Norwegen September 2009 (3)

Copyright by Jan-Geert Lukner

Sonntag, 20.09.2009: Voss - Dombås

Wir wurden von Regen geweckt, der an unsere Scheibe klopfte. Dies war ja auch so ähnlich angekündigt gewesen. Daher hatten wir uns schon von vornherein auf einen entspannten Tagesstart eingestellt. Erstmal gab es um 8 Uhr ein ausführliches Frühstück, dann schauten wir noch kurz ins Internet. Die heutige Vorhersage für Dombås trieb uns allerdings doch bald zum Aufbruch, denn dort sollte die Sonne scheinen. Um 9.45 ging es los. Das Navi sagte, dass wir die 11.30-Fähre ab Vangsnes locker bekommen würden.

(Nachtrag: Wie ich nach dem Urlaub von einem Kollegen erfuhr, der ab heute in der Hardangerfjord-Region südlich Voss Urlaub machte, soll es dort tagelang nur geschüttet haben).

Nach der Überholung einiger Nädlifahrer (schweizer Ausdruck für die Autofahrer, die sich strichgenau an die Tempobegrenzung lt Tacho halten und damit reell immer zu langsam fahren) ging es auch zügig voran. Erster Höhepunkt war schon mal das Vikafjell. Beeindruckend ist ja der Ausblick vorm Anstieg, wenn man auf die Felswand schaut, an der der Straßenverlauf in diagonalen Zick-Zack-Linien zu erkennen ist. Oben im Gebirge ein herrlich flammender Herbst. Die Straße wand sich oberhalb der Baumgrenze durch die karge Bergwelt. Hinter einem Tunnel plötzlich eine Lichterscheinung: Die Sonne kam hervor, über dem Sognefjord herrschte offenbar schon richtiger Sonnenschein.

Im Vikafjell.

Der Sognefjord kommt in Sicht.

Über eine langgezogene Gefällestrecke ging es wieder abwärts. Es dauerte nicht lange, da schimmerte voraus (aber noch sehr tief unten) die Wasserfläche des Sognefjordes, auf der sich geschäftig verschiedene Fährschiffe bewegten. Unterhalb von uns, tief unten in dem Tal, oberhalb dessen wir abwärts glitten, war irgendein Happening zugange. Bereits beim Fotohalt oben auf dem Fjell hörten wir aus der Tiefe merkwürdige Lautsprecherstimmen. Irgendwelche Waldwege standen voller Autos. Bald hatte man den Landgrund von Hove erreicht, durch den es mit Serpentinen weiter in die Tiefe ging. In Viksöyri hatten wir den Sognefjord erreicht, an dessen Ufer es noch das kurze Stück bis Vangsnes ging. Unsere Fähre näherte sich bereits.

Unsere Fähre nähert sich dem Anleger, während wir uns einen geographischen Überblick verschaffen können.

Da bietet sich ein Blick auf unsere heutige Tagesetappe an...

Insgesamt waren wohl etwa 10 Autos auf der Fähre. Sicher nicht gerade ein lohnendes Geschäft... Wir hatten von der Fähre einen beeindruckenden Ausblick auf Balestrand und den Vetlefjord. Die dahinter liegenden Berge waren in Wolken eingehüllt und über den Fjærlandsfjord, auf den wir jetzt zufuhren, bildete sich ein Regenbogen.

Blick auf Balestrand, den Vetlefjord, fette Wolken und einen Regenbogen.

Nach der Fährüberfahrt erwies sich die Gesetzmäßigkeit, dass die Autos längere Zeit in der Reihenfolgen fahren müssen, in der sie von der Fähre kommen, mal wieder als richtig. Von Hella bis hinter Sogndal hatten wir dieselben zwei PKWs von der Fähre vor uns. Das war allerdings nicht schlimm, da beide vernünftig fuhren. Der Trip entlang des Sognefjordes war zwar landschaftlich sehr nett, aber ich persönlich finde es auf die Dauer dann doch eher langweilig, immer am Ufer eines Fjordes langzufahren und noch ne Bucht zu umrunden und noch ne Bucht usw... Hermansverk und Sogndal waren allerdings hübsche Orte. In Sogndal mussten wir dreimal vor einem Zebrastreifen anhalten...

Hinter Sogndal ging es bergauf ins Gebirge (wie ich dachte). Doch der Abschnitt war nur kurz und bald senkte sich die Straße erneut in Richtung Fjord. Nun ging es ziemlich lange am Lustrafjord entlang. In Skjolden war es allerdings wirklich soweit. Wir konnten uns vom Sognefjord und seinen Nebenfjorden verabschieden und die Straße führte ins Gebirge hinein. Im Fortunsdalen hatten wir Glück und fanden einen netten Veikro, in dem wir zu Mittag speisen konnten. Es gab hervorragende Kjøttkaker mit Kartoffeln, Karotten und Weißkohl. Dazu nahm ich mir einen selbstgemachten Milchshake. Mmmmmh! Nach dem Essen noch einen schönen Kaffee und weiter konnte es gehen.

Nun führte die Straße so richtig in die Höhe - oftmals nur einspurig. Netterweise machten einige langsame Autos Platz, wenn man vorbei wollte. Dumm war nur, dass man nach so einer Überholung nicht unbedingt an den Rand fahren mochte, um zu fotografieren. Das Wetter war hier sehr wechselhaft. Die Sonne beschien die feurige Herbstlandschaft gelegentlich, doch die Wolken nahmen ca 50% des Himmels ein. Weiter oben mussten wir allerdings doch mal paar Bilder machen. Die Straße führte ganz schön lange durch das hohe Gebirge. Bald hatte man tolle Ausblicke auf einen großen Gletscher, den Smørstabbreen. Unweit dessen erhebt sich der höchste Berg Norwegens, der Galdhöppigen, mit 2469m.

Ganz oben im Gebirge.

Kann der Herbst schöner sein?

Durch das Leirdalen gelangte die Straße nun wieder unter die Baumgrenze und weiter in die Tiefe. Der Abstieg erinnerte mich zum Teil doch sehr an den Abstieg durch das Sjodalen ein Stück weiter östlich. Hinter Lom nahm der Verkehr deutlich zu. Leider hielten hier einige Unter-Nädeli-Fahrer den gesamten Verkehr auf, doch nach einiger Zeit waren wir an dem ganzen Tross vorbei. Die Verbindungsstraße aus dem Ottadalen rüber nach Sel an die Dovrebahn ran war nagelneu angelegt und jetzt durchgängig asphaltiert. Hinter Sel ging es auf DIE norwegische Straße, ohne die ein Urlaub wohl nicht auskommt. Die E6. Als uns zwei Polizeiwagen (seltener Anblick in Norwegen!) entgegen kamen, musste Nil mir unbedingt erzählen, dass in den USA auch aus fahrenden Polizeiwagen heraus geblitzt werden könne. Nun, ich konnte nur hoffen, dass diese Technik noch nicht ihren Weg nach Norwegen gefunden hatte... Dafür gab es hier eine andere neue Technik, doch das sollten wir leider erst morgen kapieren.

Das Bildblatt wies uns um 17.00 eine Kreuzung zwischen TÅGAB-Zug nordwärts und einem vermeintlichen Cargolink-Zug südwärts in Dombås aus. Das war auch der Grund gewesen, weshalb wir es ein kleines bischen eilig hatten. Wettertechnisch hatte der Himmel inzwischen sehr gut aufgemacht. Nur noch wenige Wolken zierten den Himmel. Leider hingen gerade über dem Dovrefjell, wo wir uns eigentlich hinstellen wollten, deutlich mehr Wolken. Dummerweise war auch die vorgesehene Stelle lichttechnisch noch gar nicht geeignet. So landeten wir mal wieder am guten alten Sporntunnel südlich von Dombås und nahmen dort erstmal den südfahrenden Rt 44 als Nachschuss mit.

Der Blaue vom Sporntunnel aus.

Dann war die große Frage: Kommt jetzt der TÅGAB-Zug als erstes oder wird womöglich von hinten der (vermeintliche) Cargolink-Zug auftauchen? Irgendwie hatten wir es im Blut, dass man Zügen aus Richtung Dombås die Aufmerksamkeit schenken sollte, und kletterten mal um den Sporn rum, so dass wir auch Züge von Norden machen konnten. Das ging zwar nur spitz im Streiflicht und man stand doch arg dicht am Abgrund, doch leuchteten hier die Herbstfarben ausgesprochen nett. Und tatsächlich tauchte der erwartete Gt 5716 bald von Norden her auf. Es war allerdings nicht Cargolink, sondern eine ordinäre CargoNet-Fuhre mit El14. Aus der anderen Richtung tat sich gar nichts, so dass wir von Norden auch noch Rt 46 mitnahmen.

Blick zur anderen Seite des Sporntunnels, der eher einem Felsentor ähnelt und eigentlich Skjelletunnel heißt.

Blick vom selben Standpunkt ins Tal. Unmittelbar hinter der beleuchteten Fläche liegt unser Campingplatz Faksfall im Dunkel.

Der sollte in Dovre mit dem nordgehenden Roten kreuzen. Die Sonne war zwar schon arg dicht am gegenüber liegenden Berghang, doch der Rote konnte noch gehen. Statt eines Roten von unten kam allerdings eine Baumaschine von oben angefahren. Bis die in Dovre wäre und der Rote dann bei uns, war die Sonne gewiss weg. Per UMTS mal nachgeschaut, was der Rote so treibt. Das Ergebnis: NSB opplyser, dass Rt 45 leider aufgrund technischer Probleme am Zug mit +59 unterwegs sei. Nun ja, Beileid an die Fahrgäste.

Wir fuhren nun beim Faksfall Camping vor. Da wir es vorhin schon erfolglos probiert hatten und auch jetzt alle Fenster des Hauses dunkel waren, rechneten wir gar nicht damit, dass jetzt jemand da wäre. Und Nil übte sich in Sturmklingeln... Aber es war doch jetzt jemand zuhause. Die Wirtin kam und mochte wohl denken, dass der Klingelknopf einen Kurzschluss hätte. Aber mich erkannte sie natürlich als Stammkunden :-) Sie teilte uns mit, dass leider nur die großen Hütten verfügbar seien. Aber genau auf die hatten wir es ja abgesehen :-) Da wir mindestens drei Nächte bleiben wollten, gab sie uns die Riesenhütte mit Du/WC, großem Wohnraum und zwei Schlafräumen für 500 NOK die Nacht (normal 600). Dagegen konnten wir nichts sagen! Und die Hütte war mal wieder urgemütlich, die zwei Schlafräume ideal für unser nächtliches Um-die-Wette-Sägen...

Nach dem Einchecken ging es mal wieder, wie schon so oft, "in die Stadt". Erstmal schauten wir am Bahnhof vorbei, wo der Rote mit nunmehr 80 Minuten in der Kreide stand und wo zahlreiche Reisende warteten. Auch den fast im Block folgenden Bm73 nach Trondheim und den Talent nach Åndalsnes schauten wir uns noch an. Dann ging es zum Centrumsgrillen, wo wir endlich mal eine Hamburgermahlzeit einwarfen und schon mal ein Konzept für die nächsten Tage entwarfen.

Montag, 21.09.2009: Dombås - Rondane - Drivstua - Dombås

Es gibt Tage, an denen man am besten im Bett bleibt. Heute war einer davon. Aber fangen wir von vorn an. Der Himmel war bewölkt, als der Handywecker mich mit der sehr angenehmen Stimme von Rebecca Littig und einer Musik aus dem Tatort "Heilig Blut" weckte. Deshalb schnell wieder hingelegt. Gegen 8 standen wir aber auf. Wir hatten leider nichts fürs Frühstück im Hause. Deshalb wollten wir einfach nur paar Sachen zum frühstücken aus dem Supermarkt holen. Der Kiwi, der ab 7 geöffnet hätte, wurde leider gerade komplett umgebaut. Die anderen Supermärkte öffneten erst um 9. Super! Zum Zeitvertreib mal am Bahnhof geschaut, was sich denn bei Cargolink so tut. Planmäßig soll hier rund um 9 Uhr die Vereinigung der Autozüge von Åndalsnes und Trondheim stattfinden.

Tatsächlich war der erste Zugteil schon da und die Zuglok (Di6 / ex NOB-ME26 mit Beschriftung "Mein Weg. Der Nahverkehr in Schleswig-Holstein") parkte bereits wieder an ihrem üblichen Standplatz. Bald tauchte der Zug aus Trondheim auf. Als Zuglok fungierte hier die Hector-Lok "R2D2". Paar Containerwagen wurden auf dem Streckengleis draußen stehen gelassen und mit dem Rest setzte sich R2D2 vor den Åndalsneser Zugteil. Mit allem wurden nun die draußen wartenden Containerwagen aufgenommen, so dass reinrassig vorne Autowagen und hinten die Container von beiden Streckenzweigen dran hingen.

Wir beschlossen, mal nach Dovre zu fahren, wo Nil ein "Stammmotiv" hatte. Dort war auch gerade etwas Sonnenlicht im Tal zu sehen, denn erste blaue Flächen zeigten sich am Himmel. Dort angekommen, ging erstmal der Talent nach Lillehammer ohne Sonne durch. Der Hector folgte auf dem Fuße. Als er hinten auftauchte, war noch kein Licht. Ich ließ die Kamera liegen. Doch die beschienene Fläche kam deutlich näher, und der Zug fuhr langsam durch eine La-Stelle, da vor Dovre offenbar gebaut wurde. Nun schnell zur Kamera gegriffen. Doch weshalb kann ich nicht fokussieren? Zug kommt näher. Und weshalb wird keine Blende angezeigt? Zug kommt immer näher. Sonne ist voll da! Gestern hatte ich die Speicherkarte getauscht, sitzt da was nicht richtig? Speicherkarte raus, rein, selber Zustand wie vorher. Zug war da. Wunderbar im besten, prallsten Morgenlicht vor schwarzen Wolken! Abdrücken ging! Bild angeschaut. Aaaaaaaaahhhhggggggrrrrrrrrrrr!

Jeder einigermaßen mit Fotografie bewanderte Mensch wird mir jetzt sagen, dass die Anzeichen vorher doch wohl eindeutig von einer fehlenden Kommunikation zwischen Kamera und Objektiv sprachen. Weshalb nicht einfach mal Objektiv ab- und wieder anschrauben? Nun, unmittelbar nach Zugsvorbeifahrt habe ich das ja auch gemacht, und alles war wieder gut. Aber wenn der Zug schon auf einen zu kommt, kann schon mal in Panik das klare Denkvermögen aussetzen. Bei mir jedenfalls... Das Bild war also bei Offenblende aufgenommen und damit um rund 5 Blendenstufen überbelichtet worden. Das herrliche Morgenlicht auf dem Zug überstrahlte als ein weißer Brei. Da wird auch keine RAW-Rettung mehr hinhauen... Nil stand ein Stück weiter vor und bei ihm war die Sonne zu spät aufgetaucht. Gerade Lok und erster Wagen hatten wohl Sonne abbekommen.

Mit entsprechender Laune kauften wir im Coop zu Dovre erstmal ein und fuhren zum Frühstück in die Hütte. Am Himmel waren ja durchaus paar blaue Löcher. Und der Rote würde ja nun bald südwärts kommen. Weiterer Ärger war vorprogrammiert. In Ruhe frühstücken und den Roten Roten sein lassen oder schnell frühstücken und sich dann darüber ärgern, weil die Eile doch kein Sonnenbild eingebracht hat? Wir frühstückten erstmal in Ruhe. Ich schaute gar nicht auf die Uhr, es hatte sich bei mir eine gewisse "Scheißegal"-Haltung breitgemacht. Doch Nil wurde irgendwann zappelig. Ok, schnell noch aufs Töpfchen und dann los. Nebenan war übrigens ein Däne dabei, palettenweise Bier in die Nachbarhütte zu laden. Sollte da heute Abend noch Ramba-Zamba sein?

Eine Minute vor dem Roten waren wir auf der Hochfläche vor Fokstua. Der Zug kam bei einer gewissen Helligkeit durch, aber von Sonne konnte man keineswegs sprechen. Wir fuhren dem Zug jetzt einfach mal voraus, da weiter südlich ein Ende der hier mittlerweile herrschenden Wolkendecke zu erkennen war. Erstaunlicherweise kamen wir einzig durch den vor Dombås gewonnenen Vorsprung, wo der Zug ja durch die Haarnadelkurven muss, dem Zug bis vor Ringebu voraus! Etwas mulmig waren uns zwei neue Blitzer zwischen Dovre und Sel, die mit "avsnittsmåling" (Abschnittsmessung) angekündigt wurden. Sollten das solche Teile wie in Österreich sein, bei denen die Zeit genommen wird, die Du von einem zum anderen Blitzer brauchst? Wir hielten uns die 5 km zwischen beiden (in Gegensatz zu gestern...) brav an die 80 km/h.

Der Rote braust durch die Fokstumyra und wirbelt auf dem frisch geschotterten Gleis einigen Staub auf.

Vor Hundorp war die blaue Fläche noch etwa genau so weit vor uns wie bei Abfahrt in Dombås. Wir gaben es auf, offenbar zog die Bewölkung genau mit uns mit. In Hundorp schauten wir zum Bahnhof runter, der vom Zug immer einen netten Eindruck vor der Kulisse eines Gutshauses machte. Doch konnten wir nicht so recht den idealen Standpunkt entdecken. Kurz vor Ringebu ließen wir den Roten an uns vorbei fahren. Wir wollten nun einen anderen Kurs einschlagen, für den sich im Nachhinein das Aufstehen auch durchaus gelohnt hatte: Es sollte über den Rondanevegen nordwärts nach Hjerkinn gehen.

Es ging nach Verlassenn des Gutbrandsdalen natürlich gleich steil aufwärts. Auf der Nebenstraße waren wir erstaunt über ordentlich viel Verkehr. Den Grund erkannten wir bald: Da oben an der Baumgrenze gibt es riesige Feriengebiete mit großen Hüttenansammlungen und verstreut liegender Infrastruktur (zwei Supermärkte, ein Kirchlein). Und das alles mitten in der kahlen Bergwelt. Kahl war es hier tatsächlich, denn hier war die Vegetation mit dem Herbst praktisch durch. Die Birken waren alle kahl. Nach dieser Siedlung wurde die Verkehrsdichte etwas geringer. Nach einer wieder mal wunderschönen Hochgebirgsfläche ging es wieder in den Herbstwald hinunter (hier waren die Blätter noch dran). Dort trafen wir bald auf die Straße Atna - Folldal, der wir nordwärts folgten.

Bald tauchten die Gipfel der Rondane vor uns auf. Der Rondane-Nationalpark beherbergt eine Gruppe von einigen sehr markanten und hohen Berggipfeln, die für sich zusammen stehen. Als wir gerade noch so dachten, dass man ja mal fotografieren müsse, tauchte vor uns schon das Hinweisschild für einen Aussichtspunkt auf. Wir parkten dort, sahen aber nur Bäume. Doch in ultramoderner Architektur war hier ein Beton-Balkon durch den Wald hindurch bis zur freien Aussicht gebaut worden. Und der Ausblick von diesem Sohlbergsplassen war traumhaft. Harmonischer hätte man die Blick-Bestandteile der Rondane-Gipfel, des Atnsjøen und der herbstlich gefärbten Bäume nicht in ein Bild zusammen fügen können. Der Maler Harald Sohlberg hatte von ähnlicher Perspektive wohl zahlreiche Bilder "seiner" Rondane-Berge produziert, eines davon war am Aussichtsbalkon abgebildet. Wir nahmen uns die Zeit, hier etwa eine halbe Stunde auf Sonne zu warten.

Blick vom Sohlbergsplassen auf die Rondanegipfel.

Der durchgestylte Aussichtsbalkon selbst.

An der Straße vor Folldal.

Über Folldal und vorbei am Bauernhof Sletten, von dem ich schon manch herrliche Tour gestartet habe, gelangten wir nach Hjerkinn. Paar blaue Flächen waren zu sehen. Aber irgendwie nicht an der Bahn. Nach einigem Hin und Her machten wir den nördlichen Fjellabstieg als am sonnenverwöhntesten aus und fuhren erst zum Bahnhof Drivstua, wo ein Montagsbedarfszug nicht kam und wo der Bergschatten bald alles einnahm, und dann noch ein Stück weiter nordwärts. Als wir gerade so am Sondieren von möglichen Stellen für den nächsten Blauen waren, kam dieser auch schon. Huch, das ging ja schnell. Unsere Bilanz der selbstverhunzten Sonnenbilder mit Zug blieb damit für heute bei 100% und war bloß im absoluten Wert von 1 auf 2 gestiegen. Na ja, siehe erster Satz des heutigen Berichtes...

Wir fuhren nun wieder gen Dombås, hielten gelegentlich auf dem Fjell nochmal zaudernderweise an, weil ja doch mal Sonne und könnte nicht und wenn vielleicht doch und haste nicht gesehn... Irgendwie gelang es uns aber doch, in Dombås anzukommen. Erstmal kauften wir ein, dann schauten wir zum Bahnhof hoch. Die ME26 wurde kurz von gutem Sonnenschein erfasst. Doch noch ein Bahnbild mit Sonne? Das brachte jetzt unsere ganze Bilanz durcheinander. Doch es sollte schlimmer kommen...

Man sieht sich immer zweimal. Eine alte Bekannte aus Schleswig-Holstein.

Über dem Talausgang Richtung Raumabahn etablierte sich ein richtig großes blaues Loch. Und ein Talent von der Raumabahn sollte ja bald anstehen. Wir schauten uns erstmal die Jorabru am Stadtrand an, doch das Licht war schon viel zu weit rum. So ging es zum altbekannten Wegübergang an einem Bauernhof ca 500m westlich. Die Sonne hielt sich wirklich phantastisch und brachte einiges Herbstlaub zum Leuchten. Rt 2346 kam im besten Licht durch. Da der Nachschuss-Blick sehr schön gewesen war, der leere Fahrersitz aber durch das tief stehende Licht bestens zu erkennen war, beschlossen wir, auch noch den Gegenzug Rt 2345 hier abzupassen.

Das Fjell-Ei rast nach Dombås.

Nun zogen langsam wieder Wolken auf die Sonne zu und hatten die auch regelrecht umzingelt. Aber das fetzige Licht blieb in voller Intensität erhalten. Wir rechneten schon gar nicht damit, dass es wirklich halten würde, aber tatsächlich ging sich Rt 2345 hier erneut mit herrlichem Licht aus. Damit war die Selbstverhunzungsbilanz dann doch nur noch bei knapp 50%, wenn man das gelungene Stand-Bild der ME26 mitrechnet.

Das Fjell-Ei verschwindet wieder in die Wildnis und nach Åndalsnes.

In der Hütte gab es Tikka Masala. Der Geruch erinnerte mich an den 146er Bus, mit dem ich in Hamburg zur Arbeit fahre. Warum - das sag ich aber nicht.

Dienstag, 22.09.2009: Dombås - Kongsvoll - Dombås

Es gibt Tage,... Ok, ich wiederhole mich. Heute hielt das Wetter ein Wechselspiel sondergleichen für uns bereit. Das bedeutete für uns Stress und jede Menge Frust. Los ging es allerdings mit einem richtigen Paukenschlag, für den allein sich das Aufstehen dann doch gelohnt hat. Zunächst frühstückte ich in Ruhe. Dabei ging ein heftiger Regenschauer auf die Hütte nieder. Als der Regen abzog, zeigten sich allerdings die ersten blauen Flächen des Tages. Ich weckte Nil und gemeinsam fuhren wir erstmal zum Bahnhof. Cargolink aus Åndalsnes stand schon dort und die ME26 war schon wieder an ihren Abstellplatz gefahren worden. Mittlerweile waren die blauen Löcher am Himmel schon wieder zu.

Wir hatten es in erster Linie auf den Fjell-Abschnitt abgesehen, weil hier die Herbstfärbung am weitesten war. So beschlossen wir, einfach mal oben nach dem Rechten zu sehen. Dass dort das Wetter ein ganz anderes Gesicht zeigen kann, weiß man ja nach soundsoviel Versuchen, in der Dovreregion mal was hinzubekommen. Also hoch zum ersten Ausblick auf die Bahn noch vor Fokstua gefahren. Wenn der Cargolink aus Trondheim nicht vor Plan war, müssten wir ihn hier noch sehen. Und ein blaues Loch stand nun auch wieder am Wolkenhimmel. Es bestanden Chancen, dass es Richtung Bahn ziehen würde.

Ewig wollten wir nun aber nicht warten. Offenbar war der Zug schon durch, also fuhren wir mal weiter. Wir waren gerade zwei Kilometer hinter Fokstua, da sah man den Cargolink-Zug hinten um die Ecke kommen. An der nächsten Hüttenzufahrt eine Eilwende durchgeführt und knapp vorm Zug her wieder zu dem einen Aussichtsparkplatz südlich Fokstua zurück gefahren, wo tatsächlich die Sonne ein größeres Areal beschien. Cargolink 5938 ging hier bei vollem Licht vor schwarzen Wolken und noch etwas schwarzeren Bergen. Was für eine Theaterbeleuchtung.

Der Cargolink-Autozug durchquert die Fokstumyra vor schwarzen Wolken.

Wenn ein Tag so wunderschön beginnt, ist alles drin. Das glaubten wir jedenfalls nun etwa eine Stunde lang. Wir fuhren weiter. Hinter dem Vålåsjøen dehnte sich eine sonnige Fläche mittlerweile über den ganzen Talabschnitt bis vor Hjerkinn aus. Das war genau der Abschnitt der Bahn, wo sie durchs Birkendickicht verlief und man nicht ran kam. Um die Ecke rum bei Hjerkinn war eine blaue Himmelsfläche für das Skytefelt zuständig, nicht aber für die Bahn. Wir fuhren etwas weiter bis zum Wendeplatz der Unterhaltungsfahrzeuge an der Fylke-Grenze und warteten einfach, um dann knapp vorm nächsten Zug her bis zu einer sonnigen Stelle zu fahren.

Lange mussten wir nicht warten, da kam der Gz mit finsterer El14 um die Ecke. Wir fuhren schnell voraus und kamen dabei wieder in das besonnte Tal der fehlenden Möglichkeiten. Hier machte sich das Navi ja wirklich bezahlt. Es zweigen ja immer mal Wege ins Dickicht zu irgendwelchen Hütten ab. Lt Navi sollte am Ende dieses Talabschnitts einer dieser Wege sogar über die Bahn führen. Da die blaue Fläche auch bald zuende war, fuhren wir dort rein. Uns empfing zwar kein spektakuläres Motiv, aber dank des Herbstlaubes konnte man eigentlich überall etwas machen. Der Zug kam und genau in meinem Auslösepunkt waberte kurz eine Wolke durchs Bild. Klasse - das war nichts. Nil stand nur 30m weiter und hatte schon wieder Sonne...

Nun stand der Rote von Norden auf der Liste. Für neu Hinzugekommene: Der "Rote" ist der lokbespannte Personenzug aus El18 mit B7-Wagen, der "Blaue" hingegen der vormals als "Signatur" eingeführte Bm73-Triebwagen. Für den Roten stellten wir uns in Kongsvoll bereit, um vor ihm her über das Fjell zu fahren. Im Handy schauten wir, dass er pünktlich sei. Zwei Minuten vor Durchfahrt fuhren wir ab und dem Zug voraus - auf der Suche nach einer sonnigen Stelle. Immer noch lag vor Hjerkinn das Blau zu weit westlich. Im Tal der fehlenden Möglichkeiten hingegen schien die Sonne mehr denn je. Dieses Tal dürfte heute sicherlich auf 10 Sonnenstunden gekommen sein. Doch das Blau hatte sich ausgeweitet: Auch über dem anschließenden Vålåsjøen herrschte ein stationäres Wolkenloch. So entschieden wir uns gegen unseren neu entdeckten Birkendickicht-BÜ und hielten am See. Das Wolkenloch war durchaus stationär, aber nur bis eine Minute vor Zugdurchfahrt. Dann kamen rapide die Schatten von den Bergen runter ins Motiv und der Rote war ein Dunkelroter. Ja, wenn ein Tag so wunderschön beginnt...

Die Tankanzeige sagte uns, dass wir mal wieder was nachgießen müssten. Dazu fuhren wir nach Dombås City rein, wo wir nach dem Tanken noch den Roten bei der Ausfahrt beobachten konnten. Die Bahn muss zum Abstieg vom Dovrefjell eine große zeitaufwändige Schleife fahren, trotzdem hatten wir nicht damit gerechnet, den Roten hier noch zu sehen. Nun war etwas Leerlauf, den wir zum Besuch in Frichs Cafeteria nutzten. Da es erst 11 Uhr war, reichte mir eine Portion Rømmegrøt und ein Kaffee. Ein Einschalten des Notebook ergab, dass man sogar kostenlosen WLAN anbietet. Ein Checken der Wetterberichte ergab, dass die nächsten Tage mit allem zu rechnen war. Der Eine sprach für Mittwoch von Sonne, der andere von Regen. Für die Folgetage ähnlich...

Nach dem Essen stand ein Blauer von Süden an. Den wollten wir einfach mal am Sporntunnel von oben aufnehmen. Das klappte dann auch mit Rt 41 sehr gut. Der Sporntunnel hat ein so großes Profil, dass man wohl eher von Felsentor sprechen muss. Wir hatten nun ausgerechnet, dass wir den Anschlusszug nach Åndalsnes jetzt mal kurz auf der Jorabru mitnehmen könnten. Allerdings hatten wir im Ort mal wieder einige extreme Nädelifahrer vor uns und unterschätzten die Flinkheit der Eisenbahn, so dass wir den Talent nur vor Erreichen der Brücke über dieselbe fahren sahen. "Glück" dabei war, dass gerade Wolkenschatten herrschte.

Der Blaue mit dem Felsentor / Skjelletunnel. Dahinter der Talkessel von Dombås.

Nun zog es uns aber wieder hoch aufs Fjell. Zu unserer neuerlichen Überraschung tauchten wir dort oben fast gleichzeitig mit dem Rt 41 auf. Wir hätten für den locker hier oben ein Motiv suchen können, wenn wir gleich hergekommen wären. So fuhr er uns allerdings davon. Hinter Hjerkinn, wo sich nun auch ein großes Blau etabliert hatte, wäre der Blaue super im Streiflicht gekommen... Wir warteten zwischen Hjerkinn und Grønbakken einfach an der Straße auf den nächsten Güterzug – beim Rørlegger-Haus ;-) Hier arbeiteten gerade Handwerker, zwar wohl keine Rørlegger, sondern eher Taktekker, aber egal... Das Blau hielt sich tapfer. Weiter in Richtung Hjerkinn hielt sich eine zügig ziehende Wolkenfront, die aber freundlicherweise nicht zu uns herüber kam. Vor Zugdurchfahrt machten es bestenfalls einige Ausläufer der Front spannend, aber letztenendes ging der Gt 5714 mit voller Sonne ab. Im Nachhinein betrachtet war es aber leider doch ein ziemliches Banalmotiv...

Güterzug neben Straße - sonst nichts.

Heute war Dienstag, und dienstags fährt TÅGAB seinen Papierzug von Ranheim nach Kristinehamn. Dieser Zug sollte als nächstes von Norden rollen. Wir wollten ihm eigentlich bis Drivstua entgegen fahren. Doch irgendwo in der Drivaschlucht kamen uns Zweifel. Der Zug konnte leicht vor Plan kommen und bei den vielen Tunneln würden wir das nichtmal mitbekommen. Also umgedreht und nach Kongsvoll gefahren. Das war auch gut so, denn wir brauchten gar nicht lange zu warten, und der Zug mit seiner markanten Rc- und My-Bespannung in Silber zog an uns vorbei. Gezogen - das habe ich allerdings auch: Im Zuge der Auslösungen habe ich derartig mitgezogen, dass man schon von ungewollter Panoramaaufnahme sprechen konnte. Erfolg des Ganzen war jedenfalls, dass ich das wunderschöne Empfangsgebäude, hier eigentlich das Hauptmotiv, beim zweiten und dritten Schuss vollkommen abgeschnitten habe. Werde ich jetzt alt?

Der TÅGAB-Zug in Kongsvoll. Meinen Knipsfehler habe ich durch das Zusammenkleben zweier Aufnahmen kompensiert...

Entsprechend schlecht gelaunt (zumindest auf meiner Seite) ging es dem Zug hinterher. Hier oben herrschte ohnehin erstmal große Zugpause und wir hätten von dem Zug ja doch gern noch einen zweiten Schuss hinbekommen. Wir fuhren bis kurz vor Brennhaug und warteten an einem Motiv mit schönen Herbstbirken. Der Zug kam voll im Schatten. Die Laune, mochte sie sich gerade etwas erholt haben, sank nun wieder in den Keller. Der entgegenkommende Talent ging auch im Schatten durch. Na sauber! Erst wollten wir einen BÜ weiter noch auf den jetzt anstehenden nordfahrenden Güterzug warten, doch angesichts der hier doch recht vielen Wolken (Kleinkram, aber viel davon), fuhren wir diesem voraus bis zum Sporntunnel von Dombås. Über dem Talkessel von Dombås war mittlerweile nur noch blauer Himmel zu sehen, wobei die Wolkengrenze stationär ca 500m südlich unseres Sporntunnel-Motivs hing. Doch alles ging gut, Gt 5731 kam in voller Sonne.

Blick vom Skjelletunnel.

Wir besuchten jetzt einfach mal den Bahnhof. Das mag vielleicht einfallslos erscheinen, aber wir wussten, dass der Wald über den beiden Tunneln wunderbar in Herbstfarben ertrahlte. So war es dann auch, wobei sich die gelben Bäume auch noch vor schwarzen Wolken abhoben. Diese kamen der Sonne allerdings nicht näher, wieder mal hielt sich die Sonne sehr stabil. Es sollten jetzt Einfahrten aus Åndalsnes und Trondheim anstehen. Der VT von der Raumabahn fuhr dummerweise in das Stumpfgleis 10 ein, das passte ja gar nicht gut. Und kurz vor verspäteter Einfahrt des Blauen brachen plötzlich die Wolken in das blaue Loch hervor und brachten dieses nach 45 ununterbrochenen Sonnenscheins zum Erliegen. Die Wartezeit hätten wir uns schenken können...

Abgestellte El14 in Dombås.

Und die DE2700.

Das einfahrende Ei nimmt leider das ungünstigste Gleis.

Denn das war ja nicht alles. Nun wurde es bereits für den nächsten Blauen knapp. Wir hätten den gern zwischen Hjerkinn und Kongsvoll bei Grønbakken genommen. Doch das konnten wir uns verkneifen. Oben auf dem Fjell war allerdings erst wieder hinter Hjerkinn Sonne, da dann aber so richtig viel und sicher. Tja, bis Grønbakken war nicht zu schaffen, vorher kam man kaum über die Bahn rüber auf die Lichtseite. Wir versuchten es bei der Brücke der Bahn über den Fluss, wo wir bei heftigem Sturm kaum aus dem Auto kamen, unter der Brücke durch zu laufen, doch dort gab es keine Möglichkeiten. So fuhr der Blaue also bei herrlichstem Abendlicht unfotografiert an mir vorüber (Nil versuchte noch einen Notschuss). Die Laune: Gaaaanz tief unten.

Jetzt gab es noch einen Güterzug und den Roten nordwärts. Beide konnte man hier ohnehin vergessen. Wir fuhren denen entgegen. Bei Fokstua hatte man einen beeindruckenden Blick auf Regenschauer im Gutbrandsdalen, die von hinten hell angeleuchtet wurden. Wir versuchten, zum Gt 5701 südlich Fokstua an die Bahn ran zu kommen. Da war auch ein Pfad, doch kurz vor der Bahn wurde es morastig. Man hätte hier den Gz vor den hell angeleuchteten Regenschauern nehmen können, doch unmittelbar vor Zugfahrt erloschen auch diese (Wassser abgedreht oder Licht weg). Nil wollte mit dem Roten jetzt etwas künstlerisch wertvolles machen (so nennt sich das dann wohl, wenn das Licht keine vernünftigen Aufnahmen mehr ermöglicht). Von paar Hütten konnte man diesmal trockenen Fußes an die Bahn rankommen. Der Rote kam und kam nicht. Erst nach 30 Minuten des Wartens und wechselnden Lichtverhältnissen ging eine doch noch ganz stimmungsvoll gewordenen Aufnahme des Rt 45, auf dem die Helligkeit etwas reflektierte.

Das hätte mit Güterzug klappen können. Hat es aber nicht.

Der Rote bekam dafür doch noch eine erstaunlich starke Lichtreflektion ab.

Abends gab es in der Hütte Elgkaker, also Elchfrikadellen. Die waren allerdings so würzig, dass sie auch genauso gut vom Schwein hätten sein können. Dazu Kartoffelbrei und Brun saus. Der Tag war anstrengend gewesen. Hoffentlich bringen die nächsten Tage (oder zumindest einer davon) etwas chancenreicheres und entspannenderes Wetter. Leider dürfte der starke Wind auf dem Fjell, der heute aufgekommen war, der Herbstpracht möglicherweise ziemlich bald das Ende bereiten... Auch nachts zogen einige heftige Sturmböen durch das Tal. Ich sah schon die Hütte wegfliegen, aber so schlimm war es dann doch nicht.

Mittwoch, 23.09.2009: Dombås - Hjerkinn - Dombås

Zwar hatte ich vergessen, die Littig als Handywecker zu aktivieren, aber das kostete nur etwa eine halbe Stunde und war eh egal. Die Wolken dominierten ganz klar und ich frühstückte erstmal in Ruhe. Dann gab es doch ein wenig mehr Blau zu sehen und ich weckte Nil, der wie gestern schon eine Minute nach Weckruf in voller Montur zum Losgehen vor mir stand. Ganz so schnell war ich dann doch nicht. Der obligatorische Blick am Bahnhof ergab, dass die Di6 noch nicht von der Raumabahn angekommen wäre. Auch wenn nicht gerade Aussicht auf Sonne war, fuhren wir zu dem Bauernhof-Überweg am Ortsausgang und stellten uns da hin. Der Cargolink 5232 kam pünktlich. Fünf Minuten später wäre auch Sonne da gewesen. Leider klebte gerade über dem Berg oberhalb vom Bahnhof ein fettes Gewölk, das leider zu spät zur Seite gewichen war.

Einmal wenigstens wollten wir die ME26 in Aktion erleben. Leider ohne Sonne...

Egal, jetzt ging es hoch aufs Fjell. Erst am Vålåsjøen war gerade wieder etwas mehr Sonne. Der Cargolink von Trondheim hätte schon längst durch sein müssen. Wir stellten uns aber dennoch mal einfach auf. Doch die Sonne verschwand immer mehr und es war zudem fraglich, ob der Zug hier überhaupt genügend Seitenlicht haben würde. So fuhren wir mal weiter zu dem Motiv, das ich halt sehr gerne mal umsetzen wollte: Der Snøhettablick nördl des Bf Hjerkinn.

Die Snøhetta war allerdings in tiefen grauen Wolken verborgen, wie ja meistens hier. Was unser Motiv, das auch ohne Snøhetta-Gipfel stimmig war, anging, so krebsten wir wohl eine halbe Stunde lang am Rande einer blauen Fläche herum. Bei uns regnete es sogar, ein Regenbogen bildete sich fast vor unseren Füßen. Das Motiv blieb meist dunkel, obwohl hinter uns ständig Sonne war. So ging der Cargolink 5938 also leider ohne Sonne ab. Er war allerdings so stark verspätet, dass bereits der nächste Güterzug anstand. Und Gt 5732 ging nun tatsächlich bei voller Sonne, denn die blaue Fläche hatte sich plötzlich und unerwartet über das ganze Skytefelt, das man im Hintergrund hat, ausgedehnt. Nur die Snøhetta hielt sich weiterhin in ihrem Wolkenmantel auf.

Güterzug in der Mondlandschaft der Hjerkinn skytefelt.

Nächster Aktionspunkt war der Rote. Die blaue Fläche zwischen Hjerkinn und Grønbakken oder sogar fast Kongsvoll wurde immer stabiler. Erstmal bauten wir uns bei Grønbakken auf, doch rechtzeitig zum Roten suchten wir einen netten Blick von der Straße auf. Irgendwie muss hier auch Vegetation beseitigt worden sein, denn von den vergangenen Jahren erinnere ich gar nicht, dass von der Straße irgendwas machbar wäre. Dass der Rote uns nicht mag, hatten wir ja schon an den vergangenen Tagen gemerkt. Jetzt aber schien die Sonne recht stabil, kann da was schief gehen? Nun ja, der Rt 42 ging tatsächlich bei Sonne, aber --- es war nicht der Rote, sondern ein blauer Bm73. Super, was mochte jetzt wieder schief gelaufen sein?

Der Rote war ein Blauer. Gaaanz gaaanz tollll!

Da jetzt erstmal Zugpause auf dem Fjell herrschte, zog es uns auf einen Cappuccino in Frichs Cafeteria zu Dombås. Vorher ging es aber zum Bahnhof, wo der Blaue gerade einfuhr. Einen Grund für den Parktausch erfuhren wir allerdings nicht. Einige Leute fanden anscheinend nichtmal einen Sitzplatz.

Der Talent stand auch im Bahnhof. Paar Leute, die nach NSB-Offiziellen aussahen, waren um den VT am rumwieseln. Der Rollstuhl-Lift wurde ausgeklappt. Ein ca 14jähriger Junge fuhr mit seinem Rolli auf den Lift. Offenbar wird dieser wenig genutzt. Die Bahner sahen nicht so aus, als ob sie große Erfahrung mit dem Teil hätten. Der Junge musste paarmal hin und her rangieren, erst fand man nicht die Leiste, die ein Wegrutschen nach vorn verhindern soll, dann war sein Fuß noch im Weg. Als dann nach ca 5 Minuten alles vorbereitet war, ging es abwärts. Der Junge rollte vom Lift und --- stand auf und stellte sich zu den anderen. Offenbar handelte es sich nur um eine Trainingseinheit oder Unterweisung für die Mitarbeiter.

Nun ging es aber zu Frichs. Der Cappuccino war ausgesprochen gut, schade, dass es dafür kein "påfyll" gab. Mit dem Notebook ging ich ins Internet, Nil fand Frich's WLAN leider nicht. Auf der NSB-Seite gab es die Auskunft, dass in der Nacht ein Zug zwischen Sjoa und Otta mit einem Baum kollidiert sei. Der Nachtzug war mit 3,5h Verspätung in Trondheim angekommen. Somit standen die Sitzwagen also nicht für den Rt 42 zur Verfügung und man hatte den Bm73, der erst nachmittags fahren sollte, als Rt 42 fahren lassen. Somit durften wir hoffentlich mit dem ersten Nachmittagszug von Trondheim die rote Garnitur zurück erwarten. Das war z.B. für die noch offene Nachmittagsperspektive Grønbakken sehr interessant!

Nach dem Kaffee ging es wieder hoch aufs Fjell. An einem Rastplatz der E6 nördlich Hjerkinn brachten wir uns in Position für den Blauen von Süden, den wir hier im Streiflicht mit Herbstlaub nehmen wollten. Im Café hatte ich noch gesehen, dass der Zug pünktlich käme. Doch er ließ uns gewaltig warten. Immerhin hatte sich hier wieder ein großes Sonnenloch aufgebaut und die Wolken zogen weitab über den Bergen bei Hjerkinn an uns vorüber. Ärgerlicherweise tauchte nun unverhofft und deutlich vor Plan ein Güterzug von hinten auf, für den wir eigentlich nach dem Bm73 auch noch Pläne gehabt hätten. Blöde! Immerhin ging der Blaue als Rt 41 ganz hervorragend wie geplant.

Streiflicht für den Blauen und Licht von hinten für das Kraut - so leuchtet das alles am besten!

Nun war etwa anderthalb Stunden Pause, bis der nächste Güterzug von Norden kommen sollte. Wir hatten den Bahnhof Hjerkinn als Motiv ins Auge gefasst und stellten uns dort in die Sonne. Dieser Güterzug hatte aber anscheinend nicht vor, vor Plan zu kommen. Immerhin so rechtzeitig vor Planzeit, dass das Signal noch nicht grün war und wir noch wechseln konnten, zogen fette Wolken vor die Sonne. Uns fiel ein Abschnitt an der Straße ein (beim Snuplass an der Fylke-Grenze), wo das Licht auch jetzt (so ca 14.30) noch gut seitlich kommen musste. Das Motiv erwies sich dann auch als schön herbstlich gefärbt. Und Gt 5734 kam wie geplant exakt i rute an uns vorbei. Die Sonne hatte noch sicher geschienen.

Herbst in Hochform auf dem Dovrefjell.

Tja, nächste Amtshandlung im Fjell sollte um kurz nach 16 Uhr also der außerplanmäßig Rote sein. Wir fuhren schon mal auf den Parkplatz bei Grønbakken und konnten dort schön in der Sonne paar Polarbrød verzehren. Ganz so riesig war das blaue Loch am Himmel nun allerdings nicht mehr. Der Ausblick auf den alten Bauernhof war wirklich sehr nett. Doch leider brach das blaue Loch nun mehr und mehr zusammen. Und es ist ja, wie es ist: Der Rote mag uns nicht. Rt 44 kam pünktlich an uns vorüber (vier volle Wagen und zwei offenbar verschlossene) und war wieder ein Dunkelroter. Das Bild hätte man also auch vormittags machen können.

Grønbakken. Dieses Motiv allein lohnt die nächste Reise aufs Dovrefjell...

Als nächstes standen einige Mittwochszüge an. Der Talent-Tauscher von Marienborg nach Dombås sollte noch südwärts kommen und ein Holzzug (erfahrungsgemäß mit Doppel-Di8) nordwärts. An Licht war an diesem schönen Motiv aber praktisch nicht mehr zu denken. Ein Containerzug mit El14 und Di8 davor kam nordwärts. Aufgrund der Di8 rechneten wir schon mit einem Ausfall des Holzzuges. Als wir noch auf den Talent warteten, rief Nil, dass er einen Moschusochsen sehen würde. Dummerweise befand sich das Tier unweit der Brücke, über die wir zurück über den Fluss zur Straße mussten. Man soll sich einem Moskus ja nicht weiter als 200m nähern, weil sonst aus dem friedlichen Pflanzenfresser ein verteidigungslustiges Wesen werden kann. Weiter oben waren zwei weitere Tiere dieser Bauart auszumachen.

Als wir an der Brücke ankamen, war der Ochse bereits ein Stück weiter, so dass wir gefahrlos rüberkamen. Von der Straße aus versuchten wir, den Ochsen vernünftig zu fotografieren, doch er hatte nur Interesse an den Kräutern und hielt den Kopf ununterbrochen tief gesenkt. Spaßeshalber nahmen wir ihn auch mit vorüberfahrendem Zug auf, doch da stand er gerade sehr ungünstig. Auf der E6 hielten übrigens immer wieder Autos an, um zum Moskus rüberzuschauen. Wir hatten hingegen genug und fuhren wieder südwärts. Die Wolkendecke war sehr dicht, lediglich die Fokstumyra wurde partiell beschienen.

Wer mag wohl mehr erschrecken, wenn man als Wanderer um die Ecke biegt und plötzlich steht so ein Urvieh vor einem?

Wir liefen den Nysætervegen hinein. Wie an anderer Stelle auf dem Moor war auch hier der Bahndamm ein wenig von Bewuchs befreit worden, so dass man nach Querung des Baches auf der Bahnbrücke und Querung eines weiteren Grabens auf Baumwurzeln einen schönen Blick für Nordfahrer hatte. Die Vegetationsarbeiten waren an den Stellen durchgeführt worden, wo auch neue Fahrleitungsmasten aufgestellt worden waren. Ja, die Herrlichkeit der Holzmasten auf dem Dovrefjell wird an einigen (noch sehr punktuellen) Stellen bald ein Ende haben! Die neuen Masten bestehen allerdings aus braun gestrichenen Doppel-T-Trägern und sehen aus der Ferne nicht viel anders aus als Holzmasten.

Nachdem das Licht bereits kurzzeitig wieder verschwunden war, kam es zur Durchfahrt des Gt 5701 nochmal voll raus, so dass uns eine hübsche Streiflicht-Szene mit dem voll besetzten Kistenzug gelang. Für den anschließenden Roten wollte Nil unbedingt noch was "Kunstvolles" probieren. Eigentlich hatte ich beschlossen, nur auf ihn zu warten, doch dann entschied ich mich zum Zeitvertreib auch für so eine Restlichtverwertung. Es gab ein Bild der Lokfront des Rt 45 vor einem hellen Abschnitt im Himmel. Zum Glück wollte Nil nicht noch mehr Kunstvolles mit dem nun bald folgenden Talent-Rücktauscher veranstalten ;-)

Na, da ging ja nochmal was. Ein schöner Tagesausklang!

Es ging zurück nach Dombås. Ich hatte ganz schönen Hunger. Wir hatten mal wieder Appetit auf Pølserbrød und kauften Würstchen und die anderen Zutaten ein. Zum Nachtisch genehmigte ich mir noch eine lecker Portion Rømmegrøt mit Preisselbeeren. Lecker! Immerhin waren heute ja paar nette Sachen gegangen. Nur die El18 oder meinetwegen auch irgendwas anderes in Grønbakken hätte gern klappen dürfen, da das Motiv einfach topp ist.

Abends herrschte über der Hütte mal wieder der klare Sternenhimmel. Dazu ein unheimlich schöner, ländlicher Geruch.

Fortsetzung

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