auf dem Keilbahnsteig, an dem der Zug aus Hamburg hielt, bereit. Und wenn man mit Fahrrad ankam, lotste er einen vom Bahnsteigtunnel weg und über den kleinen innerdienstlichen Überweg auf den Mittelbahnsteig, an dem "sein" Zug stand. Und wenn man ohne Gepäck ankam, natürlich auch ;-) Irgendwann erkannte er unsere Visagen ebenfalls wieder und man wurde von ihm begrüßt wie der Stammkunde beim Italiener um die Ecke. Und wir mussten dann immer erstmal erzählen, was wir so vorhatten.

In Ludwigslust hatten wir etwas Zeit. Wir setzten uns in die Mitropa und aßen erstmal ne Soli, also eine Soljanka, ein Gericht, das wir schnell zu schätzen gelernt hatten und das es in jeder Mitropa gab, auch wenn die Küche eigentlich schon geschlossen hatte...

N 6671: Ludwigslust 12.23+17 - Waren 15.35+5

Auch dieser Zug führte hinter der 201 zwei Bghw und einen BDghw, wobei die 2.Kl-Hälfte des BDghw komplett zum Dienstabteil erklärt war. Diese "dekadente Platzverschwendung" verursachte jetzt allerdings in den anderen Wagen auch kein großes Gedränge... Die hohe Abfahrtsverspätung war einem stark verspäteten Anschlusszug aus Richtung Süden geschuldet. Gut drei Stunden zockelten wir also im Bghw durch die schöne Mecklenburger Landschaft. Das war allerdings nicht alles reine Fahrzeit. In Parchim hatte der Zug sechs Minuten Aufenthalt. Danach hatte der Zug die 17 Minuten Verspätung wohl auch fast schon wieder rausgefahren. Das war auch gut so, denn in Karow hatte unser Zug 44 Minuten Aufenthalt. Und die brauchten wir möglichst ohne Abzug.

1992 gab es noch immer den großen Karower Nachmittagsknoten, zu dem sich Züge von allen fünf hier abgehenden Strecken trafen. Und wir hatten die Ehre, den Zug zu haben, der als erster ankam und als vorletzter abfuhr! Damit konnte man was anfangen. Auf zu einer Runde Streckenaufnahmen! Die Frage war nur, ob man das Fahrrad mitnehmen sollte oder nicht. Zum Glück entschieden wir uns dagegen, denn der Weg zu den nördlichen Einfahrsignalen führte querbeet über eine Wiese; da hätten die Fahrräder nicht viel genutzt.


Aus Richtung Wismar via Sternberg rollt N 7619 in den Bahnhof Karow hinein.


Zwischenzeitlich ist auch unser direkter Gegenzug eingefahren, der mit einer 219 bespannte N 6672 Waren - Ludwigslust. Und der Wismarer hat bereits Lokumlauf gemacht und wird als N 7626 an die Ostsee zurückkehren.


Auf Gleis 2 ist nun N 4914 Wittenberge - Güstrow dazu gekommen. Sein Gegenzug N 4915 Güstrow - Pritzwalk besteht aus einem Schienenbus und fährt als letzter Zug ein. Der Knoten ist vollständig. Moment - wo ist denn eigentlich unser Zug?


Unser N 6671 Ludwigslust - Waren ist auf Gleis 1 ganz in den Süden durchgezogen (Gleis 1b), damit später N 6672 um ihn herum an den Nordabschnitt von Gleis 1 (Gleis 1a) fahren konnte.

Als wir zwei Minuten vor Abfahrt unseres Zuges noch immer auf dem Bahnsteig fotografierten, wurde die Zfin langsam zappelig und rief, dass wir lieber mal einsteigen sollen. Na guut, man hatte ja paar Fotos bekommen... So konnte es dann auch pünktlich los gehen. Spannend wurde es erst wieder vorm Esig in Waren, vor dem wir fünf Minuten warten mussten. Und viel Umsteigezeit hatten wir nicht. Aber der Anschlusszug wartete natürlich.

N 15746: Waren 15.42+3 - Malchin 16.26

Zu unserer Verwunderung war der aus 201+Dage+Bghw+Bghw gebildete Zug sehr gut besetzt! Diese Strecke, auf der es seinerzeit drei Zugpaare gab, führte durch eine wunderschöne Hügellandschaft mit prächtigen, einzeln stehenden Bäumen. Ich konnte mir eine ganze Reihe von Motiven notieren.


Da war der Fdl in Malchin aber schnell. Der Gegenzug rollt gerade erst in den Bahnhof, da haben wir schon Ausfahrt. Und Güterverkehr gab es auch noch zu beobachten...

E 3332: Malchin 16.29 - Teterow 16.40

Der Zug bestand aus 232+Bmh+Bmh+Bmh. Diese ziemlich langweiligen Garnituren bestritten, wie wir im Laufe der Tage sehen sollten, einen Großteil der Zugleistungen auf der Strecke Bützow - Pasewalk.

In Teterow radelten wir entlang der Gnoiener Nebenbahn zur Jugendherberge, die unweit des Hp Teterow See lag und wohl auch noch liegt. Als wir uns dem "Seebahnhof" näherten, hatte der die Schranken unten und es kam eine kleine Rangierlok mit Getreidewagen angefahren - offenbar von dem Landhandel am Ortsrand von Teterow, den wir später auch noch zu sehen bekommen. Leider stand die Kleinlok falschrum und das Licht war auch schon rum.


Am Teterower See"bahnhof" überrascht uns ein kleiner Güterzug.

Wir checkten in der JH ein und waren uns dann aber einig, dass man noch was mit dem noch sehr jungen Abend anfangen konnte. Gesessen hatten wir genug, eine kleine Radtour durfte her! Wir entschieden uns zu einer Runde um den Teterower See; das war von der Entfernung überschaubar. Auf dem Weg nach Thürkow kam uns der Bummelzug aus Gnoien entgegen. Leider hatten wir vorher nicht erkannt, dass vor der Bahn ein kleiner Geländeabsatz war, so dass wir den Zug nur mit verdecktem Fahrwerk aufnehmen konnten. Schade...


Zwischen Thürkow und Teterow See bummelt N 14963 durch die weiten Felder am Nordwestende des Teterower Sees.

Von Thürkow ging es auf einem furchtbaren Sandweg durch wunderschöne Landschaft rüber nach Bukow, einem völlig verschlafenen Nest in wilder Natur am Nordufer des Teterower Sees, dann auf schöner Straße über Alt Sührkow nach Teschow, wo wir einen kurzen Abstecher an die Hauptstrecke eingelegt haben. Zurück in Teterow fanden wir fürs Abendessen einen kleinen Imbiss, die Seeschänke, die hübsch direkt am Ufer und unweit der Jugendherberge lag. Da konnte man die schon mal sehr gelungene Anreise bei einem schönen Feierabendbierchen beschließen.

Donnerstag, 06.08.1992

Angenehmerweise gab es in der Jugendherberge schon sehr früh Frühstück. Gut gestärkt und geweckt vom Kaffee ging es los, doch weit hatten wir nicht zu radeln. Zunächst einmal stand eine Zugfahrt an, die wir direkt am "Seebahnhof" beginnen konnten.


Diese hellblauen Kittel sah man auch häufiger... Die im Empfangsgebäude residierende Schrankenwärterin hat ordnungsgemäß die Schranken unten und beobachtet nun gespannt die Annäherung des N 14954. Der "Seebahnhof" ist natürlich nur ein Haltepunkt.

N 14954: Teterow See 07.39 - Gnoien 08.25

Markant auf dieser Strecke war die Stammgarnitur mit dem mittigen Packwagen: 201+Bghw+Dage+Bghw. Der Packwagen war "Welt bekannt". In der Zeitung "Die Welt" hatte es relativ kurz zuvor einen Artikel über diese Bahnstrecke gegeben, in dem der Packwagen, in den das Personal eine Parkbank gestellt hatte, ausführlich Erwähnung fand. In Poggelow war Zeit für ein Foto. Und später natürlich auch im Endbahnhof Gnoien, in dem zu unserer Überraschung auch ein Messzug stand.


Der Packwagen mit der Parkbank: Er war das Markenzeichen der Stammgarnitur auf der Strecke Teterow - Gnoien, deren Wagen wohl nur selten mal ausgewechselt wurden.


Kurzer Fotohalt im Bahnhof Poggelow. Den Klassiker mit dem hübschen EG und dem einfahrenden Zug hätten wir heute selbst bei Anreise mit dem Auto nicht umsetzen können, weil der Bahnhof voll mit Güterwagen stand.


Im Bahnhof Gnoien überrascht uns ein Messzug.

Der Bahnhof Gnoien lag auf einer Anhöhe südlich der Warbel Niederung. Also ging es nun erstmal bergab und über den Fluss und dann wieder aufwärts in die Stadt. Wir hielten uns hier allerdings nicht lange auf. Durch eine wunderschöne Allee, die gut zu fahren und nicht zu stark von Autos befahren war, ging es über Viecheln nach Behren-Lübchin. Die Alleebäume spendeten schönen Schatten; es war bereits jetzt am frühen Vormittag schon ganz schön warm. Und so war auch bereits in Behren-Lübchin ein erster Flaschentausch beim örtlichen Getränkestützpunkt erforderlich. Na, das konnte ja noch was werden... Über Böhlendorf ging es nach Bad Sülze. Die Stadt liegt hübsch auf einem Hügel, und es war gerade Markttag. Wieder erfolgte ein Flaschentausch: Leere Flasche und paar Pfennige gegen eine volle Flasche. Beim allerersten Flaschentausch einer Tour konnte es mal Diskussionen geben, weil unsere mitgebrachten Flaschen solch exotische Etiketten wie "Fürst Bismarck" oder "Reinbeker Schlossquelle" trugen. Vor Ort kannte man nur "Glashäger" oder "Güstrower Schlossquell". Dass die Etiketten völlig wurscht waren und es nur auf den einheitlichen Flaschentyp ankam, wollten einige nicht glauben... Außerdem gab es hier leckere Goldbroiler, die wir uns als Proviant mitnahmen.

Die herrlich ursprüngliche Trebelniederung querend ging es weiter und bald in leichter stetiger Steigung in die umgebenden Hügel. Durch einen angenehm kühlen Wald erreichten wir Kavelsdorf. Die Vorfreude war groß, hier endlich mal wieder auf die ultimativste aller Bimmelbahnen zu treffen, auf die Franzburger Südbahn. Dass da ein Gleis die Straße querte, war auch wirklich nur auf der Straße und an den Warnkreuzen zu erkennen. Die Strecke hätte man eher als grasbewachsenen Fahrweg identifiziert. Wir machten nur ein "Trockenfoto" und fuhren Bahn parallel erst über eine hübsche Straße, dann über Huppelwege zum Haltepunkt Stormsdorf, in dessen Nähe wir erstmal unseren Broiler verputzt und dann auf eine Bewegung auf der Schiene gewartet haben.


Die Franzburger Südbahn am Hp Kavelsdorf. Damit das Zugpersonal auch den Bahnsteig in all dem Bewuchs findet, ist dieser durch orange Markierungen gekennzeichnet (die allerdings auf der abgewandten Seite stehen).


In der Ferne bewegt sich was. N 15305 schlägt sich durch die Büsche.


N 15305 südlich des Hp Stormsdorf.

Nach der Durchfahrt ging es zurück nach Kavelsdorf (Flaschenwechsel) und Bahn parallel weiter in Richtung Tribsees. Schade, auf die Idee, mal eben schnell nach Tribsees rein zu fahren und den im Bahnhof stehenden Schienenbus zu fotografieren, sind wir leider nicht gekommen. Vielleicht war es auch zu heiß... So erwarteten wir also die Rückfahrt faul im Gras sitzend südlich von Landsdorf.


Einige Stunden später kehrt der Zug als N 15306 zurück - hier zwischen Tribsees Landstraße und Landsdorf.


Und der Nachschuss.

Danach schauten wir uns noch den Haltepunkt Tribsees Landstraße sowie die Trebelbrücke an. Wir fanden ein ganz hübsches Motiv mit paar Tümpeln im Vordergrund, wo wir auf den Bedarfsgüterzug warteten. Doch wie es sich bei einem guten Bedarfsgüterzug gehört, kam er natürlich nicht... Irgendwann gaben wir die Warterei auf und fuhren nach Tribsees rein.


Blick von der Landstraße auf Tribsees.


Den Bahnhof Tribsees gibt es leider diesmal nur ohne Zug.

Die Stadt erhebt sich festungsmäßig auf einem Hügel am Trebelufer und gefiel uns sehr gut. Gerade waren viele Restaurierungsarbeiten im Gange; einiges war sogar schon fertig. Nach einem erneuten Flaschenwechsel schauten wir noch kurz zum Bahnhof, dann ging es über eine furchtbare Hauptstraße bis Langsdorf, dann auf schönen Nebenstraßen via Breesen nach Behren-Lübchin, wo wir den örtlichen Getränkestützpunkt nochmal konsultierten, und dann die schöne Allee zurück nach Gnoien. Hier schauten wir uns noch die Altstadt an und besorgten paar Fleischwaren als Proviant, bevor es rüber zum Bahnhof auf der anderen Seite der Warbel ging.

Der Zug stand schon im Bahnhof. Dass wir schon mal die Räder in den Packwagen stellten, gefiel dem Zf erst nicht so richtig, später wurde er aber ganz freundlich.


Zur Rückfahrt steht N 14963 in Gnoien bereit.

N 14963: Gnoien 17.47 - Teterow 18.28

Wir mussten ja nun mal ganz bis Teterow fahren - sonst hätte uns ja das Stück vom Seebahnhof bis zum "Hauptbahnhof" gefehlt. Wegen eines Zimmerwechsels mussten wir nun kurz bei der JH vorsprechen, doch dann radelten wir nochmal nach Teschow, wo wir einfach mal auf einen Güterzug warteten. Es kam aber keiner. Der Abend fand seinen Abschluss wieder in der herrlichen Seeschänke. Zurück in der Jugendherberge waren wir etwas irritiert, weil die Duschen offenbar für Männlein und Weiblein zusammen waren. Nun ja, wir haben es überlebt ;-)

Freitag, 07.08.1992

Diesmal starteten wir direkt mit dem Fahrrad durch. So weit hatten wir es erst auch gar nicht. Es ging nur vor die Tore der Stadt, ein Stück auf der B108 raus. Am Ortseingang vom nächsten Dorf, Niendorf, schlossen wir die Räder an und liefen über ein abgeerntetes Kornfeld an die Hauptstrecke ran, die hier in langgezogenen Kurven aus der Ebene des Teterower Sees in die Hügel der Mecklenburgischen Schweiz ansteigt. Hier ergaben sich tolle Motive. Gegen die Hitze spendeten Wolken Schatten. Äh, habe ich "Wolken" gesagt? Ja, der Morgen war leider alles andere als nur sonnig. Wir fanden hübsche Ausblicke und richteten uns erstmal häuslich auf dem Feld ein. Zwei Personenzüge in der richtigen Richtung sollten kommen, dann war die Strecke erstmal tagsüber wegen Bauarbeiten gesperrt. Und leider war es nun so, dass beide Personenzüge bei Wolke durchkamen. Teilweise fehlte nicht viel.


Leider gehen beide fürs Foto geeigneten Personenzüge bei Wolke ab. Hier der N 5307 in der Steigung aus Teterow hinaus. Leider war der Fahrplan auch ohne Bauarbeiten längst nicht so dicht wie heute. Der nächste Zug wäre nach zwei Stunden gefahren, und dann erst wieder nach weit über drei Stunden!

Enttäuscht rafften wir unsere Siebensachen zusammen und machten uns langsam wieder an den Weg zurück. Nun schien die Sonne wieder stetiger. Doch noch auf DEN Güterzug hoffen? DER Güterzug, das ist der, auf den Eisenbahnfreunde immer hoffen, wenn die Bedingungen topp sind und kein Personenzug verfügbar ist... Nee, da kam wohl nichts, also weiter. Doch Moment, was ist denn das, da liegt irgendwas in der Luft! Irgendein Brummen, das nicht von der Bundesstraße kommt! Da kommt was Rotes! Ein Güterzug! Leider konnten wir den schönen Punkt, an dem wir den ganzen Vormittag erfolglos verbracht hatten, nicht mehr erreichen. Mehr als ein Notschuss war nicht mehr möglich...


Dann kommt doch noch DER Güterzug. So dämlich, wie wir standen, konnten wir ihn aber nicht mehr richtig umsetzen.

Im Dorfladen von Niendorf gab es den ersten Flaschenwechsel. Aber was noch viel wichtiger war: Es gab Sonnenchreme! Von gestern war ich schwer verbrannt. Konnte man ja auch nicht mit rechnen, dass die Sonne im August noch solche Kraft hätte... Die Wolken verpieselten sich nun immer mehr, es "drohte" ein erneuter brennend heißer Tag. Es ging noch ein Stück die stark befahrene B 108 ostwärts, doch in Neu Panstorf konnten wir auf einer Anhöhe nach rechts in den Wald abzweigen. Die nun folgende Fahrradfahrt habe ich bis heute bestens in Erinnerung. Im Wald war es herrlich kühl, und es ging beständig leicht bergab. Ohne große Anstrengungen konnte man sich abwärts rollen lassen. Mitten im Wald gab es eine kleine Försterei, in deren Umgebung herrliche Zwetschgen wuchsen. Schlaraffenland pur! Nach dieser erfrischenden Stärkung (nach der wir aber noch mehr Durst hatten...) rollten wir weiter. Es ging aus dem Wald hinaus in die Ebene des Malchiner Sees. Auf einer gesperrten Brücke querten wir den Dahmer Kanal, der den Malchiner See mit dem Kummerower See verbindet.


Am Ende des Waldes passieren wir ein einsames Gehöft, das zu Wendischhagen gehört.

Von der Basedower Höhe aus ging es auf einem Hügelrücken in Richtung Malchin. Der Plan war nun eigentlich, uns und unsere Fahrräder in den Zug nach Dargun zu verfrachten, um diese Strecke einmal bereist zu haben. An diesem Plan hielt ich genau so lange fest, bis ich den Zug nach Dargun sah. Da stand doch tatsächlich ein richtiger GmP bereit! Na gut, nur ein Güterwagen, aber immerhin! Und die Zuglok war eine 346! Irgendwie war mir der Zug zu schade zur Mitfahrt. Lars blieb bei der ursprünglichen Planung; wir verabredeten uns gegen Abend in Neukalen. Ich besorgte mir neue Getränke und fuhr die wunderschöne, kaum befahrene Straße parallel zur Bahn über Pisede an den Kummerower See und dort über Görschendorf nach Salem. Der Ort Salem liegt phantastisch eingeschmiegt in Moränentäler und in Hanglage über dem Kummerower See. In dieser Abgeschiedenheit ein wirklich traumhafter Urlaubsort! Die Häuser machten auch alle einen sehr gepflegten Eindruck. Da war man grauere Ortsbilder aus den neuen Bundesländern gewohnt!


Bilder von PmGs oder von mir aus auch NmGs habe ich kaum. Hier ist jedoch eines: NmG 69826 hat das Dorf Salem passiert und biegt nun vor der Kulisse des Kummerower Sees westwärts in Richtung Neukalen ab.

Nachdem der Zug hoch nach Dargun durch war, schaute ich mal, was es denn so an Restauration in Salem hatte. Ein erster Gasthof mit Pension war gerade am entstehen. Aber im Garten eines gewöhnlichen Privathauses wurde ich fündig. Man hatte da eine kleine improvisierte Gartenwirtschaft eingerichtet. Ich nahm ein Bauernfrühstück. 1992 war ich glaub'ich immer noch überrascht, wenn man dann die Kartoffeln in ein Omelett eingewickelt bekam, andere Länder, andere Sitten ;-) Und geschmeckt hat es natürlich wunderbar. Radfahren macht hungrig, auch bei dieser heftigen (aber trockenen) Hitze. Danach setzte ich mich auf den "Affenfelsen" und erwartete die Rückfahrt. Da hatte ich wohl mal zielgerichtet das Hauptmotiv der Strecke für mich entdeckt; damals bin ich ja in der Regel völlig ahnungslos an die Strecken gefahren...


Zurück kommt das Gespann ohne Güterwagen. N 69825 von Dargun nach Malchin erreicht Salem und den Kummerower See.

Nachdem ich paar Worte mit einem Franken gewechselt hatte, der mit dem Auto vorgefahren war und bedauerte, dass es hier keinen Campingplatz gäbe, stromerte ich noch etwas mit dem Fahrrad durch die benachbarten Wälder und fuhr unter anderem auf die "Marienhöhe" hoch, die ich auf der Karte entdeckt haben mochte, die aber arg zugewuchert war und keine Aussicht ermöglichte... Dann ging es die paar Kilometer nach Neukalen weiter. Nach einem Flaschenwechsel setzte ich mich einfach mal ans Ufer der Peene und beobachtete den vielen Verkehr auf der Schiene. Nee, Scherz, auf der Strecke Malchin - Dargun verkehrten ganze drei Zugpaare. Eines früh "vor dem Aufstehen" und zwei nachmittags / abends. Den Abendzug konnte ich noch abwarten. Dieser hatte nun wieder die reguläre Zuggarnitur.


Bahnhof Neukalen. Der wäre eine Zierde für jede Modellbahn. Bemerkenswert finde ich das in einem Schrank auf dem Bahnsteig untergebrachte mechanische Stellwerk, das aber wohl nur Schlüsselwerk und Signalhebel (nur Esigs) beherbergt.


Die Bootshäuser an der Peene in Neukalen.


Nördlich des Bahnhofs Neukalen quert N 15636 die Peene.

Irgendwann hatten Lars und ich dann wieder zueinander gefunden. Erst war die Überlegung, uns in Neukalen etwas zum essen zu suchen, aber angesichts der Hitze fehlte uns dazu wohl der nötige Appetit. So nahmen wir Kurs auf Teterow. Die wunderschöne Nebenstraße brachte uns über Schlakendorf, Karnitz, Pohnstorf nach Alt Sührkow, wo wir ja vorgestern schon bei unserer Runde um den Teterower See durchgekommen waren. Man hatte von der auch auf nicht asphaltierten Abschnitten gut zu befahrenen Straße herrliche Blicke über die Weite dieses menschenleeren Landstrichs. Die durchfahrenen Dörfer machten alle einen extrem verschlafenen Eindruck. Ländliche Idylle pur!

Allerdings kamen wir furchtbar schlecht voran. Die Alleebäume waren prall mit Früchten behängt. Ob nun Äpfel, Pflaumen, Mirabellen - alles war reif, alles war saftig, alles war herrlich süß! Die Äste bogen sich regelrecht unter ihrer Last. Da war es echte Baumpflege, sie ein wenig zu erleichtern...


Solche leeren, aber gut zu befahrenen Straßen waren die pure Freude, hier am Ortsausgang von Pohnsdorf.

Von Teschow fuhren wir nochmal hoch an die Hauptstrecke zu der kleinen Anrufschranke da in den Kornfeldern. Es kam tatsächlich ein Güterzug - allerdings völlig aus der falschen Richtung.


Oberhalb von Teschow röhrt ein Güterzug durch die Steigung von Teterow nach Hohen Mistorf hoch. Und die LST-Kollegen arbeiten am Bahnübergang.


Die Anrufschranken im Osten wirkten etwas "rustikaler"...

Es ging in den Endspurt nach Teterow, wo wir die Räder in den Fahrradkeller der JH stellten. Zusammen mit einem Schwaben, den wir in der Jugendherberge getroffen hatten, ging es nun auf Nahrungssuche. Ich weiß gar nicht, wie wir auf die Idee gekommen waren, dass unsere Seeschänke von den Vorabenden getoppt werden könnte. Jedenfalls ging es heute auf die Burgwallinsel. Dort führte eine kleine Personenfähre hin. Und auf der Insel konnte man wunderbest inmitten von schnatternden Enten, Gänsen und anderem Getier mit traumhaftem Blick auf den See sein Essen genießen. Und das Bier, das wir uns heute wahrlich verdient hatten...


Die Kabelfähre zur Burgwallinsel im Teterower See.

Samstag, 08.08.1992

Was heute genau der Plan gewesen war, kann ich jetzt gar nicht genau sagen. Irgendwie hatten wir unterschiedliches Programm. Und das Wetter hatte heute einen kleinen Einbruch, es war wolkiger und vor allem schwüler. Das Tagebuch sagt nur aus, dass ich morgens mit dem Fahrrad zum Bahnhof gehetzt bin, das Rad dort angeschlossen habe und in den Zug gesprungen bin. Und dass ich mich im Zug geärgert habe, das Rad nicht einfach mitgenommen zu haben, da ich es "in der Gegend um Löcknitz / Brüssow gut hätte gebrauchen können". Das klingt jetzt so, als ob ich Streckenaufnahmen an der Prenzlauer Kreisbahn in dem Bereich vorgehabt hätte. Irreführenderweise waren im 1992er Kursbuch tatsächlich noch Fahrten zwischen Damme, Brüssow und Löcknitz enthalten, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass mir bekannt war, dass dort eben schon seit Anfang 1991 kein Zug mehr fuhr. Außerdem wäre ich um 9.59 in Löcknitz gewesen und hätte nach dem 1992er Kursbuch bis nach 13 Uhr auf eine Bewegung auf der Prenzlauer warten müssen. Sehr mysteriös...

Bei der nun realisierten Tour scheine ich mir dann nicht all zu viel gedacht zu haben. Fixpunkt war nach dem Mittag die Bereisung einer Nebenbahn. Bis dahin bin ich nur etwas rumgedödelt...

E 3323: Teterow 08.11 - Strasburg 09.25+8

Der Zug hatte die Standardgarnitur: 232+Bmh+Bmh+Bmh (wäre kein Spaß mit dem Fahrrad gewesen...) Auch in Strasburg war nichts los. Der Schienenbus von der Prenzlauer Kreisbahn war hier gerade vor einer halben Stunde angekommen und bot sich wenigstens für ein Foto an.


Der Schienenbus von der Prenzlauer Kreisbahn hat nun paar Stunden Pause und wurde bereits abseits des Bahnsteigs abgestellt.

N 8652: Strasburg 10.06 - Neetzka 10.21

Leider stand das Licht sehr spitz im Bahnhof. So gab es die Kreuzung, zu der mein Ankunftszug schon mal an die Ausfahrt vorgezogen war, nur durch das starke Teleobjektiv.

Danach habe ich zwei Stunden lang mit dem netten Fdl gequatscht. Wir hatten eines gemeinsam: Nichts zu tun :-) Bevor ich nach Neubrandenburg weiter musste, kam immerhin noch ein Zug ins Licht durch. Na ja, in dem, was vom Licht übrig geblieben war. Es war ein ziemlich schwüler Dunst aufgezogen, der kein wirklich schönes Fotolicht mehr zuließ... Immerhin kam mal eine nicht so langweilige Garnitur.


Mit N 8652 bin ich von Strasburg nach Neetzka zurückgefahren.


N 8652 zog bis zur Ausfahrt vor und erwartete dort N 5307.


Als nächstes verlässt N 7359 den Bahnhof Neetzka ostwärts.


Und mit N 5314 verlasse ich Neetzka wieder.

N 5314: Neetzka 12.58 - Neubrandenburg 13.17

Man musste zweimal hinschauen, um zu erkennen, dass dies keine "langweilige Stammgarnitur" war: 232+Bmh+Bom+Bmh

N 69832: Neubrandenburg 13.23 - Friedland 14.26

Auch wenn die Zugnummer auf einen GmP schließen ließ, fuhren wir ohne Güterwagen nach Friedland: 201+Bghw+Bghw+Dage. Die Fahrt durch die finstere Plattenbau-Vorstadt von Neubrandenburg fand ich ziemlich deprimierend.


Wenn ich das richtig verfolgt habe, ist die Streckenführung der Friedländer Bahn durch Neubrandenburg nach der Stilllegung zweimal verändert worden. Zwischen beiden Veränderungen musste sogar Kopf gemacht werden. Erst war ich etwas über dieses Bild verwundert, weil es offenbar an einem Terminal östlich des Neubrandenburger Hbf entstanden war, an dem man aber nur auf dem heutigen Fahrweg nach Friedland vorüber käme, während man damals in einem großen Bogen erst westwärts ausfuhr und dann durch die ganze Nordstadt bummelte. Aber des Rätsels Lösung liegt natürlich auf der Hand: Ich muss das Bild bei der Einfahrt aus dem N 5314 gemacht haben.

Die weitere Strecke habe ich dann im Tagebuch als "weniger aufregend" charakterisiert. Auch das "Industriegebiet bei Friedland" fand ich eher unerfreulich... Teilweise betrug die Geschwindigkeit nur 10 km/h.


Lokumlauf in Friedland.


Zwar kein klassisches Zugbild, aber ein schöner Überblick über den Bahnhofsvorplatz von Friedland.

N 15855: Friedland 14.46 - Neubrandenburg 15.40


N 15855 hält in Staven.

Zurück in Neubrandenburg habe ich mich erstmal mit Mineralwasser und Joghurt verpflegt. Trotz der Wolken war es furchtbar heiß und stickig.

E 3332: Neubrandenburg 15.51 - Teterow 16.40+8

Wieder mal 232+Bmh+Bmh+Bmh. Ab Malchin hatten wir wegen einer Kreuzung +8. In Teterow gab es später dann noch den Zug aus Gnoien bei dem Landhandel am nördlichen Ortsausgang. Das Wetter hatte sich aber zwischenzeitlich nicht gebessert.


Der Abendzug aus Gnoien, N 14963, rollt nach Teterow ein und passiert noch vorm "Seebf" den Landhandel, der an unserem Ankunftsabend von der kleinen Rangierlok bedient worden war.

Den lauen Abend verbrachten wir dann natürlich wieder auf der Burgwallinsel. Morgen sollte uns ein Rekorderlebnis bevorstehen! Wir würden mittendrin sein! Aber das konnten wir jetzt noch nicht wissen...

Sonntag, 09.08.1992

Die Schwüle des Vortages war zum Glück abgezogen und der Himmel strahlte bereits morgens wieder in bestem Blau. Vielleicht hätte man heute nochmal die Motive auf der Steigung von Teterow nach Hohen Mistorf probieren sollen. Haben wir aber nicht. Bereits der Morgen war extrem warm, der Aufenthalt auf den schattenlosen Stoppelfeldern von Niendorf wäre vermutlich kein Vergnügen gewesen. Na gut, schwacher und ziemlich mimimi-haltiger Erklärungsversuch. Wir hätten es tun MÜSSEN! Wobei es sein kann, dass baubedingt vielleicht gar nichts fuhr, dass sonntags die uns bekannte Sperrung über Tag bis in die Morgenstunden erweitert war. Dieser Grund wäre dann entschuldbarer gewesen ;-)

Als erstes brachten wir die großen Rucksäcke zum Bahnhof. Ja, Teterow hatte eine Gepäckaufbewahrung! Heute Nachmittag war leider schon wieder unsere Abreise angesagt. Aber bis dahin war ja noch Zeit, und wir schwangen uns erstmal in die Sattel. Der Plan für den Vormittag war eine Runde um den Malchiner See. Dazu ging es erstmal eine wunderschöne Nebenstraße durch die Moränenhügel südwärts. Wieder kam man durch entlegenste Dörfer wie z.B. Glasow. In Bristow hatten wir den Malchiner See erreicht und rollten mal ans Ufer zu einigen Säufer-Datschen.


Statt Ludmillas mit Doppeltelegraphenleitung gibt es nur Straße mit Einfachtelegraphenleitung bei Glasow. Wat willste machen?

Weiter ging es auf der herrlich leeren, aber topp zu fahrenden (das war im Mecklenburg des Jahres 1992 keine Selbstverständlichkeit!) Straße über Bülow und Schorssow nach Ziddorf. An der dortigen Bundesstraße hielten wir uns nicht länger auf, sondern bogen gleich wieder ab nach Dahmen, wo es einen ersten Flaschenwechsel gab. Die zumeist in Privathaus-Garagen eingerichteten "Getränkestützpunkte" nahmen es mit der Sonntagsruhe nie so genau, verkauften sie doch zumeist auch Eis oder hatten paar Biertische draußen stehen.

Landschaftlich war die Straße nicht minder schön als die zuvor, doch der Autoverkehr war, nunja, nicht "stärker", aber er war hier immerhin vorhanden... Über Rothenmoor und Seedorf gelangten wir nach Basedow, wo wir uns erstmal im Schlosspark in den Schatten setzten. Wir hatten bis zu unserer ersten Zugaufnahme noch etwas Zeit. Das Schloss war ein verwinkeltes, märchenhaftes Spukschloss mit vielen Türmchen und Erkern und Mäuerchen. Der Spuk-Charakter kam vornehmlich durch die Renovierungsbedürftigkeit, die der Kasten ausstrahlte...


Blick über den Schlossteich von Basedow auf das namensgebende Bauwerk.

Über eine Nebenstraße gelangten wir nach Gielow, wo es an der Bahnlinie Waren - Malchin sogar noch einen besetzten Bahnhof gab. Der Bahnhof stellt eigentlich für den Mittagszug ein später häufig gesehenes Motiv dar, doch aus irgendeinem Grund entschieden wir uns, den Zug ein Stück vorm Ort an der Ostpeenebrücke zu fotografieren. Und nun begann es tatsächlich ein wenig zu pressieren. Die Hitze war nicht gerade für große Hetzjagden geeignet. Wir mussten aber hetzen! Endlich hatten wir den Punkt erreicht. Die Zeit reichte gerade noch, um die Kameras hervor zu kramen...


N 15745 von Malchin nach Waren quert zwischen Malchin und Gielow die Ostpeene.

Nach dem Stress ging es gemütlich nach Malchin weiter. Wir waren fix und fertig! Da mir ja nun noch eine Mitfahrt auf der Strecke Malchin - Dargun fehlte, war dies mein nächster Programmpunkt, während Lars vermutlich mit dem Rad nicht nur an den, sondern direkt in den Kummerower See gefahren ist. Jedenfalls wäre dies das einzig Sinnvolle gewesen, was man mit diesem Tag hätte anfangen sollen.

N 69826: Malchin 13.35 - Dargun 14.45-25

Die Freude auf das Ausspannen im Zug wurde schnell ernüchtert. Der Zug war so dermaßen aufgeheizt, dass man es in den Wagen kaum aushalten konnte. Nach Luft schnappend hielt man den Kopf aus den kleinen Umklappfenstern des Bghw, doch man durfte den heißen Rahmen besser nicht berühren... Die Fahrzeit des Zuges war offenbar auf seine Funktion als PmG zugeschnitten. So kamen wir mit satten 25 Minuten Verfrühung in Dargun an, nachdem schon in Neukalen Zeit zum Fotografieren war.


Zwischenhalt in Neukalen. Die Garnitur dieser Strecke wird wohl häufiger mal gewechselt; heute läuft im Zug ein zweiachsiger Packwagen Pwg mit.

Der Trinkwasserhahn auf dem Bahnsteig in Dargun war nun meiner. Nicht nur meine Wasserflasche wurde drunter gehalten, sondern auch Kopf, Arme und Oberkörper.


In Dargun standen auf dem Hausbahnsteig schöne alte Läutewerke. Die Zuglok setzt um.


N 69825 steht in Dargun zur Rückfahrt bereit. Der Bahnhof machte einen sehr gepflegten Eindruck.

Bei der hier herrschenden Hitze wieder auf das Fahrrad zu steigen, war der reine Wahnsinn. Aber es nützte ja nichts; abends wollte man in Hamburg sein. Die Straße nach Neukalen war zwar anfangs noch Allee oder führte zum Teil sogar durch Wald, doch die Sonne stand direkt über der Straße. Schatten waren Fehlanzeige. Es war unerträglich. In Neukalen habe ich mich vermutlich mit Lars wiedergetroffen, außerdem war hier der nächste Flaschenwechsel fällig. Hatten wir uns nun auf die herrliche Nebenstraße von hier nach Teterow gefreut? Heute war etwas anders. Es war ein Voranarbeiten von Schatten zu Schatten. Die Hitze machte so phlegmatisch, dass man nichtmal mehr die Früchte von den Obstbäumen pflücken mochte. Aber etwas Energie konnte nicht schaden. Mit den Pflaumen von Pohnstorf im Magen ging es in den Endspurt (ääh, habe ich "Spurt" gesagt?) nach Teterow.

Und dort war es dann. Wir wussten es nicht, aber wir waren dabei! Es gab keine Feierlichkeiten, wir erfuhren es auch erst am nächsten Tag aus der Zeitung und wurden mehrfach darauf angesprochen, denn es ging bundesweit durch die Medien: Teterow hatte heute den deutschen Temperaturrekord des Jahres 1992 aufgestellt: 38,7°C im Schatten. Wärmer war es an keinem anderen Tag und in keinem anderen Ort der Bundesrepublik im Jahr 1992. Bis heute gilt der 9. August des Jahres 1992 in weiten Landstrichen zwischen Hamburg und Berlin als wärmster Tag seit Beginn der Wetteraufzeichnung! Und wir waren dabei! Und: Wir waren rehabilitiert! Wir hatten plötzlich ein Recht, fix und fertig zu sein! Das Stöhnen über die Hitze war kein mimimi... Mit letzter Kraft holten wir unser Großgepäck von der Gepäckaufbewahrung und warteten auf den Zug. Ich meine mich erinnern zu können, dass wir uns im Bahnhof auch noch frisch machen und umziehen konnten, wobei letzteres ein wenig fruchtbares Unterfangen gewesen sein dürfte, weil die neuen Shirts sicherlich schon beim Einstieg in den Zug wieder "durch" waren...

N 4312: Teterow 17.40 - Schwerin 19.41

Der Zug bestand aus 232+Bmh+Bmh+BDghw+AB. Der vorletzte Wagen war der für die Fahrräder, der letzte war unser! Man mochte sich nicht bewegen, so heftig war die Hitze im Zug. Ich vermute mal, dass man am Sonntagnachmittag auch nicht gerade ein eigenes Abteil bekommen hatte, wo man ungeniert am offenen Fenster hätte stehen können. Besonders heftig war es, als der Zug ewig lange in Bützow und dann nochmal in Warnow rumstand.

N 4882: Schwerin 20.13 - Büchen 21.43

Der Zug führte eine Garnitur von den Schwerin - Hamburger Eilzügen: 232+Byu+BDwsb+AB+Byu+Byu. Die Fahrt war herrlich. Wir standen die ganze Zeit am offenen Fenster und schauten in die stimmungsvolle Dämmerung hinaus. Die Luft war nun wenigstens ganz minimal abgekühlt. Voraus war dann irgendwann die ersehnte Erlösung zu sehen. Blitze zuckten über den westlichen Himmel, das angekündigte Gewitter kam tatsächlich! Der Anblick wurde immer spektakulärer. In Boizenburg war es so weit. Wir hatten das Gewitter erreicht. Jetzt hielten wir erst recht die Köpfe aus den Fenstern. Was tat das gut! Leider ließen sich in den frisch umgebauten Halberstädtern einige Fenster nicht schließen. Das war nun etwas doof, denn bald prasselte es mit aller Gewalt auf unseren Wagen hernieder und hinein.

Im Endbahnhof Büchen stiegen nur insgesamt drei Leute aus. Wir drehten mit dem Fahrrad eine kleine Runde durch den Ort - durch den strömenden Regen! War das schön!

RB 15892: Büchen 22.15 - Aumühle 22.37

Dann noch mit der S-Bahn nach Hause, und wir hatten es geschafft. Fünf erlebnisreiche Tage lagen hinter uns!

Und aus heutiger Sicht: Die Strecken Waren - Malchin, Malchin - Dargun und Teterow - Gnoien wurden 1996 im Personenverkehr stillgelegt. Die Franzburger Südbahn Velgast - Tribsees verlor sogar schon 1995, die Strecke Neubrandenburg - Friedland 1994 ihren Personenverkehr. Auch die auf dem Hinweg befahrene Strecke hat zwischen Parchim, Karow und Malchow keinen richtigen Personenverkehr mehr. Ambitioniert versucht die HANS hier im Sommer immer wieder Saisonverkehr anzubieten, der aber unter den ungünstigen Gesamtbedingungen leidet und kaum Resonanz erhält.

Der Blick auf die Fahrkarten ist eher ernüchternd. Für die Hinfahrt werden wir vermutlich einen gemeinsamen Personalfahrschein gehabt haben. Man durfte auf einer einfachen 50% Fahrkarte ja nicht nur hin und her fahren, sondern auch zu zweit in eine Richtung. Den Fahrschein finde ich im Wust der West-Computerfahrscheine aber nicht mehr. Oder Lars hat ihn bekommen. Für die Rückfahrt ab Strasburg konnte ich eine Freifahrt finden. Eine Fahrkarte ab Teterow See nach Gnoien finde ich leider auch nicht...


In Gnoien gab es ja schon einen erstaunlich modernen Fahrschein; dabei wären für solche Relationen ja eher die kleinen Reißfahrkarten "zuständig" gewesen. Der Fahrschein von Neubrandenburg wird einmal Friedland und zurück gewesen sein. Jedenfalls muten diese modernen Fahrscheine mit dem Reichsbahn-Aufdruck heute kurios an.


Hier kommt der volle Geiz durch: Die nahezu unbeschriftete Reißfahrkarte mit zwei Stempeln desselben Zuges an zwei unterschiedlichen Tagen war offenbar am 07.08. von Lars und am 09.08. dann von mir für die Fahrt Malchin - Dargun genutzt worden. Auch diese Nutzung einer Personalfahrt war m.E. binnen eines Monats zulässig. Aber auch bei der Fahrradkarte konnte man sparen: Statt am 06.08. in Gnoien nur für die Rücktour nach Teterow zu lösen, hatten wir weiter gedacht und die Karte zum gleichen Preis gleich mal weiter nach Dargun bestellt. Wir hatten uns sicherlich vorher schlau gemacht, dass die Fahrradkarte paar Tage gilt... Über die beiden Fahrradkarten freue ich mich natürlich sehr. Für die Rückfahrt nach Hamburg bekamen wir sie sogar kostenlos, da in der Freifahrt Freigepäck enthalten war (wobei da wohl eher an aufzugebendes Gepäck gedacht war, aber das wurde allgemein nicht so streng gesehen). Die Bahnsteigkarte in Dargun war natürlich ein Joke, aber immerhin mit tagesaktuellem Trockenstempel.

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