Wir suchten die Titolok, doch die Titolok musste uns finden

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Warum ausgerechnet Serbien? Meine ganz persönliche Antwort lautet: Niševac. Das bekannte Motiv mit der Felsenschlucht und den kleinen Felstunneln war wirklich mein Anlass dafür, zu sagen, dass ich nach der 2012er Tour noch Motive in Serbien offen hatte. Überhaupt schien mir die ganze Streckengeografie auf den Linien rund um den Nebenbahnknoten Zaječar hochinteressant. Und da oben in den einsamen Wäldern des Balkangebirges sollte auch sie noch heimisch sein: Die blaue Titolok, die wir beide gern mal vor einem Güterzug erlebt hätten. Ich hatte die Lok 2012 in Požarevac gesehen, und auf Flickr tauchten immer wieder Bilder von den beiden letzten Exemplaren in der Gegend auf, u.a. auch auf eben jeder geheimnisvollen 70er Jahre Erzbahn mitten durch die einsame Bergwelt in die Kupferstadt Bor. - Yannick wollte auch gern mal wieder nach Bosnien – ein Wunsch, den ich mir nach Einführung der Talgos ebenfalls zueigen gemacht habe.

Wir hatten vor der Tour versucht, an eine Fotogenehmigung für Serbien ranzukommen. Das wäre wohl im Prinzip möglich gewesen, aber nur mit genauerer Angabe, in welchem (überschaubaren!) Zeitraum wir wo fotografieren wollen. Das konnten wir aber nicht im Voraus sagen, so dass wir leider ohne offizielle Genehmigung blieben, wodurch man sich bei Ausübung des Hobbies schon wieder ein bischen als Verbrecher fühlen musste. Wir haben möglichst einen Bogen um besetzte Stellen herum gemacht. Die Lokführer haben immer freundlich gegrüßt, aber die örtlichen Personale sind problematisch...

Als Fahrplanunterlage hatten wir die privat erstellten pdf-Fahrpläne von Tobias Heinze dabei. Tobias, du hast da großartige Arbeit geleistet, die Fahrpläne waren uns eine riesige Hilfe!

Sonntag, 07.05.2017

Die Reise begann dann auch gleich mit einem fetten Anschiss, wenn auch aus anderer Richtung. Da ich seit Jahreswechsel Autobesitzer bin und konsequenterweise kein Geld mehr fürs Sardinenfeeling eines HVV Busses ausgebe, mussten wir (Yannick war gestern schon nach Hamburg gekommen) zu Fuß von meinem Wilstorfer Hügel (42m) runter zum Bahnhof laufen. Und dort passierte es dann. Der Vogel saß auf einem Zweig direkt über dem Gehweg. Er erwischte mich genau auf der Schulter. Das schnell von Yannick gezückte Papiertaschentuch konnte die Misere leider auch nurmehr verschmieren, nicht aber beseitigen. Der Erfolg der Aktion war der, dass wir nun einen Schritt zulegen mussten und immerhin noch zeitgleich mit der S-Bahn im Keller des Harburger Bahnhofs eintrafen. Die S-Bahn war schön leer, und so konnte sich langsam der Puls wieder beruhigen. Am Hbf gab es das für mich traditionelle Hbf-Frühstück, bestehend aus Kaffee und zwei der überaus leckeren Käse-Schinken Croissants von LeCroBag, das dann im Zug genossen wurde.

ICE 703 Hamburg Hbf 7.38 - Berlin Hbf 9.21

Der Zug war schön leer. In einer Mischung aus Frühstück und Schlummer ging es durch die wunderschöne, menschenleere Landschaft Mecklenburgs und Brandenburgs. Wir haben unterwegs sicher zehnmal so viele Rehe gesehen wie Menschen. Wenn wir nicht entschlummert waren. Ohne auch nur eine einzige Lost Unit erreichten wir pünktlich den Berliner Bahnhofspalast.

S75 Berlin Hbf - Bln-Lichtenberg

Heute sorgten Bauarbeiten irgendwo im Stadtbereich dafür, dass praktisch das gesamte Liniennetz außer Kraft gesetzt war. Wir hatten die Wahl gehabt, die S-Bahn mit zweimal umsteigen oder die Kombi aus S-Bahn und RE via Lichtenberg zu nehmen. Letzteres war die entspanntere und interessantere Alternative, da der RE über den sonst glaub'ich nicht von Personenzügen befahrenen östlichen Außenring fuhr.

RE 91794 Bln-Lichtenberg 10.09+3 - Flughafen Schönefeld 10.25+5

Die Eingleisigkeit der Verbindungskurve am Biesdorfer Kreuz brachte uns dann auch direkt die ersten Lost Units der Tour ein. Lost Units sind jetzt der letzte Schrei bei der Deutschen Bahn. Dieses System kommt aus der Autoindustrie und bemisst bei der Bahn jede entstandene Verzögerung und vor allem deren Grund, sobald sie vom System erfasst wird (= größer als 90sec) und begründet werden muss. Im Gegensatz zu Verspätungen verfallen Lost Units nicht, auch wenn der Zug am Ende Zeit rausholt und bald schon wieder pünktlich läuft. Als gute Eisenbahner nahmen wir uns vor, auch mal auf dem Balkan nach Lost Units zu suchen...

Wir hatten viel Zeit, waren extra einen ICE früher als nötig von Hamburg gefahren. Insofern tangierten uns die verlorenen Einheiten jetzt nicht gar so. Und der in Schönefeld gegenüber stehende Baumblütenexpress nach Werder wartete auch noch auf unseren Zug.

Ich war ja irgendwann schon mal in Schönefeld gelandet. Aber so viel habe ich da von diesem sagenhaften Hauptstadtflughafen wohl nicht mitbekommen. Das ist ja alles völlig furchtbar hier. Provisorisch, beengt, überhaupt einfach nur winzig. Das Check in war ganz rechts in dem Terminal, das den Charme einer Lagerhalle ausströmte. Beim Sicherheitscheck ging die Weiche für meinen Rucksack auf Ablenkung in Richtung Taschenkontrolle. Aber der Kontrollierende meinte, er wüsste auch nicht genau, was der Stein des Anstoßes gewesen war und gab den Rucksack bald wieder frei. In der nun folgenden Halle gab es als einzige Gastronomie einen Marché, wo wir uns auf einen Salat bzw ein Baguette reinsetzten.


Das Personal ist ausstattungstechnisch auch schon auf der anderen Seite des Flugfeldes angekommen...

Dass unser Flug nun allerdings ganz vom entgegengesetzten Ende des Flughafens abfliegen würde (nein, nicht vom BER, aber vom anderen Ende der Schönefelder Hallen), realisierten wir erst, als der Flug aufgerufen wurde. Na ja, so weit war das ja nun nicht, aber bei dem Gedränge im mittleren Hauptterminal dauerte es dann doch etwas, bis wir am Gate eintrafen, wo allerdings noch das große Einpferchen angesagt war.

FR 1105 Berlin 13.05 - Niš 15.10-5

Der Flug war schön entspannend - vielleicht bis auf den älteren Herrn, der zuerst hartnäckig die Meinung vertrat, dass der D-Platz der am Fenster sei, und nicht mein gebuchter F Sitz. Aber das klärte sich bald. Obwohl wir im Flieger sichtlich die Einzigen waren, die keinen serbischstämmigen Hintergrund hatten, war die vorherrschende Sprache der Unterhaltungen im Flieger aber durchaus deutsch.

Nein, auch dieser Flug war nicht geeignet, Lost Units zu finden. Im Gegenteil: Wir kamen deutlich vor Plan in Niš an, wo der Vogel mit angezogener Handbremse (?) auf der Landebahn drehte und auf ihr zum Terminal zurück fuhr. Das Terminal war dann auch völlig winzig, noch kleiner als Schönefeld *g*. Aber viel anderes hatte ich in Niš jetzt auch nicht erwartet. Nach dem Passieren der Zollstelle standen wir auch schon vor dem Europcar Schalter. Dort lief alles reibungslos. Vor allem war uns ja wichtig gewesen, dass wir das Auto auch in die Nachbarländer mitnehmen dürfen, was gegen den vorher erfragten Aufpreis dann auch möglich war. Auf einer Übersichtskarte waren lediglich Kosovo und Albanien rot markiert. Er meinte, hindern könne er uns nicht, aber wir wären dort nicht versichert. Dorthin wollten wir allerdings auch nicht.

Ein Upgrade gab es leider nicht, aber der gebuchte Automatik Polo war vollkommen ok. Die Farbe war ein knalliges Himmelblau. Damit würden wir unser Auto immer schon von weitem erkennen können. Das Wetter war stark bewölkt, nur vereinzelt kam mal ein Sonnenstrahl bis zur Erde. Dafür hingen an den Bergen teilweise richtig schwarze Regenwolken. Unser Plan war, entlang der Timoktalbahn zu kundschaften. Um diese Piste wollten wir uns gern in den nächsten Tagen verstärkt kümmern. Wir fuhren einfach mal rüber nach Svrljig. Aus dem Nišavatal windet sich die Strecke in den Hängen oberhalb der Stadt Niš in die Höhe und überquert einen Pass, bevor es ins Tal des Timok hinab geht, dem die Strecke praktisch über Zaječar bis an die Donau folgt. Im Bf Svrljig stand doch glatt ein Güterzug in Richtung Norden zur Kreuzung im Bahnhof. Ein Blick in den Fahrplan verriet, dass in einer halben Stunde hier auch die VTs kreuzen würden.

Uns interessierte am meisten Niševac. Dort gibt es wohl eines der tollsten Eisenbahnmotive Europas, das auch in Deutschland immer wieder mal gezeigt wird. Nördlich des Ortes führt die Bahn durch eine Felsschlucht und durchquert dabei zahlreiche kleine Felsentunnel. Wir schauten uns hier einfach mal die beiden Personenzüge an. Der Südfahrer hätte sogar beinahe an einem freien Stück südlich des Ortes Sonne gehabt. An einer Stelle natürlich, wo wir nicht standen. Aber auch nur beinahe. Zwischen den Zügen erkundeten wir weiter bis zum nächsten ex-Bf Palilula. Das herrlichste war aber, das Auto zu verlassen, auf Niševac hinab zu schauen und das Fehlen von jeglichem Motorenlärm zu genießen. Von absoluter Stille konnte man nicht sprechen, aber das einzige Geräusch war das Konzert der Zikaden. Es war wunderschön!

Aber auch diese zwei serbischen Personenzüge brachten uns auf der Suche nach Lost Units kein Stück weiter, denn beide waren pünktlich. Nun war es aber auch bald Zeit fürs Hotel. Und der Hunger machte sich zunehmend bemerkbar. Wir hatten das Hotel Uni Elita Lux am östlichen Stadtrand von Niš gebucht. Das lag auch wirklich günstig, doch bei Ankunft auf dem Parkplatz schallte uns erstmal lauter Balkan Pop entgegen. Offenbar fand da gerade eine Kinderparty statt. Tja, mit Hotelrestaurant war es nun also nichts. Wir bezogen ein sehr schönes Zimmer und fuhren dann halt zwecks Nahrungsaufnahme in die Stadt.

Ja - Niš hat tatsächlich eine Altstadt. Man muss schon sehr genau hinschauen, aber dann findet man sie. Ich fühlte mich etwas an Hmb-Harburg erinnert, wo sich "Altstadt" ja auch praktisch nur in einem Straßenzug abspielt. Nachdem wir einen Parkplatz ergattert hatten, ging das alte Balkanproblem wieder los: Man musste zwischen all den Cafés ein Etablissement mit fester Nahrung finden. Das Stara Srbija wäre zwar sowas gewesen, aber dort gab es gerade ein Livemusik Happening und der Raum war uns all zu rauchgeschwängert. Nach weiterem Hin und Her entdeckten wir das unscheinbare Kod Rajka, ein zierloses Restaurant mit authentischer Atmosphäre, englisch sprechenden Kellnern und einem Holzkohlegrill, auf dem der Meister wunderbare Leckereien gezaubert hat. Ich nahm Uštipci, Hackbällchen mit Schinken und Käse. Dazu gab es das gute Huwko Piwo. Wo mag das herkommen? Na, aus Huw natürlich ;-)


Huwko Piwo... Dieses kyrillisch ist schon lustig, wenn man es "deutsch" liest... Es handelte sich natürlich um Niško Piwo. Die Flasche war ausschließlich auf kyrillisch beschriftet.

Montag, 08.05.2017

Frühstück sollte um 8 Uhr sein. Wir hatten trotzdem die Frühstücksoption gewählt, weil die Wettervorhersage eindeutig war. Und es regnete wirklich den ganzen Morgen in Strömen. Ein herrlich beruhigendes Geräusch, dieser Regen. Man möchte den ganzen Tag im Bett bleiben. Selbst das Argument, dass man kein teures Hotelzimmer nimmt, bloß um im Bett zu liegen, zog nicht wirklich angesichts von 18€ Übernachtungskosten pro Person.

Das Frühstück wurde dann doch ab (!) 8 serviert. Na ja, das ist für unsereinen normalerweise ja bischen spät. Aber es war gut und reichhaltig. Nach meinem Omelette konnte ich noch Yannick mit seinen Marmeladenbroten helfen. Mmmmh, die gute Balkanmarmelade, ich habe sie vermisst. Nach dem Frühstück haben wir das Zimmer radikal bis Donnerstag verlängert, was uns ein hocherfreut erstrahlendes Gesicht der Rezeptionsdame einbrachte. Wir glaubten, damit nichts verkehrt zu machen. So richtig Wetter war jetzt erst ab Mittwoch angesagt, und sicher war, dass wir auf den von Niš ausgehenden Dieselpisten genügend Programm haben würden. Aus dem Hotelzimmer konnten wir auf der Dimitrovgrad Piste gegen 8 einen Güterzug reinkommen und um 9.30 (Yannick sagt, das war 9.40) einen rausfahren sehen. Danach wagten wir uns in den Regen raus. Dabei begegneten wir letztgenanntem Güterzug erneut, denn der stand in Niška Banja zur Kreuzung.

Wir wandten uns nun wieder der Timoktalbahn zu und fuhren kundschaftenderweise nordwärts. Ein Abstecher durch die Ortslage Jasenovik brachte eher keine Ergebnisse oder zumindest keine Must Haves für realistisch nutzbare Sonnenstände. Wieder eines dieser völlig abgelegenen Dörfer...


Als Navi fungiert mal wieder das Tablet mit der Karten App OSMAND auf der Basis von Openstreetmaps. Die nicht genau kartierten Ortschaften konnte man auch in Serbien mittlerweile an einer Hand abzählen... Der alte MAN am anderen Straßenrand ist ein Vertreter einer Fahrzeuggeneration, die in Serbien "leider" noch all zu häufig anzutreffen ist.

Erfolgreicher war der Abstecher kurz vor Knjaževac nach Rgošte und Podvis. Bei Rgošte könnte man frühmorgens vom Hang wunderbar einen langen Güterzug umsetzen und hätte dabei u.a. eine abgehalfterte Verladeanlage im Bild. Realistischer von Tageszeit und Zugangebot erschien uns da das ausgekreuzte östliche Einfahrsignal von Podvis mit Felswand und kleiner Kapelle in der Ferne. Das sollte mit dem Morgenzug nach Zaječar umsetzbar sein.


Das Streckengleis war bei Rgošte schon ziemlich übel im Schlamm versunken. Allerdings möchte ich betonen, dass solch eine üble Stelle jetzt nicht auf ganz Serbien übertragbar ist. Wobei halt insgesamt nur sehr langsam gefahren wird, was ja schon Rückschlüsse auf den technischen Zustand der Gleise zulässt.

In Knjaževac gab es eine Runde zum Bahnhof, doch kein Güterzug wartete auf Kreuzung. Der Bahnhof machte allerdings einen netten Eindruck und man hätte beim Blick südwestwärts auch eine schöne Stadtkulisse mit den Häusern auf dem Hang, der von der Bahn per Tunnel durchquert wird. Wir fuhren weiter nordwärts. Das Timoktal ist nun weiter. Einige BÜs eröffnen Fotomöglichkeiten, aber keine nennenswerten Motive. Erst bei Vratarnica treten die Höhen wieder zusammen und die Bahn führt zu Füßen fotogener Felsen entlang. Dumm dabei ist nur, dass die Straße unmittelbar parallel verläuft. Allerdings war der Verkehr auf der E771 nur sehr schwach.

Bis Knjaževac folgt die Bahn übrigens genau genommen dem Svrljiški Timok, dem längsten Quellarm des Flusses. Ab hier führt die Bahn dann parallel zum Beli Timok (Weißer Timok), der erst in Zaječar nach Vereinigung mit dem Schwarzen Timok zum Großen Timok wird. Der Einfachheit halber werde ich aber im folgenden Bericht beim simplen Namen "Timok" bleiben.

Weiter ging es gen Norden. Die Stadt Zaječar fanden wir nicht so sympatisch, irgendwie viel zu wuselig. Ich hatte ja gedacht, dass man dort später mal im Hotel Hamburg übernachten müsse, das ganz gute Kritiken auf booking.com hat. Aber das lag ja nun mitten in dem ganzen Gewusel. Na ja. Natürlich führte unser Weg zum Bahnhof. Ein richtiger Nebenbahn Betriebsmittelpunkt mit Lokschuppen und VT Wartung. Es standen dort zwei "Russen" und drei "Schweden". Die vier "Re" Züge von Niš, die mit den Russen gefahren werden, enden hier. Weiter auf der Timokbahn und auf der hinter der nächsten Station an einem Gleisdreieck abzweigenden Erzbahn Richtung Požarevac (Pv nur bis Majdanpek) geht es wenige Male am Tag mit ex schwedischen Y1 Triebwagen.

Das Mittagshüngerchen drückte langsam. In Bahnhofsnähe suchten wir nun nach aufsteigenden Rauchsäulen und fanden auch eine, unter der auf dem Grill leckere Fleischteile lagen. Es gab eine Art Hamburger, aber ganz anders. Hamburger Frikadelle im Dönerbrötchen mit Möhrensalat und Zwiebeln, und natürlich ohne Dressing. Die Mitnahme der guten Stücke erfolgte genau bis zum Bahnhof von Vražogrnac, wo wir im "Bahnhofsgarten" der sehr abseits gelegenen Station Rast hielten.

Hinter Vražogrnac spaltet sich die Strecke an einem Gleisdreieck. Die alte Bahnstrecke an die Donau führt nun durch einen Tunnel zurück ins Timoktal und endet in Prahovo. Wieder mal eine "Nebenbahn der Donau", bloß diesmal von rechts (vgl Reisebericht "Die Nebenbahnen der Donau - Rumänien April 2016"). Vor dem Tunnel liegt besagtes Gleisdreieck, an dem die in den 70er Jahren gebaute "Neubaustrecke" hoch nach Bor und weiter über Majdanpek nach Požarevac abzweigt. So gut es ging, schauten wir uns das Gleisdreieck noch an, doch die weitere Fahrt nach Bor ließen wir dann mal bleiben. Der Regen hatte im Laufe des Vormittags aufgehört und es kam mehr und mehr die Sonne raus. Wir liebäugelten nun doch mal mit dem Nachmittagszugpaar in Niševac.

Bis dahin war allerdings noch seeehr viel Zeit. Wir überlegten, dass man ja den Südfahrer bereits von Zaječar her verfolgen könnte. Nach einigem Hin und Her warteten wir auf Re 2747 hinter Grljan, wo die Entladeanlage einer Bergbau Seilbahn als Kulisse diente.


Unsere erste Streckenaufnahme: Re 2747 verlässt den Bahnhof von Grljan. Die Kohleverladung wurde übrigens noch bedient. Später wurden hier mal E-Wagen beladen.

Danach warteten wir an den Felsen bei Vratarnica, doch leider kam der Zug im Schatten einer kleinen Wolke. Aber wir hatten noch ein Reservemotiv inpetto, und zwar im Bereich des ex Bahnhofs (heute noch Hp) Mali Izvor. Ich nahm den Zug mit Tele, Yannick mit Weitwinkel und aufgrund seines tiefen Standpunktes mit erhobenen Armen und Live View.


Re 2747 verlässt Mali Izvor.

Mit kurzer Güterzug-Nachschau im Bf Knjaževac (Ergebnis: nix drin) fuhren wir nun zügig über Svrljig nach Niševac. Dabei ging es auch schon wieder ganz schön in die Wolken hinein, die südwärts noch finster drohend in den Bergen hingen. Der Zug ist ja doch sehr langsam, und so hatten wir ihm schon wieder zehn Minuten abgenommen. Während dieser Wartezeit lag der Motivausschnitt ständig in der Sonne. Nur die motivgebenden Felsen im Hintergrund waren leider im Schatten einer sehr stationären Wolke. Als Re 2747 endlich auch hier um die Ecke gepoltert kam, hatten wir Glück und die Felsen waren sogar weitestgehend angestrahlt.


Wir nähern uns langsam dem bekannten Wunschmotiv... Jetzt sind wir allerdings noch auf der anderen Seite von Niševac, als uns Re 2747 erneut begegnete. Die Timokschlucht ist im Hintergrund zu sehen.

Beim Gegenzug war uns das Glück nun leider nicht so hold. Wir standen die ganze Zeit ununterbrochen in der Sonne. Als der Zug und das Geklacker der Schienenstöße immer näher kamen, dachte man wirklich an eine sichere Sache. Doch eine Wolke kam nun doch überraschend und plötzlich von hinten und war noch schneller als der Zug. Es fehlten wohl fünf Sekunden, dann wäre die Spitze von Re 2746 am erstmöglichen Auslösepunkt noch in voller Sonne gewesen...


Niševac. Ein Dorf mit Potential als Kurort für stressgeplagte Großstädter!


Nein, Re 2746 sollte nicht mit Sonne sein...

Nun hatten wir leider keine wirklichen Programmpunkte mehr. Die Sonne ist in dieser Breite gegen 18 Uhr aber auch schon ganz schön weit unten. Wir erkundeten nochmal eine in Malcha abzweigende Straße, die als Lehmpiste zur Bahn hochführte, dann aber als Asphaltpiste weiterführte. Auf der Karte entdeckten wir, dass die Straße direkt nach Niš führen und man sogar nochmal an die Bahn in den Hängen oberhalb der Stadt herankommen würde. Dabei entdeckten wir noch ein sehr schönes Abendmotiv mit Blick auf den 1062m hohen Gradac und den Felsgipfel des Relej (1020m). Und wir kamen zu der Erkenntnis, dass es mit dem Bf Matejevac doch eine Kreuzungsmöglichkeit zwischen Niš und Svrljig gibt.


Das Bergmassiv geht auch ohne Zug: Der Relej (1020m) wirkt wie eine natürliche Felsenfestung.

Das Hotelrestaurant hatte auch heute keine warme Küche, so dass wir wieder in die Stadt zogen. Einen Parkplatz bekamen wir mühelos. Diesmal wählten wir das "Stara Srbija". Praktisch war die bebilderte Karte. Und man hatte auch richtige einheimische Gerichte auf der Karte, was ja immer viel zu selten vorkommt. Ich nahm Schweinefilets im Speckmantel auf einem in Öl eingelegten Mischmasch an Balkangemüse. Dazu natürlich den Šopskasalat. Sehr lecker! Auf der Karte entdeckten wir auch noch paar interessant aussehende Sachen für die nächsten Tage.

Als wir zum Auto zurück kamen, entdeckten wir ein Knöllchen unterm Scheibenwischer. Rund 8 Euro hatte uns der Parkplatz gekostet. Wie uns im Hotel erklärt wurde, hätte man offenbar über das Handy die Parkgebühr entrichten müssen - wie auch immer. Tja, bei den Handytarifen hier wäre für uns also das vorgesehene Parkticket auch nicht viel günstiger gekommen... Etwas ratlos waren wir hinsichtlich der Frage, wie wir das die nächsten Tage machen würden.

Dienstag, 09.05.2017

Heute billigte uns der Wetterbericht auch nochmal einen entspannten Morgen zu. Das dumme war allerdings, dass die gute Tendenz für die nächsten Tage auch am Zusammenbrechen war, einstweilen zwar nur leicht Mittwoch Vormittag und Donnerstag gegen Abend, aber das nervte schon ein wenig. Warum kann man nicht einfach mal paar Tage wolkenlosen Himmel genießen dürfen?

Erst um 8.45 liefen wir zum Frühstück runter. Danach fuhren wir mal zwecks Kundschaftung an die Dimitrovgrader Strecke raus. Von dieser Strecke hat man ja schon paar Bilder mehr gesehen, wobei da sicher nicht in erster Linie die Motivvielfalt, sondern eher der Umstand, dass hier doch mal mit einer 661 und Güterzug zu rechnen ist, eine Rolle spielt. Bei Prosek kam uns der Triebwagen aus Dimitrovgrad entgegen. Mit minus 2! Das nennt sich dann wohl "won unit"?

Es ist ja nicht so, dass die Strecke landschaftlich uninteressant wäre. Es geht gleich hinterm heutigen Autobahnende in eine Schlucht hinein, der Bahn und Europastraße auch einige Kilometer folgen. Allerdings ist die Bahn derartig zugewuchert, dass an vernünftige Bahnaufnahmen kaum zu denken ist. Auf der Fahrt durch die Schlucht fuhren wir plötzlich auf ein Stauende auf. Ein Grund war nicht erkennbar. Nachdem die allermeisten Autofahrer die Motoren ausgestellt hatten, konnte man die eigentümliche Stimmung in der Schlucht mit dem hier herrschenden Vogelgezwitscher gut genießen.


War schon eine eigenartige Stimmung, hier mitten in der Nišava Schlucht im Stau zu stehen...

Na ja, bald ging es doch weiter. Stück weiter hatten Sprengarbeiten zur Absicherung vor Steinschlag stattgefunden. Mitten in der Schlucht liegt der Bahnhof Ostrovica. Hier gibt es in einer vorübergehenden Erweiterung der Schlucht eine kleine Siedlung vor beeindruckender Felskulisse. Wir fuhren aber erstmal durch und folgten der Strecke auf der Landstraße bis Pirot. Rund um das östliche Esig Crvena Reka (ab Mittag) und an einer Kurve nördl Pirot (morgens) fielen uns noch ganz brauchbare freie Abschnitte auf. Auf dem Rückweg schauten wir uns in Ostrovica nochmal etwas genauer um. Die östliche Einfahrkurve wäre ebenfalls ein nettes Motiv.

Es waren immer mal Aufhellungen am Himmel zu sehen. Deshalb hatten wir überlegt, ob man für den 14-Uhr-Zug mal zum Motivklassiker in Niševac fahren sollte. Das verwarfen wir dann aber doch zugunsten eines in Prosek beschafften und gemütlich ungestört am Bf Gramada verputzten Picknicks. Die Sonne ließ sich währenddessen durchaus immer wieder blicken, so dass wir sogar darauf spekulieren konnten, den Zug hier zu fotografieren. Und Re 2745 kam tatsächlich bei Sonne - zumindest in der Ausfahrt. Yannick hatte bei der Einfahrt Schatten, lief dann aber vor, und das Personal wartete sogar, bis er in Position war. Ich selbst hatte mich auf die nahe Straßenbrücke gestellt.


Re 2745 verlässt den ex Bf Gramada.

Das Wetter war in einen Sonne-Wolken-Mix übergegangen. Immerhin mit reellen Chancen. In Svrljig besorgten wir uns Eis und nahmen es mit nach Niševac. Dort bauten wir uns oberhalb der Schlucht auf, wo wir sogar ein Motiv fanden, das uns bald noch besser gefiel als das viel fotografierte von unten. Dort setzten wir uns einfach mal ins Gras und warteten auf DEN Güterzug. Das Licht ging aus, das Licht ging an; das wiederholte sich viele Male. Wir gingen in Position, wir legten uns hin, wir stromerten rum, es war einfach herrlich hier. Und wieder diese Ruhe. Nur die Zikaden, das Wildwasser des Timok unten, der Wind hier oben und mal ein ferner Kuckuck waren zu hören. Allerdings kam DER Güterzug natürlich nicht. Weder aus der einen, noch aus der anderen Richtung.


Auch, wenn es keine Züge für uns gab: An der Timokschlucht war es mal wieder wunderschön...

Und es kam leider noch mehr nicht. Der Re 2747 hatte wohl zur Vermeidung von Lost Units komplett Ausfall. Dumm! Da hatten wir die serbische Bahn bislang so zuverlässig erlebt, und dann sowas. Sehr sehr schade... Mittlerweile hatte sich die Bewölkung allerdings schon wieder ordentlich geschlossen, so dass ohnehin keine Chance auf Sonne gewesen wäre. Wir schauten uns den Gegenzug noch an, und dann fuhren wir mal langsam nach Niš. Dort gab es noch einen Supermarkt Besuch, da wir für morgen darauf hofften, doch mal ohne Frühstück aufbrechen zu "müssen".

Im Hotelzimmer recherchierte ich nochmal bischen die Parkmöglichkeiten in Niš. Da die SMS Lösung für die Parkplätze am Straßenrand für uns technisch ausschied, entschieden wir uns für einen Bezahlparkplatz auf dem Sinđelićev Trg. Der wurde bei Ankunft zwar als voll angezeigt, doch wir stellten uns einfach mal hinter zwei Wartenden an und wurden auch binnen weniger Minuten eingelassen. Das war nun eine entspannte Lösung.

Zum Essen ging es wieder ins "Alt Serbien", wo ich mir gestern paar einheimische Spezialitäten von der Karte abfotografiert und eben im Hotelzimmer recherchiert hatte. Letzteres war auch gut so, denn das auf dem Bild lecker aussehende "Teleca Glava" sollte Kalbskopf, Leber und Kutteln enthalten. Mmmmmh... Lieber nicht. Aber das "Mućkalica", sowas wie Gulasch mit Grillfleisch verschiedener Tierbauarten und serviert in einer Auflaufform, klang im Internet gut und war auch absolute Spitze. Dazu das wunderbare selbst gebackene Brot und einen Šopska Salat (Tomate, Gurke, Zwiebel und eine Schneedecke aus zerriebenem Salzlakenkäse drüberweg), ja, so durfte der Tag ausklingen.


Mućkalica im Restaurant Stara Srbija. Durchaus empfehlenswert!

Zurück am Auto war die Frontscheibe komplett vollgeschissen. Das musste bei einer der nächsten Tanken beseitigt werden. Der Straßenverkehr hier in der Stadt klappte ganz gut, wenn man sich an zwei Sachen gewöhnt hatte: Bei doppelspurigen Straßen wurde die linke Spur an der nächsten Kreuzung meist zur Linksabbiegerspur. Und - viel gefährlicher: Der leuchtende grüne Rechtsabbieger Pfeil hat hier die Bedeutung wie bei uns der feste grüne Pfeil! Die Fußgänger können grün haben oder man rollt geradewegs in den Querverkehr hinein. Das war mir von 2012 oder auch von anderen Balkanstaaten so nicht erinnerlich.

Mittwoch, 10.05.2017

Jetzt war er endlich da - der schöne Mittwoch! Yippieh! Beim Aufwachen war der Himmel bedeckt. Ganz überraschend kam das für uns allerdings nicht. Bereits seit gestern deutete es sich an, dass das versprochene schöne Wetter erst gegen Abend bei uns einträfe. Wenn überhaupt... Die Hoffnung, jetzt doch mal alle Motive zu bekommen, lag gerade auf dem Donnerstag. Na, schaun wir mal. Den für heute angedachten optionalen Frühaufbruch schenkten wir uns jedenfalls und drehten uns nochmal um. Zwar hatten wir für heute kein Frühstück bestellt und Frühstückskram eingekauft, doch sprach nichts dagegen, wieder ganz entspannt das Hotelomelett abzugreifen.

Als wir aus dem Hotel traten, regnete es. Ja suuuper! Dabei war auf dem Wolkenfilm eigentlich eher zu sehen, dass sich der Wolkenkomplex immer mehr auflöste. Aber halt nicht hier. Das Bahnprogramm konnte also warten. Wir beschlossen, erstmal unsere Schulden bei der Stadt Niš zu bezahlen, fuhren stadteinwärts und hielten bei der erstbesten Bank in einer Wohnsilo Vorstadt an. Während ich auf Parkplatzsuche zweimal um den Block fuhr, lief Yannick mit unserem Knöllchen schon mal in die Bank zum einzahlen. Der Regen wurde derweil immer stärker. Wir hätten einen Schirm mitnehmen sollen. Hmmm, irgendwoher kennen wir das doch?

Nachdem die Rentner vor ihm ihre äußerst bescheidenen Abhebungen vorgenommen hatten und Yannick drankam, war das Prozedere sehr einfach. Mit einer Bescheinigung kam er bald wieder raus.

Das schöne Wetter war aus Richtung Norden angekündigt. Deshalb fuhren wir einfach mal wieder rüber bis Knjaževac. Dort gab es ein Nickerchen auf dem Bahnhofsparkplatz. Was ist schöner für ein Schläfchen als wenn der Regen auf das Autodach prasselt? Und das tat er nicht zu knapp. Zwischendurch lief mal der Weichensteller zur Nordausfahrt, machte was und kehrte bald zurück. Offenbar hatte er aber nur die Fahrstraße für den nächsten VT eingestellt. Als der Regen mal etwas nachließ, war im Norden ganz schwach eine Wolkengrenze auszumachen. Wir fuhren dem nächsten VT mal in die Richtung entgegen. Die Wolkengrenze kam allerdings nicht nennenswert näher. Vorher gab es allerdings schon einzelne Aufrisse, von denen einer zu Re 2745 am Hp Mali Izvor zur Stelle war.

Na ja, das Motiv war netter als von der Nachmittagsseite gestern, aber der Lichtstand war jetzt um 12 übel hoch und schon recht spitz. Ich wagte es, mal kurz am Smartphone Internet anzumachen und das Wolkenbild abzurufen. Bei Niševac waren auch paar Auflockerungen zu sehen, also hin da! Eigentlich hatten wir uns aus Svrljig auch noch was Gegrilltes mitnehmen wollen, doch der Schlachter unter der einzigen Rauchsäule, die wir im Ort aufsteigen sahen, laborierte gerade an einem Großauftrag. Wir müssten uns 15 Min gedulden. Na ja, so langsam ist die serbische Bundesbahn dann doch nicht, dass man die Zeit bei einer "Verfolgung" einbauen könnte. Deshalb ging es erst nach Niševac. An der Schlucht waren die Zikaden noch relativ still, doch mehrere Kuckucke kuckuckten durch die Landschaft. Der erste großflächige Wolkenaufriss erfasste die Schlucht, als der 2745 gerade durch war...

Da der Blockabstand hier mindestens 50 Min beträgt, konnten wir die Zeit nutzen, nun doch in Svrljig beim Schlachter mit der Rauchsäule vorzusprechen. Da er unsere Ćevapi frisch auf den Grill legte, mussten wir dann doch 15 Min warten. Dafür waren sie dann aber auch seeehr seeehr lecker. Natürlich hatten wir sie wieder nach Niševac an den Schluchtrand mitgenommen. Wir beschlossen, hier auch heute wieder auf DEN Güterzug zu warten. Die Wolken lösten sich jetzt immer mehr auf - das war nun Urlaub!


Niševac: Immer wieder schön.

Zwischendurch waberte mal eine Fönwolke vor der Sonne, aber das machte eigentlich auch nichts, denn auf der Schiene bewegte sich höchstens ein Streckengeher. Während des Wartens rechneten wir nochmal die möglichen Trassen aus, die für Güterzüge zur Verfügung stehen. Angesichts der doch recht übersichtlichen Kreuzungsmöglichkeiten schrumpften die Möglichkeiten schon wieder ganz schön zusammen. Und um 16.20 war der Slot vor den späten Personenzügen dann auch schon wieder komplett geschlossen. Nun lag unsere Hoffnung immerhin noch auf den Personenzügen, die um 17.28 in Svrljig kreuzen. Rechtzeitig vorher tauchten schon wieder Fönwolken auf, doch auch die verpieselten sich genauso schnell, wie sie gekommen waren. Pünktlich hörten wir den Triebwagen, den Re 2747, hinter den Felsen bei Palilula tröten.


Drunten in der Timokschlucht kommt Re 2747 angerollt...


...und poltert nach kurzem Halt am Hp Niševac durch den Ort.

Das hatte ja schon mal schön geklappt. Nun stand der Gegenzug auf dem Plan. Der sollte nochmal in unserer Perspektive vom Montag versucht werden. Wir warteten bei einem Gehöft. Irgendwann kam der Seniorbauer auf Yannick zu und wollte ihm aus Flachs gleich mal seine 19jährige Enkelin andrehen. Wobei es ihm wohl konsequenterweise gleich ums Verheiraten ging. Leider bekamen wir die junge Dame nicht persönlich zu Gesicht. Zu Gesicht bekamen wir hingegen bald bei voller Sonne den Gegenzug Re 2746.


Re 2746 kommt nun aus Richtung Svrljig angefahren.

Zum Glück war der Bräutigam in spé nicht noch auf einen Slivowitz reingebeten worden. Denn jetzt kam tatsächlich mal sowas wie Eile auf. Der 2747 war ja nun schon seit über einer halben Stunde an uns vorüber, doch hatten wir da ja noch den schönen Bergblick bei Matejevac in den Hängen oberhalb von Niš auf dem Zettel, für den genau dieser Zug ideal passte. Wir hatten gestern schon festgestellt, dass es eine reelle Chance gab, den Zug dort nochmal zu erwischen. Zum Glück waren bei der Steigung zum Pass und auch sonst keine Schleicher vor uns, so dass wir dicke rechtzeitig am BÜ ankamen.


Wir haben Re 2747 wieder eingeholt. Kurz hinter dem Bf Matejevac geht es für ihn in den Endspurt nach Niš, das er allerdings ab hier einmal komplett umrundet, um an Höhe zu verlieren. Im Hintergrund sind das Felsmassiv des Relej (1020m) und der Gipfel des Gradac (1062m) zu sehen.

Nachdem nun also auch dieses Hauptmotiv geklappt hatte, waren wir mit dem Tag dann doch ganz gut versöhnt. Schade war nur, dass der Mittagszug in der Schlucht nicht geklappt hatte. Für den hätte man nämlich mehrere Blickvarianten gehabt, u.a. natürlich den Klassiker oberhalb des Haltepunktes. Egal. Den Rest des sehr klaren Abends verbrachten wir mit Einkaufen, ins Hotel fahren und zuhören, dass auf der Piste von Dimitrovgrad ein Zug fuhr, der vermutlich gut im Streiflicht abgegangen wäre.

Für das Abendessen gab es dasselbe Konzept wie gestern mit dem Bezahlparkplatz, auf dem wir diesmal sogar auf Anhieb Platz bekamen. Im Stara Srbija gab es diesmal in Schinken eingerollte Schweinefilets - vom Grill natürlich. Nur das mit den Beilagen war etwas dusselig, weil wir welche extra bestellten, obwohl schon Pommes bei den Hauptgerichten dabei waren. Zur Strafe nahmen wir noch jeder ein Stück sehr leckeren Kuchen dazu, der in der englischen Karte als Cheesecake bezeichnet war, dessen Käsemasse aber eher aus Sahne bestand. Geschmeckt hat er aber trotzdem...

Donnerstag, 11.05.2017

Heute wachten wir erstmals bei blauem Himmel auf. Grund genug, mal den Frühstart zu wagen. Bezahlt hatten wir das Hotel gestern Abend schon, so dass wir Punkt 6:30 starten konnten. Hatten wir eben noch vom Zimmer aus das Horn eines Triebwagens aus Dimitrovgrad gehört, so ertönte jetzt plötzlich das Horn einer 661 in Richtung Osten. Unser Programm, das jedenfalls an der Timoktalbahn liegen sollte, wollten wir nicht zugunsten des Gz abändern. Aber ein Foto - quasi wirklich im Vorbeifahren - gelang uns in der Einfahrt nach Niška Banja. Wir sollten noch lernen, dass wir uns besser weiter um diesen Güterzug gekümmert hätten, aber davon erzähle ich ein ganz anderes Mal...


In Lektion 2 lernen wir nun gleich zwei neue Wörter: Diesellok und Güterzug. Keine Sorge, die Russentriebwagen bleiben uns weiterhin erhalten! Ein morgendlicher Güterzug auf der Strecke Niš - Dimitrovgrad fährt in den Bf Niška Banja ein. Ein all zu störender Hochspannungsmast wurde dem Berghang im Hintergrund elektronisch entnommen.

Weiter sollte es für den Zug offenbar auch einstweilen nicht mehr gehen, fuhr man doch im Schritttempo ins Ausweichgleis, dessen Asig noch Halt zeigte. Wir verfolgten jetzt unseren Plan weiter. Der nordfahrende Re 2742 sollte es sein, und zwar mit dem Esig von Podvis. Es war ein Traummorgen. So macht es Spaß: Unter blauem Himmel ins Motiv zu fahren, keine Wolke im kritischen Bereich, auch sonst konnte eigentlich nichts passieren, das Motiv war ein Selbstgänger. Selbst ein Zugausfall war äußerst unwahrscheinlich, denn in Svrljig hatte sich vor uns die Schranke geschlossen und wir mussten den Zug schon passieren lassen. Konnte also wirklich nichts schief gehen? Nein, tatsächlich hatten wir bald ein herrliches Morgenmotiv im Kasten, als der 2742 vier Minuten zu früh an uns vorbei gefahren war.


Im schönsten Morgenlicht verlässt Re 2742 den ex Bf Podvis. Das Esig ist ausgekreuzt; der Bf ist zum Hp degradiert.

In Knjaševac war Kreuzung mit dem Südfahrer. Konkretes hatten wir für den nicht bzw lediglich die Einfahrt Gramada. Aber da konnte man ja vorher schon mal etwas versuchen. Aufgrund des Sonnenstandes entschieden wir uns mal wieder für Niševac. Irgendwas würde da schon gehen. Tatsächlich sprang uns da einiges ins Auge. Doch wir fuhren immer wieder weiter. Yannick wollte auch schon mal den Schluchteingang aufsuchen, während ich meinte, dass das Gleis beim jetzigen Sonnenstand sicher noch im Schatten der Felswand läge. Lag es aber gar nicht. Gut, wenn die Alten mal auf die Jungen hören ;-b Für Re 2743 hatten wir also quasi die Morgenvariante des "Klassikers", den man sonst mittags macht.


Der Klassiker von der Morgenseite: Re 2743 verlässt die Timokschlucht und erreicht Niševac.

Dann war immer noch genügend Zeit, dem Zug nochmal voraus zu fahren. Auch wenn wir wieder von dem stumpf klingenden Gebimmel der Schranke von Svrljig abgehalten wurden, noch vor dem Triebwagen die Schienen zu queren, gelang uns das geplante Foto von der Einfahrt nach Gramada problemlos.


Kann es herrlicheren blauen Himmel geben? Re 2743 erreicht den ex Bf Gramada.

Was nun tun? Es war jetzt 9:30. Nächster Hauptprogrammpunkt war eigentlich erst der Zug um 13:56 in der Schlucht. Für den vorherigen Nordfahrer hatten wir so richtig nichts. Gestern hatte uns von unserem Fotohang drüben auf der anderen Seite der Schlucht ein Fußpfad angelacht, den wir jetzt mal so weit in die Schlucht hinein laufen wollten, bis man auf der anderen Seite Palilula sieht.


Wunderschönes Niševac.

Am Schluchtausgang in Niševac warteten wir noch eine mögliche Güterzugtrasse ab, dann liefen wir den wunderschönen Pfad auf halber Höhe in die Schlucht rein. Als sich der Pfad später in Richtung Fluss senkte, stiegen wir auf einen Sattel hoch, von dem aus man bald den Blick sowohl auf die zwischen zwei Felstunneln gelegene Timokbrücke als auch auf einen freien Abschnitt Richtung Palilula hatte. Wir ließen uns mit unserem Frühstück nieder. DER Güterzug durfte kommen...


Halluzinationen eines durstig im Gras liegenden Wanderers...

Er kam natürlich nicht. Statt dessen kamen Wolken auf. Paar kleine Schönwetterwolken, aber auch größere Schlonzfelder. Alles mit klaren, scharfen Grenzen; dazwischen war der Himmel immer noch tiefblau. Warm war es geworden, doch der ordentliche Wind machte den Aufenthalt draußen sehr angenehm. Wir warteten nun mal den Re 2744 ab, auch wenn das der übelste Hochlichtzug der Strecke ist. Mit dem Zug konnte man immerhin Belegbilder von den entdeckten Motiven machen.


Re 2744 auf der Timokbrücke mitten in der Schlucht. Hier hätte ein Y1 gereicht...


Und der Nachschuss mit Blick zur Ortslage Palilula. Hier wäre der Güterzug ideal gewesen, der... ach, lassen wir das... Das gehört an eine spätere Stelle des Reiseberichtes.

Nach dem Entklettern unseres Aussichtsfelsens ging es gemütlich auf dem Pfad wieder zurück. Yannick bog allerdings auf halbem Wege ab, weil er dort den nächsten Südfahrer von einem Felssporn machen wollte. Ich musste mich hingegen entscheiden, ob ich nun den Klassiker mache (wobei mir da einige Gebüschruten schon zu hoch wucherten) oder ob ich nochmal den Dreitunnelblick über die Schlucht rüber mache. Ich entschied mich für letzteren und lief zum Auto zurück.


Am Auto hatte man uns einen Pilz unter den Scheibenwischer geklemmt. Ist das jetzt ein schlechtes Zeichen? Die Reifen und Scheiben waren aber noch heile.

Mittlerweile fand ein reger Wechsel zwischen hohen Wolkenfeldern und blauem Himmel statt. Mit Blick auf Yannick auf seinem Felsvorsprung drüben legte ich mich nun wieder ins Gras, bis es Zeit für Re 2745 war.


Hoffentlich dreht sich Yannick im Schlaf nicht um...

Die Zeit kam, die Zeit ging. Oha! Sollten wir sie gefunden haben, die ersten nennenswerten Lost Units bei der Serbischen Eisenbahn? Bald konnten wir nur noch drauf hoffen, dass es so ist. Die Alternative wäre Ausfall. Oh Mann, da muss man sich nun schon für eines von zwei Topp Motiven entscheiden, die Sonne scheint relativ kontinuierlich vom Himmel, und dann kommt der Zug nicht. Gaaanz großes Tennis! Aber bisher haben wir die Züge auf dieser Strecke so pünktlich erlebt, dass wir wirklich ziemlich bald von Ausfall ausgingen, auch wenn das ansonsten gegen alle Regeln balkanischen Eisenbahnbetriebes ist... Letztendlich galten die alten Balkanregeln. Mit ca 25 Min Verspätung tauchte der Zug doch noch auf und hatte sogar gutes Licht.


Für mich einer der schönsten Ausblicke in die Timokschlucht: Re 2745 passiert den Dreitunnelblick.

Nun sammelte ich drüben Yannick wieder ein. Der Plan war dann die Fahrt gen Norden. Der nächste Programmpunkt sollte die Felswand südlich Vratanica sein, was zeitlich mit dem nächsten Zug auch genau aufgehen musste. Doch eines der zwischenzeitlich mehrheitlich den Himmel bevölkernden Wolkenfelder vereitelte jegliche Aussicht auf Erfolg. Deshalb fuhren wir mal gleich weiter, direkt an Zaječar vorbei. Der Plan war nun ein Y1 im Ortsbereich von Vražogrnac. Nur dort würde er auf seiner Fahrt an die Donau Sonne auf der Front haben.

Bei der Ankunft hatten wir allerdings noch eine Dreiviertelstunde Zeit, in der wir nochmal wie vorgestern an der Abzweigstelle Rasputnica vorbei über den Hügelrücken schauen wollten. Vielleicht würde ja ein Güterzug aus Richtung Prahovo kommen. Nun, DER Güterzug kam, als wir gerade auf die Abzweigstelle schauen konnten. Der Zugschrei erquoll gleichzeitig aus unseren beiden Mündern. Suuuper, damit konnten wir ja mal genau gar nichts anfangen! Wir wendeten, doch zeigte der Güterzug, dass die serbische Bahn auch "schnell" kann - jedenfalls bis zum BÜ unten im Dorf, den er eindeutig vor uns erreichte. Da wir nun den kompletten Zug an uns vorbei lassen mussten, rechneten wir mit nix mehr. Doch im Einfahrbereich des Bahnhofs ging der Gütermann auf Schritttempo runter. So kamen wir doch noch zu einem schnellen Notschuss im Bf Vražogrnac, aber der gehörte in die Kategorie BddWnb ("Bilder die die Welt nicht braucht"). Korrektur von Y: Er fand sein Bild toll, auch wenn es vielleicht nicht Bild der Tour wird. Es war auch gut; als Fahrer war ich halt nicht mehr weit genug gekommen bzw wollte Yannick nicht vordergründig (!) ins Bild rennen...


Ein Güterzug aus Richtung Donautal überrschte uns am Gleisdreieck von Rasputnica. Dank langsamer Einfahrt in den Bf Vražogrnac bekam immerhin Yannick noch ein Bild hin.

Was nun? Da es sich um einen Ganzzug handelte, konnte man drauf hoffen, dass der Zug ohne großen Aufenthalt Zaječar passieren würde. Wir bauten uns einfach mal in Grljan auf und harrten der Dinge. Wer findet den Fehler? Richtig, das Große Buch der balkanischen Eisenbahn verbietet ein schnelles Passieren eines betrieblich wichtigen Knotenbahnhofs! Da kann man ja sooo schön viele Dinge tun: Personalwechsel, Lokwechsel, Kaffee, Klönschnack, die Wagen vom Wagenmeister mit dem Hammer auf Heißläufer untersuchen lassen. Und diese Dinge können soooo schön lange dauern! Wie jetzt, der Zug hätte vor x Personenzug bis Knjaževac kommen können. Wozu das denn? Na ja, jedenfalls warteten wir nochmal bis 17:45, dann fuhren wir zu unserer geplanten Unterkunft bei Bor. Wobei - ein wenig Bahn parallel musste es dann doch noch sein. Die Erzbahn führt hinter Rgotina mal wieder durch eine Schlucht vor gigantischer Felskulisse. Die Straße führt hingegen mit zahlreichen Serpentinen über einen Höhenzug rüber. Erst dahinter konnten wir wieder an die Bahn rankommen, die hier durch einen Tunnel an Vegetation führt, der jegliche Fotoambitionen im Keim erstickt. Bei einem Kalkwerk wendeten wir und rissen damit den örtlichen Wachmann in der Pförtnerbude aus seinen Tagträumen, oder womit er immer beschäftigt war. Ah, sie drehen nur, alles klar, freundlicher Gruß und tschüß!

Das Kalkwerk hat sogar ein Anschlussgleis vom ansonsten völlig einsamen Bf Zagrađe, in dem noch Wagen standen. Besetzt schien der Bf aber nicht zu sein, die Lichtsignale waren dunkel. Hier im Bf hätte man die Felskulisse noch ein wenig im Hintergrund. Wir fuhren nun nach Bor hoch, das auch die Bahn über verschiedene Kehrschleifen irgendwann erreicht. Was für eine andere Landschaft! Tagebau und Abraumhalden, so weit das Auge blickt! Die 34tsd Einwohnerstadt Bor beherbergt eines der größten Kupferabbaugebiete Europas. Eine Industriestadt mitten im Nirgendwo, hoch oben in den Bergen. Inmitten der Halden liegt der Bf Bor teretna, also der Güterbahnhof. Faszinierende Umgebung, aber zu fotografieren traut man sich hier vielleicht dann doch nicht so. Im Personenverkehr wird die Strecke noch dreimal am Tag von einteiligen Y1 Triebwagen bedient. Das Güteraufkommen schien uns für solch eine Bergbaustadt auch eher bescheiden zu sein.

Unsere Unterkunft lag ein Stück außerhalb von Bor, das Hotel Jezero (See) am Borsko Jezero. Ein riesiges Ausflugshotel aus sozialistischen Zeiten, das aber hervorragend renoviert worden ist. Schon allein die riesige Hotelhalle ist beeindruckend und dank vieler Sitzmöglichkeiten sehr einladend.

Leider schwächelte ich heute Abend ein wenig. Die Mattigkeit und das Frösteln schob ich ein wenig auf die wenige feste Nahrung, die wir zu uns genommen hatten. Paar 7days Minicroissants und zwei oder drei Bananen. Deshalb bestellte ich mir direkt mal ein Karađorđeva Schnitzel und den obligatorischen Šopskasalat. Vielleicht hätte ich mich mal vorher fragen sollen, ob ich überhaupt Hunger habe. Als nach dem sehr käselastigen Salat die riesige Schnitzelrolle vor mir hingestellt wurde, wusste ich: Ich bin pappsatt. Gut die Hälfte quälte ich mir noch rein (und es war wirklich nicht schlecht!), den Rest mitsamt fast der ganzen Beilagen ließ ich mit einer Entschuldigung wieder zurück gehen. Im Nachhinein hätte ich vielleicht einfach nur paar Sachen vom Buffet nehmen sollen...

Wie soll es weiter gehen? Eigentlich hatten wir uns morgen zumindest um einen der beiden bei Tageslicht fahrenden Y1 Triebwagen kümmern wollen. Mindestens zwei Motive kannte ich aus dem Internet, die aber beide mit Lauferei verbunden sind. Aber die Wettervorhersage war für morgen schon wieder total abgeschmiert... Grobes Ziel sollte dann erstmal Bosnien sein, wo man im Norden paar Sachen umsetzen wollte. Für dort war immerhin für Sonntag brauchbares Wetter angesagt. Na, mal sehen. Morgen wollten wir erstmal etwas ausschlafen.

Freitag, 12.05.2017

Die Nacht war trotz herrlich ruhiger Lage des Hotels nicht sehr erbaulich. Ich hatte kurze Anfälle von Schüttelfrost und leichten Durchfall. Nach dem zweiten nächtlichen Gang zur Toilette wurde es allerdings besser. Morgens dachte ich erst, von konstantem Maschinenlärm aufzuwachen, doch es war "nur" der Regen, der unaufhörlich auf ein Vordach prasselte. Dieses beruhigende Geräusch nutzten wir, um etwas länger zu schlafen, was nach der Nacht nicht das Verkehrteste war.

Wir hatten viel vor. Das heutige Tagesziel sollte Doboj in Bosniens Republika Srpska sein. Auf schnellstem Wege warf Google fünfeinhalb Stunden Fahrzeit aus - also alles gar nicht mal soooo extrem. Aber wir hatten nicht vor, den schnellsten Weg zu nehmen. Heute wollten wir statt nach Lost Units eher nach einer Art Lost Places suchen. Lost Places, die noch nicht ganz lost sind.

Das erste sollte die Erzbahn sein, soweit man an sie überhaupt heran kommt. Nördlich von Bor ist das nur auf langen Stichwegen möglich, die wir in die Fahrt nach Doboj natürlich unmöglich einbauen konnten. Aber weiter nördlich geht dann wieder eine Straße parallel. Von unserem Borsko Jezero, wo wir genächtigt hattem, fuhren wir also gar nicht wieder nach Bor rein, sondern einen langen Bogen via Zagubica nach Leskovo an die Bahn. Dieser Bogen hatte es in sich. Es ging so richtig in die Berge rein. Auf zig Kilometern Straßenlänge gibt es keinen einzigen Ort. Unsere Karten App OSMAND maß als maximale Höhe 951m. Manchmal lichtete sich der Wald etwas und auf einer Lichtung fanden rund um eine Hütte Holzarbeiten statt. Reste von Köhlerhütten waren erkennbar - oder sollte sowas noch in Betrieb sein?

Die Straße 164 von Zagubica wieder runter an die Bahn war ein besserer Waldweg. Asphaltiert immerhin, aber voller Placken und manchem Schlagloch. Die Bahn erreichten wir kurz hinter dem Weiler Jasikovo. Im nächsten Dorf Leskovo gab es einen Bahnhof, der aber als solcher betrieblich stillgelegt und dessen Signale erloschen waren. Nun führte die Straße wieder in die Höhe und von der Bahn weg. Das Wiedertreffen fand an einem großen Betonbogenviadukt statt, der über unser einsames Waldtal hinüber führte. Als sich die Bahn auf das Höhenniveau des hier etwas weiteren Tals hinabgesenkt hatte, kam der besetzte Bahnhof Majdanpek. Rund herum ist ein wenig Industrie, doch die eigentliche Stadt Majdanpek ist weit weg. Hier enden die drei Triebwagenfahrten.

Die erst in den 70er Jahren eröffnete Strecke führt weiter durch das vollkommen einsame Waldtal des Pek. Wenn das Tal mal eine Schleife machte, führte die Strecke aufwendig trassiert geradeaus durch einen Tunnel. Soviel ist sicher - die Strecke ist für mehr konzipiert gewesen! Das Gleis sah allerdings auch hier noch befahren aus. Natürlich rechneten wir damit, dass uns jederzeit eine der laut Fotos häufig rund um Požarevac beobachteten Titoloks der Baureihe 666 mit einem Zug entgegen käme. Allerdings mussten wir uns auch eingestehen, dass den Spuren auf den Schienen nach der Zug schon durch war.

Irgendwann wurde das Tal weiter und der Straßenverkehr stärker. Auch der Bahnhof Kućevo machte den Eindruck, dass er bedarfsweise besetzt werden könnte, um Verkehr abzuwickeln. Da hier wieder Formsignale standen, vermuteten wir, dass jetzt wieder ein älterer Streckenteil begann. Zwischen Kućevo und dem nächsten Bahnhof Kaona gab es in einer Flussschleife ein wahrhaft geniales Motiv mit paar alten Schotterverladebunkern. Von Požarevac bis Kaona zum dortigen Steinbruch soll definitiv noch regelmäßig Verkehr sein. Nur jetzt nicht, aber heute war der Zug ja schon nach Bor gefahren ;-)

Angesichts unseres geplanten Tagesziels zog sich die Fahrt nun ganz schön in die Länge. Einen Abstecher zum Bf Požarevac ließen wir deshalb bleiben. Als kurze Pause wählten wir statt dessen einen Abstecher zur Ljubicevski most, wo wir leider so gerade eben einen vollgepunkten Riga ET verpassten, der nach unserem Fahrplan eigentlich momentan gar nicht fahren sollte (14.13 ab Požarevac). Mittlerweile schien nämlich schon längst dunstig die Sonne, so dass man sicher mal abgedrückt hätte.

Nun ging es auf die Autobahn. Das brachte uns zügiger voran. Erst in Belgrad, wo wir den Südring für die bessere Lösung hielten statt mitten durch die Stadt, stockte es wieder. Der Südring ist nämlich noch gar keine richtige Autobahn. Parallel zu uns fuhr ein Güterzug auf dem Eisenbahn Südring, der ja auch paar nette Viadukte hat.

Das Navi wollte uns möglichst lange über die Autobahn schicken und wies uns den Weg über Kroatien und Bosanski Samac an. Wir wussten es mal wieder besser und wollten unter Aussparung Kroatiens der Güter- und immer wieder für den Brzi Belgrad - Sarajevo diskutierten Strecke via Borina - Karakaj folgen. Im Prinzip war das auch interessant, aber sowas muss nicht sein, wenn man schon sechs Stunden Fahrt hinter sich hat und der Tag langsam zur Neige geht. Und der Verkehr war richtig heftig! Wir kamen oft überhaupt nicht richtig voran. Das lag allerdings auch an den vielen langgezogenen Straßendörfern beiderseits der Grenze. Und es war halt Freitag Abend - nicht gerade die Zeit für leere Straßen. Aber diese Route brachte uns wider Erwarten dann doch das "Sonnenbild des Tages" ein. Völlig unverhofft stand im serbischen Grenzbahnhof dieses reinen Güter-Grenzübergangs, im Bf Brasina, ein Güterzug, dessen ŽRS 661 noch vor dem Zug hing und vor sich hin röhrte.


Das Sonnenbild des Tages zeigt einen wartenden Güterzug im serbischen Grenzbahnhof Brasina, bespannt mit einer bosnischen ŽRS 661.

Abgesehen davon, dass der bosnische Grenzer die Fahrzeugpapiere sehen wollte und mich damit etwas unvorbereitet traf, klappte der Grenzübertritt vollkommen reibungslos. Der deutsche Perso ist einfach unermesslich viel wert! Die weitere Fahrt durch Bosnien zoooog sich gewaaaaltig hin. Es gab fast nur Ortsdurchfahrten, wobei irgendwie jegliche Geschwindigkeitssignalisierung fehlte. Egal, es ging eh im Tross und ich hängte mich an die Vorderleute ran. Immerhin sind wir mit unserem serbischen Kennzeichen nicht von den zahlreichen Polizeikontrollen am Wegesrand rausgezogen worden...

Kurze Erklärung zu Bosnien: Das Land ist noch immer in zwei "Entitäten" aufgeteilt: Die Föderation Bosnien und Herzegowina und die Republika Srpska. Während man auf der Straße den Übergang von einer Entität in die andere nur am Willkommensschild erkennt, leistet sich jede Entität noch ihre eigene Bahngesellschaft. Die Föderation betreibt die ŽFBH, die Republika Srpska die ŽRS. Beide Entitäten sind geografisch nun oft sehr ineinander verschlungen. Das bringt bahnmäßig zahlreiche isolierte Inselbetriebe mit sich und führte z.B. auf unserer jetzigen Abendfahrt dazu, dass wir die ersten zwanzig Kilometer durch die Republika Srpska zurücklegten. Ab Memići ging es dann bis kurz vor Doboj durch die Föderation. Doboj selbst liegt dann aber wieder in der R.S. Die parallele Bahnlinie hingegen gelangt bereits weit vor Doboj, ab Petrovo, wieder in die Republika Srpska, weil sie auf der anderen Flussseite verläuft und der Fluss hier die Entitätsgrenze bildet... Auf der Strecke Doboj - Tuzla verkehrt im Personenverkehr ein ŽRS Triebwagen durchgehend. Und auch im Güterverkehr fahren hier die Loks beider Bahngesellschaften entitätsübergreifend. Dass wir in Brasina allerdings eine ŽRS Lok gesehen hatten, machte uns etwas stutzig. Kam die ganz aus Doboj oder hatte man hier wirklich für die 20km durch ŽRS Land wieder umgespannt?

Gebucht hatten wir die erste Adresse in Doboj, Hotel Park. Um 20:20 hatten wir es endlich geschafft. Als wir ankamen, herrschte gerade Highlife mit Livemusik. Und wir sollten ein Zimmer im ersten Stock bekommen. Auch wenn wir Balkanpop (um den es sich hier wirklich in Reinkultur handelte) ganz witzig finden, baten wir dann doch lieber mal um ein Zimmer in einer höheren Etage. Die nette Rezeptionsdame ließ daraufhin ein Zimmer im 4. Stock für uns herrichten. Da hörten wir nichts mehr von der Musik, prima!

Aufgrund unserer Magenprobleme hatten wir, obwohl wir tagsüber so gut wie nichts gegessen hatten, absolut keinen Hunger. Ich hatte Appetit auf Rotwein und Käsewürfel, Yannick auf Yoghurt, und so zog es uns für ein Hüttenessen in unserem Hotelzimmer nochmal rüber in den Konzum. Das war das beste, was wir tun konnten. Dieser Teil des Reiseberichtes entstand also unter Zurhilfenahme eines leckeren Roten aus der Herzegowina.

Samstag, 13.05.2017

Gesundheitlich ging es langsam wieder aufwärts mit uns beiden. Zumindest ich freute mich auf Kaffee und Brötchen. Doch erstmal mussten wir an den Gebissen vorbei. Nein, es ist jetzt nicht so, dass bosnische Hotels der Oberklasse ihren Gästen für jede Mahlzeit das passende Gebiss anbieten... Als sich aber die Fahrstuhltür im Erdgeschoss öffnete, befanden wir uns mitten in einem Dentalkongress wieder. Es waren zahlreiche Stände aufgebaut, die vom Mundwasser bis zum Drittgebiss alles feilboten. Wollen hoffen, dass heute niemand in Banja Luka oder Sarajevo zum Zahnarzt muss, denn sämtliche Dr med dent des Landes waren gerade hier vor uns in der Hotelhalle versammelt. Mal ganz ehrlich: Es tat direkt gut, hier unten mal so viele gut gekleidete Leute an einem Ort zu sehen...


Der obligatorische Blick von der Fußgängerbrücke des Bf Doboj auf die abgestellten 212er.

Im Laufe des Vormittags lockerten die Wolken immer mehr auf, so dass man doch tatsächlich langsam mal an Fotos denken konnte. Hochlichtphase, ach shit druff! Der Talgo soll mittags von Sarajevo reinkommen, und den wollten wir jedenfalls haben! So fuhren wir einfach mal gemütlich ins Bosnatal hinein. Mit unserem knallblauen serbischen Auto erregten wir glaub'ich eine gewisse Aufmerksamkeit. Beim Wenden zwischen den Gärten von Donja Paklenica und der Bahn sprach uns ein Einheimischer an. Serben? Nee, Leihwagen, Njemacki! Aaah, deutsch gutt! Der Mann hatte ne Zeit in Offenbach gelebt, aber das war lange her. Er öffnete sogar extra sein Gartentor, damit wir besser drehen konnten.


Nomen est Omen.

Ein Hinweis für Nachahmer des nun folgenden Reiseteils muss ein: Noch immer liegen in Bosnien-Herzegowina viele Landminen, auch wenn schon weite Flächen beräumt sind. Gerade im Bosnatal und entlang der Strecke Doboj - Tuzla waren im Krieg viele Minen ausgelegt worden. Deshalb empfielt es sich nicht, in "wildes" Gelände zu laufen.

Beim weiteren Kundschaften hinter Maglaj kam uns gegen 11 der erste Güterzug entgegen - mit einer roten ŽFBH Lok. Schade, hätte man wissen müssen. Wir schauten noch weiter hin und her und fuhren einmal ein ganzes Stück die Bosnaschleifen hinein. Leider beherrschte mittlerweile massive Quellbewölkung den Himmel. Rechtzeitig für den Talgo suchten wir nun einen Felssporn zwischen Tomići und Bradići auf. Dieser wird vom südwärtigen Bahngleis im Tunnel unterquert, während das nordwärtige drumherum führt. Ganz geheuer war mir die Sache nicht, denn nach hinten ging es wirklich senkrecht runter. Yannick kannte die wenigste Scheu und kraxelte ganz durch. Als Lohn hatte er den Zug dann auch komplett baumfrei, während von meiner Position noch paar Äste in den Zug ragten. Aber wir freuten uns schon mal wie die Schneekönige, dass der "neue" B 396 mit Sonne abgegangen war. Das war nämlich richtig Glück gewesen bei dem Himmel!


Eine Talgo-Garnitur passiert als B 396 den Aussichtsfelsen zwischen Bradići und Tomići.

Wir positionierten uns wieder für südfahrende Güterzüge, denn bereits zwei rote ŽFBH Loks waren nun mit Güterzügen nordwärts durchgekommen, der zweite kurz vorm Talgo. Der mochte dem B 396 auch einige wenige Lost Units eingebracht haben. Lange mussten wir nicht auf einen Südfahrer warten, erneut hatten wir Riesenschwein mit den Wolken, doch Hochlicht, Innenkurve und dunkle E-Wagen sind ein Salat, der zumindest mir nicht ganz so schmecken wollte, weil die Seite des Zuges wirklich kaum leuchtete.


Hab die Seite des Güterzuges ein wenig aufgehellt...

Die Wolken gewannen immer mehr die Oberhand. Im südlichen Teil der Bosnaschleifen auf Zavidovići zu war der Himmel komplett dicht. Nordwärts hingegen waren noch größere blaue Abschnitte am Start. Deshalb entschieden wir uns letztendlich, für die Rückfahrt des Talgos nördlich Maglaj zu bleiben. Zwischendurch gab es ein kurzes Päuschen im Stadtpark von Maglaj, dem die Stadtväter ein öffentliches WLAN spendiert haben. Das hatte Yannick mit seiner unbestechlichen Witterung für WLAN Wolken irgendwie entdeckt. Es war wirklich ein Bild für die Götter, wie die Leute da alle im Park herumsaßen und auf ihre Geräte starrten. Für uns war es eine Hilfe, denn gerade in Serbien gelten für unsere Mobilgeräte noch richtige Schurkenstaat Tarife - teurer als USA! Deshalb hatten wir "Mobile Daten" in der Regel ausgeschaltet.

Ganz einfach war die Motivfindung nördlich Maglaj nun zwar nicht, aber nach einigem Hin und Her entschieden wir uns für den ex Hp Trbuk. Dort konnte man mal einen der für diese Strecke typischen eingleisigen Tunnel fotografieren, bei denen das andere Gleis außen rum führt. Der B 397 ließ uns länger warten als erwartet, aber Wolkengefahr bestand nicht, und so ging sich der Zug gut aus.


Der Talgo kommt als B 397 zurück und wird am ex Hp Trbuk aufs Korn genommen. Die rechte Talseite der Bosna ist hier zwischen Doboj und Maglaj noch Territorium der Republika Srpska. Deshalb endet der ŽFBH Nahverkehr von Süden kommend in Maglaj. Die ŽRS der Republika Srpska hat hingegen den Nahverkehr zwischen Doboj und Maglaj eingestellt, so dass in Trbuk nur noch Fernzüge durchrauschen. - Dass ein Streckengleis um einen Bergsporn herum führt, während das andere durch einen Tunnel führt, ist typisch für diese Strecke. Das zweite Gleis ist später einfach mal hinzu gebaut worden.

Das weitere Konzept sah vor, den Nachmittagszug von Tuzla nach Doboj zu verfolgen. Dazu mussten wir jetzt mal langsam ostwärts aufbrechen. Das fiel nun ein wenig schwer angesichts zweier offenbar abfahrbereit stehender Güterzüge mit roten ŽFBH Maschinen in Richtung Bosnatal. Doch weit nach Süden hätten wir wolkentechnisch eh nicht fahren können, und ein Bild in der Bahnhofsausfahrt verdödelten wir mal gleich, weil wir bei der Auswahl zwischen zwei minder interessanten Fotostandpunkten nicht einig wurden...


Zwei Güterzüge der ŽFBH stehen in Doboj abfahrbereit. Waren wir anfangs noch erfreut, die "letzten" roten 441 der ŽFBH zu sehen, ging uns allmählich das Licht auf, dass die ŽFBH offenbar ihren gesamten Ellok-Fuhrpark (außer die Talgoloks) wieder in diese klassische Lackierung versetzt. Das soll uns recht sein! An "türkischfarbigen" Loks (rotweiß) hatten wir nur eine einzige gesehen.

Also ostwärts! Die Fahrt auf der völlig überfüllten Straße ging mal wieder gut los. Stau gleich hinter Doboj, ein Unfall. Offenbar war die Straße beim Überholen mal wieder zu schmal für drei Autos nebeneinander gewesen. Aber wir kamen dann doch bald dran vorbei. Verletzt schien niemand, das ist die Hauptsache. Aber der Verkehr reichte uns. Wir entschieden, uns auf die andere Seite des Flusses in die Republika Srpska zu begeben und auf kleinen Straßen parallel zur Bahn ostwärts weiter zu fahren. Damit, dass wir ganz bis vor Tuzla fahren "müssten", rechneten wir eh nicht, da südostwärts vor uns die finsteren Wolken hingen. Die Bahnparallelität brachte allerdings bald einen Vorteil: Wir überholten einen ostwärts fahrenden Güterzug! Den hatten wir vorhin im Bosnatal auch schon gesehen. Der hatte also im ŽRS Bahnhof Doboj von ŽFBH Ellok auf ŽFBH Diesellok gewechselt! Wir konnten ihn im Bf Petrovo Novo zweimal bekommen. Das zweite Mal verdanken wir dem netten Tf, der nach einer Befehlsübermittlung extra auf uns zwei Verrückte gewartet hatte...


Besonders beweglich sieht das Einfahrsignal von Petrovo Novo nicht mehr aus. Der Weichenwärter steht daneben und signalisiert Einfahrt. An anderen Bahnhöfen hatte man die Form-Esigs komplett entfernt und durch rote Halt-Tafeln ersetzt.

Zeitlich hätten wir dem VT noch bis Lukavac entgegen fahren können. Doch genau zwischen Kokerei und Stadt lag nun "endlich" die Wolkengrenze. Deshalb bauten wir uns für das erste Foto auf der Straßenbrücke in Dobošnica auf. Der Zug erschien unwesentlich verspätet. Weitere Fotos von der Fahrt des Pt 6606 entstanden in Kakmuž, vor Karanovac, hinter Boljanic und in der Ausfahrt von Suvo Polje.


Pt 6606 fährt in den Bf Dobošnica ein.


Kakmuž.


Karanovac.


Suvo Polje.

Über dem Tal der Spreča hatte sich eine wunderbare Wolken freie Zone gebildet gehabt, während weiter südlich die dicken Wolkenberge hingen. Was schön! Das hat ja mal richtig gut geklappt! Es baut ja doch etwas auf, wenn man sich mal richtig entschieden hat. Nun gab es noch den einfahrenden Talgo B 714 an der Kokerei südlich von Doboj zu fotografieren.


Der Abendzug B 714 aus Sarajevo kommt in Doboj an.

Das war's. Schade, nach 19:30 wären erst der Bummel nach Banja Luka und dann ein bereitstehender E-Wagen Zug mit Doppeltraktion nordwestwärts rausgefahren, aber die Sonne scheint hier unten halt nicht so lange wie in Norddeutschland... So langsam kehrte bei uns der Appetit wieder. Zwecks Abendessen wollten wir nochmal kurz rüber ins Lämmerland. In der überwiegend muslimischen Föderation drehen sich nämlich die Lämmer an den Drehspießen über den Grills, in den christlichen Gegenden sind's hingegen eher die Spanferkel. Weiter südlich ist das jedenfalls so. Hier drehte sich gar nichts. Also zum Abendessen ins Hotelrestaurant, wo ich mich aber mit Šopska Salat (Risiko!) und ausgezeichneten (!) Spaghetti Carbonara begnügte, während Yannick sich das dicke Karađorđeva Snizla reinzog.

Sonntag, 14.05.2017

Der Wecker stand auf 6.30, damit man sich um den südfahrenden Talgo kümmern könnte. Doch der Blick aus dem Fenster fiel auf komplett bewölkten Himmel. Das nächste Aufwachen fand dann erst so um 8 statt. Nun war doch einiges Blau am Himmel. Wir frühstückten zügig und peilten dann als Start den Bummelzug an, der um 9.30 von Maglaj in Richtung Süden starten sollte. Bei der Vorbeifahrt am Bf Maglaj sahen wir, dass der erste Wagen auf der Westseite stark beschmiert war. Yannick war das egal. Er fand ein Motiv bei Tomići ganz nett, wo ich ihn abgesetzt habe. Ich spekulierte nun drauf, dass die Ostseite vielleicht besser aussähe und fuhr die Bosnaschleifen entsprechend weiter, bis die Ostseite Ausleuchtung hätte. Das war nun erst zwischen Globarica und Dolina der Fall. Da gab es einen schönen Flussblick. Leider dämpfte ein Wolkenfeld das Licht minimal, aber Pt 2103 war immerhin tatsächlich auf der Ostseite sauber.


Die Bosna führt ordentlich Wasser und braust in Wildbach Geschwindigkeit durch das Tal, während Pt 2103 an der Flussschleife zwischen Globarica und Dolina unterwegs ist.

Nun hätte man sich eigentlich bei einem Grillplatz schön ans Bosnaufer stellen und den umgekehrten Blick machen können. Aber ich musste ja nun erstmal die zwanzig Minuten zurück fahren und Yannick aufgabeln. Auf dem Rückweg zum Grillplatz bei Globarica kam uns natürlich der Güterzug entgegen, den wir dort gebraucht hätten. Sehr sehr schade. Da das bereits der zweite gesehene Nordfahrer war, rechneten wir uns nicht mehr die ganz großen Chancen auf einen Zug aus. Erst setzten wir uns Ultimo für 11 Uhr, dann erhöhten wir nochmal bis 11.30. Der erlösende Güterzug kam um 11.27...


Dann kam doch noch der erlösende Güterzug: Immer noch an der Bosna zwischen Dolina und Globarica.

Als Hochlichtprogramm hatten wir vor, uns mal die Kohleschmalspurbahn von Banovići anzuschauen. Von Zavidovići war das gar nicht so weit weg, 50 Min quer durch die Berge. Das war jedenfalls eine landschaftlich ganz nette Fahrt. Eigentlich hatten wir ja gehofft, dass wir unterwegs noch sich drehende Lämmer am Spieß sehen würden, aber das war leider nirgends der Fall. In Banovići war die Ortsdurchfahrt etwas erschwert durch riesige Löcher im Asphalt. Den Häusern nach handelte es sich um eine typische Arbeiterstadt in Sachen Kohle.

Und mitten durch die Stadt führt die zweigleisige 760mm Minenbahn, mit der das schwarze Gold runter zur Verladung gefahren wird. Die Verladung findet sowohl auf LKW als auch auf Normalspurzüge statt. Und prompt mit unserem Eintreffen und ersten Erkunden rollten Schmalspurzüge in beiden Richtungen durch die Stadt. Na, das hatten wir ja mal wieder prima abgepasst! Wir schauten erst unten an der Entladung rum, fuhren dann aber hoch in die Stadt und stellten uns an einen Bahnübergang, der als Motiv schon aus Funk und Fernsehen bekannt ist. Leider kam erstmal nur ein Zug aus der falschen Richtung. Nach einiger Zeit gelang uns dann aber doch noch das Bild eines Bergfahrers.


Ein Zug der Kohlenbahn Banovići abwärts...


...und einer aufwärts.

Wir kundschafteten nochmal bis zu einem BÜ hoch oben an einer der Gruben weiter, doch hier war die Piste nur noch eingleisig und hatte sogar etwas Rost angesetzt. Da mussten wir nicht weiter warten... Das Nachmittagsprogramm sollte diesmal auch im Bosnatal stattfinden. Es ging den ganzen Weg nach Zavidovići zurück. Wenn man aus den Bergen nach Zavidovići einfährt, kommt man als erstes durch eine Zigeunersiedlung. Die Leute hausen dort in halbfertigen Rohbauten und horten anscheinend rund herum ihren kompletten Müll. Im Ort auf dem Supermarktparkplatz liefen deren Kinder herum und bettelten. Wir hatten eigentlich nur ungestört ein Eis essen wollen, aber die verschwanden halt nichtmal auf unser freundliches (?) Kopfschütteln. In den Bosnaschleifen stellten wir uns für Südfahrer auf. Gz gab es aber keine. Statt dessen kam bald B 397.


In den Bosnaschleifen begegnet uns B 397 zwischen Bradići und Globarica.

Nächster Programmpunkt war der nordfahrende Bummelzug Pt 2102. Wir rechneten mal mit derselben Einheit wie heute Morgen - also mit Schmier auf der flussabgewandten Seite. Die Bosnaschleifen bieten nicht nur zu jeder Tageszeit Vollausleuchtung jedes Zuges, sondern man konnte sich zumindest jetzt auf der Hinfahrt nach Maglaj sogar aussuchen, von welcher Seite man den Zug nehmen wollte. In Tomići gab es nun also die Möglichkeit, die Flussseite des Zuges bestausgeleuchtet zu bekommen. Das klappte dann auch ganz nett mit einem der umliegenden Häuschen. Die Dame, vor dessen Grundstück wir standen interessierte sich bis auf einen Gruß nicht weiter für uns.


Pt 2102 Zenica - Maglaj erreicht die kleine Siedlung Tomići.

Als nächstes bauten wir uns in der Hoffnung auf Güterzüge an einem Zweirichtungsblick zwischen Bradići und Globarica auf. Das brachte uns allerdings nur den rückkehrenden Bummelzug 2103 ein - diesmal unweigerlich von der beschmierten Seite.


Dieselbe Garnitur kehrt bald als Pt 2105 zurück - hier bei Globarica.

Letzter sicherer Programmpunkt war nun der Talgo nach Doboj. Für den fiel uns nichts besseres ein als nochmal Tomići, nachdem der eigentlich geplante Talblick nördlich Globarica bereits dem Schatten zum Opfer gefallen war. In Tomići hatte die Sonne mehr Zeit zum verschwinden, da sie von der anderen Talseite herüber schien. Wir liefen diesmal in die Felder hinter den letzten Häusern. Ich pendelte immer wieder zwischen zwei möglichen Standpunkten hin und her, um die Hintergrundwolken bestmöglichst zu integrieren. Einen überraschten Ups-Effekt entlockten uns allerdings die Schatten des anderen Talhangs, die nun auch zusehends näher kamen und bereits hinter uns "standen". Und der Zug war mittlerweile überfällig. Wo blieb er nur? Erst passierte noch ein Güterzug auf dem entfernt liegenden Gegengleis, dann erlöste uns bald das Fahrgeräusch "unseres" B 714.


Der Abend-Talgo B 714 konnte im klaren Abendlicht bei Tomići beobachtet werden. Eine an die Front grenzende weiße Hauswand wurde nachträglich etwas hinter Zweigen verborgen.

Auf dem Weg zurück zum Auto kam gerade ein Bauer mit seiner Sense über der Schulter des Weges und fragte uns irgendwas ob unseres serbischen Autos, an dem er hinten schon vorbei gelaufen war. Nach den Erklärungen mit Händen, Füßen und Sprachbrocken schien es uns, dass er es immer noch nicht ganz verwinden konnte, dass sich Deutsche in Serbien ein Auto leihen. Die Unterhaltung fand allerdings in netter Atmosphäre statt. Man muss sich immerhin vergegenwärtigen, dass es nicht wenige Bosnier gibt, die im Krieg durch Serben Familienangehörige verloren haben.

Das war wieder mal ein tolles Programm gewesen! Trotz der Wolken hatten alle Züge geklappt, vielleicht vom bewölkten Morgen abgesehen, wo wir gar nicht losgefahren waren. Zufrieden steuerten wir mit Umweg über den Bahnhof unser Hotel an. Ich hatte mittlerweile wieder etwas Hunger entwickelt. Tagsüber hatten wir nur paar Sesamstangen mit Leberpastete gehabt. Ich nahm gekochtes Lammfleisch mit Kartoffeln und Karotten. Das gibt es in leicht abgewandelter Form auch in der norwegischen Hausmannskost...


Lammfleisch gekocht.

Der Wetterbericht für die zweite Urlaubswoche sprach von wechselhaftem und gewittrigen Wetter von Montag bis Mittwoch. Und von Donnerstag bis Samstag orakelte man nochmal richtiges Toppwetter. Also war klar: Spätestens bis Mittwoch Abend wollten wir wieder in Südostserbien sein, um dort die schönen Tage noch mitzunehmen. Für morgen hatten wir Lust auf eine Bahnfahrt nach Sarajevo und zurück. Trotz mehrerer Bosnien Besuche waren wir noch nie dort in der Altstadt, und den Besuch derselben konnte man jetzt mit einer Fahrt in einem vermutlich herrlich leeren Talgo verbinden. Wenn nur nicht das frühe Aufstehen wäre...

Leider war es auch nicht so einfach, das Hotelzimmer zu verlängern. Auf mein Anliegen hin meinte die Nachtrezeptionistin, dass das kein Problem sei, ich solle einfach bei booking verlängern. Dort konnte man aber einen bestehenden Aufenthalt gar nicht verlängern. Also werden wir morgen früh zu allem Überfluss auch das noch vorher klären müssen...

Montag, 14.05.2017

Heute früh war noch dieselbe Dame am Empfang. Wir teilten ihr mit, dass eine Verlängerung über booking.com nicht möglich gewesen ist und ob es ok ist, dass wir unser Gepäck auf dem Zimmer lassen und heute Abend wiederkommen. Das schien für sie ok zu sein, auch wenn sie keine Anstalten machte, irgendwas in ihren PC einzugeben. Na ja, ausgebucht schien der Schuppen nicht gewesen zu sein, und so sind wir einfach mal zum Bahnhof gefahren.

Am Schalter waren wir die ersten. Als man mit uns fertig war, hatte sich hinter uns eine lange Schlange gebildet. Die FIP Ermäßigung war wohl nicht so einfach, und alles musste nach ŽRS und ŽFBH Anteil aufgeschlüsselt werden. Die Halbpreisfahrkarte eine Richtung kostete pro Person 16,30 KM. Darin enthalten 1 KM für die obligatorische Platzreservierung. Reservierungen wurden im Zug natürlich nicht angezeigt... Am Zug nahm uns der Schaffner direkt in Empfang. Unsere Frage "Kaffee?" mit Fingerzeig auf den Zug konnte er leider nur verneinen. Deshalb verproviantierten wir uns erst noch schnell rund um den Bahnhof. Kaffee to go gab es aber leider nicht.

B 715 Doboj 7.07 - Sarajevo 10.27+10

Dieser Zug ist einfach nur kurios. Nun fährt er also endlich, der bosnische Talgo. Jede andere Bahn hätte jetzt angefangen, den Zug als Spitzenprodukt zu vermarkten. Nicht so die ŽFBH. Im Fahrplan steht er als klassischer normaler Schnellzug ohne einen Hinweis auf neues Wagenmaterial. Statt speziell geschulten, Service orientierten Kundenbetreuern, hat ein Schaffner der alten Schule das Sagen. Ein Schaffner der ganz alten Schule, der sicher auch gar nicht Kundenbetreuer genannt werden möchte, denn er ist ein Eisenbahner von altem Schrot und Korn. Und dann ist da das Bordcafé, in dem die chromeglänzende Einrichtung laut danach schreit in Betrieb genommen zu werden. Ein Jammer!


Der Talgo von innen.


Yannick entdeckt den Drehmechanismus...


Das Bordbisto wartet noch auf den Einsatz.


Zumindest die Kaffeemaschine hätte man gern schon in Betrieb nehmen können...

Zur Zugbildung: Wagen 1 und 2 waren 1.Kl, 3 das Bistro, 4 und 5 die 2.Kl Wagen, in die offenbar die Fahrgäste reingebucht werden und in denen das WLAN funktionierte. Je weiter man nun nach hinten lief, desto neuer rochen die Wagen. Da hatten noch nicht viele Menschen gesessen. Um uns ungestört ausbreiten zu können, waren wir bis Wagen 8 von 9 durchgelaufen. Doch WLAN schien nur bis Wagen 7 zu gehen. Zwar empfing man das auch in Wagen 8, aber es funzte irgendwie nicht. Also zurück nach Wagen 6, in dem wir auch noch allein saßen und das funktionierende WLAN von Wagen 5 nutzen konnten. Ach ja, Wagen 2 (1.Kl) ist quasi das Dienstabteil. Da saßen mindestens drei Eisenbahner. Bleibt für die "übrige" 1.Kl also nur der halbe Wagen 1 (in den Endwagen steht nur etwa die Hälfte der Sitzplätze zur Verfügung).

Meine Güte, was für eine herrliche Fahrt! Ich gebe ja durchaus zu, dass ich das Reisen in leeren Zügen liebe. Die Fahrt im eigenen Wagen durch das herrliche Bosnatal war absolut schick. Und von der Geschwindigkeit her würde ich sagen, dass der zumeist stetig mit 70 km/h fahrende Zug sogar eine Alternative zum Auto auf der überfüllten Landstraße sein könnte. Hinter Maglaj waren wir aber nur 15 Fahrgäste in der zweiten Klasse - an einem Montagmorgen auf dem Weg in die Hauptstadt! Hinter Zenica wurde einige Kilometer mit 30 gefahren. Das letzte Stück vor Sarajevo wird dann nur noch mit 50 gefahren. Aber das kannten wir von unserer 2012er Tour noch mit 20 und Halt vor fast allen Bahnübergängen. Na ja, zwischen Visoko und Sarajevo mussten wir dann doch noch vor drei BÜs bis fast auf Null runter. Die Kreuzung mit dem Gegenzug in Rajlovac brachte uns nach einer sonst äußerst pünktlichen Reise dann leider ganz am Ende doch noch eine Lost Unit in Höhe von zehn Minuten ein.

In Sarajevo kauften wir uns sogleich für 5,30 KM Tageskarten für die Strab. Die gab es in einer kleinen in den Unterstand an der Haltestelle integrierten Buzze. Viele Straßenbahnen verirren sich nicht auf die Zweigstrecke zum Hbf - das wussten wir schon von 2012. Lange mussten wir warten, da kam eine hässliche Tatra Modernisierung mit Ganzwerbung über die Fenster angefahren. Für eine Stadtbesichtigung ist sowas eher ungeeignet, weshalb wir an der Hauptstraße dann direkt wieder raus sind und auf eine der zahlreichen dort verkehrenden Bahnen warteten. Die hatten nun den Haken, dass sie furchtbar voll waren. Aber ein geeigneter DUEWAG kam dann auch irgendwann, in dem wir gut Platz fanden.

Es ging erstmal komplett um die Altstadt herum und dann nochmal bis zur Haltestelle Bašcaršia in der Altstadt. Dort stürzten wir uns ins Getümmel, genossen paar der alten Gassen und setzten uns dann auf ein Mittagessen in eines der Restaurants. Gelockt hatte mich das Bild von bosnischen Spezialitäten, beim Studium der Karte lachte mich dann aber gegrilltes Lamm mit Reis so sehr an, dass ich darauf umschwenkte. Bekommen habe ich dann allerdings gekochtes Lamm mit Kartoffeln, also genau das gleiche, was ich gestern Abend schon hatte und was m.E. die Norweger viel besser können. Das war ja nun ein klarer Fall von "dumm gelaufen". Aber auf eine Diskussion hatte ich auch keinen Bock - lecker war es ja durchaus.

Hinterher gab es als kleinen Trost immerhin noch ein Eis. Damit bummelten wir einmal komplett Alt- und Neustadt hoch und runter. Bzw angesichts der Neigungsverhältnisse eher runter und wieder hoch. Dann hatten wir noch ordentlich Zeit, in der wir dachten, wir könnten die Straßenbahn nochmal bis zum anderen Ende abfahren. Aber die ist ja soooo lahmarschig, dass wir das irgendwann verwarfen. Die Fahrt in der überfüllten Bahn machte auch trotz Sitzplatz nicht wirklich Laune. An einer Station mit Zugang aus einer Fußgängerunterführung wechselten wir die Richtung. Beim Verlassen des Bahnsteigs musste man aber auch wissen, dass man das linke Rollband nehmen musste. Das rechte hätte geradewegs zum wärterbedienten Drehkreuz (Eingang) geführt... Cool finde ich das laute LKW Typhon, das man den DUEWAGs spendiert hat - vermutlich beim Vornutzer in der Türkei...


Die Werbung für die Straßenbahn in Sarajevo...


...wurde aufwändig von der renommierten Werbeagentur Flomaster & Ravnalo erstellt.

Kleines Fazit Sarajevo: Wenn ich in der Vergangenheit von der osmanischen Altstadt Mostars geschwärmt habe, wurde mir gesagt, du musst nach Sarajevo gehen. Die dortige Altstadt ist noch viel toller! Na ja. Vielleicht verbinde ich mit Mostar deutlich positivere Reiseerlebnisse, aber ich finde, dass Mostar - obgleich natürlich viel kleiner - allein aufgrund der Lage an den Hängen der Neretvaschlucht einfach noch viel mehr "Gesicht" zeigt. Sarajevo erinnerte mich eher an deutsche Weihnachtsmärkte, weil man von den eigentlichen Häusern aufgrund der "Budenfronten" nur etwas sieht, wenn man mal etwas Abstand zu den Häusern gewinnt. Soweit mein kleiner subjektiver Eindruck...


Einer der letzten ex Wiener Straßenbahnzüge in Sarajevo vor dem Bahnhof.

Zurück am Hbf machten wir noch ein Belegbild eines der letzten Wiener, der noch im Einsatz war. Dann versorgten wir uns mit Getränken und nahmen diesmal in Wagen 7 Platz. Die 21 anderen Fahrgäste verteilten sich auf die Wagen 4, 5 und 6. 8 und 9 blieben leer.

B 714 Sarajevo 15.39 - Doboj 18.58

Ein kurzer Halt für eine Befehlsübermittlung in Podlugovi hatte uns eine Lost Unit eingebracht. In Zenica hatte sich die Verspätung allerdings auf +14 hochgeschaukelt. Dazu beigetragen hatte die X 2161 in Dobrinje. Und vielleicht auch der 30 km/h Abschnitt zwischen der Lašvabrücke und Janjići.

Die Verspätung konnte sich aber hinter Zenica Stück für Stück abbauen. Das ŽFBH Land verließen wir hinter Maglaj mit nur noch +4. Das letzte Stück auf ŽRS Trasse sind dann nur noch 50 km/h erlaubt. Und so trug es sich zu, dass wir Doboj zwar pünktlich erreichten, der Zug aber mindestens drei Lost Units hatte. Denn einmal entstandene Lost Units bleiben bestehen.

Im übrigen war die Fahrt mal wieder wunderbar entspannend. Das ist wirklich ein Komfortmerkmal, dass man, wenn einem die Luft in einem Wagen zu mies wird, einfach in den nächsten Wagen gehen kann und diesen dann auch für sich allein hat... Die Klimaanlage in Wagen 7 hatte heute Morgen Gefrierfachtemperatur gebracht und war nun offenbar abgeschaltet worden. Mir war WLAN egal, deshalb war ich irgendwann allein nach Wagen 8 gewechselt.

Ergänzend darf noch gesagt werden, dass der lange Stillstand der Wagen (geliefert 2008 (?), erstmalig im Planbetrieb 2016!) zumindest für den Fahrgast zu keinen sichtbaren Blessuren geführt hat. Es funktionierte alles, alle Toiletten hatten Wasser, Seife und Handtücher, alles machte einen ordentlichen, neuwertigen Eindruck. Nicht nötig war die dauerhafte Musikbeschallung in allen Wagen, die aber leise genug war, um auf eigene Kopfhörer zurückzugreifen zu können.

Das Abendessen gab es wieder auf der Hotelveranda. Wurde allerdings ganz schön frisch. Ich nahm Hühnergeschnetzeltes mit Kartoffeln und Pilzrahmsoße. Ich hoffe nicht, dass ich den gegessenen Pilzen im Laufe der Nacht nochmal begegne. Irgendwie hat mir ein Brodeln im Magen sowas angedeutet. Ansonsten blieb noch die Planung für die nächsten Tage. Wir wollten grob den gleichen Weg wieder zurück nehmen. Zeit auf die Erzbahn rund um Majdanpek / Bor aufzuwenden ist angesichts von nur zwei gesicherten Personenzügen bei Tageslicht sicher Blödsinn, aber irgendwie faszinierte uns die Piste. Deshalb buchten wir für Dienstag Nacht schon mal wieder in der Ferienregion westlich Bor, diesmal allerdings beim Jezero Hotel ihm seinen Nachbarn. Nichts gegen das toll gelegene Hotel von der Hinfahrt, aber das Restaurant fanden wir nicht so toll. Vielleicht ist das beim B&B “RTB Klub” ja besser. Die Fotos auf booking sahen gut aus.

Dienstag, 16.05.2017

Gut, von den Einzelheiten unserer beider Verdauung verschone ich euch jetzt mal lieber. Aber das Wohlbefinden war heute Morgen gut, Appetit auf Kaffee und Marmeladenbrote war gut vorhanden. Am Nachbartisch saßen weitere Deutsche, offenbar Vertreter einer größeren deutschen Sanitärinstallationsfirma aus Schiltach.

So gegen 9.30 hatten wir ausgecheckt und verließen den Hof, allerdings nicht ohne eine kleine Schrecksekunde. Der Reifen vorn rechts erschien uns ein wenig luftleerer zu sein. Fahren konnten wir aber. Am Stadtrand suchten wir den Vulkanizer unseres Vertrauens auf, der auf allen Reifen etwas Luft nachschenkte. Er meinte aber, der Unterschied vorn rechts wäre klein gewesen. So konnten wir beruhigt weiterfahren. Diesmal nahmen wir den schnellen Weg hoch nach Kroatien und dann Autobahn komplett durchgehend durch Belgrad durch bis Požarevac. Vor Samac mussten wir wenigstens einmal tanken. Einmal Super 95 für unter 1€, das ist nur in Bosnien möglich. Wir erwischten sogar eine sehr günstige Tanke, wo wir nur 0,90€ bezahlt haben.

Im kroatischen Spacva war von der Autobahn ein RoLa Terminal ausgeschildert. Dort unterquert die Nebenbahn Richtung Brčko die Autobahn, und wir meinten, beim Bf Spačva auch viele Lampen gesehen zu haben, die auf solch ein Terminal schließen ließen. Aber von RoLa Verkehren hier in der Gegend habe ich noch nie etwas gehört. An der Nebenbahn Ruma - Sabac fuhren wir auf der Autobahn direkt über einen nordwärts fahrenden Güterzug rüber. Die morgens noch vorherrschende Bewölkung machte jetzt immer stärker auf, so dass meistens die Sonne schien.

Vor Požarevac gab es ein kleines Dejavue. Wieder trafen wir hier gerade so ein, dass wir einen ausfahrenden Zug beobachten, nicht aber an der Ljubićevski most fotografieren konnten. Diesmal handelte es sich allerdings um einen Zug früher, so kurz vor 1. Da wir so früh dran waren, gab es auch noch einen Abstecher zum Bahnhof, doch dort herrschte gäääähnende Leere. Nichtmal eine Zugeinheit für den neulich beobachteten 14.13 Zug konnten wir beobachten.

Also wieder südwärts zur Schnellstraße runter gefahren und auf dieser ostwärts. Somit nahmen wir auch diesmal in Kauf, zwischen Požarevac und Rabrovo keinen Streckenblick zu haben. Es war angenehm zu fahren und wir freuten uns schon auf den Bahn parallelen Abschnitt. Auch wenn die Zugwahrscheinlichkeit nicht hoch war, so wäre die Spannung geblieben. Wäre! Denn wir hatten Rabrovo noch nicht lange hinter uns gelassen, da entfuhr unseren Mündern mal wieder zeitgleich der bekannte Zugschrei! Gemächlich bummelte da unterhalb von uns eine 661 (nein, nicht die erwartete Tito Lok!) mit einer Kette E-Wagen vermutlich aus Kaona gen Nordwesten.

Es kamen mehrere Gründe zusammen, weshalb wir von einer Verfolgung absahen. Die niedrignasige 661 kam falschrum, völlig aus dem Licht raus und es herrschte Hochlicht. Da hatten wir übereinstimmend keine Lust zu. Schade! Mit dieser Sichtung war uns nun natürlich die Spannung genommen, außer man glaubte ernsthaft daran, dass noch ein zweiter Güterzug von Bor käme - natürlich mit Titolok...

Das schöne Motiv zwischen Kaona und Kućevo nahm ich einfach mal "trocken". In Kućevo besorgten wir uns bischen was zu futtern, das wir anschließend am Bahnhof Broditsa in aller Ruhe verspeisen konnten.


Die schöne Flussschleife mit der Verladeanlage zwischen Kaona und Kućevo. Das Gleis verläuft komplett auf dem Hellen "Sims" unmittelbar neben der Straße.

Weiter ging es durch das nun völlig einsame Waldtal des Pek. Immer wieder der bange Blick zur Bahnstrecke, die unter dem Gras oft gar nicht zu erkennen war. Spuren des Befahrens waren aber auch hier wieder erkennbar, wenn auch nicht so deutlich wie westlich Kaona, wo gerade der Güterzug gefahren war. Hinter einer Kurve dann wieder der syncrone Schrei aus zwei Mündern! Ein gleißend helles Scheinwerferlicht ein Stück voraus! Reflexartig zog ich direkt zum wenden in die nächste Seitenbucht. Nüchtern betrachtet war das Dingen mit den gleißend hellen Scheinwerfern aber keine Titolok, sondern ein Bagger zur Vegetationskontrolle auf der Straße, die hier unmittelbar neben dem Rasenstreifen des Gleises entlang führt. Also weiter! Der Bf Majdanpek war leer. Unser Plan war nun, uns für den gegen 5 ankommenden Nachmittagstriebwagen an einem der Viadukte bei Debeli Lug aufzubauen. Direkt vom Dorf ging es unter einer ersten Brücke hindurch in ein allerliebstes Bachtal.


Das Bachtal der Todorova bei Debeli Lug. Hier wird auch noch Gold gefunden...

Nur der Viadukt, eine recht zierlose Betonbrücke, war doch noch zu sehr von Bäumen verdeckt. Also zum zweiten Viadukt weitergefahren. Der war, wie schon letzten Freitag erwähnt, ein Betonbogenviadukt, der in schon ganz ansehnlicher Höhe das Tal querte. Es gab mehrere Umsetzungsmöglichkeiten. Am besten gefiel uns der Blick von einer Rodung. Dorthin musste man allerdings den Wildbach queren, barfuß durchs kalte Wasser! Der Ausblick auf den Viadukt war allerdings schon nett. Gegen 16.30 brachten wir uns in Position, jetzt musste der Zug bald kommen. Was er aber nicht tat. Ooooh, welch Wonne für unsere Lost Units Studien. In Wirklichkeit haben wir aber geflucht. Je größer eine Verspätung wird, desto eher rechnet man ja mit Ausfall. Die Schatten der umgebenden Berghänge waren drastisch im Vormarsch. Um 17.00 war der Talgrund inklusive Straße zugeschattet. Dann, so etwa mit +40, tauchte Pt 2752 doch noch auf. Aber irgendwas ist ja immer. Die ŽS hatte den vermutlich letzten bepunkten Dieseltriebwagen des Landes für diese Leistung ausgegraben, grrrr...


Nach langer Wartezeit beehrt uns Pt 2752 doch noch auf dem Bogenviadukt oberhalb von Debeli Lug.

Gemäß unseres Konzeptes schauten wir dann nochmal rüber nach Majdanpek zum Bahnhof, wo wir den stehenden VT, der erst um 19 Uhr zurückfahren sollte, im Bahnhof umsetzen konnten. Erst haben wir es nur mit Tele aus der Ferne gewagt, aber als sich niemand für uns interessierte, wagten wir uns auch näher ran. Glücklicherweise hatte der Zug so angehalten, dass die Front komplett in der Sonne lag, der Rest war angesichts der bepunkten Seite eh egal.


Der Zug ist in Majdanpek angekommen und wird erst zurückfahren, wenn sich die Schatten auf die einsamen Täler gelegt haben.


In Majdanpek gibt es umfangreiche Verladeanlagen für den Güterverkehr. Ein Werk auf der anderen Talseite wird jedenfalls noch mit E-Wagen bedient.

Zu unserer Unterkunft warf das Navi den langen Umweg über Zagubica aus, den wir schon auf dem Hinweg genommen hatten. Ich wäre jetzt eher über Majdanpek City nach Bor gefahren. Vermutlich hat das Navi nicht berücksichtigt, dass man bei der Kurbelei durch das Gebirge unmöglich einen 60er Schnitt halten kann. Aber egal, die Strecke war schön! Im tief stehenden Licht waren höchstens die ganzen Fliegen auf der Windschutzscheibe lästig...


In den einsamen Waldbergen zwischen Zagubica und Bor.

Die Unterkunft "Klub RTB" wird ein altes Ferienheim von den Bergbau Leuten gewesen sein, denn RTB ist der Betreiber der Kupfermine in Bor. Es war allerdings schön gelegen und nett und relativ neu eingerichtet. Das gefiel uns jedenfalls auf Anhieb! Nur das Essen... Müssen hierzulande denn wirklich immer gleich solche Fleischberge kommen? Sind wohl echte Bergarbeiter Rationen. Ich habe wieder nur 1/3 geschafft, aber Yannick hat mir durch Selbstzufuhr und durch Mitnahme für Hundi, den sehr friedlichen Parkplatzhund, geholfen. Der Šopska Salat war allerdings hervorragend!

Mittwoch, 17.05.2017

Bei einem sonnigen Morgen hätten wir gern den Vormittagszug von Majdanpek nochmal an einem der grandiosen Motive dieser Strecke geschossen. Aber der Blick beim Aufwachen fiel mal wieder auf bewölkten Himmel. Ok, irgendwo gibt es für mich dann auch eine Grenze, was das Beackern "müssen" von Strecken angeht. Motivlich hätte diese Erzbahn sicherlich noch einen mehrtägigen Aufenthalt verdient. Aber wollte man die nach wie vor als schön angekündigten Tage Do und Fr wirklich hier für zwei fotografierbare Triebwagen mit Graffitigefahr und einen Güterzug, der vielleicht zwei-/dreimal die Woche fährt, vielleicht aber auch nicht, und für den man die ungefähre Fahrlage bestenfalls vermutet, opfern? Nein, das sind so die Momente, wo selbst ich sage: Das überlassen wir mal schön den Einheimischen mit den nötigen Connections. Wir haben gestern immerhin dokumentiert, dass hier noch Personenverkehr ist - das musste uns jetzt reichen.

Insofern war das Konzept für den heutigen Tag relativ simpel geworden: Fahrt nach Niš, um dort dann die folgenden Tage angehen zu können. Schwerwiegendste Entscheidung war dabei noch die Hotelfrage. Das Hotel von neulich bot die entscheidenden Vorteile, dass man die Dimitrovgrad Piste im Blick hatte und dass man wusste, dass es sauber war. Blöd war halt nur, dass man zum Essengehen immer ganz in die Stadt fahren musste. Wir nahmen es aber trotzdem wieder.

Gut, aber jetzt waren wir noch in einem wunderschön gelegenen Waldhotel bei Bor. Das Frühstücksbuffet dürfte das kleinste gewesen sein, das ich je gesehen habe. Als Brötchen gab es Dönertaschen (von Größe und Form her jedenfalls), aber auch die ließen sich zum Marmeladenbrötchen umfunktionieren. Obwohl die Marmeladenpäckchen alle klebten, weil wohl eines ausgelaufen war, kam ein leckeres Frühstück mit gutem Kaffee zustande.

Danach war es noch immer bewölkt. Aber Auflockerungen von Norden waren versprochen. So ganz kalt ließ uns die Erzbahn noch nicht. In der Hoffnung, dass im Bahnhof ein Güterzug mitsamt Titolok abfahrbereit in Richtung Norden steht, schauten wir als erstes mal zum Bf Bor Teretna. Als wir dort ankamen, verschwand gerade ein Rangierhobel in Richtung Werk. Offenbar hatte der einen nun im Bahnhof stehenden Zug aus E- und Kesselwagen bereitgestellt. Eine Zuglok zeigte sich aber nicht.

Bald war die Zeit für den Vormittagsbummelzug. Und verstrich. Wir setzten uns ins Auto, da sich irgendwie nichts tat. Dabei verdödelten wir doch glatt den Triebwagen. Die Beleuchtungssituation wäre allerdings auch zu bescheuert gewesen. Die Halden im Hintergrund wurden mittlerweile von der Sonne angestrahlt, während der Bahnhof im Dunkeln lag. Mehr als ein Belegbild wäre es also nicht geworden. Aber der Y1 Triebwagen war sauber!

Auf den ganzen Fahrten durch die einsame Bergwelt nördlich von hier wunderten wir uns, dass man kein Wild sah. Und hier zwischen den Halden am Bf Bor Teretna kam plötzlich ein Reh direkt hinter uns über die Gleise gelaufen.

Da wir nichts besseres zu tun hatten, wollten wir nochmal warten, ob im Abstand / nach Kreuzung des Triebwagens irgendwas Güterzugmäßiges auftauchen würde. Erstmal erkundeten wir noch ein wenig bei Slatina und Zagrađe. Letzterer Bahnhof schien aber auch heute unbesetzt zu sein. Dann fuhren wir nochmal die Straße unterhalb des Bf Bor Teretna rein, über die man schön in eine der Rundkehren kam. Ach, wenn man hier doch etwas mehr Zugverkehr hätte, Motive gäbe es hier in beide Richtungen.


Farbenpracht in den Abraumhalden von Bor.


Bäderland Bor: Ob man nach einem Bad in diesem Wasser rote Haare bekommt?

Wir setzten uns 12.30 als Deadline und verließen um 12.47 Bor. Es tat sich auf der Schiene genau gar nichts. Auf dem Weg gen Süden hatten wir überlegt, nochmal auf die Felsen “Rgotski Kamen” oberhalb von Zagrađe zu steigen. Von denen müsste man einen guten Blick auf die Gerade haben, die Gunar Kaune mal sehr schön aus der anderen Richtung umgesetzt hatte. Das taten wir dann auch. Wir parkten an einem Häuschen, an dem vorbei ein Wiesenweg auf den Berg hochführte. Der führte uns so richtig nett durch blühende Märchenlandschaft. Recht laut war hier die Autobahn. Es handelte sich allerdings um keine herkömmliche Schnellstraße, sondern um eine Haupt-Einflugschneise für Bienen. Ein lautes Summen lag in der Luft und die gegen das Licht schwarzen Körper flogen in dichten Wolken über die Flanke unseres Hügels. Die Kollisionswarnsysteme funktionierten aber; keine einzige prallte mit uns zusammen. Als wir das erste Mal in der Ferne das Gleis sahen, hörten wir es hinten in Rgotina tröten. Wir beschleunigten unsere Schritte. Noch ein Felsvorsprung und noch einer weiter! Dann hatten wir den Ausblick auf Gunars Gerade erreicht. Und der Güterzug auch bald.


Blick von den Rgotski Kamen auf einen kleinen Übergabezug zwischen Rgotina und Zagrađe. Man kann auch mal Glück haben!


Gunars Foto. Wir standen auf den Felsen links außerhalb des Bildausschnitts.

Passend hatte sogar die Sonne geschienen, na, wenn das kein Glücksfall und keine Punktlandung war! Tja, dann waren wir hier eigentlich auch schon wieder "durch". Effektives arbeiten! Nach erneuter Querung der Bienenautobahn fuhren wir natürlich dem Zug hinterher, also wieder mal nach Bor. Am Güterbahnhof stellten wir uns auf die Ladestraße und beobachteten das Treiben. In erster Linie hofften wir natürlich darauf, dass die Lok die Wagen stehen lassen würde und an unserem Ende des Bahnhofs einen der bereitgestellten Züge bespannen würde. Das war nun aber mal wieder gar nicht drin! Man rangierte am Nordende rum, stellte die Wagen an die Ladestraße und setzte sich dann am Nordende vor einen reinen E-Wagen Zug. Dieser verließ den Bahnhof gegen 14.30 in Richtung Majdanpek. Das passte uns heute nun eher gar nicht. Immerhin gab es noch kurz eine 2132 des Werkes (Nachtrag: Der Nummer nach wohl doch eher Staatsbahn?) zu fotografieren.


Bor Teretna mit dem kleinen Rangierhobel. Die heute Morgen gesehene Werks(?)lok sah ganz anders aus.


Und nochmal mit mehr Halden.

15 Uhr. Wir sind noch immer in Bor. Jetzt konnten wir auch direkt noch auf den Bummelzug warten. Die Wartezeit überbrückten wir auf der Ladestraße. Der Weichenwärter, vor dessen Bude wir über den Tag verteilt immer wieder standen und fotografierten, nahm keine Notiz von uns. Rechtzeitig zum Triebwagen fuhren wir in die Kehre unterm Bahnhof. Das Motiv mit den Abraumhalden und dem Giftschlamm im Vordergrund war wirklich einzigartig. In Deutschland wäre so eine Gegend vermutlich weiträumig abgesperrt. Der Pt 2752 kam superpünktlich. Man hörte ihn schon von weitem oberhalb des Borska Tales (der Bach mit dem roten Wasser...) anrollen. Etwa zeitgleich sah man auch den Wolkenschatten über den Hügel anrollen. Och nööö, ne? Der VT war heute sauber, ging aber im Wolkenschaden ab.

Irgendwie wollten wir uns damit nicht so recht anfreunden. Oben in Bor Teretna sollte der VT erst in zehn Minuten abfahren. Wir fuhren hoch, und wollten Cheffe einfach mal ansprechen, ob wir ein Foto vom Triebwagen machen dürften. Sie standen dann auch alle in einer Traube quatschend an der vorderen Tür beisammen. Cheffe verstand den Sinn unseres Anliegens trotz offenbar vorhandener Englisch Kenntnisse nicht so ganz und fragte, ob wir eine "license" hätten. No license, no photo. Die Rechnung war für ihn ganz einfach. Ok, der Mann handelte vor den vielen Zeugen nur nach Vorschrift - da kann man ihm keinen Vorwurf machen. Vielleicht wäre hier die bessere Alternative gewesen, nicht zu fragen? In dem Moment mochten wir Serbien jedenfalls gar nicht. Vermutlich lag's eher am Wolkenschaden eben.

Nun wollten wir mal langsam Kurs auf Niš nehmen. In Zaječar drehten wir eine Runde zum Bahnhof, doch so viele bespannte Güterzüge standen dort gerade nicht. Gar keiner, um genau zu sein. Erst ein ganzes Stück hinter Zaječar realisierten wir, dass wir in dem momentanen herrlichen Abendlicht eigentlich gar keine Züge mehr zu fotografieren hätten, denn der abendliche Südfahrer VT war uns schon weit voraus. Wir drehten um, um wenigstens den Y1 nach Prahovo mitzunehmen. Und dann drehten wir wieder zurück gen Niš, denn nördlich Zaječar hatte sich der Himmel komplett dicht gemacht.

Wie immer unter Beobachtung der möglichen Güterzugtrassen ging es also zügig weiter südwärts. Bei Svrljig hatten wir den Re 2747 eingeholt. Da uns nichts besseres einfiel, stellten wir uns für den in Gramada auf, wo ich diesmal die Einfahrt und Yannick die Straßenbrücke nahm. Hier hatten wir Glück mit den Wolken.


Einfahrt des Re 2747 in den ex Bf Gramada.

Blieb nur noch, weiter nach Niš erst in den Supermarkt und dann ins Hotel zu fahren. Im Hotel Elita Lux kannte man uns noch und wir bekamen direkt dasselbe Zimmer wie zu Anfang des Urlaubs. Nach einer kurzen Regeneration ging es erstmal zur Tanke, an der auch ein Luftfüllgerät stationiert war. Heute war im Tagesverlauf eine Warnmeldung für vorn rechts gekommen. Irgendwas stimmte also tatsächlich nicht ganz mit dem Reifen. Wir mussten das im Auge behalten.


Wann dieser Bus wohl zum letzten Mal durch die sonnenverwöhnten Rapsfelder Ostholsteins gerollt ist?

Dann gab es nach bewährtem Muster den Bezahlparkplatz in der Innenstadt und unseren Besuch im "Stara Srbija", wo wir endlich mal wieder glücklich mit unserem Essen waren. Meine Portion Schweinefilet im Speckmantel auf Balkangemüse hatte eine realistische Größe. Satt und zufrieden ging es durch die plötzlich von Fußballfans geflutete Stadt. Radnicki Niš hatte gerade 1:3 gegen Partizan Belgrad verloren. Das sah man den Gesichtern an. Aber alle waren friedlich.

Donnerstag, 18.05.2017

Den heutigen als schön angekündigten Tag wollten wir für die Strecke Niš - Dimitrovgrad verwenden. Eigentlich konnte man im Hotelzimmer bleiben und warten, bis ein Güterzug vorüber führe. Aber das schöne Morgenlicht zog uns dann doch aus dem Hotel raus. Der gestern befüllte Reifen vorn rechts hatte schon wieder sichtlich Luftverlust, so ein Mist! Na ja, fahren konnte man damit aber noch. So sind wir dann auch erstmal ostwärts gefahren. Bei Sićevo stellten wir uns einfach mal an den BÜ und schauten, ob sich noch vor dem Morgentriebwagen nach Dimitrovgrad etwas tut. Das war nun natürlich nicht der Fall. Aber ein roter Triebwagen kommt ja viel besser als eine grüne Lok.


Im schönen Morgenlicht verlässt Re 5903 Niš - Dimitrovgrad den Haltepunkt Sićevo.

Den Re 5903 gab es ein weiteres Mal in der Ausfahrt von Ostrovica. Erst dachten wir, dass wir gar nicht auf die andere Seite kämen, weil sich ein Stein LKW unter der Brücke festgefahren hatte. Aber wir sind dann einfach so übers Gleis gehopst. Da war sogar ein Trampelpfad mit Bohlen über den Bahngraben.


Und der 5903 nochmal in der Ausfahrt aus dem Bf Ostrovica.

Wir fuhren dem Triebwagen noch weiter voraus. Doch bereits in Dolac stand ein Güterzug mit einer sehr sauberen 661 zur Kreuzung bereit. Wir hatten auf der Karte einen Streckenabschnitt bei Prosek gesehen, wo selbst dieser morgendliche Westfahrer Licht auf der Front haben müsste. Deshalb ließen wir vom Triebwagen ab und fuhren dem Güterzug nach Prosek voraus. Dort ging auf der fraglichen Gerade allerdings genau gar nichts. Vom Gleis aus waren allerdings Häuser am gegenüber liegenden Hang zu erkennen, von denen aus etwas gehen konnte. Den Güterzug schafften wir dort zwar nicht mehr, wohl aber den nachfolgenden Re 5902.


Ein Heuschober in Dolac.

Dazwischen und hinter dem 5902 stellten wir uns wieder auf unsere Warteposition bei Sićevo, wo wir bequem abseits der Straße im Schatten einiger ehemaliger Weintanks warten konnten. Der hiesige BÜ gab einem Vorwarnung genug. Zwischenzeitlich hatten wir an der Tankstelle nebenan auch mal wieder Luft auffüllen können. Mal sehen, wie lange es dauert, bis wieder die Warnleuchte angeht. Erstmal ging allerdings eine andere Warnleuchte an, nämlich die des Bahnübergangs. Es kam tatsächlich ein Zug in Richtung Dimigrad! Die Lok stand richtig rum, priiima, einer Zugverfolgung im feinsten Hochlicht (mittlerweile war 11 Uhr durch) stand nichts mehr im Wege...

Na ja, in Wirklichkeit hielt sich unsere Motivation für all zu viele Fotos in Grenzen. Als erstes warteten wir mal am Einfahrsignal von Crvena Reka. Lange mussten wir warten und die zwischenzeitlich aufgekommenen Quellwolken machten es spannend, aber es klappte noch. Der Zug hatte interessante Flachwagen hinter der Lok, möglicherweise für den Kupfertransport?


Der Güterzug verlässt den Bahnhof Crvena Reka.

Yannick als Beifahrer konnte ein zweites Bild von der Umgehungsstraßenbrücke Bela Planka anfertigen, indem er schnell rausgehüpft ist. Der nächste Fotopunkt sollte der bekannte Felseinschnitt von Čiflik sein. Den Standpunkt zu erreichen war nicht ganz trivial, denn erstens waren die Zufahrten zum Ort durch den Autobahn- und Schnellstraßenbau (warum wurde die Autobahn parallele Landstraße nun auch noch zur Schnellstraße ausgebaut?) völlig verändert und zweitens wussten wir nicht genau, wie man an die Autobahnbrücke rankommt, auf deren noch im Bau befindlichen Seite (es werden nur zwei Spuren befahren) man letztendlich stehen muss. Aber wir fanden auf Anhieb einen verschlungenen Asphaltweg durch die herrlichen Gärten des Dorfes, der uns an den Autobahneinschnitt ganz in der Nähe der Brücke brachte. Man konnte ungehindert auf die Brückenbaustelle hopsen, wo sich niemand an uns störte. Im Lärm der Fräsmaschine hinter uns, deren Bediener einfach nur rüber grüßten, beobachteten wir recht interessanten Betrieb.

Fast hatten wir befürchtet, dass wir den Zug verpasst hätten. Vollends befürchtete ich das, als auf dem Hinweg von unterhalb der Brücke Zugfahrgeräusche zu hören gewesen waren. Zum Glück schauten wir aber doch noch nach und entdeckten, dass da ein Zug von Dimigrad vor der Einfahrt zum Halten gekommen war, wobei er schon zwei Loklängen über das Esig rüber stand. Irgendwann durfte er in den Bahnhof vorziehen. Nun wurde es interessant, denn der Bahnhof hat nur zwei Gleise, unser ostfahrender Güterzug ließ sich viiiiel Zeit und bald wurde es Zeit für den westfahrenden Re 5904. Der musste jetzt ganz schön verbogen werden... Als der Ostfahrer endlich im Bahnhof stand, wurde unter unserer Brücke schon mal Einfahrt für den Triebwagen gezogen, obwohl beide Bahnhofsgleise mit den Güterzügen belegt waren. Aber der Westfahrer fuhr nun langsam aus und schaffte Platz für den VT.


Re 5904 erreicht den Bahnhof Čiflik. Hinten steht der kreuzende Güterzug in der Ausweiche.

Der VT musste nun natürlich wegen Abstand etwas länger im Bahnhof stehen bleiben. Derweil schlich "unser" Ostfahrer langsam aus dem Bahnhof raus. Trotz Hochlicht freute ich mich, dass man dieses Motiv bekommen hatte.


"Unser" Güterzug fährt nun aus. Hinten steht noch immer der Personenzug, der darauf warten muss, dass der westfahrende Güterzug von eben in Bela Palanka eingetroffen ist.

Auf dem weiteren Weg nach Dimitrovgrad sprach uns so recht nichts mehr an. Der Ostfahrer hatte da auch nirgends mehr Frontlicht. So ließen wir ihn ein letztes Mal bei Ciniglavci an uns vorüber fahren - ohne Foto. Vermutlich würde die Lok nun einen ideal ins Licht fahrenden Güterzug nach Niš bespannen. Schade nur, dass sie dann falschrum stände. Na ja, wie wir noch lernen sollten, wäre DAS garantiert unser geringstes Problem gewesen ;-) Um das weitere Geschehen herauszubekommen, fuhren wir nach Dimigrad.

Wir hatten die Rechnung ohne die allgemeine Lahmarschigkeit gemacht. Und ohne die allgegenwärtige Autobahn. Und ohne den allerorten zu spitzen Lichtstand. Gemäß Konzept hatten wir den 15-Uhr-Regio Re 5906 noch im Stadtgebiet von Dimitrovgrad mit dem Ende der Fahrleitung im Hintergrund gemacht. Der Regio hatte sogar Anschluss aus Bulgarien. Bei einer Runde durch das Stadtgebiet hatten wir einen bulgarischen Personenzug aus Lok und zwei ranzigen Halberstädtern bei der Einfahrt beobachtet.


Noch im Stadtgebiet von Dimitrovgrad beschleunigt Re 5906 aus dem elektrifizierten serbischen Bahnhof. Der Bahnhof ist elektrisch nur von Bulgarien aus zu erreichen.

Wir rechneten damit, dass sich der bereits mit der Lok von eben bespannte Güterzug sofort im Anschluss auf den Weg machen würde. Dem Güterzug wollten wir nun voraus fahren und hätten einen schönen Wegbegleiter zurück nach Niš. Aber das war ja nun alles nicht so einfach. Immer, wenn wir ein Stück voraus gefahren waren, hatten wir den Re 5906 weit überholt und mussten nun erst wieder auf den warten.


Die Autobahn ist hier nun überall gegenwärtig. Re 5906 ein Stück hinter Dimitrovgrad.

Ganz heftig war es hinter Pirot. Wir hatten den VT an einer nichtssagenden Stelle für ein BddWnb gemacht und wähnten ihn wegen des Rückweges zum Auto nun weit voraus. Doch bereits im Bf Staničenje sahen wir ihn schon wieder stehen. Wie konnte das? VT kaputt? Nein, der Blick in Tobias' Fahrplan verschaffte Klarheit. Der Re hatte hier, an einem Bf mitten auf der grünen Wiese an der Autobahnbaustelle, 17 (in Worten: siebzehn!) Minuten Aufenthalt, um mit dem Sofia Schnellzug zu kreuzen, der momentan aber gar nicht fährt...

Die Suche nach einem Motiv mit Seitenlicht und ohne Autobahn führte zur Verzweiflung! In Bela Palanka hatten wir den Ausblick von der Umgehungsstraße als sichere Größe gewähnt. Doch selbst da kam das Licht schon sehr spitz und der VT erst in einer halben Stunde! Es ist unglaublich. Mehr gen Norden geneigt ist die Strecke bei Crvena Reka. Da ist der VT zwar noch später, aber er sollte da noch mehr Seitenlicht haben. Wir setzten uns da einfach mal beim Esig an den Straßenrand und harrten der Dinge, die da so kommen mochten. Auf ein so ein Ding brauchten wir gar nicht lange zu warten, kam da doch plötzlich hinter den Bäumen die leuchtende Schlange eines Reisezuges aus Richtung Niš auf uns zu! Ein richtiger Reisezug, kein Triebwagen! Und die Lok sah ja fast aus wie... Nein, das konnte nicht sein! Schnell ein Stück die Straße runter gewetzt, Kamera hochgerissen und umgedreht. Doch, das war! Der Optima-Express, den wir ja nun gar nicht auf der Rechnung gehabt hatten, wurde von einer Titolok gezogen!


Wir haben nicht mehr mit ihr gerechnet, doch die Titolok wollte sich uns dann doch noch zeigen! 666 001 mit dem Optima Express bei Crvena Reka.

Der Zug fuhr lichttechnisch ja nun so richtig blöde. Ja, wir fuhren ihm voraus, wussten aber ehrlich gesagt nur eine sehr kompromissbehaftete Stelle, wo er wenigstens ordentlich Seitenlicht hätte und wo man ihn überhaupt mal vernünftig in ganzer Länge aufs Bild bekäme: Der Blick von der Autobahnbaustelle nördlich von Pirot! Auf dem Weg dorthin nahmen wir den Zug auch noch in Bela Palanka von der Umgehungsstraße mit, auf der man jetzt, wo die Autobahn zumindest zweispurig fertig ist, ohne Probleme mit Parkerlaubnisleuchte stehen bleiben kann, ohne auch nur ein anderes Auto zu behindern.

Der Optima kreuzte in Bela Palanka mit "unserem" Triebwagen, dem Re 5906, der schon im Bahnhof wartete. Wir fuhren die Landstraße weiter und hatten kurz vor Staničenje plötzlich eine ostfahrende Lok vor uns! Wo kam die denn plötzlich her? Nördlich Pirot fuhren wir also wie geplant an die Autobahnbaustelle ran und liefen dort quer rüber an den Fluss. Der war leider durch einen hellen Betontrog völlig verunstaltet worden. Überhaupt war der Bildvordergrund schlicht und ergreifend Baustelle, aber zum Glück schon im Schatten. Etwas besseres zur Dokumentation dieses interessanten Zuges gab es definitiv nicht. Also musste es reichen.

Das Gros der Bauarbeiter hatte wohl schon Feierabend. Und die paar anderen ließen sich wie heute Mittag schon in Čiflik durch uns nicht aus der Ruhe bringen. Auch der Polizist, der 100m weiter seine Radarfalle aufgebaut hatte und uns wohl bemerkt hatte, blieb bei seinem Stativ. Da war mehr Geld zu holen... Nach einer Viertelstunde kam nun endlich die Lok angerollt. Weitere 25 min mussten wir noch warten, dann tauchte der Optima Express auf. Unser Einsatz hatte sich gelohnt, der Zug leuchtete wunderbar!


Maaaaaan braaaaaucht iiiiin Seeeeeerbiiiieeeeen viiiiiiiiiel Geduuuuuld. Eeeeees iiiiiist aaaaaalles eeeeeeetwas eeeeeentschleeeeeeeeunigt. Erstmal kam die Lok des Weges. Den Optima hatten wir weit hinter uns gelassen.


Da isser nun. Eine Chance auf Frontausleuchtung der beeindruckenden, finster dreinblickenden Lok gab es leider nicht. Aber immerhin bekamen wir den Zug hier mal schön komplett und gut ausgeleuchtet drauf. Man kann auch den üblen Vordergrund elektronisch mit blühenden Wiesen abdecken, aber ich zeig's euch hier mal fast ungeschönt - nur der Betontrog wurde von mir ordentlich abgedunkelt.

Es war jetzt 18 Uhr durch. Dem Zug noch hinterher zu fahren, brachte gar nichts, denn südöstlich Pirot dürfte kein seitliches Motiv mit Seitenlicht mehr vorhanden sein. Statt dessen warteten wir mal auf den westfahrenden Güterzug, der ja unserer Meinung nach nicht weiter als bis Pirot gekommen sein konnte. Es kam aber nichts. Also ab auf die Autobahn und stramm westwärts gefahren. Weil die Autobahn noch zweispurig und Dauerbaustelle ist, sind nur 60 km/h erlaubt. Wenn man aber nicht mindestens 90 fährt, wird man von den LKWs angeschoben...

In Staničenje kam uns der ostfahrende Triebwagen entgegen. Der war natürlich ein Argument, weshalb kein westfahrender Güterzug in Pirot rausgefahren ist. Nachdenklicher wurden wir, als in Crvena Reka die Stationscheffin in sichtlicher Erwartung eines Zuges auf dem Bahnsteig stand. Von Osten konnte ja nichts kommen, also wohl einer von Niš? Falsch! Es war ein Zug von Osten, und zwar der, auf dessen Abfahrt wir eben in Pirot gewartet hatten! Wie kommt der denn hierher??? Die Antwort lag auf der Hand: Der muss die ganze Zeit in Čiflik gestanden haben und dort mit der Lz, dem Optima und dem ostfahrenden Re gekreuzt haben. Mannomanm, hier ist was los! Fototechnisch war aber nichts mehr möglich, weshalb wir an unserem Kurs Niš festhielten. Und bereits im nächsten Bahnhof Dolac muss der Zug schon wieder an die Seite gegangen sein, denn in der Schlucht vor Ostrovica kam uns schon der nächste ostfahrende Güterzug entgegen...

Heute gab es mal ein alternatives Abendprogramm. Statt "Alt Serbien" gab es amerikanische Burgerkost von Mc Donalds. Die Sachen wurden schön entspannt auf dem Hotelzimmer verputzt. Das war auch mal nett und angesichts der fortgeschrittenen Zeit eine gute Alternative.

Freitag, 19.05.2017

Wir starteten ähnlich wie gestern. Um 6 bimmelte der Wecker. Im Hotelzimmer konnten wir es ruhig angehen lassen, denn einen Güterzug hätten wir mitbekommen und wären noch locker hinterher gekommen. Es kam aber keiner. Da wir seit gestern Vormittag "Vorn rechts" nicht mehr aufgepustet hatten, war das unser erstes Anliegen. Allmählich kannten wir die Tankstellen mit Luftfüllanlagen. Der Reifen war auf 1,2 von nötigen 2,4 bar runter. Dann wussten wir das jetzt auch... Mit neuer Luft im Reifen blieben wir gleich in der stadtnahen Ecke und nahmen Re 5903 an der Hochschule in der Ausfahrt aus dem Bf Ćele Kula.


Re 5903 beschleunigt aus dem Bf Ćele Kula und passiert die Hochschule.

Weshalb musste dieser Zug in Ćele Kula, also zwei Stationen hinterm Startbahnhof, schon wieder einen zehnminütigen Aufenthalt haben? Vermutlich Kreuzung mit der Trasse des Optimaexpress, wenn er denn fährt? Oder einfach nur, weil die Reisegeschwindigkeit nicht langsam genug ist? Wir fuhren nochmal voraus nach Ostrovica, wo es den Triebwagen ein zweites Mal gab. Erst wollten wir ihn von der Straße oben am Esig nehmen, doch da war das Licht noch nicht so wirklich rum. Deshalb gab es ihn nochmal von unten, aber anders als beim letzten Mal.


Re 5903 beschleunigt aus dem Bf Ostrovica.

Als nächstes stand wieder Frühstück im Schatten der Weintanks von Sićevo an, natürlich in der Hoffnung, dass bald ein ostfahrender Güterzug auftauchen würde. Ein Westfahrer hatte eben in Ostrovica mit dem Re gekreuzt. Es tat sich mal wieder genau gar nichts. Sehr sehr schade. Die Sonne stieg, der Zugverkehr schwieg, das war uns nicht lieb. Hatte ich erwähnt, dass der Himmel wie angekündigt strahlend blau war? Nutzte nur irgendwie nix!


Unser Warteplatz an den Weintanks von Sićevo. Irgendwie war dieser schön abseitig gelegene Schattenplatz auch Urlaub...

Aber wenn man so wartet, entwickelt man wunderbare Ideen, Yannick besonders :-) Für den Verkehr hier im Nišavatal könnte man, wenn die Autobahn fertig ist, in Anlehnung an die RoLa ein System "RoSie" einführen, die rollende Schiene. Man nimmt Trucks mit mehreren Anhängern und stellt da die Eisenbahnwagen drauf. Culemeyer war gestern, jetzt kommt Steinle!

Bald war klar, dass vor dem westfahrenden Re wohl kein Güterzug mehr zu erwarten wäre. Für den Re 5902 ging es nochmal zu unserem Aussichtspunkt bei Prosek, wo wir den zwar gestern auch schon gemacht hatten, wo aber ein blöder LKW direkt neben dem Zug war. Etwas besseres als die Optimierung dieses Motivs fiel uns nicht ein. Und diesmal war straßentechnisch auch alles ruhig...


Blick von oben in das Nišavatal. Der westfahrende Re 5902 erreicht in Kürze den Hp Prosek.

Weiter abhängen hinter den Weintanks von Sićevo. Das Hochlicht ist da, unsere Motivation ist weg, aber besseres hatten wir auch gerade nicht zu tun. Langsam reifte die Idee, nochmal zum Nachmittagszug nach Bor hoch zu fahren. Wir hatten ohnehin gedacht, vielleicht morgen den Tag komplett in Bor zu verbringen, da wir uns von dem Thema gedanklich immer noch nicht ganz verabschieden konnten. Aber da hier ja nun gar nichts los ist, konnte man heute zumindest für den Nachmittagszug hochfahren. Selbst der 11-Uhr Gz von gestern tauchte heute nicht auf. Entsprechend konnte man sich ja ausrechnen, was hier auch nachmittags in der richtigen Richtung käme, nämlich gar nichts.

Um 11.30, als vor dem Triebwagen definitiv nichts mehr nach Dimitrovgrad fahren konnte, kratzten wir die Kurve. Hatten wir gedacht, nun in einem Rutsch gen Norden durchfahren zu können, hatten wir uns geirrt. In Svrljig stand ein Güterzug im Bahnhof! Faszinierend! Immer, wenn man es nicht braucht! Dieser Südfahrer hätte hervorragend an dem Palilula Blick von den Felsen gepasst. Abgesehen davon, dass das auch dort alles sehr hochlichtig gewesen wäre. Ganz unbeachtet lassen wollten wir ihn aber nicht. Der kreuzende Nordfahrer Re sollte bald kommen, und wir schauten einfach mal in der Steigung hinter Svrljig, ob da was geht. Zumindest hätte man da guten Sound!


Immer, wenn man es nicht braucht: Ein Güterzug steht am Mittag in Svrljig zur Kreuzung drin.

Das brachte mich auf die Idee, erstmalig die Videofunktion meiner Kamera auszuprobieren. Das habe ich wirklich noch nie gemacht! Und das war dann auch gar nicht so schwierig, abgesehen davon, dass man auf dem Liveview Display nicht so wirklich viel sah... Ich verlinke euch hier mal Yannicks Video.

Die weitere Fahrt hoch nach Bor verlief nun ohne nennenswerte Zwischenfälle. Abgesehen davon vielleicht, dass wir in Zaječar hervorragende Salami erstanden, die wir dann in Bor im Motiv genüsslich verspeisen konnten. Dort zeichneten wir allerdings erstmal mit GPX den Zufahrtsweg zum Bf Teretna auf. Es standen jetzt andere Wagen im Bahnhof als vorgestern, aber ein Triebfahrzeug war nicht zu sehen. Unten in der Rundkehre gab es dann noch eine Stunde entspanntes Warten. Paar Miniwolken waren ja da, aber wir hofften mal, dass der VT diesmal verschont bleiben würde. Eine dieser Wolken machte es fünf Minuten vorm Pt 5752 nochmal schön spannend. Aber letztendlich wurde alles gut. Gegenüber vorgestern wählte ich diesmal eine Perspektive mit mehr Abraumhalden im Hintergrund.


In der Rundkehre unterhalb von Bor: Pt 5752 vor den Abraumhalden des Kupferbergbaus.

Das war wieder der Graffititriebwagen. Diesmal standen wir aber auf der anderen Seite *g*. Was ich noch nicht wusste: Damit war die Perspektive von vorgestern noch nicht ad acta gelegt... Aber erstmal bewegte sich in Bor nichts mehr. Deshalb fuhren wir runter an die Timokbahn, die ja nördlich von Zaječar weiter an den Donauhafen Prahovo führt. Ein Triebwagen sollte um 17.10 dorthin starten, und vorher war neulich ja noch ein Güterzug aus Richtung Donau gekommen. Als wir drunten waren, entdeckten wir gerade noch rechtzeitig, dass ja auch noch ein Triebwagen als Pt 2557 von Negotin runter kommen sollte. Den konnten wir ganz hübsch von oberhalb des Ortes Trnavac verewigen.


Aus Richtung Negotin umrundet Pt 2557 den Talkessel von Trnavac.

So halb noch mit dem Güterzug rechnend, wollten wir nun auch mal nördlich Trnavac nach Motiven schauen. Das Timok Tal scheint dort wieder enger zu werden. Doch der Weg entpuppte sich als furchtbare Buckelpiste - genau richtig für "vorn rechts". Als wir den Ort verließen, zeigte das nördliche Esig Halt. Als wir das Vorsignal erreichten, zeigte es "Fahrt erwarten"! Der Güterzug wurde tatsächlich wieder erwartet! Aber wo den nun nehmen? Wir drehten hastig um und wollten mal im Ort, notfalls auch im Bahnhof schauen. Am BÜ von eben mit dem Y1 dürfte der Güterzug kein Frontlicht mehr haben. Im Ort fanden wir aber auch nur Kompromissbehaftetes. Yannick entschied sich für einen spitzeren Blick und ich nahm einen Ausblick von weiter oben, wo nur wenig vom Zug und das wenige auch nicht wirklich vegetationsfrei war. Aber der Blick war dennoch nett.

Wir hätten uns nicht zu beeilen brauchen. Irgendwann mussten wir sogar darüber nachdenken, wann man sich für den nächsten Y1 umtopfen müsste. War der Bahnhof vielleicht gar nicht besetzt, die Signale durchkreuzt und die Signalstellungen beliebig vom Wind verursacht? Nein! Irgendwann hornte es dann doch in der Ferne und eine richtigrumme 661 mit einer Kette zweiachsiger E-Wagen tauchte am anderen Ende des Talkessels auf. Doch das Fahrgeräusch erstarb im Bahnhof, der übrigens auf der Westseite komplett zuvegetiert war und als Standpunkt nicht in Frage kam. Hmm, doch hier schon Kreuzung mit dem Y1? Nein, war wohl nur Befehlsübermittlung oder sowas. Bald ging es weiter.


Im Ortsbereich von Trnavac beschleunigt der Güterzug aus dem Bahnhof raus.

Wir hofften, nun sehen zu können, ob der Zug am Gleisdreieck in Richtung Zaječar oder Bor abbiegt. Die Wagen trugen die Heimatanschrift Bor. Unser Entschluss fiel einstimmig: Wenn der Zug in Richtung Bor abbiegen sollte, würden wir den Y1 sausen lassen, denn dann hätten wir noch ein Date mit der Rundkehre unterm Bahnhof Bor Teretna. Der Zug bog nach Bor ab. Wir auch! Der einzige Fehler von uns war nun, dass wir die Bor Schnellstraße nahmen und nicht die bahnparralelere Landstraße, über die wir sicher noch ein Bild im Bf Zagrađe mit der tollen Felskulisse hätten einschieben können. Aber das ist Jammern auf allerhöchstem Niveau, denn unten in der Kehre unterm Bf Bor Teretna und oben bei der Einfahrt in den Bahnhof mit Weitblick gelangen uns wirklich tolle Aufnahmen im besten Abendlicht!


Nochmal die Rundkehre von Bor in leicht veränderter Perspektive - diesmal mit Güterzug!


Wegen der Schleifen, die die Bahn hier beschreibt, um an Höhe zu gewinnen, konnten wir den Zug dicke nochmal eine Etage höher in der Einfahrt in den Bf Bor Teretna abpassen.

Oben im Bahnhof setzten wir uns einfach mal an den Rand und schauten, was die Lok jetzt machen würde. Lange saßen wir nicht. Auch bei der serbischen Eisenbahn kann es mal schnell gehen. Wir wunderten uns schon, dass der Weichenwärter nach Einfahrt des Zuges in Richtung EG verschwunden war. Und als wir dachten, die Lok käme zum Umsetzen zwecks Bespannung eines Ausgangszuges wieder vorgefahren, düste sie an uns vorbei und verschwand Lz abwärts. Dank der großzügigen Kehrschleife konnten wir sie unten nochmal erwischen, und zwar in der Perspektive mit dem Bahnhof quer oben als Hintergrund. Das hatte ich eigentlich mit dem Vormittags Y1 und Blick über die Kurve rüber gedacht gehabt, aber so im Abendlicht ging das ja viel besser!


Wieder unten: In dieser Perspektive kann man schön die Schlingen erkennen, die die Bahn beschreibt: Quer über der Lok ist der Bahnhof Bor Teretna anhand einiger Wagendächer erkennbar!


Tschüß! Und dankeschön! :-)

Wer konnte das ahnen, dass unsere Spontanentscheidung, nochmal über Mittag hier hoch zu gurken, uns einen der besten Nachmittage / Abende der Tour einbringen würde? Hatten wir bisher immer das latente Gefühl gehabt, mit dem Erreichten nördlich Zaječar nicht so zufrieden zu sein, so haben wir nun die Borer Motive alle bekommen und dazu noch je einen Güter- und einen Personenzug auf der Strecke Richtung Prahovo. Natürlich geht sicher noch viel mehr - sowohl in Richtung Prahovo als auch vor allem zwischen Bor und Majdanpek - wenn ich allein schon an den riesigen Kriveljski Viadukt denke.... Aber dazu braucht man viiiiele Tage mit schönem Wetter. Wir waren mit dem Erreichten jetzt erstmal zufrieden.

So füllten wir in Bor nochmal Getränke und Reifenluft nach und machten uns guter Dinge auf die lange Rückreise. Um 18.30 starteten wir in Bor und um 20.30 landeten wir unweit vom Hotel in dem Einkaufszentrum, wo wir immer unsere Einkäufe machten. Zwischendurch hatte man noch im allerletzten Abendlicht den Re 2746 unweit des Hp Mali Izvor mitgenommen.


Re 2746 erreicht im klaren Abendlicht den Hp Mali Izvor.

Da es so spät geworden war, griffen wir auch heute Abend nochmal auf den amerikanischen Burgerbrater zurück. Morgen würde es nochmal einheimische Küche geben - da waren wir uns sicher.

Samstag, 20.05.2017

Auch der heutige Tag war als komplett sonnig angekündigt. Da wir gestern in Bor soweit "alles" haben umsetzen können, gab es weiter keine Veranlassung, dort nochmal hochzufahren. Deshalb konnten wir es nochmal mit der Dimitrovgrad Strecke probieren. Heute wendeten wir eine etwas andere Taktik an. Von 5.00 bis 5.30 bei offenem Fenster nur noch dösend und ab 5.30 wach (alle beide!) mussten wir es mitbekommen, wenn draußen ein Güterzug vorbei fährt. Es war nichts zu hören. Um 6.15 verließen wir das Hotel, befriedigten erstmal wieder "vorne rechts" und stellten uns dann an die Universität, bischen knackige Ärsche gucken und auf Züge warten. Programmpunkt 1 entfiel allerdings weitestgehend wegen Samstag, da waren nur gaaanz wenige Studentinnen unterwegs, die wohl noch dringend was fertig zu machen hatten.

Was die Züge angeht, so hornte es irgendwann gegen 7 von hinten. Der Gedanke, dass da der Optima Express zurückkommen könnte, kam uns leider zwanzig Sekunden zu spät. Er war es, und die Titolok hing davor. Schade, dumm gelaufen. Lichttechnisch wäre es allerdings eh kein tolles Bild geworden... Tja, und so warteten wir und warteten. Bald war klar, dass vorm Triebwagen genau gar nichts mehr kommen würde. Mal wieder...

Neu war hingegen unser Frühstückskonzept. So ein heißer Kaffee ist ja doch was nettes, und deshalb wollten wir unser Frühstück heute mal bei Mägges besorgen. Leider waren das Restaurant und damit der Bestellautomat noch geschlossen, aber Mc Drive war möglich (wieder eine Premiere für mich, ich mag das ja gar nicht). In Deckung des Re 5903 und seines zehnminütigen Aufenthaltes in Ćele Kula, der also nichts mit dem Optima zu tun hat, besorgten wir das Frühstück und fuhren wieder nach Sićevo in den Schatten der Weintanks.

Dort gab es den Re, lecker Frühstück und, ööhm, nun ja, erstmal nix. Wobei - der mittlerweile zweite Güterzug westwärts kam noch vorbei. Lange ließ der Wärter den BÜ bimmeln und versetzte uns in die Hoffnung auf den erhofften Ostfahrer, doch das war natürlich nix.


Mal wieder der 5903 in Sićevo.


Güterverkehr kommt nur aus der falschen Richtung...

Nach dem Güterzug und nach dem Re 5902, den es mal wieder in Prosek von oben gab, pendelten wir zweimal nach Niška Banja in der Hoffnung, dass dort gekreuzt würde. Wurde aber nicht. Am Ende blieb wieder nur, im Schatten unserer Weintanks zu Sićevo auf die 11-Uhr Trasse zu warten - allein um zu sehen, ob überhaupt noch was nach Dimi hochfahren würde. Es kam nichts. Diese Strecke fing jetzt ernsthaft an unerfreulich zu werden. Als wieder mal klar war, dass vor dem Mittagstriebwagen nichts mehr kommen konnte, brachen wir ab.


Mal wieder der 5902 in Prosek von oben *gähn*.

Der nächste Programmpunkt sollte wesentlich erfreulicher werden: Urlaub in Niševac! Idealprogramm für den letzten Tag! Proviant hatten wir genug, und so wollten wir uns einfach mal wieder oberhalb des Ortes in die Wiesenhänge setzen bzw legen und die Seele baumeln lassen. Und dann sollte natürlich doch noch der klassische Blick mit dem 14 Uhr Zug umgesetzt werden.

Wir hatten heute zur gleichen Zeit das Nišavatal verlassen wie gestern. In Svrljig beim Queren der Bahnhofsgleise dann das Unfassbare: Da stand auch heute ein Güterzug zur Kreuzung drin! Da hatten wir uns in der ersten Urlaubswoche tagelang an dieser Strecke aufgehalten und abgesehen vom ersten Abend keinen Güterzug gesehen, und nun kommt hier jeden Tag einer? Ok, voll im Hochlicht, aber bei dem Palilula Blick von den Felsen hätte man den Zug topp gebrauchen können. Wir drückten gedanklich den "Ignore" Button und fuhren weiter. Wir wollten schließlich Urlaub in Niševac machen und nicht im Hochlicht falschrumme 661 an irgendwelchen mindergeeigneten Hilfsstellen machen.

In Niševac fuhren wir wieder den hübschen Wiesenweg oberhalb des Haltepunktes hoch, der hiermit dann auch mit GPS aufgezeichnet ist. Plötzlich parkte ein Auto auf dem Weg. Doch der Besitzer war im Garten nebenan und fuhr einmal bis zum Wende-/Parkplatz am Ende vor, um uns durchzulassen. Wir stiegen zu fuß weiter in die sonnigen Matten hoch. Vor der eigentlichen Pause gab es noch den Re 2744 im Gegenlicht mit den roten Dächern von Niševac.


Die roten Dächer von Niševac.

Dieser kreuzte erst unten in Knjaževac mit dem Re 2745, der unser Hauptziel hier wäre. Bis dahin konnten wir Siesta machen, die Vogelstimmen vom Grund der Schlucht genießen, das Quarken der Frösche erlauschen. An Motorenlärm war nur mal eine seeehr weit entfernte Säge zu hören. Ein erfrischender Wind machte den Aufenthalt sehr angenehm. Viel zu schnell vergingen die anderthalb Stunden. Für den 2745 schauten wir erst noch am Hp, doch mir gefiel letztendlich der "Klassiker" besser, so dass ich den nun also auch noch bekommen habe. Yannick erwartete den Zug am Hp.


Dies ist die aus Funk und Fernsehen bekannte Perspektive, die uns hierher gelockt hatte, die zumindest für mich der Anlass für den Serbienurlaub gewesen war: Re 2745 verlässt bei Niševac die Timokschlucht. Es ist ein Toppmotiv, aber wir freuten uns, dass wir auch so viele andere Perspektiven in der Timokschlucht gefunden hatten.

Der Plan für den Nachmittag sah vor, direkten Weges nach Dimitrovgrad zu fahren, dort und unterwegs nach Güterzügen zu schauen, und wenn kein Güterverkehr wäre, für den Abendtriebwagen irgendwo im "schönen Bereich" etwas zu suchen. Leider verdödelten wir auf dem Weg nach Dimi eine halbe Stunde in Ostrovica, wo das für uns interessante Esig gezogen war. Trotz schon sehr spitzen Lichtstandes bauten wir uns dort auf. Es kam bloß leider nichts. Blöööde! Vermutlich stand das Signal noch von der letzten Zugfahrt.

Auf dem weiteren Weg ostwärts hatten wir leider keinen ständigen Streckenblick, aber wir haben jedenfalls keinen Zug mitbekommen. Erst nachdem wir schon ein gutes Stück auf der Autobahn gefahren waren, die momentan auf zig Kilometer Länge zwischen Crvena Reka und Staničenje keine Abfahrt hat, bemerkten wir die Sinnfreiheit unseres Unterfangens. Wir konnten unmöglich die Strecke im Blick behalten. In Dimigrad zu schauen, wäre ja gut und schön, aber wir konnten genausogut DEN Nachmittagsgüterzug verpassen. Deshalb drehten wir einfach mal auf der Autobahn (die ja mit ihrer Zweispurigkeit eher wie eine Landstraße zu sehen ist) und stellten uns auf gut Glück in das erste Motiv, das uns einfiel: An den Hp Crveni Breg. Aber ich muss ehrlich sagen: Nach den fehlenden Ostfahrern am Vormittag rechnete ich mit null Güterverkehr...

Ich sollte Wahrsager werden. Es tauchte gar nichts auf. Für die beiden in Crvena Reka kreuzenden Triebwagen fuhren wir wieder zum dortigen Ostesig, weil dort das Seitenlicht etwas besser war. Re 5906 gab es mit dem Esig und den ausfahrenden Re 5907 einfach so im Seitenlicht mit Blick über die kleinen Feldparzellen. Den 5906 nahmen wir dann nochmal im letzten Licht in Sićevo - einfach so in der Schlucht. Der Lokführer grüßte freudig, während der Zf auffallend zu unserem Auto schaute. Na ja, der wollte wohl nur wissen, wo wir herkommen. Das knallblaue Auto mit den zwei Zugfotografen dürfte mittlerweile wohl bekannt sein...


Re 5906 erreicht den Bf Crvena Reka.


In der Schlucht hat Re 5906 den Hp Sićevo verlassen.

Von Westen zog nun die angekündigte Bewölkung auf. Aber das Tagesprogramm war jetzt eh beendet, leider heute mal wieder ganz ohne Güterzüge. Wir fuhren direkt ins Hotel, machten uns dort frisch und wollten am letzten Abend nochmal standesgemäß in der Stadt essen. Parkplatz klappte ruckzuck, doch das Stara Srbija war mal wieder auf Livemusik gepolt. Warum nicht die Reise beenden, wie sie begonnen hat? Das Kod Rajka war ja auch gut gewesen, und vielleicht sogar noch etwas authentischer. Jedenfalls wurde dort auf Holzkohle gegrillt, und darauf hatten wir richtig Appetit! Wir nahmen gegrillte Hähnchenmedaillons im Baconmantel und Hackbällchen mit Käse und Bacon. Das war klasse. Und als Nachtisch gab es Palatschinken.

Wir hatten Glück mit dem Platz gehabt. Draußen waren zwar alle Tische belegt, aber drinnen konnten wir uns schön ans offene Fenster setzen. Paar Minuten später waren alle Tische belegt. Überhaupt war am heutigen Samstag Abend richtig gut was los in Serbiens drittgrößter Stadt.

Sonntag, 21.05.2017

Der heutige Tag war in mehrfacher Hinsicht nicht mehr so motivationsgeladen. Erstens war es komplett bewölkt und hatte in der Nacht sogar ganz schön geregnet. Und zweitens wollten wir spätestens um 13.30 am Flughafen sein. Wir ließen uns morgens viel Zeit und liefen gegen 9 zum Frühstück runter. Ich wagte mal wieder ein Omelette, außerdem bekam ich von Yannick Brot mit Balkanmarmelade ab.

Um 11 verließen wir das Hotel, pumpten nochmal Luft und Sprit auf und starteten zu einer Kreuzfahrt durch Niš. Erst schauten wir uns den Güterbahnhof an und dann den Hauptbahnhof. Oh je, sieht das alles verkommen und deprimierend aus! Aber in der Schalterhalle waren noch fünf Schalter besetzt. Die Verkäufer mussten schon ein gutes Konzept haben, sich zu beschäftigen... Ein FLIRT aus Leskovac kam an einem der Mittelbahnsteige an und die Leute liefen alle über die Gleise zum EG. Wann ist wohl der Bahnsteigtunnel zuletzt genutzt worden? Die Titolok von neulich, 666 001, stand abgestellt auf einem der Stumpfgleise. Ob sie jetzt komplett dem Personenverkehr zur Verfügung steht? Das wäre momentan nur der Optima, aber irgendwann vielleicht auch wieder der Sofia Schnellzug?

Es war immer noch viel Zeit. Die nutzten wir nun, um uns mal die Stadtdurchfahrt der Dimitrovgrad Piste anzuschauen, die ja wirklich teilweise mitten durchs Leben, also über belebte Plätze geht. Schade, da hätte man sicher auch gut mal ein Foto machen können. Leider hatten wir gerade einen ausfahrenden Güterzug verpasst, der erstmal für eine Viertelstunde den Straßenverkehr im kompletten Quartier zum erliegen brachte. Den hätte ich ja sonst glatt mal ohne Wetter fotografiert.

Es war immer noch arg früh, zumal wir im Flughafen jetzt auch nicht mit den großen Aufenthaltsmöglichkeiten, geschweige denn Restaurants, rechneten. Diese Stunde parkten wir jetzt mal einfach auf der Ladestraße des Güterbahnhofs und schauten, was da abging. Abgesehen von einer kleinen feiernden Menschentraube am Stellwerk (vielleicht ein Jubiläum oder eine Verabschiedung?) war aber nicht wirklich was los.

Um 13 Uhr topften wir uns zum Flughafen um, wo wir zügig das Auto abgeben und einchecken konnten. Es gab sogar ein Restaurant im Obergeschoss des kleinen Flughafengebäudes. Und das arbeitete selbstverständlich mit Holzkohlegrill! Wir aßen gefüllte RiesenĆevapi und gegrilltes Gemüse. Ausgezeichnetes Essen für ganz wenig Geld!

FR 1106 Niš 15.35 - Berlin Schönefeld 17.20

Der Flug war klasse. Man konnte meist unten alles sehen. So ging es über Požarevac, den Balaton, Bratislava in Richtung Deutschland. Der Anflug auf Berlin ist mit Sicherheit einer der schönsten in Deutschland. Topp war der Ausblick auf die Lausitzer Tagebaulandschaft, aber so richtig herrlich ist eben der Blick auf die wunderbare Seenlandschaft um Berlin herum.


Auch in Deutschland gibt es Löcher in der Landschaft. Am unteren Bildrand ist das Kraftwerk Boxberg zu sehen und links zwischen den Düsen die Stadt Weißwasser.


Und so sieht Cottbus von oben aus...

Als wir pünktlich gelandet waren, war insbesondere Yannick, der spätestens die S-Bahn um 18.32 ab Schönefeld haben musste, guter Dinge, dass alles klappen würde. Das änderte sich, als wir in die Immigration Abteilung des Flughafens gelangten. Zwar war in dem Häuschen der Grenzpolizei eine Seite für EU und eine für alle Pässe, doch es gab nur eine Wartespur, die im Hin und Her auf dieses Häuschen (ein anderes war unbemannt) zuführte. Es gab ein/zwei Leute, die einfach unter den Gurten durchliefen und sich nach vorn drängelten, was ihnen einiges Gemurre entgegen brachte. Nun ja, irgendwie war uns das zu assig, zumal wir sahen, dass der Beamte auf der EU Seite auch alle anderen abfertigte.

Also warten. Der Grenzer auf der "Alle Pässe" Seite war ein ganz Genauer, der den Pass immer hoch neben das Gesicht des Einreisewilligen hielt und der auch noch Fragen zur Aufenthaltslänge stellte. Yannick sah seinen Zug schon fahren, wir waren zunehmend geladen! 40 Minuten standen wir vor Deutschland an! Als ich dann endlich dran war, hätte ich ja einfach meine Klappe gehalten. Doch der Grenzer machte einen Fehler: Er wies mich tatsächlich darauf hin, dass wir als EU Bürger direkt hätten vorkommen können. Da habe ich ihm in sehr scharfem Ton erklärt, dass man dann vielleicht auch zwei eindeutig gekennzeichnete Wartespuren anlegen müsste. Oder erwartet er, dass wir uns einfach an allen vorbeidrängeln? Darauf wusste er dann auch nur ein kleinlautes "Ja ja" als gemurmelte Antwort. Grrrrrrrrr! Sind die denn hier gedanklich schon alle in den BER umgezogen?

Mit Rennen erreichten wir aber noch die 18.32 S-Bahn. Die machte es zwar auch noch spannend, da man vor Adlershof wohl irgendwas von Grünau vorlassen musste, aber Yannick erreichte mit "Trepperunterfliegen" am Ostkreuz noch die richtige S-Bahn für seinen ICE. Und ich hatte ohnehin 20 Min "Luft", dann konnte ich die genialste Verbindung kriegen, die es für mich als Harburger gab: Ein IC ohne Halt von Berlin-Gesundbrunnen bis Hamburg-Harburg! Ein Zug mit dem illustren Laufweg Stralsund - Oldenburg (Oldenbg) über Berlin-Gesundbrunnen und Hamburg-Harburg! Heute jedenfalls. An anderen Sonntagen würde man auch ganz anders fahren, z.B. über Wolfsburg - Hannover. Aber heute passte dieser Zug für mich perfekt!

IC 1932 Bln-Gesundbrunnen 19.46+5 - Hamburg-Harburg 21.45

Im Bf Gesundbrunnen gibt es nur einen Bio Supermarkt... Aber Bier und vor allem Cider gab es auch. Obwohl der Bahnsteig schwarz war, bekam ich noch einen sehr schönen Platz im Bimdzf (Interregio-Steuerwagen). Natürlich ohne WLAN, ist ja schließlich kein bosnischer Brzi, aber dafür mit Lost Units und Kernseifenmühle auf dem Klo. Die Fahrt war jedenfalls herrlich angenehm und verging viel zu schnell. Stellwerk Rof stellte den ungewöhnlichen Fahrweg für unseren IC korrekt ein, und so durfte ich nach dem herrlichen Blick von der Norderelbbrücke auf die Hamburger Stadtkulisse, der einen Hamburger immer so schön in "seiner" Stadt bewillkommnet, in Hmb-Harburg, also quasi vor der Haustür, aussteigen.

Fazit

"Alles richtig gemacht" wäre vielleicht zu viel gesagt. Hätte man gewusst, was wir jetzt wissen, nämlich dass das mit fotografierbaren Güterzügen der Dimitrovgrad-Strecke so mühsam wäre, hätte man vielleicht doch noch länger in Bor / Zaječar bleiben können. Aber darüber zu sinnieren ist müßig. Mein erklärtes Tourziel hatte "Niševac" geheißen. Und die herrlichen Stunden dort mitsamt der Fotoausbeute von dort waren dann auch wirklich einer der Höhepunkte der Tour. Yannicks größter Wunsch, in Bosnien den Talgo und die Triebwagen auf der Tuzlarer Piste zu bekommen, war auch vollumfänglich in Erfüllung gegangen. Hinzu kamen eine ganze Reihe wunderschöner Beigaben, so dass wir trotz vieler Wolken gute Bilder mit nach hause bringen konnten. Und wir haben jede Menge Spaß gehabt. Was will man mehr? Dafür wie immer auch herzlicher Dank an Yannick und seine guten Ideen!

Nicht ganz ungenannt bleiben sollten die Eindrücke, die man so neben dem Schienenstrang macht. Serbien, wohin gehst du? Ich hatte schon bei der Buchung des ersten Hotels von Deutschland aus gestutzt, wie niedrig die Preise waren. Irgendwie habe ich Serbien gedanklich immer als einen der großen ex-Jugo-Staaten, in dem ja durchaus auch einiges an Industrie vorhanden ist / war, mit Kroatien (meinetwegen vor EU) auf eine Stufe gestellt. Aber unser oberflächlicher, subjektiver Touristenblick war dann doch sehr erschrocken über den Verfall, den man allenorts beobachten konnte. Hatte ich die Jugo-Staaten zu "rosig" in Erinnerung? Spätestens bei der Einreise nach Bosnien konnte ich diese Frage verneinen. Wir hatten das Gefühl, in eine "mitteleuropäische" Welt zu kommen. Grundstücke waren gepflegt, Firmen hatten zumeist ihre Gebäude saniert oder gar neu gebaut. Es tat sich was! Serbien hingegen wirkte (wie gesagt: subjektiv und oberflächlich!) ziemlich verloddert. Als wenn nichtmal mehr Geld da ist, um Zäune oder Mauern zu streichen. Firmengelände sahen aus, als ob sie abgewickelt wären, aber wenn man näher hinschaute, waren noch Büros eingerichtet und zumeist die Pförtnerbuzze besetzt. "Optisch" scheint das stolze Serbien mittlerweile hinter Rumänien angekommen zu sein, wobei ich Rumänien erst seit EU-Beitritt kenne. Land und Leute haben sicher Potential. Ich kann nur hoffen, dass sich hier etwas tut. Als Tourist kann man in Serbien allerdings sehr gut auskommen. Für wenig Geld bekommt man allerbeste, oft neue oder neu renovierte Hotels. Restaurants findet man genug (i.d.R. mindestens in den Hotels), Lebensmittelmärkte findet man noch in jedem kleinsten Dorf. Selbst in Niševac gab es gleich zwei! Die Straßenverhältnisse sind nicht schlecht, so dass man mit einem Leihwagen von einem der großen Vermieter nicht viel falsch machen kann. Und die Menschen sind allesamt sehr freundlich, hilfsbereit und aufgeschlossen.

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