Skandinavisches Wälderrauschen (2)

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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Mittwoch, 01.09.2010: Långsele - Forsmobron - Långsele

Erstmalig auf dieser Tour wurden wir von Sonnenschein geweckt, der in die Hütte fiel. Der Blick aus dem Fenster war wunderschön. Auf dem Faxälven kräuselten sich Nebelschwaden, ansonsten nur tiefblauer Himmel. Wir hatten keine große Eile, da das Licht für unser Hauptmotiv, die Forsmobro, eh noch nicht weit genug hätte rum sein dürfen. Also in Ruhe gefrühstückt; doch irgendwann zog es uns raus. Von der Straße Richtung Forsmo hatte man auch schon paar nette Ausblicke mit dem Tal des Ångermanälven im Hintergrund. Dann senkte sich die Nebenstraße hinab zum Fluss, über dem noch ordentlich Nebel hingen. Das sah besonders stimmungsvoll an der Straßenbrücke zwischen Forsmo und Ed aus, von der aus und mit der wir einige Fotos machten.

Die nagelneue Brücke über den Ångermanälven zwischen Ön und Ed. Die Orte heißen wirklich so!

Letzter Nebel lichtet sich über dem Ångermanälven.

Eigentlich hatten wir überlegt, erstmal hoch zu dem gestern entdeckten BÜ zu fahren, bis das Licht an der Forsmobron weit genug rum wäre. Zum Glück entschieden wir uns aber, erstmal den Lichtstand an der Brücke anzuschauen. Und das war gut so, denn das Bauwerk war schon voll von der Sonne erfasst. Somit strichen wir also den BÜ und kletterten gleich zum Brückenkopf hoch. Im Laufe der nächsten Stunde waren im Bildblatt drei Züge in der richtigen Richtung verzeichnet. Als wir etwa eine halbe Stunde gewartet hatten, kam als erstes ARE 4016 (norwegischer Containerzug nach Narvik im Transit durch Schweden).

Der "Norweger" überquert die Forsmobro. Anhand der Container kann man genau erkennen, ob es sich um den ARE (norwegische Container) oder einen innerschwedischen Zug handelt.

Dann wieder längeres Warten. Erst nach 9.15, als alle drei Züge längst hätten durch sein sollen, kam erst ein Zug südwärts und dann der "Norra Stålpendeln" GC 9116 nordwärts. Wir hatten den Zug erst gar nicht gehört und es uns im Gras bequem gemacht. Doch das schnelle Aufspringen hatte sich gelohnt: Der Zug war mit Traxx-Doppeltraktion bespannt! Somit konnten wir an diese Baureihe auch einen Haken setzen, prima! Schade war nur, dass der Zug nordwärts nur leere Flachwagen hat, aber was soll's. Danach konnten wir es uns erstmal wieder für längere Zeit bequem machen. Leider kamen nun ordentlich Quellwolken auf. Die Sache wurde spannend!

Es quoll und quoll. Und die Züge - wo waren sie bloß? Wir standen wohl zwei Stunden oben auf dem Brückenkopf, ohne dass sich etwas Nennenswertes ereignete. Dann tauchten noch zwei Containerzüge auf, doch keiner ging mehr mit Sonne. Irgendwie stauten sich hier die Wolken vor irgendwelchen Bergen. Wenn man meinte, da käme viel blauer Himmel hinter einer Wolke, dann kam der blaue Himmel einfach ab einem bestimmten Punkt nur noch mühsam bis gar nicht näher und die nächsten Wolken rückten schon auf. Wir kletterten wieder runter, versuchten uns mit einem südfahrenden Stålpendeln an einem BÜ bei Österås, von dem man mit Krampf auch die Forsmobron fern im Hintergrund hätte haben können. Kaum waren wir da, bimmelte auch schon der BÜ, der Stahlpendel kam im Schatten durch, kurz und schmerzlos.

Der Glockenturm der Kirche von Ed ("Eds k:a") unweit der Forsmobron.

Nun bezogen wir nochmal den seitlichen Punkt am Eingangstor zur Talsperre mit Blick auf die Forsmobron. Die Sonnenabschnitte hielten sich wie gehabt in Grenzen. Und die Verarschungen hielten alle Varianten für uns bereit: Der nordgehende Stahlpendel kam natürlich ohne Licht, hätte diesmal aber sogar einen fotogenen Zug gehabt und nicht nur Flachwagen. Dann klang es mal wieder nach einem Zug von Forsmo, die Sonne arbeitete sich laaangsam auf die Brücke zu, der Zug wurde lauter, hmmm, Diesel, das klingt nach NOHAB. Fahrgeräusche, aber nichts kam. Klar: Der Zug war auf die hier abzweigende Nebenbahn nach Hoting gefahren. Dann wieder dieselbe Ausgangssituation, wir gebannt durch die Kamera geschaut, da kam so'n winziges Schienenauto mit einem Flachwagen angeschoben. Nun hatten wir echt keine Lust mehr.

Der Hector kam leider aus der falschen Richtung.

Nach einem dringend notwendigen Tankstopp in Sollefteå, bei dem der Tankautomat nur für 400 SEK Sprit ausgab und uns mit noch viertelleerem Tank entließ, wollten wir mal die weitere Strecke ostwärts erkunden. An der Hauptstraße sahen wir sogar eine Polizeikontrolle! In Selsjön mussten wir abzweigen. Die Bahn verschwindet in den Wäldern, und nur über lange Gruspisten konnte man dem Lauf der Bahn ansatzweise folgen. Das war schon sehr interessant, hier in die große Einsamkeit vorzudringen. Und es handelte sich nicht um öden Wald, sondern um sehr gebirgige Strecken. Von den Kuppen des Weges hatte man weite Ausblicke in der klaren Luft. Bei Backsjön entdeckten wir einen netten Überblick auf eine langgezogene Kurve und ein Stück weiter, westlich Bf Aspeå gab es vom Weg einen tollen Blick auf die Bahn, einen kleinen See und einen weiten Landschaftsblick.

Wir fuhren noch weiter bis Skorpet, wo so langsam die Zivilisation rund um die Hafenstadt Örnsköldsvik (nein, das liegt nicht in der Türkei!) beginnt. Der Ort selbst war nicht so toll, doch eine Brücke westlich des Ortes, zwischen den Bahnhöfen Skorpet und Holmån eröffnete uns einen schönen Blick. Da hier nicht ganz so viele Wolken hingen, warteten wir einfach hier mal auf eine westwärtige Bewegung auf den Schienen. Ein Zug nach Osten konnte per Notschuss genommen werden.

Ein nordostfahrender Frachtenzug nähert sich aus Richtung Wildnis der Ortschaft Skorpet.

Nach Westen sollte aber zumindest ein Stahlpendel kommen. Die waren doch bisher immer einigermaßen zuverlässig gewesen?!? Die Wolkenbildung war jetzt richtig interessant. Offenbar fingen die Wolken an, sich abzuregnen und danach aufzulösen. Da hingen jetzt jede Menge Regenschauer unter stahlblauem Himmel in der Luft. Das sah sehr kurios aus. Eine dieser sich in einen Schauer verwandelnden Wolken dickerer Qualität zog gerade mal wieder auf die Sonne zu, da hörten wir es endlich aus der ersehnten Richtung rollen. Was um die Ecke kam, war zwar kein Norra Stålpendel, sondern nur buntes Frachtengelumpe mit grüner Rc davor, aber immerhin klappte der Zug noch im allerletzten Moment mit Sonne.

Und Frachten in der Gegenrichtung kurz hinter Skorpet.

Im Westen sah es noch ziemlich finster aus, zumal dort offenbar einige heftige Schauer runtergingen. Hinter diesen Schauer-Vorhängen sah man allerdings auch immer mehr Blau. Da wir in Långsele und Umgebung noch genügend Punkte für abends offen hatten, machten wir uns auf die lange Gruspisten-Reise zurück. Gut 40 km Gruspiste sind ja nicht ganz ohne. Beachtenswert ist die verschiedenartige Konsistenz dieser Wege. Der Abschnitt Skorpet - Aspeå war tadellos gepflegt. Da war kein einziges Schlagloch. Von Aspeå Ort zum Bahnhof war der Weg ganz übel. Man musste langsam fahren, da einige Schlaglöcher ordentliche Ausmaße angenommen hatten. Zwischen Backsjön und Selsjön hingegen gab es nur kleine Schlaglöcher. Wenn man 100 km/h fuhr, konnte man wunderbar drüber hinweg gleiten. Ich meine, äääh, wenn man 100 gefahren wäre. Erlaubt waren nämlich nur 70...

Die Gruspiste. Wir sollten sie noch "lieben" lernen. Tage später wurden wir von jedem Schlagloch persönlich mit Namen begrüßt...

Zweimal hielt ich an, weil ich die Gruspiste fotografieren wollte und beide Male hallte laut das Rauschen eines fahrenden Zuges durch die einsame Wälderwelt. Das können auch zwei verschiedene Züge gewesen sein, denn der Wald ist gespickt mit Ausweichstationen. Als wir bei Selsjön wieder auf die Bahn trafen, war jedoch nichts mehr von einem Zug zu sehen. Sollte man bloß den Wind gehört haben? Auch hier im Ångermantal bauten sich die Wolken massiv ab. Wir waren durch manch einen Schauer hinweggetaucht. So hatten wir es jetzt auch einigermaßen eilig, einen Standpunkt für die letzten Stunden des Tages zu finden. Den fanden wir letztendlich in Västerflo bei einigen Höfen zwischen den Bahnhöfen Långsele und Osterås. Hier schlängelte sich die Bahn nett durch die Wiesen, paar Bauernhöfe waren im Bild und das Licht war perfekt.

Ein Hector rollt nordwärts durch Västerflo. Das war eigentlich nicht "unsere" Richtung.

Machen wir es kurz: Wir standen hier rund anderthalb Stunden. Es sollten drei Südfahrer kommen, es kam kein einziger. Dafür kamen drei Züge aus der falschen Richtung. Doch dann pfiff es nördlich von uns und etwas Hectorfarbenes bog hinten um die Ecke. Super, doch noch ein Zug, und sogar ein Hector! Denkste! Da kam nur eine Lok angefahren. Die passte ja toll in den weitläufigen Abschnitt! Aber das passte zum Rest des Tages...

"Bennell", die Lok des Hector-Zuges, hatte ein Einsehen mit uns und schaute Lz nochmal aus der richtigen Richtung vorbei. Immerhin kann man hinter der Lok schön die windungsreiche Trassierung der Strecke erkennen.

Wir freuten uns auf ein ordentliches Abendessen. Nach einem Supermarktbesuch gab es für uns erneut Kjöttbullar, denn wir hatten noch so viele Preisselbeeren. Da wir heute nicht kurz vorher zu Mittag gegessen hatten, war's ein Hochgenuss. Danach war zumindest ich totmüde. Um 22 Uhr waren wir im Bett.

Donnerstag, 02.09.2010: Långsele - Forsmobron - Långsele

Morgens beim Aufwachen lagen wir unter einer Wettergrenze. Die Sonne schien uns zwar noch in die Hütte, doch weiter südwestwärts hing eine fette, geschlossene Wolkenwand. In Badelatschen und langer Unterhose lief ich raus, um zumindest mal ein Foto von unserer Hütte zu machen. Die hob sich im Morgenlicht vor den schwarzen Wolken natürlich gut ab. Dann Kaffee gekocht, Toast im Backofen geröstet und gefrühstückt. Während des Frühstücks bildeten sich die Wolken zum Glück zurück. Bald konnten wir sicher sein, dass wir nochmal unser Glück an der Forsmobron probieren konnten.

Die Hütten in der Morgensonne.

Beim Losfahren entdeckten wir, dass ein Holz-/Frachtenzug nordwärts abfahrbereit im Bahnhof steht. Deshalb fuhren wir mal wieder unseren Feldweg-Übergang bei Västerflo bzw zwischen den Bahnhöfen Osterås und Långsele an. Dort trafen wir gerade rechtzeitig ein, um den Zug im herrlichen Morgenlicht aufzunehmen. Dann ging es weiter. Nächste Fotoaktion war mal wieder der Nebel auf dem Ångermanälven, diesmal bei Ön.

Ein früher Frachtenzug fährt durch Västerflo nordwärts.

Hübsche Hofzufahrt vor den Nebeln des Ångermanälven.

Die Nebel auf dem Fluss.

Dann nahmen wir die letzte Etappe zur Forsmobron in Angriff. Horst hatte uns per SMS einen Weg beschrieben, wie man ohne mühsames Hang hochkraxeln zum alten Brückenkopf kommt. Dazu musste man in einen Fahrweg einbiegen, der - wie so oft in Skandinavien - wie eine Hauszufahrt aussah. Doch der Weg schlängelte sich an den Häusern vorbei und auf eine Bahn-Unterführung zu. Dahinter konnte man den Wagen hinstellen und auf dem alten Bahndamm zum Brückenkopf vorgehen. Besonders stark genutzt war der Pfad auf dem alten Bahndamm allerdings nicht. So wurden wir durch Gras und Büsche auf dem Weg ganz gut nass. Aber am Brückenkopf kann man sich ja prima zum Trocknen in die Sonne stellen. Davon machten wir auch regen Gebrauch.

Heute lief es besser mit den Zügen. Nicht, dass sie pünktlich gewesen wären, aber sie kamen immerhin alle irgendwann... Los ging es mit dem Norra Stålpendeln 9116, der diesmal von einem Rc-Doppel bespannt wurde. Dann tat sich lange gar nichts und ermöglichte auch dem vorderen Brückenpfeiler, sich vom Schatten zu lösen. Als das vollbracht war, tauchte der gestern fehlende Frachtenzug 4590 auf. Der kam sehr schön, vielleicht bis auf die Tatsache, dass man auf die Graffiti auf den Wagen gut hätte verzichten können. Aber bei Güterwagen stört mich das längst nicht so extrem wie bei Personenwagen.

Der nordfahrende Frachtenzug kam genau rechtzeitig: Letzte Schatten waren gerade vom vorderen Brückenpfeiler gewichen.

Da wir einen südfahrenden TGOJ-Zug mal von vorn und nicht wie gestern von hinten fotografieren wollten, setzten wir uns für den nun stark überfälligen ARE eine Frist. Immer wieder suggerierte der Wind Zugverkehr und immer wieder wurde man getäuscht. Kurz vor dem gesetzten Zeitziel hatte ich wieder mal gedacht, in der Ferne etwas gehört zu haben, und dann den Gedanken wieder verworfen, da hörten wir ihn dann doch noch sicher von Nahem: Den ARE 4016. Damit es auch nicht zu schön wird, hatte auch dieser Zug ganz vorn zwei beschmierte Autotransportwagen. Was solls. Wir hatten hier wenigstens so einige Züge bekommen und waren mit dieser Perspektive nun durch.

Für den TGOJ-Zug suchten wir erst unseren Feldweg-Übergang bei Västerflo auf, doch das Licht war noch nicht rum. Ersatzweise entschieden wir uns dann für den Bahnhof Forsmo, wo ich mir ein Motiv mit einigen markanten Hütten suchte. Der Zug stellte uns auf eine gewisse Probe, doch irgendwann nach der Planzeit kam er. Damit man nicht zu zufrieden wurde, hatte der Zug heute mal keine TGOJ-Ma davor, sondern ein stinknormales geliehenes Greencargo-Rc-Doppel. Es ist schon verrückt...

Der TGOJ-Kopparpendel ist heute mit stinknormalen GreenCargo-Loks bespannt - hier in der Südausfahrt Forsmo.

Haupt-Anliegen über die Mittagszeit waren die Stahlpendel beider Richtungen in den großen Wäldern, wo wir ja gestern geeignete Motive entdeckt hatten. Bis zu den Stahlzügen war allerdings noch etwas Zeit. Da gleich noch zwei Nordfahrer anstanden, bauten wir uns nochmal am Eingangstor der Talsperre auf, um die seitliche Perspektive vielleicht heute mal vernünftig mit Zügen hinzubekommen. Dies klappte dann sogar sensationell zuverlässig; ARE 4004 und Gz 42300 kamen superpünktlich!

Norweger und Schwede kamen dicht hintereinander. Hier kreuzt der Schwede die Forsmobron.

Bis jetzt hatten sich die Quellwolken ordentlich zurückgehalten. Zwar waren - später als gestern - einige am Himmel aufgezogen, doch die schienen sich nicht großartig zu vermehren und hatten uns auch nie behelligt. Wohlgemuts ging es also gegen halb 12 in die Wälder. Als erstes steuerten wir den Waldkurvenblick bei Backsjön an. Backsjön ist schon ein kurioses Nest. Von der Gruspiste zweigt eine Asphalt(!)straße mit Wegweiser zu einer "Donkeyfarm" ab. Diese führt von Birken gesäumt auf einem Damm zwischen See und Moor nordwärts. Am Ende dieser Dammstraße folgen dann auch tatsächlich einige Hütten, die verstreut zwischen den Bäumen versteckt liegen. Die Donkeyfarm bietet offenbar so eine Art ökologischen Urlaub auf dem Bauernhof an. Nun ja - ein Urlaub in Backsjön ist garantiert stressfrei!

Am Einschnittrand ließ es sich aushalten. Ich aß meinen Salat und dann war die Planzeit des südgehenden (hier mehr westgehenden) Stahlpendels ran. Statt des Stahlpendels kamen jedoch erstmal paar größere Wolken auf. Noch hielten sie sich zurück, aber sie vermehrten sich nun doch überraschend stark. Was nicht kam, war der Stahlpendel. Statt dessen tauchte ein Containerzug der Gegenrichtung auf, den wir im Fahrplan gar nicht festmachen konnten. Vermutlich war es der stark verfrühte 4490. Da uns das Motiv für den Stahlpendel-Ostfahrer wesentlich wichtiger war, brachen wir um 12.50 ab.

Über die ewig lange Gruspiste gelangten wir an den Aussichtspunkt zwischen den Bahnhöfen Aspeå und Stormyran. Zwar waren nun ordentlich Wolken am Himmel, doch standen wir meistens in der Sonne. Plötzlich tauchte erstmal der westfahrende Stahlpendel mit nunmehr 90 Min Verspätung auf - bei Wolke. Nach einiger Zeit des Wartens in der Sonne hörten wir von fern nun auch einen Zug nach Osten. Langsam näherte sich wieder der Schatten dem Motiv. Der Zug war doch schon so laut zu hören, weshalb erscheint er denn nicht auf der Bildfläche? Der Schatten kam näher, hatte das Motiv schon mal erfasst und wieder verlassen. Endlich - die beiden Traxxe mit ihrem Stahlpendel-Leerzug 9103 tauchten laaaangsam und gemütlich am Rand des Bildausschnitts auf. Das Licht nutzte die verbleibende Zeit, sich genau so laaaangsam zu verpieseln. Die Loks bekamen nur noch Minimallicht ab. So ein Mist! Da half auch alles "Schöngucken" der Bilder in der Dunkelheit des Autos nichts...

Auch wenn das "Schöngucken" der Bilder im Auto nicht half - im Nachhinein betrachtet leuchten die Loks ja doch noch ganz schön...

Bald sah man am Himmel nur noch Wolken. Schon kurios, bis 13 Uhr kaum Wolken und dann plötzlich alles voll davon. Wir machten erstmal ein Nickerchen. Vielleicht sieht die Welt danach ja schon ein klein wenig besser aus? --- Nun, sah sie nicht. Da fuhren wir gemütlich wieder zurück, wobei diese teilweise schnurgerade Gruspiste ja schon Spaß macht, wenn man weiß, dass keine großen Schlaglöcher kommen :-)

Auch westlich der großen Wälder sah die Welt respektive der Himmel nicht besser aus. Wir beschlossen, einfach mal nach Skellefteå zu fahren und ein offenes WLAN zu suchen, um mal bisken Wetter und Daglig Grafen checken zu können. Erst drehten wir eine Runde durch die Nipan -Siedlung, bei der es sich um ein ehemaliges riesiges Kasernenareal handelte, das jetzt diversen Nutzungen zugeführt wurde. Es gab die Nipanskole, das Nipan-Hotel, diverse Gewerbebetriebe und vieles mehr. Aber kein offenes Nipan-WLAN. Deshalb verabschiedeten wir uns wieder und probierten es mal vorm Campingplatz. Und siehe da - wir wurden fündig. Da standen wir also vorm Campingplatz und schauten Wetterbericht und luden die Daglig Grafen für die nächsten Tage runter, wobei die wohl noch nicht ganz vollständig sein dürften.

Während wir da so im Auto saßen, "belästigte" uns zunehmend strahlender Sonnenschein, der in den Wagen fiel. Wir fuhren wieder nordwärts und stellten uns an ein Motiv mit Blick über einen See und Bahn dahinter, wobei nicht besonders viel frei war. Zwei Züge kamen verhältnismäßig dicht hintereinander, der zweite sogar mit Sonne. So besonders war das Motiv allerdings auch wieder nicht. Zwar zogen die Wolken irgendwie alle an uns vorbei, doch als die Schatten länger wurden, wollten wir halt doch mal eines der bislang nicht umgesetzten Abendmotive haben. Laut Daglig Graf hätten hier vier Züge vorbeikommen müssen!

Ein Frachtenzug hat gerade den Bahnhof Selsjön passiert und kann am Ufer des gleichnamigen Sees beobachtet werden.

Erstmal suchten wir unseren Feldweg-Bahnübergang in Västerflo auf. Unser tagesaktueller Bildfahrplan meinte etwas von einem Zug von Norden, dann gegen 19 Uhr von einem Zug von der Nebenbahn aus Hoting und danach noch von einem Hector-Zug. Als das dicke Wolkenfeld bei uns angekommen war, hörten wir einen Zug so deutlich wie lange keinen mehr: Der Zug war mit einem Diesel aus dem Hause NOHAB bespannt - daran gab es keinen Zweifel. Dachten wir erst an den Zug von der Nebenbahn, so lagen wir falsch. Leider im dicksten Schatten bog die Stena-MZ mit einem Müll- oder Schrottzug um die Ecke. Der Zug aus Hoting hätte hingegen ein Inlandsbanan-Zug sein sollen.

Irgendwie begann jetzt ein Wolkenfeld längs vor der Sonne herzuziehen, wobei die Sonne gar nicht weit von der Grenze entfernt zu sein schien. Deshalb disponierten wir um und begaben uns zu der Faxälvbrücke, an der wir ja auch noch nichts Gescheites hinbekommen haben. Und tatsächlich - Långsele lag auf der anderen Seite der Wolkengrenze und damit fett im Sonnenlicht. Und die Faxälvbrücke mit ihrer Spiegelung vor den dunklen Wolken sah einfach gigantisch aus. Tja - fehlte eigentlich nur noch ein Zug. Gegen 19 Uhr wurde das Licht wackeliger und erlosch mehr und mehr. Die Sonne war in ein längs ziehendes Wolkenband eine Etage tiefer gesackt. Und kein Zug hatte die Brücke passiert.

Es wäre wohl auch zu schön gewesen, wenn hier, bei dieser Wolkenstimmung und Spiegelung, ein Zug gekommen wäre...

Als wir keine Chance mehr sahen und endgültig abgebrochen hatten, kam natürlich der Hector-Zug. Als wäre das an sich nicht schon ärgerlich genug, gab es noch eine Extra-Ohrfeige für uns: Der Zug hatte auch noch die blaue El15 vor und hätte von der Länge genau auf die Brücke gepasst. Das darf doch alles nicht wahr sein. Die einzigen besonderen Fuhren auf dieser Strecke kommen von hinten, kommen bei Wolke oder haben, wenn gerade mal alles passt, geliehene Banalbespannungen vor wie heute Vormittag der TGOJ-Zug. Es gibt Tage, da fragt man sich, warum man nicht lieber Briefmarken sammelt... Die blaue El15 mit ihrem Kurzzug auf der Brücke hätte paar Minuten früher aber auch wahrscheinlich zu geil ausgesehen...

Recht frustriert stiefelten wir in den Supermarkt und kauften uns die Zutaten für das angedachte Chili con Carne. Das gelang uns in der Hütte dann auch erstaunlich gut und begeistert mampften wir mal wieder viel zu viel. Tja, heute war wenigstens einiges gegangen, und die beeindruckende Forsmobron konnten wir als erledigt betrachten. Über die zweite Tageshälfte hüllen wir aber besser den Mantel des Schweigens... Ach ja, die Wettervorhersage für morgen sprach von einem völlig wolkenlosen Tag. Wer's glaubt... Jetzt, um 21.30 Uhr ist der Himmel jedenfalls noch ganz schön zu.

Freitag, 03.09.2010: Långsele - Wälder von Aspeå - Långsele

Beim Aufwachen war es am Himmel die gleiche Situation wie gestern. Weiter südwestwärts war geschlossene Bewölkung, doch die Sonne schien zwischen Horizont und Ende der Wolkendecke herein. Und wieder löste sich die Wolkenschicht mehr und mehr auf. Wir frühstückten ganz entspannt, denn von dem Dreierbündel an Zügen, das nach 8 nordostwärts fahren sollte, kündigte der Daglig Graf gerade mal einen an - dummerweise den Frachtenzug, der gestern diese vollgesifften Autotransporter vorn hatte.

Diesmal gibt es das Hauptgebäude des Campingplatzes zu sehen.

Da wir so schwachen Verkehr an einem Freitag nicht hinnehmen wollten und unser Daglig Graf ja nicht der allerletzte Stand war, suchten wir nochmal in altbewährter Form nach einem offenen WLAN - diesmal halt in Långsele. Bei der Tankstelle am Bahnhof fanden wir einen. Jaaa jaaa, nächstes Mal besorge ich mir rechtzeitig einen UMTS-Stick... Die letzte Version des Daglig Grafen entsprach allerdings der gestern Nachmittag heruntergeladenen Fassung mit Stand vorgestern Abend.

Nun verließen wir den Ort. Wir wollten den Frühzug in den Wäldern am See Byvattsjön unweit der Ausweiche Holmån machen. Auf dem Weg dorthin inspizierten wir noch paar mögliche Stellen für den TGOJ-Zug nachher, den wir ja nicht nochmal im Bf Forsmo machen wollten. Uns gefiel ein BÜ mit Warnlampe ("Ob ein Zug kommt oder nicht - das sagt Dir das Licht"), an dem die Sonne um 10.30 gut stehen müsste. Und weiter ging es. Von der Gruspiste aus sahen wir allerdings, dass unser Lieblingsblick mit dem kleinen See Jussjön und der großen weiten Waldlandschaft bereits jetzt ging. Wir waren uns einig, dass wir das dann schon mit dem Frachtenzug probieren wollen, denn noch hatten die Queller gerade erst angefangen sich zu bilden. Ja, tatsächlich quoll es jetzt gegen 9 Uhr schon wieder ganz ordentlich. So viel zum Thema "wolkenlos"... Aber wir hatten Glück: Bevor uns der erste Schatten erreichte, erreichte uns auch Gz 4590. Und er hatte heute vorn eine bunte Frachtensammlung ohne Graffiti - das gefiel uns!

Wieder der Jussjön, diesmal morgens mit angeleuchteter Front (was bei dieser Perspektive ziemlich unerheblich ist).

Jetzt sollte erstmal südwärts ein Containerzug anstehen und ca eine Stunde danach der TGOJ-Zug, bei dem wir heute auf eine TGOJ-Altlok (Ma) hofften. Nach einigem Rumschauen bei Selsjön landeten wir bei dem bewussten BÜ mit dem Licht. Hier brennt wirklich eine weiße Lampe. Wenn die aus geht, heißt das, dass da ein Zug kommt. Einfach, aber brauchbar. Ich möchte nur mal wissen, ob die Anlage denselben Sicherheitsstandard besitzt wie normale BÜ-Anlagen und irgendjemand das störungsfreie Arbeiten der Anlage überwacht.

Das Motiv war noch ziemlich schattig, aber mit einer kleinen Scheune gefiel es uns. Wir mussten auch noch eine ganze Weile warten, was der allgemeinen Schattenbeseitigung nur dienlich war. Als die Lampe das erste Mal erlosch, kam mit lautem Getöse eine ältliche Motordraisine angerauscht.

An dem Gehöft zwischen Forsmo und Selsjön. Der Bahnmeister schaut vorbei. Ob er uns allerdings bei dem Affenzahn bemerkt hat, darf bezweifelt werden...

Dann wieder Stille. Kein Containerzug. Aber der TGOJ-Zug 43013 versetzte uns nicht. Trotz Wolkengefahr kam er mit voller Sonne pünktlich daher - und er hatte die gewünschte Ma-Lok davor. Frohlockend liefen wir zurück zum Auto. Gerade hatten wir das Bild "schöngeguckt", da rauschte es schon wieder von oben. Der verspätete Containerzug 42031 tauchte nun auf. Den nahmen wir natürlich auch noch bereitwillig mit...

Endlich bekommen wir mal eine Ma von TGOJ vor die Linse.

Dann machten wir uns klar für die zwei ostfahrenden Containerzüge. Die wollten wir ja nun auch nochmal bei dem Weitblick von heute Morgen haben. Das weitere Programm sah vor, danach für den westgehenden Stahlpendel zur S-Kurve von Backsjön zu fahren und dann für den ostfahrenden Stahlpendel wieder zum Weitblick. Es sollte anders kommen. Wie wir so an unserem Weitblickmotiv standen und uns angesichts der akustischen Streiche, die uns der Wind immer wieder spielte, nicht trauten, im Auto eine Kleinigkeit zu essen, kam plötzlich der westfahrende Stahlpendel angefahren. Weit vor Plan! Das war ja ärgerlich, den hätten wir gern von vorn gehabt!

Eine Chance hatten wir allerdings noch: Hinterher! Da der Zug ja wahrscheinlich unterwegs mit den Containerzügen kreuzen müsste, konnten wir ihn bei Selsjön wahrscheinlich kriegen. Das wurde jetzt definitiv die schnellste Fahrt über die Gruspiste. Wir flogen nur so über die Schlaglöcher; man sollte 70 als Mindestgeschwindigkeit vorsehen. Am Waldausgang waren wir sehr sicher, dass wir den Zug hatten, zumal der ARE gerade gegenläufige Durchfahrt in Selsjön hatte. Nach dem ARE ging das Esig gleich wieder auf grün, doch es kam nicht der zweite Containerzug, sondern der Bahnmeister mit seiner Draisine. Der durfte allerdings nicht weiterfahren und bald schon hörte man den Brammenzug, den Norra Stålpendeln 9103, nach Kreuzung in Backsjön auf uns zu fahren. Die beiden Traxxe sahen in unserer Fotokurve hervorragend aus! Glücklicherweise hatten sich die Wolken wieder ganz ordentlich zurückgebildet.

Der Norra Stålpendel endlich mal mit erkennbarer Haupt-Ladung: Brammen! Die Wagen haben eine Achslast von 25t.

Nach dem Bild ging es aber wieder zurück zu unserem Waldweitblick mit Bahn an See. Denn der ostfahrende Stahlpendel stand ja noch an. Erstmal aßen wir dort in der Einsamkeit schön zu Mittag, Salat und Brötchen. Keinen Tubenkäse, yippieh! Paarmal neckte uns der Wind und ließ uns aufspringen, aber insgesamt war das Warten in der Einsamkeit schon klasse. Wir entdeckten eine Kröte, die mitten auf der Gruspiste saß. Plötzlich kam ein Auto und fuhr mittig über sie rüber. Sie zog nur den Kopf etwas ein und blieb sonst unversehrt sitzen. Mit Schuhspitze und Stöcken versuchten wir sie nun vorwärts Richtung Böschung zu treiben, doch sie wollte nicht so recht. Irgendwann hatte Nico sie aber doch heil auf der anderen Straßenseite abgeliefert, wo das Tier dann auch sehr dankbar ins Gebüsch kroch.

Zweimal war das Rauschen im Wald westlich von uns nicht auf den Wind zurückzuführen. Erst kam der zweite, mittlerweile ordentlich verspätete Containerzug 42300, dann kam der ersehnte Stahlpendel 9118, der, wie bisher häufiger mittags beobachtet, vorn schön viele gedeckte Wagen hatte. Super, hatte es heute also doch noch geklappt! Nun konnten wir an das Motiv auch einen Haken setzen.

Noch ein letztes Mal der Jussjön. Diesmal dient er als Kulisse für den "Schwedenzug", also den Containerzug mit schwedischen Containern. Das Bild vom Stahlzug habe ich ja schon in der DSO-Galerie gezeigt.

Ein Motiv am westlichen Ausgang des Waldes in Selsjön hatten wir noch offen: Man konnte von der Gruspistenbrücke zu einem Bahnwärterhaus blicken. Hier stellten wir uns an den Rand und warteten eine Weile. Ein ARE von Norden stand wahrscheinlich noch aus. Und nach einiger Wartezeit und mehreren Windwirrungen kam er tatsächlich angefahren: ARE 4005. Da wir gerade so schön saßen, saßen wir noch eine Weile länger dort, auch wenn die Schatten dem Motiv langsam drohten. Und prompt kam noch ein Kesselwagenzug angefahren.

Der "Norweger" an einem Bahnwärterhäuschen nördlich Selsjön.

In dessen "Blockdeckung" wechselten wir nun hurtig den Standpunkt zur Forsmobron. Klar, eigentlich waren wir mit der Brücke durch, aber um 16 Uhr sollte laut Daglig Grafen ein TAGAB-Zug nordostwärts fahren, und für den fiel uns sonst kein brauchbares Motiv ein. Aufgrund des Windes aus nordöstlichen Richtungen war es unwahrscheinlich, dass man den Zug rechtzeitig hören würde. Plötzlich hörte ich aber doch eine beschleunigende NOHAB! Schnell Niko geweckt, Panik! Doch die Lok fuhr Lz wieder mal auf die Nebenbahn nach Hoting und nicht über die Brücke. Das hatten wir doch schon mal??? Letztendlich kam nur ein Zug von oben, mit dem wir nicht ganz so viel anfangen konnten.

Immerhin drei Loks in drei Farbgebungen. Zum Wochenende sieht man in skandinavischen Frachtenzügen häufiger mal mitgeführte Rangierloks, die unter der Woche periphär im Einsatz waren und übers Wochenende ins Bw überführt werden.

Um 16.30 gaben wir es auf; der TAGAB-Zug war nicht gekommen. Nun wollten wir mal kurz am Bahnhof Forsmo vorbeischauen und dann aber rechtzeitig zur Faxälvbrücke in Långsele. In Forsmo stand ein beladener, aber nicht bespannter Holzzug drin. Ob der wohl von der gehörten NOHAB aus Richtung Nebenbahn gebracht worden war? Wir fuhren nach Långsele. Bei der Erkundung eines BÜ am Ortsrand hielten wir uns zum Glück nicht zu lange auf. Denn als wir endlich bei der Faxälvbrücke angekommen waren, hörten wir schon ziemlich deutlich einen sich nähernden Zug. Schnell runter ans Ufer gesprungen und ein Foto gemacht. Leider hatte der Zug ab dritter Stelle leere Flachwagen. Aber wir hatten das Motiv wenigstens mal!

Die Faxälvbrücke in Långsele mit frühherbstlicher Sitzgruppe im Vordergrund.

Wir warteten weiter. Laut Plan sollten noch zwei ungewöhnliche Fuhren kommen: Ein sehr langsames Fahrzeug eines unbekannten EVU und ein Bauzug mit Green Cargo als Transporteur. Gerade spielte ein Wolkenfeld mit der Sonne, da rauschte es schon wieder in der Ferne. Mal etwas mehr Licht, zum Zug aber wieder gar keins. Wir waren sicher: Da kommt jetzt was ganz Besonderes. Letztendlich war es aber nur ein verspäteter ARE, der vorn auch noch paar leere Stellplätze hatte. Also kein Problem.

Weiter warten. Bald Diesel-Geräusche und ein leises Fahrgeräusch. Das musste die bewusste langsame Fuhre sein! Sonne schien. Mit allem rechnend waren wir doch ein klein wenig enttäuscht, als nur ein kleiner Speno über die Brücke gerollt kam. Während im Bahnhof auch eine DSB-farbene MZ rangierte, stieg das Speno-Personal aufs andere Ende und fuhr langsam in Richtung Sollefteå und Nyland aus. Auf der Strecke ist zur Zeit ja gar kein planmäßiger Zugverkehr.

Wir warteten weiter. Das Licht wurde richtig klasse, der Fluss wurde ruhiger und bildete Spiegelungen. Auf dem Nachbargrundstück war ne Mutti mit zwei kleinen Mädchen dabei, den Appelbaum zu ernten. Schlechte Äppel wurden neben uns in den Fluss geworfen. Aber kein Zug kam. Mehrmals wurde die Mutti von den Kindern gefragt "Was machen die da?". Wohl über eine Stunde war seit dem Speno vergangen, da krochen langsam die Schatten an der Brücke hoch. Gedanklich hatten wir schon eingepackt, da hörten wir in der Ferne mal wieder das ersehnte Tröten. Was mochte da wohl kommen? Es wurde ein Wettlauf mit den Schatten, die noch nicht die Schienenoberkante erreicht hatten. Noch nicht - aber fast! Der Zug kam. Es war ein ganz normaler Frachtenzug. Und leider hatten die Schatten schon sehr an der Brücke geknabbert. Aber wir freuten uns trotzdem, dass doch noch ein Zug hier mit tiefem Abendlicht und Spiegelung geklappt hatte.

Dann kam doch noch ein Zug im allerletzten Abendlicht...

Der Hunger trieb uns nun hurtig in den Supermarkt und an die Herdplatte unserer Hütte. Es gab Indian Korma mit Schweinefleisch (Huhn hätte es nur in der 1000g-Packung gegeben) und Reis. Lecker! Nach dem Essen drehten wir noch eine Verdauungsrunde um den Platz. Als wir auf dem kleinen Ponton standen, schwirrte eine Fledermaus um uns herum. Offenbar waren wir ihrem Nest zu nahe gekommen. Gelegentlich war es hier vollkommen still. Nichtmal Wind oder Wasserrauschen, kein Auto und kein Zug störten die Ruhe. Lediglich paar gelegentliche Vogelstimmen schallten durch den Abend. Wunderbar!

Samstag, 04.08.2010: Långsele - Östersund

Tja, und da war er leider schon da, der Abschied von der Hütte in Långsele. Schade, die Hütte war wirklich klasse. Wie immer standen wir um 6 Uhr auf. Der Blick fiel auf wolkenlosen Himmel. Nach dem Frühstück mussten wir erstmal Klarschiff machen. Wir haben die Hütte wirklich super-sauber vorgefunden, und so wollten wir sie auch abliefern. Nach dem Saubermachen waren wir mit unserem Werk dann auch ganz zufrieden. Ich hoffe, dass wir alles richtig gemacht haben. Erstmal fuhren wir wieder zu unserem offenen Hotspot bei der einen Tankstelle und zogen nochmal die relevanten tagesaktuellen Fahrpläne. Leider war für große Motivsuche in westlicher Richtung für das morgendliche Dreierzugbündel keine Zeit mehr, so dass wir uns einfach nochmal bei Västerflo hinstellten. Wir brauchten gar nicht zu warten; der erste Zug war schon zu hören. Es war ARE 4016. Motivmäßig war es hier zwar nicht so doll, aber für die unmittelbar folgenden Züge 4592 und Stahlpendel 9116 fanden wir noch zwei leichte Variationsmöglichkeiten.

Der Frachtenzug bei Västerflo...

...gefolgt vom leeren Stålpendel, der wie fast immer von einer Re-Doppeltraktion bespannt wurde.

Heute war der erste Tag, an dem alle drei Züge fast pünktlich hintereinander wegfuhren, wenn auch nicht ganz in der richtigen Reihenfolge. Gerade waren die Züge verschwunden und wir noch mit Schönsehen der Bilder beschäftigt, da tauchte plötzlich ein Triebwagen von Norden auf! Es handelte sich um den Norrtåg-Regina, der seine erste Einsatzwoche auf der letztes Wochenende eröffneten Bottniabahn hinter sich hatte. Dabei handelt es sich um einen Vorlaufbetrieb zwischen Örnsköldsvik und Umeå, weil weder die komplette Bottniabahn noch die eigentlichen Lirex-Züge fertig sind. An Norrtåg ist übrigens DB Regio Sverige beteiligt. Der Regina hatte auch ein ganz kleines DB-Zeichen auf der Front und Seite.

Überraschend kam auch noch der Norrtåg-Leih-Regina vorübergefahren. Er hatte gerade die erste Woche Bottniabahn hinter sich und soll oft schon gut überfüllt gewesen sein.

Nun wollten wir westwärts fahren und auf der anderen Seite von Långsele nach Motiven schauen. Doch bereits im Bahnhof Långsele blieben wir hängen, weil dort vor dem alten, fotogenen Lokschuppen paar illustre Fahrzeuge abgestellt waren.

Eine Lok vor dem hübschen Lokschuppen von Långsele. Sie steht auf dem Gleis, aber nicht auf den Schienen...

Doch dann ging es endlich westwärts. Für die anstehenden Südfahrer hatten wir uns einen Streckenabschnitt bei Väster Ledinge (Bf Graninge) ausgesucht. Leider kam der 42031 so früh, dass wir mit dem nur noch eine Notschlachtung an einem BÜ südlich Bf Graninge hinbekamen. Dort standen paar Banverket-Autos rum. In einem lag hinter der Frontscheibe eine genaue Zuwegungskarte für die Bahnstrecke. Darauf konnten wir sehen, dass weiter nördlich noch eine offenere Fläche kommen müsste. Und tatsächlich führte das Gleis dort durch ein Stück Wiesenlandschaft, das man von einem Hügel auf Privatgrund (wo zur Zeit aber offenbar niemand zuhause war) einsehen konnte.

Erstmal suchten wir allerdings noch nordwärts weiter, doch ein Erkundungsgang von Nico durch eine Rodung an einen See brachte keine geeigneten Ergebnisse. Daher also wieder zur Lichtung gefahren. Unsere Erkundungen auf den Zuwegungen der einzelnen Hütten muss für einen Außenstehenden ausgesehen haben wie die Kundschaftsfahrt einer Diebesbande. Aber vor dem ausgewählten Grundstück ließ es sich dann ganz nett warten. Aus Richtung Grundstück kam dann sogar ein Wagen angefahren, ohne dass die Insassen sich für uns interessiert hätten. Und später kam eine alte Dame mit ihrem Gehwagen angeschoben und zeigte ebensowenig Interesse an uns. Komisch, vielleicht ging der Weg doch weiter. Viel störender war, dass der erwartete TGOJ-Zug nicht kam... Das Licht wurde spitzer und spitzer. Dann kam der TGOJ 43023 aber doch noch. Zwar war ich mit den Auslösemomenten meiner Serienbildfunktion nicht ganz zufrieden, aber im Großen und Ganzen konnten wir zufrieden sein.

Der Kopparpendel von TGOJ fährt in den Bahnhof Graninge ein.

Nun fuhren wir mal westwärts weiter. Wir schauten bei verschiedenen BÜs rein, doch mit dem Lichtstand passte es erst wieder im Bahnhofsbereich von Bispgården so richtig. Abgesehen hatten wir es jetzt mal wieder auf den Stahlpendel mit der Traxx-Doppeltraktion. Das Motiv war mit zwei Schwedenhäuschen im Bild nicht ganz unnett. Was nicht kam, war mal wieder der Zug. Eine Viertelstunde vor Planzeit waren wir da und eine halbe Stunde nach Planzeit verließen wir den Bahnhof, da wir nicht sicher sein konnten, dass wir den Zug vielleicht doch irgendwo unterwegs verpasst hatten. Das Licht ging auch immer mehr von der Front weg. Mit Foto vom örtlichen Friedhof verließen wir Bispgården.

Von Bispgården gibt es leider nur ein Friedhofsbild.

Es ging tief hinab in das Tal des Indalsälven, der sich auch als breiter Strom erwies. Wie mag wohl die Bahnbrücke aussehen? Nico meinte, die Bahnbrücke kurz in der Ferne erspäht zu haben und dass sie modern, aber ganz schön hoch gewesen sei.

Wir hofften jetzt, dass man von unserer Straße irgendwie einen Blick auf die Brücke erhaschen könnte und fuhren sogar mal Seitenwege in die vermeintliche Richtung der Brücke hinein. Dort ergab ein relativ weiter Landschaftsblick aber nicht mehr als die Feststellung, dass wir noch längst nicht auf Höhe der Bahnbrücke waren. Als wir die Bahn kreuzten, probierten wir es mal nördlich der Bahn. Da ging ein Fahrweg parallel zur Bahn rein und wir glaubten, das könne ein Arbeitsweg zur Brücke sein. Jedenfalls hatte an der Straße kein Briefkasten gestanden - das ist ja sonst immer ein Indiz für eine Hauszufahrt. Ein Vägbom am Anfang des Weges war nicht verschlossen und konnte zur Seite geschoben werden.

Nun, der Weg war wohl doch kein Arbeitsweg der Bahn. Er führte auf ein Gelände, das ein klein wenig Park ähnlich angelegt war und auf dem ausdrücklich untersagt war zu jagen, was an sich ja schon mal beruhigend ist. Große Wiesenflächen sahen fast so aus wie ein Zeltplatz für Jugendlager oder so. Der Weg endete neben dem Bahndamm nur 100m vom Anfang der Brücke weg. In freudiger Erwartung auf einen seitlichen Blick querten wir den Bahndamm und brachen uns unseren Weg durchs Unterholz weiter. Es hatte hier einen Windbruch gegeben, der jedoch leider nicht den Abhang runter zum Fluss eingeschlossen hatte. So erblickten wir zwar die Brücke zwischen den Bäumen, doch einen freien Ausblick gab es mitnichten. Es handelte sich um eine hohe Betonbrücke mit großem, fotogenen Bogen.

Oberhalb der Rodung entdeckten wir Felsen. Von da oben müsste man doch über die unteren Bäume rüberschauen können? Als wir uns mühsam durch die Rodung über Stock und Stein und Blumen und Moos bis zu den Felsen durchgekämpft haben, sahen die Felsen doch etwas unbezwingbarer aus als aus der Ferne. Nico war irgendwann verschwunden und auf meinen Ruf "Nicoooo?" hin meldete sich seine Stimme doch schon ein Stück höher. Ich ging bis zum Ende der Felsen, wo sich gleisseitig das Gelände etwas sanfter erhob. Was nicht bedeutete, dass es besser zu begehen gewesen wäre. Auch hier musste ich mühsam Stück für Stück in die Höhe kraxeln. Wehe, man trat auf einen morschen Holzstamm, dann landete man gleich wieder eine Etage tiefer. Aus lauter Hohn kam nun der stark verspätete Stahlpendel nach Norden durchgefahren. Mit dem hätten wir hier aber nichts anfangen können. Ob der südgehende Stahlpendel, auf den wir es hier abgesehen hätten, dieselbe Verspätung hat? Dann hätten wir ja noch ne Chance, ihn anderswo zu bekommen.

Irgendwie gelangte ich nun aber doch auf die Höhe. Hier gab es einige lichte Stellen, denn auch hier hatte es einen Windbruch gegeben. Ich tastete mich entlang der Felskante vor. Durch die Bäume sah ich nun richtig viel von der kühn geschwungenen Brücke. Und was war das? Ein Stück weiter ragte eine weitere Hochbrücke aus dem Wald hervor. Die war in prächtiger Stahlträgerbauweise gebaut. Offenbar eine alte Eisenbahnbrücke! Leider ließ sich das alles gar nicht umsetzen. Dummerweise habe ich nichtmal ein Belegbild durch die Bäume hindurch gemacht, um die Brücken wenigstens ansatzweise hier im Bericht zu zeigen. Irgendwann traf ich auf Nico, der den deutlich steileren Weg zurückgelegt hatte. Gemeinsam stiegen wir nun vorsichtig und unverrichteter Dinge wieder hinab. Schade! Aber ein nettes Geländespiel und eine ordentliche Sporteinlage war das schon!

Im Auto ging es nun weiter westwärts. Am Bahnhof Ragunda schauten wir mal hoch. Das Empfangsgebäude war nett, aber Schatten und Büsche zwischen den Gleisen machten das Motiv zunichte. Wir fuhren weiter. Die nun folgenden Bahnübergänge waren diese typischen motivlosen Waldüberwege. Hier kamen wir in eine Gegend, wo das Fotografieren nicht ganz einfach war. Wenn mal ein gescheites Seeufer in Bahnnähe war, so war es morastig und man konnte nirgends stehen. Die mittelalterliche Kirche von Valla sah richtig prächtig aus und stand oberhalb der Bahn. Aber es fehlte der geeignete Fotostandpunkt, denn unterhalb der Bahn begann gleich der Schilfgürtel eines Sees. Mit Paddelboot wär's vielleicht gegangen.

Die Håsjö gamla kyrka am Rande von Valla ist 1684 erbaut worden. Der verspielte Glockenturm kam allerdings erst 1779 hinzu.

Weiter gings. Erst ein ganzes Stück weiter, vor Nyhem, fanden wir an einem Nebenweg einen Bahnübergang, wo die Bahn in einer breiteren Schneise verlief und sich im Hintergrund ein Bergrücken erhob. Dort einfach mal gewartet - sehr zur Verwunderung der Einheimischen. "Gefährlich" wurde es durch plötzlich von Westen hereinziehende Wolken, die das ganze spannend machten. Nach vielleicht einer Dreiviertelstunde des Wartens und drei Polarbrød später kam tatsächlich ein herbeigesehnter Zug. Es war zwar nicht der Stahlpendel, mit dem wir gerechnet hatten, aber der ARE 4005. Eine schön leuchtende Containerkette im dunklen Wald. Und er ging mit Sonne!

Die Wolken drohten bereits massiv, als der ARE doch noch bei Sonne durchkam.

Nachdem wir nun also mal wieder etwas zustande gebracht hatten, ging es in die nächste Etappe. Wir dachten uns, dass man ja zuletzt nochmal einen Fensterzug fotografieren könnte. In einer halben Stunde sollte ein IC aus Richtung Östersund zwischen Bräcke und Ånge verkehren. Auf den hatten wir es abgesehen. Unterwegs sahen wir noch einen interessanten Seedamm bei Grötingen durch den See Grötingen. Oben von der Straße durch die Bäume sah es jedenfalls klasse aus. Zeit zur genauen Beschau hatten wir allerdings nicht. Zu unserem Schrecken wurden wir Gewahr, dass von Westen nun richtig geschlossene Bewölkung aufzog! Hinter Bräcke auf dem zweigleisigen Stück unweit der Ortschaft Bensjö suchten wir nach Möglichkeiten, fanden aber gar nichts. Ein Güterzug der Gegenrichtung, den man gut hätte umsetzen können, ging uns noch dazu durch die Lappen. Der IC hingegen konnte bald als "überfällig" verbucht werden. Das war jetzt auch egal, denn die Bewölkung hatte uns eh erreicht.

Wir beschlossen, nochmal den Seedamm bei Grötingen genauer zu begutachten und uns dann in die letzte Partie unserer Autoreise nach Östersund zu begeben. Der Seedamm sah von unten, wo man keine Bäume mehr im Weg hatte, schon nicht mehr so toll aus und war auch ganz gut zugewuchert. Aber abends hätte man mit Südfahrern spitz auf jeden Fall noch was anfangen können. Um diese Erkenntnis bereichert machten wir uns auf nach Östersund, das wir eine knappe Stunde später ohne besondere Vorkommnisse auch erreichten. Da wir morgen früh mit dem Zug abfahren mussten, wollten wir ein Stadthotel nehmen. Im Internet war das First Ett Hotel draußen im Gewerbegürtel am billigsten ausgewisen, deshalb fragten wir dort mal nach. 850 SEK das Doppelzimmer - det war jekooft.

Nach dem Check in führten wir noch so notwendige Sachen durch wie Leergut wegbringen, Proviant für morgen besorgen, Tanken und Essen gehen. Einen Supermarkt haben wir lange gesucht und fanden ihn letztendlich in Form eines herrlich riesigen ICA Kvantum in einer Großwohnsiedlung an der Straße Richtung Süden. Dort gab es einfach alles, was das Herz begehrt. So einen Supermarkt hätte ich gern bei mir in der Nähe... Wir standen übrigens dreimal an der Kasse an: Erstmal mit dem Einkauf, dann ich nochmal, weil Nico lecker Muffins hatte und ich jetzt auch welche haben wollte, dann Nico, weil wir den Leergutbon vergessen hatten.

Tanken - auch nicht ganz einfach. Die günstige Preem-Tanke wollte Nicos Kreditkarte nur mit maximal 500 SEK belasten, so dass der Tank immer noch nicht ganz voll war (kannten wir ja schon aus Sollefteå). Also später nochmal woanders den Rest getankt. Etwas Sorgen machte mir auch, dass weder im Hotel noch an den Tanken meine Kreditkarte vom System akzeptiert wurde. Hmmm, was damit wohl war???

Am Bahnhof wurde auch noch kurz vorbeigeschaut. Und siehe da - die NOB war auch schon da! Cargolink setzt seine Di6er auch im Holzverkehr zu den Timmerterminals rund um Östersund ein.

Essen gehen - Wir hatten ja vom letzten Mal in Östersund noch einen Dönerladen im Hinterkopf, wo man gut und reichlich essen konnte. Etwas dauerte es, bis wir den Laden wiedergefunden hatten, doch dann sahen wir ihn und bekamen auch wieder einen riesigen Berg vorgesetzt. Lecker! Zurück im Hotel schauten wir im WLAN nach dem Fahrpreis nach Storlien für morgen. 332 SEK für zwei Personen. Da wir übers WLAN aber nicht die ganzen Daten eingeben wollten, sind wir nochmal runter zum Bahnhof, um zu schauen, ob's am Automaten nennenswert teurer wäre. In Östersund gibt es aber nur einen SJ-Automaten, und der gibt halt nur SJ-Fahrkarten aus. Der NSB-Zug nach Trondheim wird aber auf schwedischer Seite von Veolia durchgeführt. Und dafür kann man selbstverständlich am SJ-Automaten keine Fahrkarte ziehen. Es ist unglaublich, welcher Durchblick hier von den Reisenden erwartet wird!

Wir zogen unverrichteter Dinge wieder hoch ins Hotel und werden morgen wohl die Karte beim Schaffner erwerben. Mal sehen, wie teuer das dann wird...

Sonntag, 05.09.2010: Östersund - Hamburg

Unser Zimmer hatte nicht gerade die attraktivste Lage: Vorm Fenster standen direkt die geparkten Autos. Aber ansonsten war das Zimmer sehr ok. Morgens bekamen wir leider kein Frühstück, denn das gab es sonntags erst ab 7.30. Aber wir waren ja vorbereitet und hatten uns mit Kjøttbullarbaguettes und Muffins eingedeckt. So fuhren wir unseren Wagen zur Avis-Tankstelle, schmissen dort den Schlüssel ein und rollerten mit den Koffern zum Bahnhof. Der Nachtzug aus Stockholm war schon angekommen und der Mittnabotog, der ja schon seit gestern Abend hier stand, wurde aufgeschlossen.

Veolia / NSB 382 Östersund 7.18 > Hell 10.39

Die Fahrt verlief sehr angenehm, vielleicht abgesehen von einer älteren Dame, die sich unbedingt in die Sitzreihe hinter mir setzen musste, obwohl der ganze Wagen frei war, und die hypernervös ständig am schnufen, rascheln oder knistern war. Hinter Storlien, wo wir die Kreuzung fotografiert haben, setzte ich mich einfach weiter nach vorn. Ansonsten war es toll, mal wieder durch diese herrliche Gegend zu fahren, die ich gerade bei meinen ersten Skandinavientouren mehrfach aufgesucht hatte und wo ich meine bisher einzigen Schritte auf Skiern zurückgelegt habe (in Ånn anno 1994, lang ists her...). Gerade wenn man in Richtung Westen fährt, hat man das Gebirge stets vor sich und nähert sich immer mehr. Wunderschön die freien Fjellflächen vor Ånn und vor Storlien.

Die beiden Mittnabotogs kreuzen immer in Storlien. Das ist natürlich das sinnvollste für einen wirtschaftlichen Personaleinsatz. Die Zeit reicht gerade für eine Zigarette der norwegischen Zugführerin.

Der Fahrplan dieser Strecke mit drei Zugpaaren am Tag ist schon kurios: Unser NSB-Dieseltriebwagen, der ja auf schwedischer Seite von Veolia bemannt wird (der KIN trug einfach nur ein weißes T-Shirt mit Veolia-Aufschrift), überholt in Duved den Nachtzug aus Stockholm / Göteborg, der somit kurz vorm Ziel Storlien noch zu einem längeren Aufenthalt gezwungen ist. Dieser Nachtzug muss außerhalb der Saison ab Östersund ohnehin ein gewaltiges Zuschussgeschäft sein.

Bis Storlien war es größtenteils bewölkt, nur einzelne Sunspots beleuchteten unsere Fahrt. Aber hier am Gebirgspass war die Bewölkung schlagartig zuende und wir fuhren in den Sonnenschein hinein. In Hell war dann Trennung angesagt. Der unmittelbare Trønderbahn-Anschluss zum Flughafen Værnes fährt nur Mo-Fr. Da Nicos Flug schon 12.20 ging, musste er mit seinem Rollkoffer die 1,3 km zu Fuß zurücklegen, während ich zwei Stunden mehr Zeit hatte und diese Zeit am Bf Hell totschlagen wollte, um die Massen an Güterzügen zu fotografieren, die hier sonntags sicherlich kommen würden... Wir fotografierten noch zusammen den weiterfahrenden Mittnabotog bzw dessen Abfertigung. Zu unserer Verwunderung war der Bahnhof örtlich besetzt.

Ladypower in Hell. Die Zugführerin musste ihre örtliche Kollegin allerdings etwas bremsen, weil sie noch nicht aufgeraucht hatte...

Nachdem Nico losgerollert war, machte ich es mir auf einer Kabeltrommel bequem, die auf dem Bahnsteig stand. Andere Sitzgelegenheiten gab es leider nicht. Überhaupt war der Bahnhof gerade Baugrube, denn offenbar baute man auch hier ein ESTW (bisher war die Fernsteuerung wohl per Relaistechnik). Während der Umbauphase ist wohl örtliche Besetzung zur Bedienung der Weichen erforderlich, während sich die Signale ferngesteuert schalten lassen. Nachdem das morgendliche Mittnabo-Zugpaar nun durch war, mussten keine Weichen mehr gestellt werden und die örtliche Dame machte Feierabend.

Bald ging das Signal Richtung Flughafen auf grün. Nachdem in Schweden an der Stambana die Signale immer extrem knapp gestellt wurden, musste ich mich erstmal wieder daran gewöhnen, dass ein 45 Min vorher gestelltes Signal in Norwegen völlig normal sein kann. Aber vielleicht kommt ja trotzdem was Außerplanmäßiges? Ich hängte die Kamera lieber mal um den Hals und suchte mir zwischen Kabelbaustelle und Lärmschutzwand einen Standpunkt. Hell hatte ich netter in Erinnerung... Dann kamen zwei Dinge: Erstens der Wagen einer Gleisbaufirma, dem zwei KabeldurchRørelegger entstiegen und sich auf einen "wunderhübschen" Prellbock setzten, den ich im Bildvordergrund hatte. Und dann kam doch was auf den Gleisen: Ein Zweiwegebagger mit einer riesigen Kabeltrommel vorweg! Der fuhr allerdings auf einem eigenen Baugleis und hatte nichts mit dem grünen Signal zu tun. Das grüne Signal war für meinen Zug zum Flughafen (denn in Hell hielt mich jetzt nicht mehr viel).

Am Abreisesonntag natürlich - wie es sich gehört - Superwetter! Da nimmt man aus lauter Verzweiflung schon mal einen Bagger mit...

Lt 433 Hell 11.43 > Trondheim Lufthavn Værnes 11.44

In Værnes gefiel mir der Blick vom Bahnsteig durch die anschließenden Tunnel der Flughafen-Rollbahnen. Ich nahm den abfahrenden Zug und später, nach dem Einchecken, auch noch den Gegenzug auf. Bis ich oben allerdings mal einen Flieger bekam, musste ich ewig warten.

Das nenn' ich Anschluss: Während meine Trønderbahn von dannen fährt, wird oben der Flieger bereitgestellt. Real lagen leider rund zwei Stunden zwischen beidem, der Direktanschluss entstand mit freundlicher Unterstützung durch Photoshop.

Nach dem langen Warten war ich aber doch ganz froh, so langsam mal zu meinem Vogel vorgehen zu können. Die Sicherheitskontrolle verlief vollkommen ereignislos. Es gab nichtmal einen Piep, obwohl mein Pullover doch einen Metall-Reißverschluss hat. Merkwürdig... Unter den Mitreisenden fiel mir eine hübsche junge Frau auf, deren einziges Manko war, dass sie eine entsetzlich große Brille trug. Am Gate fiel sie dann dadurch auf, dass sie mitten im Gewühl auf dem Boden sitzend eine Packung Sushi aß. Nun ja, warum nicht... Der Flughafen Trondheim gefiel mir übrigens sehr. Wie ein richtiger Weltstadtflughafen, bloß ne gewisse Nummer kleiner.

DY 787 Trondheim 14.10+35 > Oslo 15.00+25

Norwegian fliegt sonntagnachmittags einen Flieger nach dem anderen von Trondheim nach Oslo. Zur Planabflugzeit eröffnete uns die Besatzung, dass ein anderer Flug ausgefallen sei und wir auf weitere Passagiere warten müssten. Tatsächlich wurde jetzt so lange gewartet, bis unser Vogel wirklich bis auf den letzten Platz belegt war. Die Leute aus dem anderen Flug zu verteilen war dabei eine ganz schöne Herausforderung. Besonders, wenn Muttis mit Kindern kamen, die natürlich zusammen sitzen wollten. Aber irgendwann war es vollbracht, alle Menschen und alles Gepäck war verstaut und niemand musste stehen... Da ich nicht am Fenster saß, hatte ich nichts besseres zu tun als den Flug zu verschlafen.

In Oslo hatte ich jetzt fast drei Stunden Zeit. Aber da Oslo der Flughafen der langen Wege ist, schrumpft die Zeit schnell zusammen. Vom Flieger kam man im ersten Stock an, musste eine Treppe ins EG runter und dann gleich eine andere Treppe in einen Laufgang im zweiten Stock hoch. In diesem Laufgang lief (was sonst?) man nun oberhalb der ganzen Abflughalle einmal über alle Gates rüber, bevor es eine Treppe abwärts in die Abflughalle gab. Dort musste ich zum internationalen Teil nun wieder die ganze Strecke zurücklaufen.

Dabei kam ich auch an einem Restaurant mit Salatbar vorbei. Das sah alles sehr lecker aus. Erst hatte ich ja noch überlegt, angesichts des schönen Wetters paar Stationen mit der S-Bahn raus zu fahren und zu fotografieren, aber das war mir doch zu hektisch. Von den drei Stunden waren eh nur noch knapp zweieinhalb übrig. Den Salat nahm ich mit in den internationalen Teil und verputzte ihn an einem leeren Gate, bevor sich das mit Reisenden nach Zürich füllte. Dann umgesiedelt und in einer gatefreien Sitzecke in Ruhe den Reisebericht auf Vordermann gebracht. Und während ich diese Worte schreibe, ist auch nur noch eine halbe Stunde bis zum Abflug Zeit.

Ich sollte künftig allerdings besser das Augenmerk auf die Boarding-Zeit legen. Denn als ich um 17.35 zu meinem Gate ging, entdeckte ich unterwegs auf den Anzeigebildschirmen was von "Gate closed". Ääääh, Moment mal, haaaaalt, ich will noch miihit! Dann hörte ich zum Glück den "Letzten Aufruf" für meinen Flug! Puuh! Schnell zum Gate und zum Flieger gelaufen. Warum erfolgen die Aufrufe der Flüge nicht im ganzen Terminal? Das hätte was werden können...

DY 1108 Oslo 18.00 > Berlin 19.25

Der Flug war angenehm und ich hatte sogar Fensterplatz. Man sah nach dem Abflug das ganze Glomma-Tal im Gegenlicht daliegen. Wunderbar hob sich die Zweiteilung des Flusses (Bifurkation) mit anschließender Wiedervereinigung in der Landschaft ab. Danach Wolken und danach die Seenplatte rund um die Müritz im Gegenlicht, und die Seen rund um Potsdam habe ich auch mal fotografiert. In Schönefeld ist das neue Terminal mit Bahnanschluss ja schon ganz schön weit. Die Gepäckabholung ging reibungslos, und ohne Hetze gelangte ich zum Bahnhof.

Anflug auf Berlin Schönefeld mit Blick auf die Potsdamer Seen.

RB 28332 Berlin-Flughafen Schönefeld 19.55 > Berlin Hbf 20.23

In der RB erfragte ich über Handy, dass der ICE nach Hamburg um 20.17 eine Viertelstunde Verspätung habe. Das reichte mir. Suuuper! Im Hbf schnell runter und den Zug gut erreicht.

ICE 1604 Berlin Hbf 20.17+15 > Hamburg Hbf 21.56+15

Eine wunderbare Fahrt im eigenen Großraum-Abteil hinterm Lokführer! Und das Bier war im Speisewagen ja sowas von billig! Die Fahrt nach Hamburg verging wie im Fluge und ich kam nichtmal nach, den ganzen Reisebericht zu lesen...

Nachbetrachtung

Es war sicher nicht die spektakulärste Tour, aber mit der Stambana haben wir auf jeden Fall mal völlig neues Terrain betreten. Und angesichts der schönen Unterkunft und des mehrtägigen schönen Wetters konnte man dieses Thema auch sehr entspannt angehen. Aber das Thema Nordlandsbahn und vor allem Saltfjell hat uns nicht ganz losgelassen. Irgendwann wird man dort nochmal hin müssen...

Und die Wälder? Sie werden bis dahin weiter vor sich hinrauschen. Mal rauscht ein Zug, meistens ist es aber der Wind. Oder? Kommt da doch ein Zug?...

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