Skandinavien März 2008 (2)

Copyright by Jan-Geert Lukner

Donnerstag, 06. März 2008: NZ an Fauske > Abisko

Wir hatten den Wecker so gestellt, dass wir rechtzeitig zur Querung des Saltfjells beim Frühstück im Cafévogn sitzen würden. Als der Wecker dann so kurz nach 6 piepste, wollte uns das Aufstehen gar nicht gefallen, wir hatten wunderbar tief geschlafen. Irgendwann während des langen Aufstehvorgangs hielt der Zug mal an. Nico konnte das Stationsschild nur erahnen, irgendwas mit "a" am Ende meinte er. Hä? Sicher, dass da nicht Dunderland dransteht? Sind wir etwa schon in Bolna? Dann würde es ja allerhöchste Zeit für das Frühstück werden! Aber dann wäre der Zug ja viel zu früh... Des Rätsels Lösung hieß "Bjerka" und der Zug hatte eine Stunde Verspätung...

In Mo i Rana herrschte dichtes Schneegestöber. Ein kreuzender Güterzug, dessen Zuglok wir leider nicht erkannt hatten, beschleunigte gleich nach unserer Ankunft. Wir mussten aber warten, während die Togexpeditørin (so ne Art Fahrdienstleiterin) drinnen wie wild am Telefonieren war. Wir schauten nervös zur Uhr, denn die Übergangszeit auf den Bus in Fauske betrug nur eine halbe Stunde. Endlich kam sie raus und betätigte das Abfahrsignal. Wir hatten nun +60. Ein Stück warteten wir noch ab, dann wechselten wir in den Cafévogn.

Die Zeiten, in denen man bei Nachtzugfahrten (außer T3) Frokostbilletter bekam, ist natürlich auch vorbei. Das Angebot war wohl einfach zu gut gewesen, schade. Man konnte diese Frühstückskupons in allen Speisewagen (also nach der NZ-Fahrt z.B. auch im Anschlusszug) und in bestimmten Restaurants am Zielbahnhof (z.T. im nächsten Hotel!) einlösen. Aber dieses Stück Reisekultur ist nun auch Geschichte... Statt dessen trafen wir im Cafévogn auf eine große Damengruppe, die über zwei Tische verteilt "gute Laune" verbreitete. Der Wein floss auch schon! Auch sonst war der Wagen gut besetzt. Wir fanden zwar noch einen schönen Tisch für uns, doch es gab nur noch eine Portion Frühstück. Mehr Brötchen waren nicht da. Brüderlich geteilt reichten uns die drei Semmeln dann aber durchaus. Statt Buffet wie früher gab es drei Mini-Schälchen Marmelade. Was hat man sich früher bei der Fahrt über das Saltfjell durchschlemmen können...

Die Aussicht war bei früheren Fahrten allerdings auch schon imposanter. Statt grandioser Bergwelt sah man nur Weiß vorm Fenster. Man hätte genau so gut ein weißes Tuch vorm Fenster spannen können. Die Zugchefin konnte uns anfangs nicht zusagen, ob unser Anschlussbus warten würde. Dennoch machten wir uns keine so ganz großen Sorgen. Etwas übler dran war wohl die lustige Damengruppe, die offenbar bereits um 10.40 mit einem Billigflug von norwegian.no von Bodø wieder zurückfliegen wollte. An sich ja ne klasse Aktion, doch etwas mehr Aufenthalt in Bodø wäre schon sinnvoll gewesen...

In Lønsdal stieg die Fahrdienstleiterin mit dem schwarzen Hund zu. Mit dem Vieh haben wir schon anno 1999 auf dem Bahnsteig von Bolna herumgetobt, der muss mittlerweile ein gesegnetes Alter erreicht haben. Sein Frauchen hatte uns damals bei einem Kaffee und Kerzenlicht in der völlig einsam gelegenen Station etwas über das Leben dort erzählt. Die ganze Woche würde sie im Bahnhofsgebäude wohnen und nur am Wochenende nach Bodø nach hause fahren. Jetzt kam sie offenbar von der Nachtschicht in Lønsdal. Ihr Arbeitsplatz wird bald Geschichte sein. Die Fernsteuerung ist bis Mosjøen vorgedrungen und auf dem Reststück bis Bodø in Arbeit. Die Arbeitsplätze in der Einsamkeit gibt es bald nicht mehr.

Im Zuge der Fernsteuerung wird auch der Bahnhof Røkland neu gebaut. Schon lange konnte man dort nicht mehr kreuzen, von Lønsdal bis Rognan hatte die NSB immer ihren längsten Zugfolgeabschnitt, dessen Länge 45 km betrug. Nun entsteht ein Stück außerhalb des Dorfes ein neuer Bahnhof mit Seitenbahnsteigen. Die Zugchefin erzählte uns im Vorbeigehen, dass der Bus warten würde. Das war auch günstig so, denn sonst wären wir erst gegen Mitternacht in Narvik angekommen.

Der Anschlussbus hat in Fauske auf den Nachtzug gewartet, der Busfahrer ist gerade bei seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Abkassieren.

Bus Fauske 08.55+38 > Narvik 13.30+2

Wir liefen zielstrebig zu den bereitstehenden Bussen. Der eine Bus fuhr über die Vesterålen nach Harstad, der andere die E6 hoch nach Narvik. Letzterer war unser. Die Fahrt kostete 418 NOK - ein stolzer Preis. Die Busfahrt hätte sich wohl wenig rentiert, wenn der Bus nicht auf den Nachtzug gewartet hätte. So war er ordentlich besetzt, wobei wir beide uns mühelos auf zwei Sitzreihen aufteilen konnten. Unser Busfahrer fuhr recht vorsichtig auf der oft eisbedeckten Fahrbahn. Der Harstad-Bus war uns zunächst weit voraus gekommen. Doch er musste auf uns warten, weil eine fehlgeleitete Passagierin bei uns drin war. Im weiteren Fahrtverlauf gab es immer mal kleine Abzweiger, die dann nur von einem der beiden Busse angesteuert wurden. Der andere zog dann meistens mit grinsenden Gesichtern an Bord vorüber.

Der Busfahrer war viel am telefonieren. Die Verspätung brachte einigen Dispositionsaufwand mit sich. Mehrere Kleinbusse und Maxitaxis dienen als Zu-/Abbringer für abseits gelegene Ortschaften, oft kam dann die Frage an die Fahrgäste, ob dieser oder jener Abbringer benötigt würde. Außerdem musste der Personalwechsel disponiert werden. Man traf sich immer auf einem bestimmten Parkplatz, wo die Fahrer dann auf den Gegenbus wechseln konnten. Diese Begegnung musste natürlich auch verlegt werden. Und ganz wichtig: Die Fähren mussten auf uns warten! Nicht informiert werden konnten hingegen die Fahrgäste, die unterwegs irgendwo in der Pampa im eisigen Wind auf den Bus warteten. Eine zusteigende Frau, die nur paar Stationen mitfahren wollte, beklagte sich bitterlich und meinte zum Fahrer, dass ja zumindest einer der beiden Busse planmäßig bis zum Ende der gemeinsamen Strecke hätte fahren können.

Ausblicke von der Tysfjord-Fähre auf schneebedeckte Berge.

Nach dem Tf-Wechsel kam für unseren Bus ein völlig neuer Fahrstil. Unser neuer Busfahrer hatte den Bleifuß und immer wieder holte er den Harstad-Bus ein. Eine Überholung war dann aber wohl doch gegen die Kollegialität, weshalb er sich zusammen riss und hinterm anderen Bus blieb. Nette Szene dann in Bognes: Die Straße führte ans Wasser und endete an den geöffneten Mäulern zweier Fährschiffe. Vor den Schiffen wartende Gestalten. Die Busse rasten fast zeitgleich auf die beiden Fähren, Klappen zu und los ging es. Auf der Fähre dürften die Busfahrgäste etwa 80% der Schiffsinsassen ausgemacht haben, insofern wartet man also schon mal gern ein gutes Viertelstündchen auf den Bus. Mehr Verspätung hatten wir nicht mehr, denn der planmäßige Raststopp in Innhavet war nicht durchgeführt worden.

Viel war nicht los auf der Tysfjord-Fähre. Da konnte schon mal auf den verspäteten Bus gewartet werden.

Von der Fähre gab es bei einem Pølsebrød einen klasse Ausblick auf schneebedeckte Berge. Nachdem bisher das Wetter sehr trübe gewesen war, rissen die Wolken nun etwas auf und beleuchteten die Szenerie zum Teil wunderbar. Hinterm Tysfjord waren dann noch paar Berge zu überqueren, bevor man dann entlang des Fjordes auf Narvik zusteuerte. "Dank" eines neuen Straßentunnels kam man leider nicht am Containerbf Fagernes entlang. Die Busfahrt endete nun fast planmäßig im Busbahnhof von Narvik. Die Bahn ist hier offenbar so bedeutungslos, dass der Bahnhof gar nicht bedient wird. Vom Busbahnhof rief ich in Abisko an und reservierte dort einen Zweibettraum für die kommenden zwei Nächte.

Wir fragten den Kutscher eines Stadtbusses, ob er zum Bahnhof führe, was er aber verneinte. So stand unseren Rollkoffern also eine kleine Rutschpartie bevor. Durch das dem Busbahnhof angeschlossene Einkaufszentrum ging es erstmal drei Stockwerke nach oben auf Straßenniveau. Dann begann draußen der Kampf mit dem Schnee-Split-Gemisch. Besser wurden die Rollen unserer Koffer davon sicher nicht. Aber so weit ist es nun auch wieder nicht bis zum Bahnhof, etwa 10 Minuten Fußweg. Im Bahnhof hatten wir Zeit. Wichtig war allerdings noch ein Programmpunkt: Der Fahrkartenkauf!

Eigentlich hatten wir uns schon unmittelbar vor der Tour so weit festgelegt, dass wir für Samstag-Abend den Nachtzug von Abisko nach Stockholm buchen wollten. Über bokatag.se wollten wir nun die wirklich preiswerte Fahrkarte buchen: 1999 SEK für uns beide inklusive Zweibettabteil im Schlafwagen. Das sind etwa 110 Euro pro Person. Doch der allerletzte Buchungsschritt klappte nicht: In Schweden ist bei Kreditkarten ein neuer Sicherheitsstandard eingeführt worden ("VBV - Verified by Visa", Mastercard hat was Entsprechendes). Diesen Standard kennt man in Deutschland jedoch noch nicht wirklich. Eine Google-Suche nach diesem Begriff ergab jedenfalls spärlichste Ergebnisse. Wir waren ziemlich sauer, da will man einfach eine Fahrkarte buchen, freut sich, wie schön einfach das übers Internet geht - und dann sowas. Eine Buchung bei sj.se scheiterte übrigens genauso. Am Schalter in Dombås hatten wir gefragt, ob man dort den von Veolia betriebenen Nachtzug buchen könnte (Ausgangspunkt ist immerhin Norwegen), doch das wurde verneint.

In Norwegen fungiert die OBAS als EVU für Veolia. Daher betreibt die OBAS auch den Schalter in Narvik (wobei der Kollege eindeutig von der NSB eingekleidet war). Von diesem Schalter erwarteten wir nun schon, dass wir die gewünschte Fahrt buchen könnten, wenn noch Platz wäre. Und --- es ging! Verwundert waren wir über den Preis von 1750 NOK für beide. Das war zwar etwa 5 Euro mehr als wir bei Bokatag bezahlt hätten, aber der gute Mann in Narvik war ein guter Verkäufer und hat uns gleich mal die Kathegorie mit Dusche/WC im Abteil angedreht. Dafür hätten wir bei Bokatag mindestens 10 Euro mehr bezahlt! Der Schalter in Narvik stellte sich für uns damit als echter Geheimtipp heraus. Wenn man in Norwegen eine Reise in Schweden bucht, zahlt man halt keine Umsatzsteuer. Im Internet hingegen schon :-)

Bald wurde unser Zug bereitgestellt. Ich fühlte mich nach Griechenland versetzt. Mindestens drei Wagen waren mit Graffity verunziert. Sowas kennt man ja aus Skandinavien (zumindest an Personenwagen) gar nicht. Lok und die vier Schlaf- und Liegewagen waren in der SSRT-Farbgebung lackiert, die Sitzwagen im "alten" SJ-Blau. Der Caféwagen ist nach wie vor ein dunkelblauer norwegischer B3-Wagen. SSRT ist die Fahrzeugpool-Gesellschaft, die die Fahrzeuge für die staatlich subventionierten Verkehre dem jeweiligen Betreiber zur Verfügung stellt. Im kommenden Sommer steht hier oben mal wieder ein Betreiberwechsel an, SJ hat die jüngste Ausschreibung gewonnen und wird nach vielen Jahren Abstinenz wieder die Norrlandzüge betreiben.

VEO 93 Narvik 15.25 > Abisko Turist 16.55

Unsere Fahrkarte nach Abisko - natürlich mit Platzreservierung - führte uns ausnahmsweise mal nicht in eine Sechsersitzgruppe, in der schon die vier anderen Fahrgäste des Zuges saßen. Wir hatten den Sechser für uns allein und auch rund herum waren bis Riksgränsen kaum andere Fahrgäste zu sehen. Ansonsten machte auch dieser Wagen einen ziemlich abgenutzten Eindruck. Unsere Sitze waren völlig durchgesessen. Wir hatten allerdings den perfekten Ausblick auf den Rombakksfjord, wobei es nun wieder ziemlich trübe war und Schnee fiel. Aber die Wetterberichte hatten bis jetzt am morgigen Sonnenschein festgehalten.

Die schwedischen B3-Wagen haben auch schon bessere Zeiten gesehen: Rost und Geschmier sind kein schöner Anblick.

Noch etwas anderes war kaum zu sehen, und das machte uns etwas Sorgen: Seit wir in Narvik am Bahnhof eingetroffen waren, haben wir nur einen einzigen Erzzug gesehen (mit Dm3). Der nächste Erzzug kam uns erst in Kopparåsen entgegen. Das konnte ja heiter werden... In Katterat gab es einen kleinen neuen Holzbahnsteig, an dem der große Fernzug nach Stockholm sogar hielt. Eine kleine Gruppe kam offenbar von einer Ski-/Hundeschlittentour. Der Mann mit dem Hund wurde vom Zub vom Bahnsteig runter durch den Tiefschnee zum nächsten Wagen gebeten, da sich dort das für Tiere zugelassene Abteil befand.

Die Hundeschlitten-Leute steigen in Riksgränsen wieder aus.

In Abisko konnten wir mit unseren Koffern gut zum Hotel rüberrollern, da hier kein Split lag und die Schneedecke festgestampft war. Seit 2001 bin ich nicht mehr in Abisko abgestiegen, denn die letzten drei Touren an die Erzbahn (zuletzt 2004) fanden per Auto statt, und da konnte man auch die schönen Hütten in Björkliden ansteuern. Bei der Ankunft im Hotel schien es aber, als wär der letzte Besuch hier gestern gewesen... Wir buchten gleich mal Frühstück und Abendessen mit. Dass das Abendessen mit 240 SEK ganz schön teuer war, sahen wir erst auf der Abrechnung... Das Wetter-Telegramm im Foyer sprach übrigens für morgen ausschließlich von Sonne. Samstag sollte es hingegen schon wieder schneien.

Unser gebuchtes Zimmer befand sich im abseits gelegenen Holzhaus "Keron", dem klassischen Jugendherbergsteil der Turiststation. Als DJH-Mitglied erhielten wir hier 100 SEK Ermäßigung pro Nacht (damit habe ich die Mitgliedsgebühr raus...). So mussten wir für das Zweibettzimmer mit Du/WC übern Flur "nur" 375 SEK pro Person (!) bezahlen. Ganz schön heftig! Im Keron war ich wohl vor 15 Jahren zuletzt drin, meine Güte... Der Ausblick aus dem Zimmer über den Torneträsk war gigantisch und in diesem Augenblick hätte ich dafür wohl auch noch mehr bezahlt. Es war einfach schön, nach so langer Zeit mal wieder hier zu sein. Hell leuchtete die Schneefläche des Sees in der trüben Landschaft.

Das teure Abendessen würde ich einfach mal unter "Erlebnis" verbuchen. In dem schönen Restaurant mit Panoramablick über den See in der letzten Dämmerung gab es bei gediegenem Kerzenschein als Vorspeise vier kleine, nett angerichtete Brothäppchen. Der Hauptgang war ebenfalls unheimlich schön garniert: Es gab Lammfilets auf und an Rosmarinkartoffeln und Bratgemüse, von den Beilagen aber immer nur ein bis zwei Gabelspitzen voll. Man musste halt lernen, mit den Augen zu essen. Zum Nachtisch gab es vom Buffet Kuchen, Quarkspeise und Käffchen. Wider Erwarten war ich sogar satt - vielleicht war das sogar angenehmer, als "voll" zu sein...

Traditionsgemäß führte der Abendspaziergang zur Talstation der Seilbahn. Auf dem Hinweg wollte Nico den "Karven", den Regionalzug Narvik - Kiruna beim Halt fotografieren. Der Zug hielt aber gar nicht und es saß, soweit wir sehen konnten, auch niemand drin. Es ist ja auch etwas kurios, dass dieser Zug, der ja für Tagesausflüge ins Gebirge gedacht ist, erst drei Stunden nach Sonnenuntergang die Skifahrer in ihre Unterkünfte zurück bringen soll. So hat der "Karven" jedenfalls keine Zukunft...

Freitag, 07. März 2008: Abisko - Solbacken - Abisko

Irgendwie erlebte ich diesen Morgen ein Dejavu.

Zum Einschlafen war ich natürlich viel zu aufgeregt. Morgen früh sollte der Blick durch die Fenster laut Vorhersage auf wolkenlosen Himmel fallen! Wer wollte das glauben angesichts der tief über dem See hängenden Wolken...

Montag, 20. August 2001: Abisko - Søsterbekk - Abisko

Um 4 Uhr wachte ich das erste Mal auf. Ich wagte es nicht, durch das Fenster zu blicken. Dann doch: Ich sah Wolken!!! Nein!!! Ich sah Wolken!!! Doch was war das? Über diesen Wolken an den Bergen des gegenüberliegenden Seeufers war der Himmel völlig strukturlos! Blassgrau/blau zeigte sich der Himmel über dem See! Erst bei näherer Betrachtung wurde ich gewahr, dass es eine schier endlose Weite war, die ich beim Blick in die Höhe erspähte. Ich legte mich wieder hin, doch um 5 Uhr musste ich dann doch ein Bild vom Sonnenaufgang machen.

Abgesehen davon, dass Helligkeit und Sonnenaufgang im März 2008 etwas später stattfanden und ich diesmal sehr gut geschlafen hatte, konnte ich diese Passage aus dem Reisebericht 2001 mühelos übernehmen...

Um 7.30 gingen wir zum Frühstück. Das war vom Preis-/Mengenverhältnis genau das Gegenteil vom Abendessen. Ein himmlisches Buffet wartete auf uns und es gab nichts, was es nicht gegeben hätte. Ich aß ein Porridge mit saurer Sahne und Preißelbeeren, zwei Stücke Fladenbrot mit Marmelade und ein Stück mit zwei Eiern und dieser leckeren Kaviarpaste. Danach stellte ich mit Schrecken fest, dass ich nicht mehr konnte, obwohl noch so viel Unprobiertes da war. Aber ich freute mich schon mal auf das morgige Frühstück... Das Fladenbrot war offensichtlich hjemmelaget (hausgemacht) und ein Gedicht. Die einzelnen Stücke hatten die Größe von Brötchen und ließen sich auch ähnlich händeln.

Paar Wolken waren im Norden zu sehen, ansonsten herrschte ein stahlblauer Himmel über dem Torneträsk. Das Wetter-Telegramm versprach nun sogar bis Samstag Sonnenschein. Wir zogen uns richtig dick an, Nico nahm sogar seine Schneeschuhe mit und wir steuerten als ersten Programmpunkt den Hang am Hpl Turist an, um den "Karven" nach Narvik hier aufzunehmen. Es entstand eine Streiflichtaufnahme mit weitem Blick. Ich hatte übrigens ursprünglich geplant, mir hier oben auch Schneeschuhe zu leihen. Davon hatte ich angesichts minimalster Schneehöhen dann doch abgesehen. Und dieser erste Fotostandpunkt zeigte, dass meine Winterwanderstiefel vollkommen ausreichend waren.

Der "Karven" auf dem Weg nach Narvik.

Laut Bildblatt sollte hinter dem "Karven" ein Erzzug fahren, doch als dieser zehn Minuten überfällig war, liefen wir einfach mal auf der Straße los in Richtung Abisko Östra. Schließlich wollten wir heute mal paar Motive östlich Abisko testen, wo wir in all den Jahren nie hingekommen waren. Als wir gerade entlang des Bahnhofes Abisko Östra liefen, schalteten die Signale westwärts auf Durchfahrt. Wir blieben stehen und mussten noch sicher 15 Minuten warten, bis eine IORE (eigentlich sind's ja zwei...) mit Malmtog durchfuhr.

Dann ging es zu Fuß weiter entlang der Strecke. Wir mussten allerdings gar nicht lange laufen, denn bald entdeckten wir eine schöne Stelle, an der man die Skyline von Abisko im Hintergrund nehmen konnte. Die Frage lautete bloß: Hintergrund wovon? Es kam nämlich nix. Dafür kam, kurz bevor wir uns für den westfahrenden Veolia-Nachtzug umpostieren wollten, selbiger völlig überraschend mit -15 an uns vorbeigefahren. So ohne Erz-Gegenzüge konnte er von Kiruna bis Abisko wohl so viel rausholen. Ärgerlich!

Da nun das Licht eh rum war, schauten wir mal weiter. Es folgte eine lange Gerade, die über eine Hügelkuppe hinüber führte. Für den nun anstehenden Veolia-Zug nach Luleå bauten wir uns an einem schönen Punkt mit Blick auf den Njulla und die Ufer des Torneträsk auf. Leider hatte der Zug fast kein Licht mehr auf der Front. Ansonsten kam er aber recht gut. Wir wollten gerade weiterschauen, da sahen wir das Vorsignal von Abisko auf "Fahrt erwarten" gehen. Blödsinnigerweise bedeutet grünes Blinken ja in Schweden "Halt erwarten" und weißes Blinken "Fahrt erwarten". Wer sich das ausgedacht hat, kann eigentlich nicht nüchtern gewesen sein...

Wunderschöne Gebirgswelt: Die Lapporte liegt friedlich im Sonnenschein da.

Wir bauten uns also mit Blick auf die von der Hügelkuppe herunterkommende Gerade auf und nach einiger Zeit tauchte dann auch ein Dm3-geführter Malmtog auf. Leider war auch bei diesem die Front kaum beleuchtet. Es war nun 13 Uhr und erfreut über die "vielen" Züge in der letzten haben Stunde liefen wir weiter. Vor der Hügelkuppe gab es südlich der Bahn einen netten Aussichtshügel, den Nico dann auch gleich bezog. Ich wollte mich lieber für Züge von Kiruna aufbauen und begab mich zur anderen Seite des Hügels, auf dessen höchster Stelle das Bahnwärterhaus "Solbacken" (Sonnenhügel) stand. Ein hübscher Ort zu Füßen der Lapporte.

Tja, und hier verbrachten wir dann den ganzen Nachmittag. Irgendwann kam Nico dann auch zu mir. Zum Glück war der vor uns liegende Abschnitt nicht all zu Schatten gefährdet. Denn die Sonne sank immer tiefer. Es war zum verzweifeln, bestes Sonnenlicht und kein Verkehr! Zum Spaß und um warm zu werden schnallte ich mir mal Nicos Schneeschuhe unter und drehte eine kleine Runde durch ein Gelände, auf dem der Wind den Schnee ordentlich hingefegt hatte. Es war deprimierend: Ich versank genauso im Schnee wie ohne Schneeschuhe! Und das Herauskommen war mit Schneeschuhen nicht so einfach wie ohne. Wahrscheinlich hätte es für meine Gewichtsklasse doppelt so großer Schneeschuhe bedurft.

Erst zweieinhalb Stunden nach dem letzten Erzzug signalisierte ein weißes Blinken in der Ferne, dass wohl bald mit einem Zug Richtung Westen gerechnet werden könne. Viel später hätte der Zug dann auch nicht kommen dürfen, die Dm3 sah allerdings geleckt aus und kam im Abendlicht wunderbar!

Der Zug war dann doch noch ein schöner Tagesabschluss, die Dm3 wirkte frisch gereinigt.

Auf dem Rückweg hatten wir traumhafte Ausblicke auf den Torneträsk, hinter dem die Schneeberge noch schön von der Abendsonne angeleuchtet wurden, während wir zunehmend im Schatten liefen. An einer Stelle konnten wir eine Familie aus vier Elchen beobachten. Sie ließen sich in ihrem Dickicht durch uns nicht stören. Der erste Erz-Leerzug des Tages nach Osten kam, als wir den Bahnhof Abisko Östra erreicht hatten. Es war die IORE von heute Morgen auf ihrem Rückweg. Die Sonne war längst untergegangen. Wir verkniffen uns ein Foto und marschierten nun den festgetretenen Fußweg nach Abisko Turist zurück.

Nach diesem herrlichen Tag in der kalten Luft hatten wir natürlich gut Hunger. Etwas skeptisch dachten wir an das Augenessen, das wir nachher kriegen würden. Dennoch war es schön, in den festlich gedeckten und Kerzen beleuchteten Speisesaal zu kommen. Heute gab es auch die Vorspeise vom Buffet. Es gab Polarbrød mit Butter, phantastischem Bergkäse, Oliven und eingelegten Heringen. Klasse Kombination, gell? Dazu ordentlich Salat - ja, das war eine gute Grundlage für den Hauptgang. Dieser bestand aus Rendyrbiff an (oder war es "auf"?) einem Mix aus kleingewürfelten Kartoffeln und Pilzen, dazu Lauchgemüse. Diesmal waren die Beilagen fast das beste. Von dem Kartoffel-Pilz-Gemisch hätte ich ne ganze Pfanne verdrücken können. Ren esse ich dann doch lieber am Stück oder als Geschnetzeltes und nicht als Frikadelle.

Zum Nachtisch gab es Eis. Das war aber nicht bloß Eis. Es war nur eine Sorte - richtig gutes, sämiges, dunkles Vanille-Eis. Dazu gab es Bananenstücke, Sahne, Baizers und Schokosoße. Mann, war das gut! Und das alles vom Buffet! Allerdings bin ich kein zweites Mal hingegangen; die Zeiten, zu denen ich mich in Abisko als Buffetfräse betätigt habe, sind wohl vorbei (werde ich jetzt wehmütig? - siehe dazu Reisebericht "Skandinavien Sommer 2001" auf der Blockstelle). Mit bei uns am Tisch saß ein brittisches Ehepaar. Durch paar gezielte Fragen von ihm über das "woher, wohin und warum" kamen wir ins Gespräch. Die beiden hatten eine längere Leihautotour durch Nord-Norwegen hinter sich und ließen ihren Urlaub mit einer Woche Abisko ausklingen.

Interessant ist ja die Mischung des Publikums in Abisko. Einerseits die vielen jüngeren Leute, die der Wintersport herzieht. Dann aber eben auch sehr viel "reiferes" Publikum, das hier einfach nur mal etwas "Winter" sehen und erleben will. Schade finde ich nur, dass bei diesem stilvollen Abendessen das jüngere Publikum (außer uns ;-) ) eben doch auf der Strecke bleibt. Für ein Haus mit Vandrerhjem-Background (das ganze Hotel gehört dem STF, einer Mischung aus deutschem DJH und Alpenverein) und Unterkunft für junge Sportler hätte ich dann auch "einfache" und kostengünstigere Gerichte auf der Speisekarte (die es ja gar nicht gab) erwartet. So gab es für die jungen Leute nur die Selbstversorgerküchen im Keron. Heute Abend war außerdem eine riesige Reiseguppe aus Japan im Hotel. Sie nahmen einen ganzen Trakt des Speiseraumes in Anspruch.

Nach dem Essen stand ein besonderer Programmpunkt an, ein Höhepunkt, den ich auf den vielen Skandinavienreisen eigentlich schon früher erhofft hätte. Es gab Nordlicht. Das war natürlich nicht mein erstes Nordlicht. Aber ein Nordlicht dieser Größe habe ich auf allen Reisen noch nicht erlebt. Es war ein wahres Feuerwerk am Himmel. Wie beim Goldregen kamen die grünen Schleier vom Himmel gestoben und verblassten dann. Wir zogen natürlich mit den Kameras und Stativen los und postierten uns an der Brücke über den Abiskojåkka. Dort machten wir Aufnahmen mit der Bahnbrücke oder dem Njulla im Vordergrund.

Die Aurora Borealis wirft ihre Schleier auf die Erde. Das Bild musste etwas aufgehellt werden...

Abisko hatte eine neue Marketing-Idee: Das Aurora-Observationszentrum im Café an der Bergstation der Seilbahn. Für "nur" 350 SEK Eintritt (also etwa 40 Euro) ist man dort dem Nordlicht etwas näher, außerdem gibt es Infos und Filme. Die Japaner fuhren voll auf diese Idee ab. Und so saßen dann auch zig fernöstliche Gestalten an diesem Abend im Sessellift und ließen sich hochkutschieren. Das faszinierende war aber: Die Japaner fotografierten vom Sessellift das Nordlicht. Und natürlich verwendete dieses hochtechnisierte Volk dabei tapfer die Blitze seiner Kompaktkameras. So gab es für uns ein zweites Feuerwerk: Bald war nämlich am Hang des Njulla die gesamte Kette des Sesselliftes durch immerwährendes Blitzlichtgewitter nachgezeichnet. Sehr imposant, wir hätten fast am Boden gelegen vor Lachen.

Doch im Nachhinein müssen wir eingestehen, dass wir fotografisch auch nicht sooo viel besser als die Japaner waren. Ich erhielt zwei Filme mit langen, offenbar unbelichteten Passagen zurück. Das wären die Nordlicht-Bilder gewesen. Nur zwei Bilder, wo ich mal über 90 Sekunden belichtet habe, kann man sich ansehen. Das Gros hatten wir bei Blende 4 und 50 ASA mit 30-60 sec belichtet. Das war viel zu knapp. Als wir bei Temperaturen um die -20° unsere Finger bald nicht mehr spürten bzw die Finger beim Objektivwechsel am Metall festklebten, war es Zeit, den Rückzug anzutreten. Auch ohne viele brauchbare Fotos war das Nordlicht ein sagenhaftes Ereignis gewesen, ein Feuerwerk, begleitet von lauten "Aaaahs und Ooooohs aus fernöstlichen Kehlen.

Samstag, 08. März 2008: Abisko - Solbacken - NZ ab Abisko

Erneut wachten wir bei strahlend blauem Himmel auf. Nur über dem Torneträsk lag eine komische Nebelschicht. Da heute Abend die Abreise anstand, mussten wir nach dem wieder sehr ausgezeichneten Frühstück, von dem aus wir einen westfahrenden Erzzug sahen, erstmal die Sachen zusammenpacken und den Raum reinigen. Deshalb verzichteten wir heute mal auf den morgendlichen Karven, denn der kam ja eh ziemlich aus dem Licht raus. Die großen Koffer konnten wir in einem speziellen verschlossenen Raum (Summer von der Rezeption) abstellen, dann machten wir uns in Richtung Abisko Östra auf - diesmal allerdings über den Fußweg.

Da gestern so wenig gegangen war und dort hinten noch einige Motive offen waren, wollten wir einfach nochmal in dieselbe Richtung gehen. Diesmal waren wir schon am östlichen Ende des Bf Abisko Östra angekommen, als die Signale wieder wie gestern auf Durchfahrt in Richtung Narvik schalteten. Wir liefen schnell noch ein Stück weiter in die nächste Kurve vor, wo es mit einigen markanten Bergen sogar ein nettes Motiv gab. Was für die bald auftauchende IORE fehlte, war leider das Frontlicht, aber das war klar gewesen.

IORE mit Erzzug östlich von Abisko Östra. Im Hintergrund der Salmmecohkat (1610m)

Nur ein kleines Stück weiter bauten wir uns nun am Ortsblick auf Abisko auf, wo wir nun hofften, dass vielleicht heute doch mal ein Ostfahrer durchkäme. Und wir hatten richtig Glück, es tauchte bald wirklich aus Richtung Björkliden die lange Kette eines Erzzuges auf! Der klappte hier im Prinzip auch gut, doch habe ich ihn leider etwas zu knapp belichtet. Normalerweise nehme ich bei geschlossener Schneedecke immer -1 Blende ggü normal, doch hatte ich hier unterschätzt, dass das ganze schneelose Busch- und Birkendickicht das Licht doch recht ordentlich dämpfte. Hinzu kam, dass die Front kaum Licht bekam und auch sehr dunkel vom Dreck war.

Aber das wusste ich damals zum Glück noch nicht... Für einen mit -15 verkehrenden Nachtzug aus Stockholm bauten wir uns heute mal rechtzeitig an der einzigen Stelle auf, wo die Lok schon brauchbares Frontlicht haben konnte. Der Zug klappte dann auch gut, für die hellen Fahrzeuge kam -1 Blende sehr gut. Schade, dass gleich der erste Wagen beschmiert war. Eine Stunde später sollte der Gegenzug, der Regionalzug nach Luleå, kommen. Für diesen liefen wir mal zu dem Aussichtspunkt kurz vor Solbacken vor. Die Lapporte lag heute gar nicht so friedlich wie gestern da. Starke Winde wirbelten um die Berge herum gewaltige Schneemassen auf.

Heute war die Lapporte etwas kriegerischer gesinnt und sandte uns immer wieder Wolken.

Auch bei uns stürmte es heute und immer wieder mussten wir uns ducken, wenn eine Schneewolke von einer Böe entlang des Bahnkörpers gepustet wurde. Die vermeintlichen Nebel, die noch immer auf dem Torneträsk herumwaberten, waren natürlich ebenfalls vom Wind aufgewirbelte Schneewolken. Der Veolia-Zug ging allerdings zum Glück ohne eine solche Schneewolke. An dritter Stelle lief ein roter Wagen in der "Kittekat"-Farbgebung der ehemaligen Mittlinje-Züge mit. Der erste Wagen war auch bei diesem Zug beschmiert, würg!

Der Lokalzug nach Luleå mit Geschmier und Kittekat-Wagen.

Gestern hatte der VEO-Zug einen Bahnhof weiter, in Stordalen mit einem Erz-Westfahrer gekreuzt. Deshalb warteten wir nochmal. Diesmal dauerte es allerdings deutlich länger, bis in der Ferne das weiße Blinklicht für die Einfahrt Abisko anging. Offenbar war heute erst zwei Bahnhöfe weiter gekreuzt worden. So mussten wir auch bei gezogener Einfahrt noch sehr lange auf den Zug warteten. Das Wetter zeigte immer deutlicher, dass ein Umschwung bevor stehen würde. Immer mehr Wolken zeigten sich am Himmel und die Schneestürme nahmen zu. Und so kam es, wie es kommen musste: Der Erzzug mit Dm3 ging leider bei Wolke ab. Wir brachen die Aktion nun lieber mal ab, um in Ruhe zum Hotel zurückgehen zu können. Als wir hinter Abisko Östra waren, kam wieder ein Ostfahrer durch. Heute war also durchaus etwas mehr los als gestern. Den Zug hätten wir gut noch im Bf Östra nehmen können, aber nach dem gestrigen Tag konnten wir nicht mit einem solchen Zug rechnen.

Im Hotel gab es viele kleine Sitzecken mit Sesseln und Sofas und tollem Ausblick über den See. Bei einem Tee und etwas Gebäck konnten wir uns hier noch ein wenig fallen lassen, bevor wir unsere Koffer holten, uns im Hotel-Shop mit Reiseproviant eindeckten und zum Haltepunkt rollerten.

VEO 93 Abisko Turist 16.55 > Stockholm C 11.44-10

Die Reservierung führte uns zum letzten Wagen. Unser Abteil lag zwar in Drehgestell-Nähe, aber das wirkte sich nicht weiter negativ aus. Nico war gleich mal in unserem Abteil-eigenen Klo verschwunden, kam aber mit bleichem Gesicht wieder raus. Das Klo war völlig verdreckt, so richtig ekelig. Halten die Norweger es nicht für nötig, Schwedische Züge zu reinigen oder hatte irgendein Fahrgast aus dem Zug unser Abteilklo zwischen Narvik und Abisko als Abort genutzt? Um ein Zugklo dreckig zu hinterlassen, muss man ja gar nicht mal unbedingt Schwein sein, denn Klobürsten gibt es auf keiner Zugtoilette. Warum eigentlich nicht?

Irgendwie hatten wir aber keine Lust uns zu beschweren bzw um ein anderes Abteil zu bitten. Mit paarmal Spülen wurde es dann auch recht erträglich. Wir beschlossen, solange draußen noch etwas Dämmerung zu sehen ist, in den Restaurantwagen zu gehen und dort zu Abend zu essen. Ich bestellte mir Renskarv, das genauso lecker schmeckte wie im Tågkompaniet-Aussichtswagen am 26.02.02. Wir hatten in dem leeren, aber sehr gediegen eingerichteten Wagen einen schönen Ausblick auf den Torneträsk. Die Beleuchtung im Wagen kam nur von den Tischlampen, und wir konnten unsere ausknipsen, um besser sehen zu können.

Übrigens war der Wagen eine Kombination aus Spise- und Lekevogn (Spielwagen). Die Kinder einer Gruppe turnten und sprangen völlig unbeaufsichtigt paar Tische weiter herum. Auch das im Wagen sitzende Zugpersonal nahm daran offenbar keinen Anstoß, erst als es hinter Kiruna zu "doll" wurde und sich die Gruppe nun schon lautstark auf vier Tische ausdehnte, wurden die Kids von der Speisewagenfrau genervt rausgeworfen.

Der kombinierte Spiel- und Speisewagen von innen.

Im Abteil ließen wir uns noch mitgebrachtes Öl und Chips schmecken. Der Blick zurück auf Kiruna war sehr eindrucksvoll, das Licht der Stadt beleuchtete die darüber liegenden Wolken wie ein Ufo in der totalen Dunkelheit ringsum. Die Stadt wird es in der heutigen Form nicht mehr lange geben, die Bagger warten schon... Bereits vor Boden waren wir in den Kojen, wobei ich beim Aufenthalt dort dann doch nochmal aufwachte. Hinter Boden rollte der Wagen ganz ruhig auf der gut ausgebauten Stammbane, da konnte ich dann auch tief und fest schlafen.

Sonntag, 09. März 2008: NZ an Stockholm - Hamburg

Nach dem Aufwachen ging es unwissentlich und von meiner oberen Liege aus unerkannt durch altbekanntes Terrain: Über die Mittlinje. In Sundsvall stand ich auf und stellte mich mal etwas hinten hin. Wir waren noch immer im letzten Wagen. Hier lagen nur noch Schneereste, der Himmel war grau in grau. In Sundsvall standen einige blaue GreenCargo-Loks herum, am Bahnsteig stand ein X2000. Im Verlauf der weiteren Fahrt bis Gävle kam uns kein einziger Zug entgegen, Sonntagmorgen halt.

Irgendwo zwischen Hudiksvall und Gävle suchten wir den Speisewagen auf. Das Frühstück, das im Komplettpaket angeboten wurde, bestand aus zwei eingeschweißten Broten, Joghurt, O-Saft und Kaffee. Keine Delikatesse, aber nahrhaft. Vor Gävle kam uns auf dem parallelen Gleis nach Ånge ein IC nach Östersund entgegen. Zwei Rc-Loks, langer Zug, alles noch in SJ-Blau. Hinter Gävle legten wir uns nochmal etwas hin. Ab Uppsala stellte ich mich nochmal hinten hin. Zehn Minuten zu früh kamen wir dann um 11.34 in Stockholm C an.

Bei Wetter hatten wir noch paar Streckenaufnahmen irgendwo zwischen Stockholm, dem Flughafen oder Uppsala machen wollen. Es war aber nur grau in grau. Selbst zu einer Runde mit Öffentlichen durch die Stadt fehlte uns die Motivation, zumal wir eigentlich auch um 14.30 schon am Flughafen sein sollten. Deshalb schauten wir erstmal, wie wir am günstigsten zum Flughafen kommen würden. Der Arlanda-Express hätte heute am Wochenende 240 SEK für zwei Personen gekostet (an anderen Tagen 220SEK für eine Person). Das war ja nicht übel.

Am SJ-Automaten geschaut, was man uns da anbieten würde, doch konnte man dort nur für SJ-Regionalzüge Karten bekommen. Am Sonntag hätte es den nächsten Reg aber erst gegeben, wenn wir schon in Deutschland sein wollten. Intercities hielten am Flughafen nur zum Zustieg. Im Fahrplanbuch geschaut, ob es denn gar keine andere Möglichkeit geben würde. Erst nach längerer Suche entdeckten wir, dass man alle halbe Stunde mit der S-Bahn bis Upplands Väsby fahren kann und von dort mit einem Lokalzug weiter. Weshalb wurde diese Verbindung nicht bei der SJ ausgeworfen?

Nach längerer Suche entdeckten wir, dass man die Tickets für diese Verbindung an der Sperre zu den S-Bahnsteigen erwirbt. Ok, nachdem wir das also in Erfahrung gebracht hatten, konnten wir uns erstmal wichtigeren Dingen widmen: Mit Verpflegung vom Brötchen König setzten wir uns auf eine Bank auf dem Hausbahnsteig und beobachteten, was da so vor sich ging. Ein nach Falun abfahrender und ein anderer aus Richtung Falun oder Mora kommender IC bestanden beide aus SJ-blauer Rc und ansonsten stilreinen BlueX-Garnituren. Zwei Garnituren des Uppsala-Pendel sahen wir mit blauen Wagen im Sandwich (ist hier planmäßig) zwischen je einer blauen und schwarzen Rc-Lok. Außerdem kreuchten hier diese hässlichen X40-Doppelstöcker herum, brrr.

Löst Lok bespannte Züge ab: Baureihe X40 in Stockholm.

S-tåg Stockholm C 13.20 > Upplands Väsby 13.45

Der Mann an der S-Bahn-Sperre schaute ganz verwundert, dass wir mit S-Bahn und Lokalzug zum Flughafen fahren wollten. Die Fahrt kostete 100 SEK pro Person. Viel gespart hatte man ggü dem Arlanda-Express tatsächlich nicht. Aber wir hatten Zeit, und so fuhr man mal mit einem X60, also einem der ganz neuen und optisch sehr gelungenen S-Bahnzüge aus Salzgitter.

Upptåget Upplands Väsby 13.49 > Arlanda 13.57

Der Upptåget bestand aus einem zweiteiligen Regina mit sehr komfortabler Inneneinrichtung. Ich schaute direkt, ob wir nicht in der ersten Klasse gelandet wären. Das Umsteigen in U.V. war sehr bequem, der Upptåget stand zwischen den S-Bahnsteigen beider Richtungen. Der Tunnelbahnhof in Arlanda hatte etwas Grotten ähnliches. Es herrschte in dem Menschen leeren Gewölbe eine Totenstille. Wir blieben doch glatt erstmal unten, um weitere Upptågets und einen IC nach Mora zu fotografieren. Als wir dann oben durch die Sperre wollten, war anscheinend die Haltbarkeit des Magnetstreifens unserer Fahrkarte abgelaufen. Der Servicemensch winkte uns aber unbürokratisch bei sich durch die Pforte.

Upptåget im Grottenbahnhof.

Oben in Ruhe am Automaten eingecheckt. Nico hatte Riesen-Glück: Er bekam den letzten Platz in seiner Maschine, die vermutlich ein wenig überbucht war... Ich konnte hingegen noch einen Fensterplatz aussuchen und wählte die letzte Reihe. Tja, und damit ging dann auch praktisch der gemeinsame Teil der Tour zuende. Wir waren uns einig, dass ein selten-abwechslungsreicher Urlaub hinter uns lag und dass wir kaum glauben konnten, nur eine Woche weg gewesen zu sein.

Direkt überm Eingang zum Arlanda-Express-Bahnhof macht unser kleiner Upptåg für sich Werbung.

LH 3037 Stockholm Arlanda 16.10 > Hamburg-Fuhlsbüttel 17.20

Der Flug verlief ruhig und ereignislos. In Hamburg nutzten wir die Landebahn längs und nicht diagonal. Mit der Stewardess noch kurz über Stürme und andere naheliegende Themen gesprochen. Sie musste jetzt noch kurz nach Liverpool...

Die Fahrt von Fuhlsbüttel nach Harburg dauerte mal wieder länger als der Flug von Stockholm nach Fuhlsbüttel. Ich mache drei Kreuze, wenn die Flughafen-S-Bahn endlich fertig ist. Im Bus nach Ohlsdorf laberte mich ein Typ an, dass er gerade aus New York gekommen wäre, um in Hamburg Schauspieler zu suchen und ob ich dazu Lust hätte. Oh Mann, Hilfe, die Zivilisation hat mich wieder...

Montag, 10. März 2008: Hamburg-Harburg

Ich sitze so im Büro an meinem Schreibtisch mit Blick auf den Harburger Bahnhof und rühre in meinem Kaffee, da fährt draußen ein X60 vorbei. Ein neuer Zug für die Stockholmer S-Bahn, sonst nichts...

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