Im Reich der Unroten - Norwegen August 2021

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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✈ = Drohnenbild

Auch die Urlaubssaison 2021 steht ganz im Zeichen von Corona. Nachdem in 2020 beide geplante Norwegentouren nicht stattfinden konnten, wurde mein Drang in die Richtung immer stärker. Denn die letzte richtige Norwegentour, bei der also Norwegen nicht nur Beiwerk war, liegt mittlerweile 5 Jahre zurück. Die Strafe für dieses Versäumnis erfolgt nun gerade in Form einer für mich etwas zu unerwartet gekommenen Umsortierung der norwegischen Eisenbahn, die dazu geführt hat, dass die klassische norwegische Staatsabahnlackierung in den fotofreundlichen Rottönen nun in hohem Maße Geschichte ist.

Die eingesetzten Fahrzeuge sind die gleichen wie zuvor. Sie gehören nun der staatlichen Gesellschaft Norske Tog und werden an die neuen Betreiber vermietet. Auch am Zugprogramm hat sich nichts Gravierendes geändert; es wird noch immer nach Plänen gefahren, die im Großen und Ganzen schon Jahrzehnte Bestand haben.

Der Süden des Landes (Sørlandsbane) wird nun von GoAhead Nordic beschickt, die eine ganz schicke dunkelblaue Lackierung verwenden. Also schick, aber eben dunkel. In der Mitte fährt Vy, hervorgegangen aus der NSB, nun mit silbernen Loks und grünen Wagen. Schönes Design geht anders. Den größten Batzen hat wohl SJ Norge erhalten, die praktisch auf allen von Trondheim ausgehenden Strecken fahren, also von Oslo bis Bodø inkl Zweigstrecken. Deren Lackierung bzw Folierung in dunkelblau/grau kommt ganz gefällig, wobei das dunkle Blau auch hier zwar edel, aber ganz schön dunkel kommt.

Immerhin waren bis zum Beginn der Reise bei SJ Norge zwar alle Wagen, aber noch keine Loks und nur ein Teil der Triebwagen umfoliert, so dass mein Hauptziel klar war: Rote Di4 vor blaugrauen Wagen auf der Nordlandsbahn. Ob das Wetter mich wohl in den Norden lassen würde? Das wäre schön, denn bei den Di4 muss man wohl irgendwann mit einem Einsatzende rechnen. Fakt ist, dass die Elektrifizierung in den nächsten Jahren ein kleines Stück nordwärts ausgedehnt werden und dann vielfach mit Hybridfahrzeugen gearbeitet werden soll, die auch schon bestellt sind. SJ Norge hat zudem ab Ende 2022 durchgehende Verbindungen Oslo - Nordlandsbahn mit Hybridzügen angekündigt. Man darf gespannt sein, was davon umgesetzt wird. Aber dass der klassische "Dagtog", der Tageszug der Nordlandsbahn, und vor allem die Di4 das alles überleben werden, bleibt fraglich.

Als klar war, dass ich das große Glück haben würde, bis Anfang Juli komplett als geimpft gelten zu können, konnte ich mir nach einem Dreivierteljahr Abstinenz endlich mal wieder Gedanken über Urlaubsplanung machen. Der Juli schied zwar von der Arbeit her aus, aber mit Beginn August sollte es los gehen. Norwegen hatte irgendwann Anfang Juli Deutschland als grüne Zone eingestuft, was sich trotz leicht steigender Inzidenzzahlen in Deutschland auch bis zum Reisebeginn hielt. Als vollständig Geimpfter sollte bei der Einreise sogar für mich die Registrierungs- und Testpflicht entfallen. Das war ja eine Basis!

Auch wenn ich mit dem Fliegen jetzt nicht die ganz großen Bedenken habe, fand ich den Gedanken sympatischer, nicht im dichten Gedränge eines Flugzeugs sitzen zu müssen. Auch um mir die größtmögliche Flexibilität zu wahren, überlegte ich, vielleicht erstmals mit dem eigenen Auto zu fahren. Und bevor irgendwelche anderen Grenzen dicht gemacht werden, wollte ich mal lieber den einzigen Grenzübergang DE-NO nutzen, der mir zudem paar tausend Kilometer An- und Abreise ersparen würde: Die Colorline Fähre Kiel - Oslo. Man konnte dort ohne Aufpreis den Flextarif buchen, mit dem man im Falle eines Falles noch bis 24h vor Abfahrt stornieren konnte. Ok, das Ganze war preislich der pure Luxus, aber wenn man die momentan explodierenden Leihwagengebühren berücksichtigt (zwei Wochen wären nicht unter 1000€ abgegangen), so relativieren sich die 1400€ für die Fähre inkl Außenkabine schon wieder. Dafür hat man ein schönes Stück Urlaub am Anfang und Ende der Tour, auf das man sich richtig freuen konnte.

Trotz leicht steigender Infektionszahlen blieb die Lage so stabil, dass man die Reise in Angriff nehmen konnte. Und mit der Wahl der Fähre hatte ich tatsächlich ein glückliches Händchen. Dänemark war auf Norwegens Coronakarte nämlich inzwischen schon wieder orange Zone geworden. Zwar wird eine Einreise aus der orangen Zone nach Norwegen erlaubt, wenn man diese ohne Kontakte oder Übernachtung durchfahren hat. Aaaber: Man darf in der orangen Zone auch keine öffentlichen Verkehrsmittel genutzt haben. Und Fähren gelten dabei als öffentliche Verkehrsmittel. Damit ist der Fährverkehr DK - NO ziemlich eingeschränkt worden.

Samstag, 31.07.2021

Wie gesagt - dies war das erste Mal, dass ich mit dem eigenen Auto in den Urlaub gefahren bin. Ich genoss die Vorteile. Paar Sachen konnte man schon mal vorab ins Auto bringen, die wichtigsten Autoutensilien wie Kartentablet oder Musikstick waren schon an Bord, auch die Leiter konnte diesmal mit. Und den Koffer hatte ich nicht weit zu schleppen.

Um 8 Uhr war die A7 durch Hamburg auf Google Maps noch grün ausgeleuchtet. Dann kam das so wie bei Quellwolken. Um 8:20 war ein erster kleiner Abschnitt orange. Dieser Fitzel erwuchs rasant zum üblichen Stau und 15min später war alles rot. Ich hatte eh um 9 losfahren wollen und konnte starten. Panik musste ich nicht haben, anderthalb Stunden Reserve meinerseits sollten reichen und die zwei Stunden, die die Reederei einen vor Schiffsabfahrt dort haben will, kamen noch on topp.

Das war dann auch alles noch sehr erträglich. Durch Hamburg hatte ich vielleicht 20min zugesetzt, so dass ich mit "norwegischer" Geschwindigkeit nach Kiel bummeln konnte. Dort traf ich um 11 Uhr ein. Beim Check-in Häuschen wurde ich direkt mit "Hr Lukner" begrüßt. Die Dame hatte schon mein Kennzeichen in den Rechner eingegeben, bis ich zu ihr vorgezogen war. Erstmalig durfte ich die Covpass App vorzeigen. Der QR-Code wurde gescannt und ich bekam ein Schild für die Windschutzscheibe, das mich als geimpft auswies. So wäre eine schnellere Einreise in Norwegen möglich, erklärte sie. Die Einweiser würden das schon beim Einparken in der Fähre berücksichtigen.


Mit dem orangen Zettel ist man schon mal auf der richtigen Seite...

Um kurz nach 12 begann dann auch schon ein stückweises Vorfahren in Richtung Fähre. Aber es sollte noch eine Dreiviertelstunde dauern, bis ich den Bauch der Fähre erreicht hatte. Nach dem Einparken merkte ich dann, weshalb es schlau gewesen wäre, für die Fähre eine kleine Tasche zu packen. Den Koffer 5 Decks hoch zu hieven, war etwas schweißtreibend.

Color Fantasy: Kiel 14:00 - Oslo 10:00 (Sonnntag)

Andererseits war ich megafroh, alles in der Kabine zu haben. Die halblange Hose und das T-Shirt waren bei der heutigen Klamottenwahl etwas optimistisch gewesen. Als ich zum Ablegen aufs Sonnendeck wollte, goss es in Strömen. Na ja, mit bischen Deckung ging es.


Nass ist es auf der Kieler Förde.

Eigentlich hatte ich ja fest vorgehabt, auf dem Schiff erstmal einen Begrüßungshotdog zu essen. Doch dies war das erste norwegische Schiff, auf dem es keinen Hotdog gab. Aber das Käseschinkenbaguett war auch sehr lecker. Nein, ich sage nicht, was es gekostet hat. Einmal Kreditkarte gegenhalten, sonst nichts... Aber so hatte ich das Schiff schon mal gut erkundet. Ich weiß jetzt gar nicht, was ich erwartet hatte. Von der Color Fantasy und ihrem Schwesterschiff wird immer so in Superlativen gesprochen, es seien Kreuzfahrer. Ok... War schon nett, aber nicht exorbitant. Irgendwie erinnerte mich die "Mall" im Herzen des Schiffes an ein Flughafenterminal. Es gab so etwa die gleiche Art von Läden und Wirtschaften.


Der zentrale Bereich der Fähre ist diese kleine Einkaufsstraße, in der natürlich auch Restauration zu finden ist.


Öhm, ist das jetzt so gemeint, wie es klingt? Ihre Kabine kann in Kiel leider nicht gereinigt werden, aber Sie dürfen sich ein frisches Handtuch nehmen! Vermutlich betrifft das Schild nur die "Rundreisepassagiere", die direkt wieder mit zurück fahren, aber etwas doof klingt das schon. Norwegische Ausschilderungen werden noch mehrfach Thema in diesem Bericht...

Später ließ der Regen nach. Ich blieb bis hinter Laboe an Deck. Der Verkehr auf der Kieler Förde hatte schon bischen was von Straßenverkehr. In Holtenau hatte die Schleuse gerade drei kleinere Schiffe aus dem Nord-Ostsee-Kanal ausgespuckt, zwei blaue und ein rotes. Alle drei gaben nun alles, noch vor unserer Fähre in das Fahrwasser einzuscheren. Beim ersten Schiff fand ich das schon knapp, beim zweiten knapper und beim dritten ziemlich krass. Während die beiden blauen nun die Hacken in den Teer bzw die Schrauben ins Wasser hauten und bald einen deutlichen Vorsprung ausgearbeitet hatten, gab das rote Schiff zwar auch alles, es reichte aber nicht. Ich denke schon, dass der Kahn uns etwas ausgebremst hat. Der Käptn gab einen lauten, tiefen Tröt der Missbilligung von sich. Bzw vom Schiff... Erst mit Erreichen der offenen See fuhr der Rote "an die Seite" und ließ sich erschöpft von uns überholen... (Nachtrag: Die Schiffe aus dem Nord-Ostsee-Kanal haben in Kiel tatsächlich Vorfahrt vor Schiffen aus dem Hafen!).


Bis Laboe bekommen wir Abstand zu einem kleineren Schiff.

Ich verzog mich auf ein kleines Nickerchen in die Kabine. Um 17 Uhr stand der härteste Teil des Nachmittags auf dem Programm: Das Grand Buffet! Ich hatte es gleich mit gebucht und erhielt einen wunderbaren Tisch mit direktem Blick auf das Wasser. Das war wirklich ein topp Platz! Ich hielt es dort dann auch fast anderthalb Stunden aus, während draußen Langeland vorüber glitt. Anderthalb Stunden - das waren anderthalb Stunden intensivsten Fressens. Mein Vorsatz, meine momentane Low Carb Linie einzuhalten, scheiterte erstens an der geringen Gemüseauswahl und zweitens an den lecker aussehenden Carbs, also Kohlehydraten. Der Reis und das Kartoffelgratin passten hervorragend zu Steaks und Fisch. Krass fand ich, dass allein eine ganze Buffetreihe für Krustentiere und Puhlgetier aller Art reserviert war. Das überließ ich aber den Norwegern. Nach einem Stück Sahnetorte und einmal Blueberry Cheesecake (ich liebe sie) zusammen mit ganz vielen Melonenstücken glaubte ich, dass ich lieber mal aufhören sollte...


Hat schon bischen was von Dekadenz: Mein Fensterplatz. Ganz so einsam, wie es auf dem Bild wirkt, stand der Tisch allerdings doch nicht...

Wo kann man am besten Müdigkeit generieren, wenn nicht im frischen Seewind? Der Himmel hatte inzwischen aufgemacht, so dass man es auf dem Sonnendeck gut aushalten konnte. Wobei man sich und seine Besitztümer wie zB Kameradeckel gut festhalten musste. Es wehte nämlich ein heftiger Sturm. So kam ich dann auch direkt zu meinen ersten zwei Zug-Streckenaufnahmen. Im Streiflicht konnte ich zwei lange ICs zwischen den Inseln Sprogø und Fünen fotografieren. Mal sehen, vermutlich wird auf dem Foto nur noch Flimmern zu sehen sein... Mit einem Bier aus der Bar, das ich in eine windgeschützte Nische neben mir stellen konnte, genoss ich nun noch etwas die Abendsonne, während ich den Reisebericht auf Vordermann brachte.


Uns begegneten auf der Fährüberfahrt nicht viele Dinge, die höher waren als wir. Die Storebæltbru gehörte allerdings dazu.


Ein IC ist auf dem Weg nach Fyn, und...


...bald darauf kommt einer nach Sjælland. Aus irgendeinem Grunde endet der IC 56156 bereits in Korsør.

Der frische Seewind hatte tatsächlich Müdigkeit gebracht. Um 21 Uhr lief ich langsam mal wieder in Richtung Kabine. Leider war das Bett ein Stück zu niedrig als dass man liegend auf die Wellen hätte schauen können... Besonders alt wurde ich am heutigen Abend nicht mehr.

Sonntag, 01.08.2021

Mitten in der Nacht wachte ich mal auf. Der Grund war ein angesichts der Völlerei am Buffet nur leichtes Sodbrennen. Dabei bemerkte ich, dass der Kahn nun doch etwas im Seegang schaukelte. Aber nicht viel. Ich schlief bald wieder ein. Beim Aufwachen am Morgen kam langsam in der Ferne Land in Sicht. Die Zeit passte und ich konnte bald zur nächsten Völlerei schreiten, dem Frühstücksbuffet. Diesmal wurden keine Plätze angewiesen, so dass ich mich wieder auf den schönen Fensterplatz von gestern setzen konnte. Ich ließ mir Rührei mit Lachs und den Kaffee schmecken. Die Einfahrt durch den engsten Teil des Oslofjordes gab ich mir natürlich nochmal an Deck. Die Wolken hingen tief, und irgendwie sah es aus, als ob wir direkt in eine Regenwand reinfahren würden. Die hatte sich dann aber doch schneller als gedacht verzogen.


In der Ferne taucht Oslo auf.

Das Ausschiffen verlief sehr koordiniert. Eine Viertelstunde vor Ankunft wurde man in die Kabinen gerufen, wo man weitere Anweisungen abwarten solle. Dann wurden die Autofahrgäste Deck für Deck aufgerufen, aufs Autodeck zu kommen. Ich hatte mir zum Glück gut gemerkt, wo ich hin musste. Als alle im Auto saßen, irrte ein Ehepaar immer noch verzweifelt suchend über die Decks. Sie wurden vom Personal kurzerhand vom Deck geschickt, weil nun der Boden gesenkt wurde, um eine Rampe zu bilden. Da haben Fußgänger an Deck nichts zu suchen, um die konnte man sich kümmern, wenn nur noch ein herrenloses Auto rumsteht.


Darf ich vorstellen? Mein Auto.

Etwa 10:20 war ich vom Schiff, doch das Anstehen vor der Kontrolle dauerte dann auch noch etwas. Den Impfnachweis musste man nochmal scannen lassen. Wenn der nix gewesen wäre, hätte mir der Grenzpolizist vermutlich ins Auto gelangt und den orangen Zettel vom Rückspiegel gerissen. Aber so war alles gut, und am Eingang zur Teststation wurde mir aufgrund des orangen Zettels direkt der Weg drumherum gewiesen. Gegen 11 wurde ich auf das Land losgelassen.

Die Schnellstraßen in Oslo waren am Sonntagmorgen traumhaft leer. Ich kam schön zügig aus der Stadt. Drei Jahre war ich nicht in Norwegen. Drei Jahre, in denen sich eine Menge getan hat. Die Autobahn führt nun ohne Unterbrechung von Oslo über Hamar bis Moelv. Und im Gutbrandsdalen gibt es weitere lange Ausbauabschnitte, leider aber nur mit wenigen Überholabschnitten. Die neue Straße wurde gut durchs Gelände und vor allem in langen Tunneln durch die Berge gefräst... Diese neu gewonnene Schnelligkeit kostet aber ihren Preis. Wäre die Straße ein Münzfernsprecher, hätte ich gesagt, die Münzen fielen nur so durch. Die Mautbrücken kommen in kurzer Folge. Kläng! Und das nächste 20 Kronen Stück ist durchgefallen. Natürlich geht das nicht mit Münzen. Man fährt ganz normal durch, das Kennzeichen wird fotografiert und nach nem Monat wird die Rechnung nach hause geschickt.

Drei Stunden nach der Abfahrt vom Hafen konnte ich bereits in Sjoa auf die Motivstraße abbiegen, die mit den schönen Bauernhöfen. Der Himmel hatte gut aufgemacht und ich hielt an einem schönen Aussichtspunkt mal an und eroierte die Lage. Mir waren zuletzt an der parallelen Bahn schon eine Menge grüner Signale aufgefallen. Tatsächlich kam ein stark verfrühter Cargonet Gz hinter mir her. Da der auf diesem Abschnitt nun völlig aus dem Licht käme, schaute ich noch weiter bis Dovre. Dumm war nur, dass man hier wieder völlig in die Wolken rein fuhr. Ich ließ den ganz gut ausgelasteten Containerzug mit Traxx vorüber fahren.

Aber an der Motivstraße Sjoa - Otta eben hatte ich ja doch ein wenig Blut geleckt. Für den in einer Stunde anstehenden Personenzug südwärts zog es mich nochmal dort hin. Irgendwie hab ich dort trotz zahlreicher Anläufe noch nie richtig was gerissen. Der Ausblick war dann auch herrlich. Der Bergschatten kam zwar dem Hof und der Strecke schon recht nahe, doch zur Planzeit sollte das noch klappen - da war ich mir sicher. Ein Aspekt fehlte bislang allerdings noch in meiner Rechnung: Die Schatten der an den Bergen hängenden Wolken. Das war ein ziemlich undurchsichtiges Gewaber, das die Aktion am Ende nahtlos in die bisherigen zahllosen vergeblichen Versuche einreihte...

Nun würde bald "der Rote" nordwärts kommen. Ach, wäre er doch noch rot... Egal, ein Fotoversuch musste sein. Mittlerweile lag der ganze Talabschnitt zwischen Dovre und Dombås in einer großen blauen Fläche, durch die herrlichstes, klares Licht auf die Landschaft schien. Ich schaute nochmal entlang der oberen Straße, um nicht immer an demselben Motiv am Sporntunnel von Dombås hängen zu bleiben, doch irgendwie war das alles nichts bzw die Bahn tief unterhalb und bestenfalls über Bauernwege zu erreichen. So landete ich also wieder am Sporntunnel. Aber diesmal hatte ich ja eine Möglichkeit, die es bisher nicht gab: Die Drohne. Rt 45 kam dann auch ganz schick, obwohl nun doch wieder von irgendwo paar Küddelwolken aufgetaucht waren, die es mega spannend machten. Den unmittelbar folgenden Gegenzug versemmelte ich, weil er eben doch nicht so unmittelbar nach X im Bf Dombås folgte und die Drohne eine neue Batterie wollte.


✈ Tja, gerade noch gut gegangen, würde ich sagen. Oder nicht? Von einem richtigen Sonnenbild erhofft man sich vielleicht doch mehr... Rt 45 kommt in der Zeitlage, in der er gefühlt die letzten 20 Jahre gekommen ist, auf Dombås zu. Die Lok weist noch das unsägliche Bilderbuch-Farbschema der späten NSB auf, die Wagen tragen das neue Blaugrau von SJ Norge.

Nach der Aktion ging es erstmal nach Dombås zum Einkaufen und Tanken. Im Supermarkt war ich dann doch ziemlich erstaunt, dass niemand ne Maske auf hatte. Bei der Tanke hätte ich mal Kartenzahlung an der Säule wählen sollen. Die zulässige Zahl Menschen, die sich in der Tankbutikk aufhalten durften, war mit 15 angegeben. Das wurde von einem Jungelchen am Eingang auch genau kontrolliert. So standen draußen auch noch drei Mann Schlange... Irgendwann hatten wir es aber. Ich hatte mir eine Nacht in Furuhaugli oben auf dem Fjell gebucht, wo ich nun direkt hin fuhr und in eine schöne Hütte einchecken konnte.

Da das Licht hier oben auf dem Fjell noch absolut topp war, beschloss ich, mir auch den Personenzug um 20:24 noch anzuschauen und dann auf ne Kjøttbuller Pizza zum Moskus Grillen nach Dombås zu fahren. Für den Zug lief ich mal wieder den Nysætervegen hinein - etwas anderes fiel mir für diese Zeit mal wieder nicht ein. Das Licht war phantastisch. Aber die Bahn ist mittlerweile völlig zugekrautet. War eh egal, denn die Sonne versank doch früher als erwartet in den über die Berge heraufquellenden Wolken.


Das abendliche Dovrefjell am Nysætervegen.

Nervig war ein Paar, das da auch rumlungerte, offenbar wegen Moskus Ochsen. Statt die Gegend nach Viechern abzusuchen, beobachteten sie mich und fragten sich vermutlich die ganze Zeit, was ich dort tu. Zurück am Auto waren die auch gerade vor mir zu ihrem Womo zurück gekommen. Ich hatte keine Chance mehr, sie zogen vor mir in die Parkplatz Ausfahrt vor. Aber dort blieben sie dann blöd stehen. Erst dachte ich, da käme Querverkehr, aber da kam überhaupt nichts. Zum Glück konnte ich dann gleich überholen, nachdem sie sich endlich bequemt hatten weiterzufahren. In der Abzweigung zum Furuhaugli Hof stand dann der nächste unentschlossene Idiot im Weg herum. Meine Güte, können die Leute nicht mal an den Rand fahren, wenn sie nicht wissen, was sie wollen? Ich hatte schon wieder Hals. "Verkehrshals" am späten Abend in der Einsamkeit des Dovrefjells... Dabei muss ich fairerweise sagen, dass der starke Verkehr auf der E6 heute ok gewesen war. Wenn jeder exakt die zulässige Geschwindigkeit fährt, und zwar real und nicht laut Tachonadel, dann passt das doch!

Es ging auf 21 Uhr zu. Jetzt noch für ne Pizza nach Dombås? Ich hatte keine Lust mehr. Nach der Völlerei auf der Fähre verspürte ich noch immer keinen wirklich starken Hunger. In der Hütte betrieb ich bei paar Polarbrøds mit Tubenkäse noch etwas Planung. Aber eigentlich war klar, dass ich an die Nordlandsbahn wollte. Und dort dann die Wetterfrage aussitzen. Ich rechnete schon damit, dass das auch absolut schief gehen könnte. Vielleicht hätte ich doch nach Egersund fahren sollen. Da sollen die nächsten Tage nämlich richtig schön werden. Schade nur, dass da nicht die Nordlandsbahn fährt... Aber ich möchte eigentlich auch aufpassen, dass das nicht alles wieder so ein E6 hin- und her Geeier wird, wie es heute schon wieder angefangen hat. Viele Kilometer geschrubbt für ein halbwegs gelungenes Foto bei insgesamt vier Zugfahrten - anstrengend!

Montag, 02.08.2021

Der heutige Tag war als weiterer Fahrtag geplant. Das ganz große Hoch war für Norland nicht zu erwarten. Also konnte ich es ruhig angehen lassen. Im herrlichen Morgenlicht gab es das Frühstück. Dann Hütte aufgeräumt und ausgecheckt. Da ganz schön viel Blau am Himmel stand, war ein Stopp in Hjerkinn beschlossene Sache.

Unterwegs fuhr ich auf der Suche nach einem Mülleimer kurz bei Dovregubbens Hall über den Hof. Mülleimer gab es zwar nicht, wohl aber bekam ich schon wieder "Verkehrshals". Noch weit vor der Wiedereinmündung in die E6 stand mal wieder ein Camper im Weg, der offenbar keinen Plan hatte. Ok, man kam gerade noch vorbei. Ich war gerade neben ihm, da fährt der Typ los. Alter Daddy, merkte überhaupt nichts. Na gut, ich ließ mich sofort zurückfallen. Nun zockelte der im Schritttempo auf die Einmündung in die E6 zu. Und hielt wieder. Noch weit vor der Haltelinie, aber ich hätte schon um die Verkehrsinsel rumfahren müssen, um vorbei zu kommen. Er wartete definitiv nicht auf Querverkehr, sondern vermutlich auf eine wie auch immer geartete Erleuchtung. Als er endlich weiter fuhr, hielt er schon halb auf der E6 fast wieder an. Boah, nee, was für ein Ochse. Zum Glück waren die nächsten Autos weit weg. Ich konnte zügig über die Gegenfahrbahn an ihm vorbei ziehen. Zur Belohnung blendete er mich dann noch ne ganze Zeit im Rückspiegel mit Fernlicht. Vermutlich ohne Absicht, sondern wegen Nichtsmerkens...

In Hjerkinn war es schön sonnig. Ich sah im Geiste schon jeden Moment den ersten Güterzug weit vor Plan durch die Bäume gleiten. Na ja, eher das Gegenteil war der Fall. Die nach Ankunft befragte Togkart sah den Gütermann noch sehr weit weg und etwa in seiner Plantrasse laufen. Die spannende Frage war nun, ob sich das Blau jetzt noch über eine Stunde hält...

Vy, also die ehemalige NSB, fährt hier übrigens auch. Nachdem man den Schienenverkehr zwischen der größten und der drittgrößten Stadt des Landes, Oslo und Trondheim, an SJ Norge verloren hat, nutzt man halt die Straße. Gestern wie heute waren mir mehrere nagelneue Doppelstock-Reisebusse von Vy auf der E6 aufgefallen, die hier anscheinend gar nicht so selten fahren.

Eine halbe Stunde vor voraussichtlicher Zugdurchfahrt zogen am Himmel massive Hochnebelschwaden auf, die das Sonnenlicht mehr und mehr schluckten. Auch die Snøhetta, die hier eigentlich das Hintergrundmotiv bildet, wurde zunehmend von tief hängenden Wolken eingehüllt. Eigentlich war ich schon drauf und dran, die Sache abzubrechen. Doch das am Himmel war ein Wechselspiel. Mal hier ein Schauerchen und mal da. Als das Rauschen von Green Cargo Gt 4810 schon in der Ferne zu hören war, wurde es wieder heller. Na ja, der Zug hatte dann immerhin Halblicht.


Gt 4810 unmittelbar vor Hjerkinn, fast am höchsten Punkt der Strecke.

Leider nur Railpool Loks. Aber das müsste sicher GC gewesen sein. Wie immer folgten hier vormittags drei Züge im Blockabstand. Ich fuhr mal ein Stück weiter und parkte in absoluter Schräglage am Straßenrand. Hier blieb es relativ konstant sonnig, aber was heißt das schon? Die Planzeit des Personenzuges verstrich bei bester Beleuchtung, doch nichts passierte. Eeendlich bog der Zug um die Ecke. Rt 42 ging bei vollem Licht, topp!


Rt 42 wird in Kürze den höchsten Punkt der Dovrebahn kurz vor Hjerkinn erreicht haben.

Der nachfolgende Güterzug war nun definitiv Cargonet. Gt 5702 hieß heute wegen baubedingter Früherlegung Gt 85702 und ging ebenfalls bei Bestlicht. Meine Ratlosigkeit, wie ich das Zugende hinten in der Kurve kaschieren könnte, löste sich von allein - der Zug war vorn komplett leer. Nun ja...


Cargonet folgt...

Nach der Aktion war die Stimmung aber bestens! Gut gelaunt rollte ich runter nach Oppdal. Da ich zum Frühstück nur eine Banane hatte, wollte ich dort was essen. Erst hatte ich an den Imbiss mit den topp Burgern gedacht, den wir vor einigen Jahren mehrfach konsultiert hatten. Doch mir stand der Sinn mehr nach norwegischer Hausmannskost in einem Kro. Ich erinnerte mich, dass da Stück südlich von Oppdal das Wirtshaus Oppdalsporten lag. Das steuerte ich mal an. 11:45, das passte gut. Und hier war ich goldrichtig! "Dagens" war ein Mittagsbuffet! Gefäääährlich! Es gab Svinekamm mit Kartoffelbrei, Weißkohl und Brun Sås. Als zweites Lachs mit Reis und verschiedenen gedünsteten Rübensorten und dann durften natürlich die Kjøttkaker nicht fehlen. Hinterher ein großzügiges Dessertbuffet und Käffchen. Ja, die 265 NOK waren gut angelegt! Man kann NOK- bzw Kr-Beträge aktuell etwa durch 10 teilen, um die Entsprechung in Euro zu erhalten.

Nur eine Sache war jetzt doof. Nach dem faulen Vormittag und der großen Völlerei am Mittag befand ich mich noch ganz am Anfang der Etappe, die ich mir für heute vorgenommen hatte. Statt jetzt einen Verdauungsspaziergang zu machen oder besser mich auf die Couch zu legen, standen mir nun fünf Stunden Fahrt bevor. Ich hatte für den Abend ein Zimmer in der Skogsmo Gjestgiveri bei Grong gebucht. Den schönen, sonst genutzten Campingplatz Grong verschmähte ich diesmal. Die Hütte sollte dort auf Booking 104€ kosten. Das waren vier Euro über einer gewissen Schmerzgrenze. Ich hätte es gemacht, wenn keine Alternativen dagewesen wären. Aber es gab ja die Skogsmo Gjestgiveri für 74€ inkl Frühstück und ohne Endreinigung durch den Gast...

Zur Fahrt ist gar nicht viel zu sagen. Sie verlief äußerst angenehm, keine Schleicher, die den Verkehr aufhielten. Viel Verkehr war definitiv, aber alle fuhren ein gutes Tempo. So macht das Spaß. Erstmalig erreichte ich Trondheim von Süden nicht mehr auf der alten, antiquierten Landstraße mit ihren Holz-Lichtmasten. Jetzt gab es ab Melhus eine neue vierspurige Autobahn. Kläng, kläng machte es, als wieder die Maut-Münzen durchfielen...

In Ronglan stellte ich mich zwecks kurzem Powernapping an den Betriebsbahnhof und konnte auch direkt eine Nicht-Kreuzung beobachten. Normal kreuzen die Trønderbahn Züge hier immer. Aber die Schranke ging runter und der Südfahrer bekam grün. Als der Bm92 (noch in silberrot) dann um die Ecke kam, schlich er ganz schön und machte dann auch Anstalten, vor dem Asig anzuhalten. Erst kurz vorm Stillstand bemerkte der Tf offenbar, dass er Ausfahrt hatte und beschleunigte wieder. Hmmm, das war ja fast wieder ein Fall für "Verkehrshals". Der Grund für die Nicht-Kreuzung lag übrigens in den "Sommerinnstillinger". Es ist Tradition in Norwegen, dass der Verkehr in den Sommerferien deutlich ausgedünnt wird, ua auch, um mehr Personalen Urlaub zu ermöglichen.

Kurz vor Steinkjer hatte man von einer Brücke einen topp Ausblick und die Sonne schien gerade perfekt. Aber hier herrschte aufgrund der Sommerinnstillinger gerade eine Riesenpause. Also weiter! Entlang des Snåsavatn erreichte ich gegen 17:40 Grong. Nach der Völlerei heute Mittag wollte ich mir etwas Kleines zum Abendessen besorgen. Im Supermarkt fand ich einen Salat und ein Viertelstück Wassermelone. Damit konnte es in den Endspurt zur Unterkunft gehen. Man fuhr durch das Tal des Namsen abwärts. Dabei hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass Skogsmo sogar Schienenanbindung hat. Wobei die Schienen nur noch hoch zugewachsene Fragmente der einstigen Nebenbahn Grong - Namsos sind. Vielfach fehlen die Schienen ganz, doch die ganzen Schilder hat man stehen lassen. In Skogsmo stand am BÜ sogar noch das Läutewerk. Lichter und Warnkreuze waren aber abgebaut.


Der Bahnübergang in Skogsmo. Läuten kann er noch...

Die Gjestgiveri war ein netter kleiner Familienbetrieb mit Restaurant. Schade, hier hätte ich auch was zum Abendessen haben können, aber das schied ja nun aus den bekannten Gründen aus.

Mein Plan war nun, zu den Abendzügen nochmal nach Grong zur Namsenbrücke zu fahren. Leider bemerkte ich erst jetzt einen Denkfehler: Irgendwie hatte ich im Kopf gehabt, dass die fraglichen Züge dort um 20 Uhr abgehen. Doch in Wirklichkeit ist der Dagtog schon um 19 Uhr fällig und ein Güterzug bereits um 18:15! Tja, der konnte sich ja nun gehackt legen. Das wurde nichts mehr. Schade, wobei ich dazu sagen muss, dass die Sonnenchance eben in Grong eher unterirdisch ausgesehen hatte. Aber sie war vorhanden. Den ganzen Tag herrschte mal wieder "Wetter mit Chance". Mal ging es durch Regen, dann wieder durch schönsten Sonnenschein.

Als ich mich nun also wieder Grong näherte, lag der gesamte Talkessel im Wolkenschatten. Nur hinten links war ein Berghang in der Sonne. Moment mal, ist das nicht beim Viadukt? Tatsächlich, der war es. Die Brücke rückte auch gerade in die Sonne. Tja, wäre der Güterzug mit Sonne abgegangen? Das Gute ist ja, dass man das höchstwahrscheinlich nicht erfahren wird (hab ich schon mehrfach gedacht, und dann tauchte plötzlich irgendwo ein Bild von genau dem Zug an dem Tag und an der Stelle mit Sonne auf...). Egal, ich machte meine Drohne startklar, auch wenn die Sonne bald wieder Geschichte war. Ich glaube, es war dann erst der Zug, den ich auf dem Monitor sah. Erst dann schnallte ich, dass die Brücke gerade wieder recht gut von der Sonne erfasst worden war...


✈ Der schöne "Viadukt von Grong" hat offiziell nur die lapidare Bezeichnung "Brücke über den Namsen bei Buneset". Egal, Rt 472 wird immerhin ganz brauchbar von der Sonne erfasst. Endlich mal wieder Nordlandsbanens Dagtog! Ich fühlte mich im Zielgebiet angekommen!

Auf den Gegenzug wartete ich auch noch, doch ging der Talent (einer im neuen Blaugrau) bei absolutem Schatten ab. Erst danach kam die Sonne wieder durch ein kleines Wolkenloch. Ich war aber hochzufrieden über den Dagtog und fuhr mit paar Fotohalten wieder in die Unterkunft. Dass der Talent im nächsten Bahnhof mit einem Schotterzug kreuzen sollte, sah ich dann erst zurück auf dem Zimmer... Das darf doch nicht wahr sein! In Grong stoßen die Bildfahrpläne aneinander, und ich hatte vorhin nur auf den südlichen geschaut, wo der Schotterzug gar nicht auftauchte. Einmal mit Profis... Später erfuhr ich, dass der Schotterzug aber erst viel später fuhr - ein Bekannter gab Meldung vom Campingplatz in Namsskogan.


Auf der Fahrt zurück nach Skogsmo: Interessante Wolkenbildungen.


✈ Blick über das Namdalen unterhalb von Grong. Rechts im Bild sieht man die alte Eisenbahnbrücke der stillgelegten Strecke Grong - Namsos über den Namsen.

Irgendwie fand ich es schön, in einem sauberen Zimmer mit frisch bezogenem Bett zu campieren. Was war die Hütte letzte Nacht doch keimig und schmuddelig gewesen - und das, obwohl Furuhaugli sicher noch zu den besten Plätzen gehört. Der Nachteil von einem Zimmer in einem richtigen Haus ist allerdings die Hellhörigkeit. Mit in der Unterkunft war eine kleine Gruppe, die eine ziemliche "Lebendigkeit" auf den Flur brachte. Aber die wurden dann auch schnell ruhig. Nach Essen und Reisebericht schreiben musste ich noch bischen für morgen planen.

Dienstag, 03.08.2021

Es ist morgens um 7 und ich hab schon wieder Hals. Diesmal aber nicht Verkehrshals, sondern Hotelhals. Vergangene Nacht hatte ich schon mal die nächste Unterkunft gebucht, da ich nun in eine Gegend möchte, in der auf Booking nicht so irre viel vorhanden ist und in der auch nicht viele Ausweichmöglichkeiten in der Nähe sind. Und heut Morgen finde ich Nachrichten von denen vor, dass ich doch bitte vorab das Geld über VIPPS bezahlen soll. Das muss so eine Art innernorwegisches Paypal sein. Da ich nicht vorhabe, mal eben auf der Reise vom Mobilgerät ein derartiges Konto einzurichten, ist das jetzt blöde. Man bucht teuer über booking, um das beruhigende Gefühl zu haben, abends eine sichere Unterkunft zu haben. Und nun sowas. Hab mir erstmal Screenshots von deren Richtlinien auf booking.com gemacht. Da steht nämlich nix von VIPPS. Egal, ich werde darüber nicht weiter nachdenken. Notfalls muss ich nebenan im Scandic für 160€ absteigen und mir das Geld wiederholen...

Meine jetzige Unterkunft in Skogsmo war aber gut gewesen. Die Gruppe war früh ruhig geworden und Stille hatte sich über das Anwesen gelegt. Den Bildern an den Wänden nach zu urteilen beherbergt man hier in erster Linie Angler. Der Namsen gilt als die "Königsklasse" unter den norwegischen Lachsflüssen, in dem die größten Fische gefangen werden können. Aber es gibt mit dem Namsblanken auch einen Zwerglachs, der sich die lange Wanderung ins Meer und zurück schenkt und sich lieber das ganze Jahr über im Namsen herumtreibt. - Heute Morgen konnte ich erstmal einen Wasserkocher auf dem Flur für einen Nescafé nutzen. Frühstück gab es ab 8. Es war sehr schlicht, aber alles Notwendige war da. So konnte man gestärkt auf die Reise gehen.

Für den heutigen Tag musste ich mir einen regelrechten Fahrplan basteln. Die Nutzung mehrerer öffentlicher Verkehrsmittel stand nun an. Von einem zum anderen geht es aber nur per Auto. Vielleicht habt ihr es erraten: Ich hatte genug von der E6. Es gibt noch einen anderen Weg nach Norden, die Küstenstraße 17. Die hat allerdings diverse Fähren. Und die fahren nicht alle so oft. Ich hatte mir gestern Abend fleißig Fahrpläne gezogen und mir daraus eine Tour gebastelt. Praktisch war schon mal, dass mein jetziger Gasthof direkt am Rv17 liegt (den Status Rv=Riksvegen soll die Straße gar nicht mehr haben, klingt aber besser).

Um 8:50 saß ich auf der Straße. Das Wetter: Mit Chance. Wieder ein Mix aus allem. Der Rv17 war total leer. Bis zur ersten Fähre waren es 117km. Die Fähre Holm - Vennesund fährt alle halbe Stunde. Ich peilte mal die um 11 Uhr an. Die durchfahrene Landschaft bot immer wieder atemberaubende Ausblicke. Erst ging es an Binnenseen entlang, später wieder an weit in das Land hinein führenden Fjorden. Und irgendwann lag dann nach Querung einer Kuppe das Meer vor einem. Es war wunderschön.


✈ Zerklüftete Landschaft am Bindalsfjord.


Bei Lysfjord wird die Fjordlandschaft offener.


Kurz vorm Anleger Holm kommt man an der Solstad kirke vorbei.

FS Heilhorn: Holm 11:00+5 - Vennesund 11:20+5

Ich wusste ja, dass die Fähren jetzt keine Tickets mehr ausgeben. Auch hier werden die Nummernschilder erfasst und die Gebühr auf die Mautrechnung gesetzt. Fußgänger und Radfahrer zahlen gar nichts mehr. Hatte ich jetzt erwartet, dass an der Fähreinfahrt eine Mautbrücke installiert wurde, hatte ich mich aber getäuscht. Völlig untypisch für Norwegen mit seinen hohen Personalkosten wurden die Nummernschilder von einem Mädel der Reihe nach abfotografiert...


✈ In einem dynamischen Bogen nähert sich die FS Heilhorn dem Anleger von Holm.


Für die Bezahlung werden die Nummernschilder abfotografiert.

In einem wurde meine Erwartung aber nicht enttäuscht. Auf der Fähre gab es Pølsebrød, Hotdog. Ich nahm natürlich einen und genoss das schöne Wetter im Freien. Man musste nur aufpassen, dass man nicht weggepustet wurde. Nach Ankunft in Vennesund fuhr ich sogleich über den Damm rüber auf die Insel Kvaløy, um von dort die Ausfahrt der Fähre zu knipsen. Auffällig war hier die Stille!


✈ Immer hin und her... Die Heilhorn legt in Vennesund schon wieder zur Rückfahrt ab.


Blick in die Richtung, in der ich nun küstenparallel weiterfahren werde.

Dann ging es nordwärts, allerdings nicht weit. Dieser Küstenabschnitt war wunderschön, und weiter nördlich sah es wieder bewölkter aus. Ich fuhr einen Fahrweg nach Buvika rein und spazierte zu einem kleinen Felsen, auf dem man wunderbest die Seele baumeln lassen konnte. Es war wunderschön. Schade war nur, dass man den Fahrplan der weiteren Fähren nicht ganz außer Acht lassen konnte.


✈ Ein Bächlein mündet ins Meer.


Ausblick von meinem Fotofelsen.


✈ Und nochmal von der Drohne aus.


✈ Und ein Selfi von mir auf meinem Felsen.


Der nächste Bach mündet ins Meer.

Um 13 Uhr packte ich meine Sachen zusammen und lief zum Auto zurück. So konnte ich ganz in Ruhe und ohne Hetze nach Brønnøysund fahren, dort tanken und in den Supermarkt gehen. Dann wurde es auch langsam Zeit, zu Füßen hoher Felswände nach Horn zur Fähre zu fahren.


Rinderweide vor beeindruckender Kulisse.


Man durfte die Weide sogar betreten. Wenn man das überlebte, wollte der Bauer allerdings gern seinen Respekt aussprechen.

Hier war die letzte Fähre um 13:10 gefahren. Deshalb hatten sich zu meiner 14:45 Fähre schon gut Fahrzeuge angesammelt. Zwanzig Minuten vor Abfahrt kam ich im hinteren Drittel von Spur 2 zu stehen. Nach mir kamen noch etwa vier Fahrzeuge. Und die passten gerade so auf die Fähre. Na ja, die nächste Fähre wäre ja "schon" in einer Stunde gefahren...

FS Torghatten: Horn 14:45+5 - Andalsvågen 15:05+5

Das war ja eine richtig üble Fähre. Auch wenn sie frisch in eine Hybridfähre umgebaut worden ist, die elektrisch durchs Wasser gleiten konnte, hatte der Fahrgast nicht viel Freude. Es gab außer dem Autodeck keine Aufenthaltsmöglichkeit im Freien und nur einen kleinen Salong. Dort wurde natürlich ohne Gesichtsmaske gesessen. Die meisten blieben aber in den Autos. Ich hoffte, dass die nächste Fähre mehr zu bieten hat, denn die Überfahrt würde 50min dauern.


Die Torghatten nähert sich dem Anleger von Horn.

Ab Andalsvågen folgte ein Stück Straße durch die Gemeinde Vevelstad, das zwar auf dem Festland liegt, aber nur über Fähren erreichbar ist. Dafür war der Ort erstaunlich groß. Ein belgisches Wohnmobil tuckerte nun auch außerhalb des Ortsbereiches mit 60 vor der ganzen Kolonne her. Zum Glück konnte ich bald überholen. Die anderen Wohnmobile hinter mir konnten dies nicht. Der Verkehrshals schwoll schon wieder an... Irre viel Zeit war nämlich nicht, da bald schon die nächste Fähre folgte und die Überfahrten so halbwegs aufeinander abgestimmt sind. Ich war nur froh, dass es gerade durch Wolken ging und auch nicht so die Motive ins Auge stachen - jedenfalls bis kurz vorm Anleger, wo der Blick auf die hier nun wieder sonnenbeschienene See fiel.

Als ich das kleine Schiffchen am einzigen Anleger von Forvik liegen sah, dachte ich nur, das kann unmöglich unsere Fähre sein. Die fahren die gleich weg und dann kommt was Richtiges aus irgendeinem Schattenbahnhof angefahren. Nun ja, es war natürlich unsere Fähre. Das Mädel hatte schon das Fotografieren der Nummernschilder begonnen, als endlich der Belgier mit dem langen Tross im Gefolge eintraf. Unser und vor allem deren Glück war, dass der LKW mit Anhänger, der auf der letzten Fähre dabei war, hier nicht mehr mit wollte. Ich glaube, es sind tatsächlich alle mitgekommen, auch wenn ich das nie für möglich gehalten hätte.

FS Alsten: Forvik 15:40 - Tjøtta 16:30

Nicht nur auf dem Autodeck hatte die Alsten (die aber wohl das allerletzte Aufgebot der Fährgesellschaft Torghatten Trafikkselskap darstellt; auf der Website verleugnet man sie nämlich) viel mehr Platz als erwartet, nein, auch der Auslauf für die Passagiere war gigantisch. Es gab oben einen großen Panoramasalong und auf zwei Decks konnte man rund um die Kommandobrücke im Freien herumlaufen. Und das wurde auch rege genutzt. Die gesamte Fährfahrt führte nun wieder durch eine wolkenfreie Zone, während voraus und steuerbords das Gebirge unter dunklen Wolken hing. Ein goldener Berg fiel voraus besonders auf. Es war wunderschön. Der auf der Mittagsrast begonnene Sonnenbrand konnte nun vervollständigt werden.


Ein Riesenschiff ist die Alsten nicht. Aber ein anderes war nicht da!


Nochmal der Name des Anlegers in aller Deutlichkeit.


Bei der Ausfahrt aus Forvik. Voraus fällt ein goldener Berg auf.


Reger Fährverkehr hier. Das sind aber unterschiedliche Linien, die auch die kleinen Inseln oder Orte am Festland ohne Anbindung an das Straßennetz bedienen.


Der goldene Berg ist übrigens offiziell rot. Deshalb heißt die Insel auch Rødøya.


Und nochmal. In den Sund im Hintergrund muss man hinein fahren, um zum Vefsnfjord zu gelangen, an dem Mosjøen liegt. Links vom Sund die Insel Alsten, auf der sieben Schwestern wohnen.


Den Blick in Richtung Sonne hatten wir noch nicht. Wie ein anderer Stern ragt dort majestätisch die Insel Vega aus dem Meer.

So riesig, wie die kleine Fähre von innen bzw von den Sonnendecks her war, hatte ich aber doch keine Restauration entdeckt. Erst beim Aussteigen wurde ich gewahr, dass es sich doch um ein Schiff aus der Klasse der Hotdog-Fähren handelte! Die Fressluke war bloß ganz unten im Keller untergebracht, also quasi unter der Wasserlinie. Da hab ich natürlich nicht gesucht.

Bei der Einfahrt nach Tjøtta hatte ich natürlich schon wieder den Blick über den Ort schweifen lassen, von wo man denn wohl noch am besten ein Bild von der Fähre hinbekäme. Der Bootshafen war die Lösung. Erst ein Bild von unten, dann schnell eine abgeschiedene Ecke für den Drohnenstart gesucht. Das hatte alles keine zehn Minuten gedauert, aber die Fähre legte schon wieder ab. Leider schattete nun plötzlich eine Wolke die Uferpartie ab, so dass ich weiter raus fliegen musste als angedacht.


Die Alsten ist in Tjøtta bereits entladen und füllt sich langsam wieder.


✈ Und schon wird Tjøtta auf der gleichnamigen Insel schon wieder verlassen. Auch wenn die Alsten nach einer Zweirichtungsfähre aussieht, wurde sie auf unserer Fahrt nach Abfahrt und vor Ankunft gedreht.

Dann konnte es in den Endspurt gehen. Die letzten 38km nach Sandnessjøen nahm ich doch mit links. Von Tjøtta auf der gleichnamigen Insel ging es über einen kleinen Damm auf die Insel Offersøy und von dieser über eine weitere kurze Dammverbindung nach Alsten, die Insel, auf der Sandnessjøen liegt. Alsten wird dominiert durch die gigantische Felsformation "Sieben Schwestern", zu deren Füßen Sandnessjøen liegt. Ein trübes Bild von diesem wolkenverhangenen Wahrzeichen der Insel gab es noch, dann traf ich gemäß meines eigenen Fahrplans pünktlich um 17:20 in meinem heutigen Etappenziel ein. Die Unterkunft "Sandnessjøen Overnatting" lag am Rande der "Innenstadt" (haha!). Erwartungsgemäß musste ich in diesem ansonsten unbemannten Hotel erstmal eine Nummer anrufen. Die Dame, die nun extra zum Durchziehen meiner Kreditkarte kommen musste, war aber ruckzuck da.


Die Sju Søstre. Wie man erkennt, gibt es hellere und weniger helle Schwestern. Für die siebte Schwester reichte mein Weitwinkel nicht.

Natürlich bekam ich das Zimmer direkt am Treppenhaus. Aber das alte Holzhaus war anscheinend komplett kernsaniert und frisch renoviert worden. Es machte keinen so arg hellhörigen Eindruck und gefiel mir - auch die moderne Zimmerausstattung. Tja, dafür habe ich nun aber doch 110€ abgedrückt. Blöd war, dass bei booking kein kleineres Zimmer für 84€ mehr verfügbar gewesen war. Wer weiß - das ist ja nur das booking-Kontingent. Real wäre sicher noch was kleineres frei gewesen. Das Haus machte jetzt nicht so den überfüllten Eindruck.

Den machte übrigens auch die Stadt nicht. Was für ein Kaff! Der Hafen machte noch einen rein funktionellen Eindruck. Eine stadtnahe Kaipartie muss nicht schön sein! Das Erkunden der zentralen Straßenzüge war schnell getan und endete in einem Bunnpris in der örtlichen Ladenpassage, die auch nur noch bis 19 Uhr geöffnet hatte. Erst hatte mich ja der örtliche Chinese angelacht, wo ich mir was zum Mitnehmen hätte bestellen können. Doch dann entdeckte ich die Salattheke im Bunnpris und besorgte mir Grønnsaker und paar Leckerlis fürs Zimmer. Unter anderem Schafssalami mit Schweine- und Ochsenhirn. Na lecker, muss man probiert haben. Was die hier halt so essen. Dazu Blaubeersaft. Was die hier halt so trinken, man passt sich an.


Auf einer alten Kofferpack-Liste hatte ich mir die Fähren (links) und meine "Verbindung" aufgeschrieben. Levang - Nesna bin ich dann allerdings nicht mehr gefahren; die wäre erst hinter Sandnessjøen gekommen, wenn man direkt nach Mo weiter gewollt hätte.

Über den heutigen Tag freue ich mich sehr. Ich hab aber auch richtig Glück gehabt mit dem Wetter. Die Mittagsrast auf meinem einsamen Felsen, die dritte (lange) Fährfahrt - diese zwei Höhepunkte gab es in allerbester Sonne. Dazu die wechselhaften Stimmungen am Vormittag und insgesamt eine wunderbare, traumhafte Landschaft. Was will man mehr? An den Fähren waren übrigens nirgends Preise ausgezeichnet. Aber wenn ich das am Abend richtig recherchiert habe, dürfte ich wohl für alle drei Überfahrten zusammen auf etwa 50€ gekommen sein.

Mittwoch, 04.08.2021

Die Unterkunft war schon schön. Im Haus war es sehr ruhig. Beim Umbau wurde offenbar wert auf schallschluckende Maßnahmen gelegt. So war der Flur mit Teppich ausgelegt. Frühstück gab es in diesem "unbemannten" Hotel natürlich nicht. Aber in der voll ausgestatteten Gemeinschaftsküche stand ein Wasserkocher und Nescafé (dieselbe Sorte, die auch ich im Gepäck hatte) zur Verfügung.

Mein Konzept für heute sah mal etwas Kundschaft rund um Mosjøen vor. Das ist so eine noch fast gar nicht von mir beackerte Gegend, durch die man eigentlich immer nur durch fährt. Heute Morgen war es bedeckt, nur einzelne Aufhellungen. Also wieder mal: Wetter mit Chance auf Sonne, aber eben furchtbar mühsam. Und wenn ich die Wetterberichte richtig interpretiere, würde es für die nächsten Tage dabei bleiben, wobei man für Freitag offenbar mit größeren Wolkenlücken rechnete. Aber genau schien man es nicht zu wissen...

Zunächst ging es auf dem Rv17 nordöstlich aus Sandnessjøen hinaus. Die Straße führte bald über eine riesige Hängebrücke von Alsten rüber ans Festland. Dort zweigte nach einiger Zeit eine völlig neu aussehende Straße in Richtung Mosjøen ab. Und auf dieser brauchte ich gar nicht weit zu fahren, bis es wieder mal klimperte - diesmal sogar besonders laut. Sage und schreibe neun 10Kr Stücke fielen nämlich durch und landeten im Geldspeicher irgendwo in Oslo. Dafür durfte man nun auch einen laaaangweiligen 11km langen Tunnel nutzen.

Hinter dem Tunnel hatte ich, ohne es so schnell zu realisieren, die Welt der Eisenbahn wieder erreicht. Und hier schien gerade stetig die Sonne! Und hier gab es Motive! Tja, blöd gelaufen. Die beiden Talente waren gerade durch und nun herrschte stundenlange Zugpause. Aber für die bloße Möglichkeit einer Chance bei morgens 95% Wolken am Himmel eilig aufbrechen? Och nö!

Ganz in Ruhe führte ich nun mein Kundschaftsprogramm durch. Erstmalig fuhr ich das Vefsntal auf dessen Südwestseite hinein. Die Vefsnbrücke, die vom Zug aus immer einen fotogenen Eindruck gemacht hat, war von der Nebenstraße kaum zu erkennen. Von der Drohne sicher ein schönes Motiv. Dumm nur dass wenige km weiter nördlich ein Stück Asphaltfläche als Flugplatz markiert ist, und auf Erlaubiseinholung vom Tower hatte ich dann doch keine Lust.

Weiter ging es das Tal hoch. Die Straße wurde bald zu einem Grusweg, der aber sehr gut zu fahren war. Ich ließ mir Zeit und hielt immer mal an, auch um einen Happen zu essen. An einer Stelle querte unmittelbar vor mir ein kapitales Rentier mit riesigem Geweih den Weg. Wunderschönes Tier.

Natürlich hatte ich es hauptsächlich auf den Trolldalen Viadukt abgesehen. Das dauerte dann aber doch noch eine ganze Weile, bis dieser in Sicht kam. Plötzlich stand man praktisch vor den Stützen der Brücke. Angesichts des bedeckten Himmels sparte ich mir jegliches Hineinstapfen ins Unterholz, um nach möglichen Aussichtspunkten zu schauen. Für sowas hat man halt den Flattermann. Von dem aus erkundete ich sogar einen möglichen Fotostandpunkt - zumindest so nah ich mich traute ranzufliegen. Aber da stand man kaum über der Brücke und dürfte einen sehr unruhigen Hintergrund haben. Wenn ich schon mal hier war, konnte ich auch die Stunde bis zum Dagtog abwarten und einfach mal ein Drobi machen, ein Drohnenbild natürlich. Wir müssen bischen Buchstaben sparen.

Wären nicht plötzlich in relativer Sonnennähe paar Risse in der Wolkendecke aufgetaucht, so wäre ich nun abgefahren. Aber das ist das blöde am Wetter mit Chance. Chance erzeugt Hoffnung. Und hinterm Dagtog folgt ja noch der Güterzug. Also weiter warten. Es gibt schlechtere Orte dafür. Tatsächlich griffen nun die Chancen auch auf den Viadukt über. Das Blau am Himmel vermehrte sich und der Viadukt wurde eine ganze Weile angeleuchtet. Nicht jedoch, als der Güterzug kam. Aber hey, wir sind an der Nordlandsbahn. Und da rollt es doch! In einer Stunde soll ein Schotterzug bergauf kommen. Ich blieb mal noch...

Mit dem Schotterzug rechnete ich zugegebenermaßen nur halbherzig, denn er war auf der Togkart nicht zu sehen. Aber rechtzeitig zur aus dem Bildfahrplan errechneten Zeit ließ ich die Drohne mal steigen. Die Batterie war schon auf ca 1/3 runter. Da die Sonne eh gerade in einem Modder drin war, aber ein klares Filetstück blauen Himmels auf die Sonne zu wanderte, bin ich lieber nochmal gelandet, um die Batterien zu wechseln. Und während ich so gerade dabei war, fingen oben die Schienen an zu säuseln. Von zwei MZ Maschinen hatte ich eigentlich mehr Krach erwartet, aber egal. Im ersten Reflex wollte ich noch schnell starten, aber mit dem zweiten Auge konnte ich sicher sein, dass der Zug noch keine Sonne hätte. So war es dann auch...

Mein Plan war nun, die südfahrenden Züge, also erst Gz, dann Pz, bei Mosjøen am Fjord zu machen. Ich musste die Gruspiste nur noch ein Stück weiter fahren, dann konnte ich über eine kleine Brücke auf die andere Talseite zur E6 wechseln. Wie ich auf dieser nun talabwärts rollte und in die Ferne blicken konnte, musste ich feststellen, dass das voraus alles noch ganz schön verwölkt aussah, während es hier oben immer besser wurde. Ich war noch am überlegen, ob ich direkt wieder umdrehen sollte, da näherte ich mich einer Mautbrücke. Da das für die E6 völlig seltene Phänomen einer vollkommen leeren Straße bestand, drehte ich kurzerhand mitten auf der Fahrbahn um, bevor im Geldspeicher zu Oslo wieder unnötig Münzen klimpern.

Für einen Happen aus dem eigenen Proviantbeutel stellte ich mich für paar Minuten beim Laksforsen an den Rand. Wäre es heute gepflegt bedeckt geblieben, hätte ich hier im Restaurant schon längst zu Mittag gegessen. Aber das Wetter war ja "mit Chance". Also wieder zurück zum Viadukt, nunmehr für Bergfahrer. Blöd war nur, dass ich gar nicht mal mehr so irre viel Akkuleistung hatte. Ich konnte ja nicht ahnen, dass man den ganzen Tag an einem reinen Drohnenmotiv abhängen würde...

Um möglichst Akkus zu schonen, ging ich für den Gt 5790 nochmal mit nem angebrochenen Akku in die Luft. Auf der Togkart war der Zug ganz plötzlich von Mosjøen nach Eiterstraum gesprungen. Hmm, hieß das, dass er jetzt erst (und nach längerer Standzeit) in Mosjøen abgefahren ist oder dass er jetzt in Eiterstraum durchfährt? Ich nahm letzteres an, das passte besser zur Planzeit. Und ich ging in die Luft. Und wartete. Und wartete. Die Batterieleistung näherte sich immer mehr dem kritischen Bereich. Ich mochte nicht hinsehen. Das wäre ein Desaster, denn der Viadukt lag jetzt in der prallen Sonne. Und endlich ging mal was gut: Der Zug kam, hatte unbeladene Wagen nur in der Mitte und ich traf auch den richtigen Auslösepunkt.


✈ Der Trolldalviadukt mal für Bergfahrer. Sonst kennt man immer nur den Blick für Talfahrer. Gt 5790 präsentiert sich vorne heute komplett in weiß; Zuglok ist eine der weißen Railcare Leih-Euro4000.

Herrlich! Auch wenn der bekanntere Blick vielleicht der für Nordfahrer ist, so finde ich diesen eben so schön. Dieser geht halt nur mit der Drohne. - In einer guten Stunde sollte der Dagtog folgen. Davor sollte allerdings noch irgendwas "Eingelegtes" kommen. Vermutlich irgend ein Schienengoggo. Ich war der Meinung, dass ich den Viadukt nun super habe und wollte zumindest für den Eingelegten mal Stück weiter an einer Rodung schauen, die mich vorhin schon angelacht hatte. Dazu musste ich querbeet über die besagte Rodung zu einem Felsen laufen. Zwischendurch war es immer mal moorig. Warum liegen wohl die Gummistiefel im Auto? Egal, das war alles verhältnismäßig trocken, so dass ich vorwärts kam. Bald trötete es aber, so dass ich für das Schienengoggo, das sich als Messtriebwagen entpuppte, nicht mehr ganz bis zum Felsen gekommen bin.


Ein Målevogn hat bald Trofors erreicht.

Der Ausblick gefiel aber. Ich entschied mich, hier auch auf den Dagtog zu warten. Nachdem ich auf den Felsen gestiegen bin, konnte ich die Wartezeit mit dem Pflücken von Blaubeeren vertreiben. Die Büsche waren prall gefüllt! Und süß waren die! In den Himmel mochte ich gar nicht schauen. Auch wenn ich fast ununterbrochen in der Sonne saß, sah es weiter talabwärts ständig ziemlich finster aus. Und es kam, wie es kommen musste. Fünf Minuten vor dem Dagtog legte sich die Finsternis auch über mein Motiv. Das schien dann auch ziemlich endgültig zu sein... Blieb nur noch das Soundspektakel. Das tiefe Wummern der Di4 war schon weit im Voraus zu hören.


Rt 472 quert die Rodung. Falls das Bild etwas künstlich aussehen sollte, liegt das daran, dass es etwas künstlich bearbeitet wurde. Hintergrund dunkler, Vordergrund heller, wäre sonst schade um die schöne Szene gewesen.

Ok, das war es also. Immerhin hatte an einem Tag, den die Wetterberichte eher abgehakt hatten, ein Hauptmotiv geklappt. So saß die Enttäuschung über den Dagtog eben nicht ganz so tief. Es war jetzt 17:30 und ich freute mich auf gemütliche zwei Stunden Autofahrt nach Dalselv bei Mo i Rana. Daraus wurden dann sogar nur anderthalb Stunden, denn so am Abend war halt doch deutlich weniger Verkehr und von Mosjøen bis zum Korgfjell war die neue E6 in Betrieb gegangen, die ohne Berührung von Ortschaften durch die Landschaft geschneist worden war und mit 90 befahren werden konnte. Natürlich war aus Richtung Osloer Geldspeicher wieder mehrmals lautes Klimpern durchfallender Münzen zu hören...

Vor Dalselv schaute ich mir noch eben schnell das Nachtzug Motiv für frühmorgens an. Ja, gefällt! Dann checkte ich im Dalselv Kro ein. Das Zimmer war schön mit Blick auf Bahn und Fjord. Na ja, und die E6... Leider hatte heute das Restaurant geschlossen. Mir wurde angeboten, was kommen zu lassen, aber ich zog dann mal lieber selbst nach Mo, wo ich am erstbesten Imbiss anhielt. Der bot die gesamte Bandbreite norwegischer Kost, also Burger, Pizzen, Pommes und dergleichen. Ich hatte Appetit auf ne Pizza, die dann von paar Schulmädchen zubereitet wurde, die selbst erstmal nachschauen mussten, was sie drauf tun müssen. Ok, Pizza wie vom Italiener kam dabei definitiv nicht raus. Sie wäre aber noch ganz lecker gewesen, wenn sie nicht vollgekleistert mit ekligen fettigen "Spezialsaußen" gewesen wäre. Zu allem Überfluss gab ich mir noch nen Nougatti Milchshake dazu. Mir wird selbst beim Schreiben noch ganz schlecht... (Aber der Milchshake war lecker *g*).

Donnerstag, 05.08.2021

Der Schlaf war nach dem kalorienhaltigen Abendessen dann auch entsprechend unruhig. Zum Nachtzug wäre ich auch ohne Wecker direkt wach geworden. Es war aber komplett bedeckt. Die Unterkunft gefiel aber. Es war alles topp sauber - eben wieder so ein netter familiengeführter Gasthof wie vorgestern in Skogsmo. Ich hatte bereits gestern nach Inaugenscheinnahme des Zimmers um eine Nacht verlängert. Länger ging leider nicht, ab Freitag war ausgebucht. Über booking.com hatte das Zimmer übrigens 820 NOK gekostet, die Verlängerung ohne booking dann nur 720. Das sind 10€ Gebühr für booking. Das ist schon etwas irre.

Vom Balkon meines Zimmers gab es aus Spaß einen unroten Talent. Die Sonne hatte gerade mal müde hervorgefunzelt. Danach gab es Frühstück. Es war ein kleines Buffet aufgebaut. Klein, aber fein. Solange man Kaffee, Marmeladen- und Käse-Schinkenbrötchen mit Gurkenscheibchen und Kaviarpaste bekommt, ist alles gut.

Der Wetterbericht hatte für heute mal wieder nicht viel Hoffnung auf Sonne gemacht. Der Plan war, nach einem Supermarktbesuch aufs Saltfjell zu fahren und dort ne kleine Wanderung zu machen. Evtl könnte man auch Kjemåga erkunden. Sicherheitshalber tankte ich noch am Ortsrand von Mo bei Bimbo. Man weiß ja nie, wie viel man auf dem Fjell hin und her fahren muss. Ich kam genau bis - Skonseng. Das ist bereits der erste Bahnhof hinter Mo. Hier zeigte sich großzügigeres Blau am Himmel, und bald sollte ein Erzzug kommen. Ich stellte mich einfach bei der Brücke hin und wartete mal. Das Licht war ein gewisses Wechselspiel und es wurde nun richtig warm. Es kam nur leider kein Zug. Als der 15min überfällig war und wieder ein größeres Wolkenfeld vor die Sonne zog, fuhr ich weiter.

Ebenfalls interessant wurde mit zunehmenden Auflockerungen am Himmel der Schotterzug, der wohl oben auf dem Fjell sein Gestein abgeladen haben sollte und der nun bald wieder zurück kommen müsste. Im Vorbeifahren auf der anderen Flussseite sah ich ihn nun allerdings bereits im Bf Dunderland stehen. Nach etwas Hadern, ob ich den großen Haken über die Flussbrücke zum Bahnhof oder lieber schnell voraus fahren sollte, entschied ich mich doch für den Besuch am Bahnhof, auch wenn das da mit der Sonne noch etwas dauern würde. Bei Ankunft im Bahnhof fuhr der Zug aber gerade ab. Offenbar war man aber hier erst am schottern, so dass ich ihn locker über die E6 überholen und im Bf Skonseng abwarten konnte.


Frøya und Frigg, die beiden Baneservice Loks 311 450 und 461, die ehemaligen dänischen MZ 1450 und 1461, rollen mit ihrem fast geleerten Schotterzug 51073 in den Bahnhof Skonseng. Die Sonne war im allerletzten Moment wieder voll rausgekommen; die Bäume hinterm Zug sind noch dunkler.

Schön, ein Sonnenbild von dieser besonderen Fuhre war schon mal im Kasten. Nun sollte in ca einer Stunde noch der Erzzug 5766 (wenn er denn diesmal führe) und ein Containerzug 5790 fahren. Da es nur hier im Bereich richtig sonnig aussah, fuhr ich dafür mal nach Skuggheia, wo ich mich einfach ins Gras setzen und darauf warten konnte, was da kommen mag. Herrlich, die ganze Zeit schien die Sonne. Der Erzzug fuhr diese Runde tatsächlich, so dass man den schon mal topp bekommen hat.


Mit lautstark arbeitender Motorbremse geht es für Erzzug 5766 bei Skuggheia abwärts nach Mo i Rana.

Da der Containerzug praktisch im Blockabstand folgen konnte, war kein Standortwechsel möglich. Ich blieb weiter sitzen und genoss die Landschaft. Von Stille konnte man leider nicht sprechen, die E6 auf der anderen Talseite war natürlich deutlich wahrzunehmen. Es dauerte mit dem Containerzug dann doch etwas länger als erwartet. Und als er kam, geschah das unglaubliche: Plötzlich zog aus heiterem Himmel ein Schatten rein, der genau die Lok und die ersten Wagen verdunkelte. Danach war es sofort wieder hell. Habe ich auf diese Reise meine "negative vibrations" mitgenommen? Gibt es ja nicht!

Nun war nicht viel Zeit für Aufregung und Rumgemotze. Letzteres hätten die zwei Angler auf der anderen Flussseite möglicherweise auch eine Idee unangemessen gefunden. Ich hätte es denen evtl erklären können, dass das wie mit einem fetten Fisch ist, der wieder vom Haken hopst... Angedacht war jetzt jedenfalls der nordfahrende Dagtog. Von der Streckenneigung her hätte ich den vor Bjerka machen wollen. Aber das wurde mir dann doch zu knapp, zumal es da hinten auch wieder bewölkter aussah. Die Sonne hielt sich hauptsächlich über dem Ranafjord. Deshalb testete ich mal, ob man den Damm, den man so schön frühmorgens mit dem Nachtzug machen kann, auch mittags zumindest mit Drohne umsetzen kann. Und das ging gar nicht mal so schlecht. Der Dagtog 471 ging mit vollem Licht, was schön!


✈ Zwischen Finneid und Dalselv quert Rt 471 den "Nachtzugdamm" am Ufer des Ranafjords.

Nun herrschte hier richtig viel Verkehr. Der Gt 5790, der mir eben in Skuggheia die verschattete Lok gebracht hatte, stand noch in Mo und sollte nach X Dagtog südwärts kommen. Den nahm ich auf die gleiche Weise aus der anderen Richtung. Die Lok hatte allerdings einen Wolkenmagneten. Genau über die Lok zog wieder eine kleine Wolkenfluse. Die war hier aber nicht ganz so schlimm und das Bild damit reparabel.


✈ Derselbe Damm mit Gt 5790 in der anderen Richtung.

Das wichtigste war mir nun natürlich der südwärts fahrende Dagtog 472. Für den hatte ich schon bei Dalselv eine hübsche Stelle entdeckt, wo ich allerdings vermutlich nicht den ganzen Zug drauf bekäme. Deshalb kundschaftete ich nochmal weiter bis Finneid, was dem Geldspeicher in Oslo wieder paar klingelnde Münzen einbrachte. Zum Glück nur Kleingeld. Denn das war alles nichts, auch wegen der Wolkenlage. Ich fuhr wieder nach Dalselv, wo der Zug dann sogar prima mit Sonne klappte.


Rt 472 an einer kleinen Fjordbucht bei Dalselv. Na, habt ihr euch mit den unroten Wagen anfreunden können? Es ist ein ganz ungewohnter Anblick, aber rote Lok und blaugraue Wagen sind eine schöne Kombination, finde ich.

Das war angesichts von der See hereinziehender Mumpfglocke gar nicht selbstverständlich gewesen. Wegen jener Mumpfglocke und weil hier unten am Fjord jetzt vier Stunden Zugpause war, entschied ich mich, obwohl es schon 16 Uhr war, nochmal ein Stück Richtung Fjell zu fahren. Irgendwie hatte ich Lust dazu. Was hatte man jahrelang unter den vielen E6 Baustellen gelitten. Dieses Mal konnte man endlich das Resultat genießen. So zügig war man noch nie das Dunderlandsdalen hochgekommen. Und das ging sogar ganz ohne durchfallende Münzen, von der Mautstelle der Stadt Mo abgesehen, die aber eher das helle Klimpern von Kleingeld verursachte.

Ich kundschaftete etwas in Grønfjelldalen und fuhr dann weiter hoch, wo das Licht noch klarer war. Gerade als ich in Ørtfjell unterm Viadukt der Erzbahn durch fuhr, kam oben der Erzzug aus dem Werk. Schade, hätte man wissen sollen. Ich konnte aber nirgends so schnell anhalten. Und der seitliche Blick von weiter oben an der Straße ist auch total zugewuchert. So landete ich heute zum zweiten Mal in Dunderland. Diesmal hatte ich auch Zeit, mir die Bahnhofsanlagen mal etwas genauer anzuschauen. Der Bahnhof liegt ja schön malerisch vor der Bergkulisse.

Es sollte nun noch ein Güterzug von Bodø kommen, den ich von vorherigen Aufenthalten nicht kannte. Der hat idiotisch lange Standzeiten für Kreuzungen in Lønsdal und Ørtfjell. Also ein Zug, den man auch gemütlich verfolgen kann... Erst wartete ich im Bahnhof. Der Mumpf am Himmel war leider mittlerweile bis hier gekommen. Schön war das alles nicht mehr. Als fast kein Licht mehr vorhanden war, fuhr ich zurück, wollte aber noch bei einem auf dem Hinweg entdeckten Bauernhof testen, wie sich der wohl von der Drohne umsetzen lassen mag.

Als die Drohne oben war, sah das ganz hübsch aus und das Licht war gerade wieder etwas stärker geworden. Ich beschloss, die Drohne einmal bis Batterieende oben zu lassen. Vielleicht kommt der Zug ja bald. Danach sollte es das gewesen sein. Bei dem Mumpf musste ich nicht auch noch aufs Abendessen verzichten. Der Zug ließ auf sich warten. Doch als die Drohne dann mit leerer Batterie gelandet war, gab das Licht nochmal relativ fast alles, so dass ich mir dachte, man kann ja auch noch eine zweite Batterielänge abwarten. Das musste ich dann aber gar nicht. Gt 5792 kam nach wenigen Minuten.


✈ Der meines Erachtens neue (?) Gt 5792 ist ein Kurzzug, der sogar komplett in den Ausschnitt passte.

Das war ein schöner Abschluss. Nun war es 18:30, und ich sah zu, dass ich auf die E6 kam. Hier hatte ich Glück. Niemand war vor mir. So war die Fahrt ein Genuss und ich landete rasch wieder in Dalselv. Dort gab es im Kro aus der sehr übersichtlichen Karte einen Hamburger und zur Belohnung für einen im Schnitt doch sehr schönen Tag mit einigen guten Ergebnissen ein Isbjørn Pils.

Eben im Restaurant musste ich denken, wie weit doch das Thema "Corona" aus dem Fokus gerückt ist. Die Mundschutztücher, die ich in Deutschland immer standardmäßig in der Hosentsche habe, sind irgendwann mangels Bedarf im Müll gelandet. Aber die Beurteilung der Übertragungsvarianten scheint hier auch eine ganz andere zu sein. Während in Deutschland die Übertragung durch Berührung fast nicht mehr erwähnt wird und die Gefahr durch Aerosole in den Vordergrund gestellt wird, scheint man in Norwegen mehr Angst vor dem Anfassen zu haben. Hier sind wahrhaftig inflationär an jeden erdenklichen Punkt Infektionsmittelspender aufgebaut, die auch rege genutzt werden. Aber wie gesagt: Mundnasentücher sieht man gar nicht...

Freitag, 06.08.2021

Zum Nachtzug war es noch ziemlich bewölkt. So blieb ich mal liegen. Aber vor dem Frühstück konnte man auch noch die zwei morgendlichen Talente nehmen. Mir gefiel der Blick von meinem Balkon sehr gut. Ich beschloss, es trotz der E6 vor der Bahn zu versuchen. Die Wolken hatten sich nahezu aufgelöst und ließen klarstes skandinavisches Licht durch. Rt 473 war sogar ein doppelter Talent in beiden Farbgebungen. Aber leider kam genau in dem Moment so ein scheiß Tankwagen angebraust. Der Zug ist zwar komplett drauf, aber der LKW ist trotzdem doof.


Der Polarsirkelpendel Rt 473 kommt mit zwei Einheiten über den Damm von Dalselv. Und ich freute mich schon, dass "sogar" eine in der alten Farbgebung dabei war, nachdem ich bisher nur neufarbene gesehen hatte.

Ich beschloss, auch noch den Gegenzug abzupassen. Vielleicht ginge der ja besser. Mit dem Frühstück hatte ich nämlich nach hinten raus viel Zeit. Meine Überlegung war, heute in der Fjordregion zu bleiben. Die lange Zugpause des Vormittags würde ich für etwas Kundschaft nutzen, bevor ab Mittag dann alle Züge wieder gleichzeitig kommen. Viel mehr hätte es in Richtung Gebirge auch nicht gegeben.


Wie erhofft, kommt die rote Talent-Einheit als Rt 478 zurück und wird weiter nach Trondheim fahren.


Beobachtet vom Balkon meines Zimmers im Dalselv Kro.

Das Frühstück hätte man direkt draußen zu sich nehmen können. Der Gedanke kam mir aber erst bei der Abreise. Gut gestärkt konnte es nun also auf Kundschaft gehen. Wenn man "nur so" mit dem Auto die E6 bahnparallel fährt, nimmt man zwar mit "da geht immer mal was", aber so richtig genau weiß man am Ende dann doch nichts. Diesmal bin ich immer gleich an der nächsten Möglichkeit angehalten und hab mir das direkt aus Fotoposition angeschaut. Und da taten sich direkt paar Hauptmotive auf, die man gerne haben wollte. Die Kundschaftstour bog dann hinter Bjerka bahnparallel in den Mulvikvegen ab. Während die E6 ab Bjerka den direkten Weg durchs Gebirge nach Mosjøen nimmt, hält sich die Bahn am Fjordufer und umrundet den Fjordarm, an dem Bjerka liegt, einmal komplett und läuft dann um eine Landspitze in den nächsten Fjord. Bis zu dieser Landspitze führte ein gut befahrbarer Fahrweg. Auch hier fanden paar Stellen durchaus Gefallen. Tja, da hatte ich nun gut was gesammelt. Jetzt müssen sich nur noch die Wolken in der Ferne halten, in der sie den Vormittag über waren. Dann hätte ich gut zu tun...

Ich fuhr zurück zu einer der zuerst gesichteten Stellen am Ranafjord und hoffte, dass da langsam das Licht für Südfahrer auf die Front wandern würde. Das erste Zugprogramm soll der Schotterzug sein, der um 12 in Mo nach Süden zum Steinbruch Sefrivatn im Gebirge hinter Mosjøen aufbricht, um Nachschub zu holen. Zur Sicherheit war ich bereits kurz vor 11 im Motiv. Und da begann die Sonne schon langsam in die korrekte Position zu wandern. Nach einer Stunde wäre es optimal. Einzig blöd war, dass man direkt neben der E6 saß. Man lernte, Stille zu lieben, wenn mal gerade kein Auto zu hören war.

Bislang waren nur drüben auf der anderen Fjordseite Wolken zu sehen, die sich aber auch aufzulösen schienen. Und ich habe mir seit einiger Zeit abgewöhnt, hinter mir den Himmel nach Wolken abzusuchen. Leider bekam ich dennoch aus dem Augenwinkel mit, dass sich über den Bergen hinter mir offenbar kleine Quellwölkchen bildeten. Und wer die Quellwolkenregel kennt, weiß, dass kleine Queller schnell große Klopper werden können. Die Insel vor mir wurde immer mal von einem Schatten gestriffen, doch ich selbst saß bis zur Planzeit des Zuges wirklich durchgehend in Sonne. Aber ich wusste, dass da hinter mir nichts Gutes gedieh. Meine Nerven flatterten nur so vor sich hin. Wo blieb der Zug nur? Endlich! Zwei Minuten nach errechneter Zeit ein Tröt, das Schienensäuseln wurde lauter, der Zug kam um die Ecke. Und es zog nicht im letzten Moment von hinten eine Wolke in den Auslösepunkt!


Nun ist der Schotterzug leer und man fährt als Gt 51073 nach Sefrivatn, um Nachschub zu holen. Bevor es ab Mosjøen in die Berge geht, kurvt der Zug noch eine Weile am Ranafjord entlang.

12:17. Zwei Minuten nach Durchfahrt des 51073 nach Sefrivatn Pukkverk legt sich der Schatten über die Szene. Danke, dass das geklappt hat! Zum nächsten Programmpunkt war nun etwas Zeit. Trotz überall zuquellenden Himmels will ich mein Konzept durchziehen. In der Nähe des Motivs für den nordfahrenden Dagtog gibt es eine ausgeschilderte Badestelle. Dort stellte ich mich erstmal auf ein Nickerchen an den Rand. Akustische Untermalung kommt von einer deutschen Familie, die offenbar gerade eine Meinungsverschiedenheit hat und deren eine Tochter eine furchtbar durchdringende Stimme hat. Nach einem kleinen Nickerchen lockte mich das Wasser dann doch noch. Zu mehr als einem Fußbad hatte ich aber keine Zeit. Und angesichts des doch recht frischen Wassers auch keine Lust :-)


Fußbad im klaren Wasser des Fjordes.

Als ich den Strand verließ, sah es so aus, als ob hier bzw im nahen Motiv gerade ein etwas größerer Abstand zwischen den Wolken herrschte. Allerdings waren die Wolken nicht stationär. Nachdem ich auf meiner Fotowiese angekommen war, wurde es dann doch noch sehr spannend. Die Sonne war im Randbereich eines sehr großen Gewölks. Als der Zug zu hören war, herrschte gerade Sonne. Als er da war, nicht mehr. Satz mit X. Sehr schade.

Nun war das Programm aber eingeläutet. Der Dagtog kreuzt in Mo mit dem Gt 5790. Für den hatte ich mir vorhin eine freie Gerade bei Ytterviks Camping ausgesucht. Auch hier wieder Spannung pur. Der Campingplatz war länger dunkel und plötzlich zog die Dunkelheit auch auf mich zu. Doch dann zog sie sich auch wieder zurück. Der Zug war ganz hinten bei Dalselv zu sehen. Immerhin gut beladen. Bei mir Sonne. Würde sie halten? Ja, sie hielt! Es zog nicht im letzten Moment eine Fluse davor! Prima!


Cargonet Gt 5790 hat gerade Ytterviks Camping am Ranafjord passiert.

Der Zug kreuzt in Bjerka mit dem Gt 5795. Den hatte ich gestern gar nicht gemacht, weil er eh überall aus dem Licht kommt und ich gestern auch noch was für den Dagtog suchen musste. Heute gab es ganz simpel nochmal ein Drobi am bekannten Damm. Erst sah das wegen eines dicken Wolkenkloppers aussichtslos aus. Als dann doch die Sonne im Anmarsch und ich gestartet war, kam der Anwohner des nächsten Hauses angelaufen. Er grüßte nett und war nur neugierig - so nach dem Motto "Komm ich jetzt ins Fernsehen?" Ich konnte ihm den Bildausschnitt (leider ohne sein Haus) gerade noch zeigen, da kam auch schon der Zug, der aber nicht so toll beladen war.


✈ Den Gegenzug gibt es nochmal auf dem altbekannten Damm.

Der vierte Zug des Bundles war der südfahrende Dagtog. Bis zu dem war aber noch etwas Zeit. Das ausgesuchte Motiv lag bei Bjerka. Also konnte ich die Wartezeit wieder an der schönen Badestelle verbringen. Und dann kam es, wie es kommen musste. Genau über meiner Fotostelle hing ein blöder Wolkenklopper, der auch nicht richtig zog, sondern vor sich hin waberte. Der Dagtog war ein mords Soundspektakel, mehr aber auch nicht.

Das war das Zugprogramm auf diesem Streckenabschnitt - jedenfalls bis in drei Stunden, wenn der Schotterzug frisch beladen von Sefrivatn zur Nachtabstellung nach Mo rollt. Es war ja gerade 16 Uhr durch. In meinem Frust über den schattigen Dagtog hatte ich erst noch überlegt, ob ich dank der neuen E6 und des Umweges der Bahn den Zug in Mosjøen irgendwo nochmal bekommen könnte. Das Navi zog mir aber diesen Zahn. Die Bahn ist in Norwegen im Vergleich zur Straße einfach viel schneller. Aber die Richtung passte. Wenn ich schon mal hier war, konnte ich wenigstens noch etwas Kundschaft rund um Drevvatn und Elsfjord betreiben.

Auch ohne die Dokumentation einiger gefundener Motive war es einfach eine nette, gemütliche Fahrt über die Nebensträßchen durch viel wundervolle Landschaft und mit imposanten Ausblicken auf das Hochgebirge rund um den 1348m hohen Lukttinden. Logisch, dass auch paar Labis entstanden.


Wo es einen Bahnhof Drevvatn gibt, muss es auch einen See Drevvatn geben. Hier ist er.


Der Lukttind (1348m) überragt dort aus allen Perspektiven die Szenerie.

Um 18.45 traf ich wieder in Mo i Rana ein. Mein schöner Kro in Dalselv hatte ja heute Abend keinen Platz mehr für mich gehabt. Deshalb hatte ich mich für zwei Nächte im Fjordgården Hotel in Mo eingebucht. Das Hotel machte einen guten und modernen Eindruck. Mein Zimmer lag allerdings zum Innenhof mit direktem Blick von und in gegenüberliegende Zimmer. Ich lief mal los, um in der Stadt vielleicht ein chinesisches Restaurant aufzutreiben.

Das Hotel liegt in der "Hafencity" von Mo, also zwischen Bahnhofsrückseite und Fjord. Da sie dem Bahnhof irgendwann einen riesigen Mittelbahnsteig verpasst haben (auf dessen einer Seite aber nur ein Stumpfgleis liegt), dachte ich mir schon, dass da wohl ein neuer Bahnhofstunnel bis durch in den neuen Stadtteil angelegt worden ist. So war es auch. Der Streifzug durch die Stadt war allerdings in höchstem Maße ernüchternd. Kein passendes Restaurant. Die Salattheken in den Supermärkten alle leergefräst. Ich besorgte erstmal zwei kühle Cider und lief ins Hotel zurück.

Und nun? Doch wieder Pizza? Dann aber woanders her. Ich nahm mir diesmal das Auto und packte sicherheitshalber den Fotorucksack mit ein. Vielleicht könnte man auf dem Rückweg ja noch den einfahrenden Schotterzug machen. Nur so als Gedanke... Den Laden von vorgestern nahm ich natürlich diesmal nicht, sondern einen anderen, der aber genau das gleiche Angebot hatte. Die Pizza war wenigstens ohne Sauße, aber ansonsten auch keine Offenbarung. Wir sind halt nicht in Kroatien. Blöde war nun die Sache mit dem kühlen Cider im Hotelzimmer. Dieser Pizza-/Hamburger-/Eis-/alles Mögliche Laden hatte nämlich eine ganz nett auf dem Dach gelegene Außenterrasse. Wollte ich wirklich die Pizza im finsteren Hotelzimmer verspeisen, wo draußen so eine herrliche Luft herrschte? Ich musste wohl... Auf dem Weg zurück ins Hotel wollte ich aber wenigstens ne Viertelstunde auf den Schotterzug warten. Das Licht war gerade topp, egal, dass die Pizza kalt wird. Ich parkte nördlich des Bahnsteigbereiches, da kam hinten der Zug 51075 auch schon um die Ecke! Yippieh, wenn das mal nicht just in time war...


Wenn das Abendlicht so herrlich ist, darf das Motiv mal die Realität einer, äääh, nun ja, einer eher funktional gebauten Stadt zeigen, oder? Pukktog 51075 hat mit dem Bahnhof Mo i Rana den Ort seines Nachtlagers erreicht.

Es war nun 20 Uhr. Den Rest der Zeit verbrachte ich an diesem herrlich lauen Sommerabend im Hotelzimmer mit zugezogenen Gardinen. Stooopp! Das ging gar nicht! Nochmal kurz zurückspulen. Wozu hat man denn das Fjordufer direkt vorm Haus. Pizza, Cider, Buch, Fahrtenbuch wanderten allesamt mit raus. Am Ufer sitzend wurde das ein wunderschöner Abend, auch wenn zunächst die Sonne wegen der Spiegelung im Wasser gleich doppelt brannte.


Ausblick beim Abendessen.

Tja, es ist ja immer sehr gut, wenn am Ende des Tages noch was klappt. Der Bahnhof Mo i Rana ist zwar sicher kein Anwärter auf das Fotomotiv des Jahres, aber dieser besondere Zug in dem tollen Licht passte einfach wunderbar und konnte die Laune und das Tagesfazit trotz der missglückten Dagtogs ungemein steigern. Es war halt ärgerlich, dass während des komplett wolkenlosen Vormittags keine einzige Zugbewegung stattfand und dass dann die Queller kamen. Da hätte das alles auch noch viel viel schlechter ausgehen können. Und von den Motiven her waren die beiden Südfahrer-Gz Motive definitiv die besseren. Und ich bin in Norwegen, die Wellen plätschern ans Ufer, was will man mehr? Es ist Uuurlaub!

Samstag, 07.08.2021

Den Wecker hatte ich mir nicht gestellt. Aber als ich um 5:15 sozusagen just in time für den Nachtzug wach wurde und blauen Himmel sah, zog ich mich rasch an. Nach einer Viertelstunde Fahrt stand ich im Motiv. Die Sonne kam hier gerade so über die Berge. Nächste Woche bräuchte man gar nicht mehr her zu kommen - jedenfalls für den Nachtzug nicht. Ja, die Sonne kam über den Berg, verschwand allerdings direkt wieder in der Wolke, die über dem Berg hing. Es war nahezu die einzige Wolke weit und breit. Der Nachzug war pünktlich und wieder mal nur reiner Hörgenuss...

Zurück in Mo stand der Zug sogar noch im Bahnhof. Der Schotterzug übrigens auch, und zwar nicht mehr bzw noch nicht auf dem Hauptgleis, sondern wild auf alle möglichen Gleise dieses kastrierten Bahnhofs verteilt. Ich hatte nun erstmal äußerst dringliche Morgengeschäfte zu erledigen. Schön an diesem Hotel war auch, dass das Frühstück bereits um 7 startet. Und in so einer Massenunterkunft ist das Hotelbuffet dann auch etwas reichhaltiger, wobei ich da aus skandinavischen Hotels noch ganz andere Dimensionen kenne.

Als ich um 7:45 das Hotel verließ, war der Schotterzug gemäß Fahrplan bereits abgefahren. Allerdings war ich guter Hoffnung, ihn bis zum Fjell wieder einzuholen. Um 7:54 ging es in Mo von einer Tanke an der Umgehungsstraße los. Was ist das jetzt eine herrliche Fahrt! Tempomat erst auf 80, später fast durchgehend auf 90. Man muss nur noch sanft steuern. Die Straße gehörte zu so früher Stunde mir allein. So macht das Spaß. Und so erfuhr mein Auto bereits genau eine Stunde nach Abfahrt von der Tanke seine Polarkreistaufe. Das konnte der Schotterzug nicht geschafft haben, zumal er laut Bildblatt mega lange Fahrzeiten hatte. Danach sollte er erst 9:42 in Bolna sein. Der Nachtzug benötigt von Mo i Rana bis Bolna genau eine Stunde, bis zum Polarkreis 5 bis 10 min länger. In der starken Steigung sind die Züge dann doch nicht so schnell. Kaum hatte ich dies geschrieben, tauchte der Schotterzug 51076 auch schon auf. Wenn er plan abgefahren ist, hatte er knapp zwei Stunden gebraucht.


Leider hat es ziemlich zugeschlonzt, als Frigg und Frøya mit ihrem Gt 51076 über das Saltfjell brummeln.

Oben auf der Hochfläche wurde er dann auch wieder ganz schön schnell. Vielleicht muss ich jetzt noch paar Sätze über das Wetter verlieren. In Mo war eine dicke Schlonze von der See her reingezogen. Voraus hatte es weiter oben im Gebirge noch blau ausgesehen. Aber offenbar war der Mumpf genau in meine Richtung gezogen, denn das Saltfjell war nun auch dicht. Nur weiter im Nordwesten sah es blau aus. Ich hatte nun eh erstmal nichts mehr zu tun. Ok, wenn man wüsste, dass es am Saltfjord besser wäre, könnte man dort natürlich das Treiben des Schotterzuges beobachten, der heute bis Fauske sollte, nachdem er die letzten Tage nur nach Lønsdal gelangt sein sollte. Aber er würde jetzt doch ziemlich aus dem Licht (haha, welches Licht?) kommen. Meine Motivation hielt sich stark in Grenzen.

Als erstes steuerte ich mal einen schön weitläufigen Parkplatz auf dem Fjell an. In dessen hinterster Ecke gab es erstmal ein Nickerchen. War ja doch ganz schön früh gewesen heute Morgen. Als sich aber die Sonne zunehmend durch die Wolkenschicht kämpfte und es auch immer blauer wurde, startete ich eine kleine Wanderung auf einem hier beginnenden Fußpfad einfach von der Straße weg. Der würzige Duft der Kräuter war phantastisch; dafür war man hier hergekommen. Ich setzte mich auf einen Felsen und ließ die Seele baumeln. Zu weit wollte ich hier aber nicht laufen, denn die Hauptwanderung sollte gleich noch kommen, aber an anderer Stelle.


Einfach mal der E6 den Rücken kehren und in die Landschaft hinein laufen. Ein Stück oberhalb kommt eine große Einfriedung in Sicht, wo die Sami ihre Rentiere "zusammentrommeln" können. Normalerweise laufen die Tiere aber frei durch das Gebirge; es war jetzt auch keines "zuhause".

Dazu ging es mit dem Auto ein Stück in Richtung Saltdalen hinunter bis hinter den Rasthof. Nun links einen Fahrweg hinein und am Fluss geparkt. Auch wenn man nach Kjemåga wohl auch mit dem Auto hochfahren kann, so hatte ich mich auf die Wanderung gefreut. Etwas nachdenklich machte mich ein Schild, das an der Gabelung von Fußpfad und Fahrweg nach Kjemåga aufgestellt war. 2021 sei das Projekt Wildschutzzaun abgeschlossen worden. Deshalb würde der Wanderweg jetzt an anderer Stelle über das Gleis führen.


Neue Verkehrsführung am Kjemåfossen. Hier wird der Wasserfall übrigens "Kjemågafossen" genannt, so wie ich ihn bislang auch immer genannt hatte. Aber auf sämtlichen Schildern stand "Kjemåfossen". Auch in einigen Reiseberichten der letzten Zeit hatte ich "Kjemåfossen" gelesen.

Na ja, ganz so bange war mir nicht, da ich die Züge ja auf dem Damm durch den Wasserfall fotografieren wollte. Bei Dämmen laufen solche Zäune ja eher unten oder gar nicht. So machte ich mich also wohlgemuts auf den 5km langen Fußweg, wobei ich wegen der sanfteren Steigung den Fahrweg wählte. Dieser verlief zunächst etwas langweilig durch den Wald. Später eröffnete er aber schöne Ausblicke auf das Tal und die hohen Berge ringsherum. So kam ich höher und höher. Die neue Gleisquerung sei nicht mehr am ex-Bf, sondern am Wasserfall, so wurde beschieden. Und dort sah ich dann das Elend in vollem Ausmaß. Die DDR-Grenze in Staaken war nichts gegen diese massive Zaunflucht auf (!) dem Damm! So etwas hirnrissiges. Da hat ja jemand wieder ganze Arbeit geleistet.


Das neue Staaken. Na gut, eine Mauer ist es nicht, aber übertrieben wirkt es trotzdem...

Da ich hoch oben am Wasserfall stehen wollte, hoffte ich, dass der Zaun vielleicht nicht mehr ganz so blöde auffällt. Unverrichteter Dinge wieder abrücken wollte ich jedenfalls nicht. Deshalb kletterte ich nun ohne Weg und über die nackigen Felsen aufwärts. Was soll ich sagen, es war traumhaft dort! Ich konnte herrlich auf einem Felsen mitten im Wasserfall sitzen.


Ausblick auf das Saltdalen und die Einmündung des Junkerdalens, das an seiner Einmündung nur eine schmale Schlucht ist.


Der Kjemåfossen aus Richtung Bahn betrachtet.

Am Himmel war der Schlonz nun weg, dafür hatten sich wieder massiv Quellwolken gebildet. Meist saß ich im Dunkeln. Angesichts der Gesamtumstände und der Tatsache, dass es Saltdal abwärts völlig wolkenlos aussah, beschloss ich entgegen ursprünglicher Planung hier nur den Dagtog abzuwarten, obwohl der Schotterzug hinterher kommen soll - selbst, wenn der Dagtog mal wieder Wolkenschaden hat. Aber das Blau über Salten lockte doch sehr und für den nordfahrenden Dagtog fiel das hier oben eh aus wegen Staaken. Gut, dass ich bei der Überlegung konkret das Abgehen des Dagtog 472 ohne Sonne berücksichtigt hatte. Er kam natürlich ohne Sonne!

Die vierte Di4 in Folge mit Wolkenschaden! Und das immer bei 70-90% blauem Himmel. So langsam nahm das groteske Züge an und begann, ernstlich auf die Laune zu drücken. Mit sechsfachem Hals (Wildzaun-Hals, Wolkenschaden-Hals, Fotorucksackknartsch-Hals, Hundegebell-Hals, groteskeWegweiser-Hals und ImmerwiederSteinimSchuh-Hals) ging es an den Abstieg. Eigentlich war mein Konzept ein Rundweg gewesen. Ich wollte den Stieg parallel zum Wasserfall runter wandern. Aber dazu hätte ich erstmal im Bahngehege über den Damm laufen müssen. Das war aber plötzlich überhaupt nicht mehr ausgeschildert. Und wenn der Weg da unten genauso gut erkennbar wäre wie oberhalb der Bahn, nämlich gar nicht, und man wild von Fels zu Fels hopsen muss, könnte ich Setså wohl knicken. Und den Fahrweg schön bergab zu laufen, war eine bequeme Sache. Ich wunderte mich nur ständig über Stimmen. Erst als ich stehen blieb und genau lauschte, nahm ich wahr, dass da weit unten im Tal irgendwelche Köter ununterbrochen am bellen waren - aber wirklich die ganze Zeit!

Nun lag ich doch ganz gut in der Zeit und konnte bei der Raststätte noch paar kalte Getränke erwerben. Die hatte ich jetzt auch wirklich nötig! So ging es dann abwärts nach Setså. Dabei immer wieder der bange Blick in den Himmel. Denn Richtung Salten sah es nun auch nicht mehr so wolkenfrei aus. Warum sollte es denn auch? Von Süden drängte wieder der Schlonz rein, aber es gab dort auch paar einzelne Wolken. Ich stellte mich auf den Fotoparkplatz, wendete den Blick vom Himmelsgeschehen ab und gegen meine Augenlieder, die ich nämlich zuklappte. Machen wir es kurz. Ich hab die letzten Minuten am Motiv stehend wieder Blut geschwitzt, aber der fünfte Di4-Wolkenschaden blieb dann doch immerhin aus. Rt 471 klappte gut.


Um 16:35 gelingt dann auch "schon" das erste sonnige Bahnbild. Rt 471 passiert das malerisch am Fjord gelegene Setså.

Ich hatte gesehen, dass der "nachfolgende Güterzug" erst über anderthalb Stunden später folgt. Wenn man auf den hier nicht mehr warten würde, könnte man vielleicht den Schotterzug bekommen. Der hatte nämlich die ganze Zeit während meines Abstechers nach Setså oben in Lønsdal auf X mit den beiden Nordfahrern warten müssen. Auf der Fahrt aufwärts schaute ich nun die ganze Zeit, ob mir der Containerzug vielleicht schon entgegen käme, doch das war nicht der Fall. Man hatte aber auch nicht immer Streckenblick.

Oben auf dem Fjell herrschte nun geschlossene Bewölkung, und zwar richtige Bewölkung. Ich bin in einem Rutsch stramm durch gefahren. Den Containerzug habe ich nicht entgegenkommen sehen. Vielleicht fand gerade in Lønsdal die Kreuzung statt, als ich dort weit unterhalb des Bahnhofs vorüber fuhr. Die Fahrt über die E6 war wieder höchst angenehm. Wenn dann doch mal jemand Langsames vor einem auftaucht, kann man immer bald überholen. Es macht sich deutlichst bemerkbar, dass kaum Touristen unterwegs sind. Vor Mo kam dann wieder die Sonne raus. Allerschönstes Abendlicht! Und ich entdeckte noch einen tollen Ausblick für abends. Als ich eine Talbiegung weiter ziemlich schnell (wegen Hintermann) auf einen Rastplatz abbog, hatte ich zu spät die mega fiesen Schlaglöcher bemerkt, in die ich regelrecht reingeknallt bin. Scheint noch gut gegangen zu sein. Hier kam erstmal der bergfahrende Erzzug 5769 durch.


Der Erzzug ist nun entleert und fährt als Gt 5769 wieder nach Ørtfjell in die Mine.

Zurück an dem schönen Ausblick war das Warten hinter der Leitplanke der E6 sitzend nicht so angenehm. Kreuzung in Skonseng gab es schon mal nicht, dafür hätte man den Bahnhof aber auch extra besetzen müssen. Durchfahrten werden hingegen aus Mo ferngestellt. Ich hatte da hinter der Leitplanke noch ein ganzes Stück Reisebericht aufzuarbeiten. Und so verging die Zeit wie im Fluge. Mal ging das Licht weg, meist hielt es aber. Der Vordergrund schattete natürlich irgendwann zu, aber das Seitenlicht wurde von Minute zu Minute besser. Ich war gerade mitten im Satz, als Pukktog 51077 auch schon hinten um die Ecke kam.


Nach mehreren langen Kreuzungsaufenthalten haben es auch Frøya und Frigg mit ihrem Schotterzug fast nach Mo geschafft. Der 51077 geht aber sofort weiter nach Sefrivatn.

Ich fuhr dann mal hinterher. Vielleicht würde man ja in Mo Personalwechsel machen. Dann hätte ich ihn nochmal am Fjord bekommen können. Aber der Zug muss wohl glatten Gang gehabt haben, der Bahnhof war leer. Damit war der Tag für mich auch beendet. Es ging ins Hotel zum dringend nötigen Frischmachen. Für das Abendessen hatte ich diesmal ein Konzept. Die Bruzzelbude von gestern hatte die schöne Dachterrasse. Und wie ich gestern erst nach der Pizzabestellung sah, hatte man auch Salate. Ich bestellte einen schönen Cheeseburger und einen Salat. Ok, dass bei dem Salat dann mehr Käse und Schinken dabei war als Gemüse, war dann wohl der Authentizität norwegischer Imbisskost geschuldet. Aber insgesamt war das eine gute Sache. Und man saß auf der schwach besuchten Terrasse wirklich herrlich in der Abendsonne und hatte den Bahnhofsplatz und eine kleine Grünanlage im Blick.


Das sehr gesunde Abendessen in Mo... Die Maracuja Limo war lecker.

Nach dem an sich sehr vernünftigen Abendessen habe ich aber doch noch gesündigt. Ich war noch kurz im Supermarkt, um Leergut wegzubringen und Vollgut mitzunehmen, da lachte mich in einer Kühltruhe hjemmelaget (hausgemachte) Gomme med Rosiner an. Gomme ist eine Art fester Brei (die Engländer sagen "sweet cheese") aus Milch, Kefir, Zimt und Zucker. Und in meinem Fall Rosinen. Für die ganz genauen Feinheiten hat jedes Tal sein Geheimrezept. Mir hat es super geschmeckt, weil es auch nicht übersüßt war.

Sonntag, 08.08.2021

Manche Dinge muss man irgendwie im Blut haben. Den Wecker hatte ich mir wieder nicht gestellt, aber als ich um kurz nach 5 wach wurde, musste ich ja mal aus dem Fenster schauen. Und ich sah bis auf einen dünnen Schleier viel blauen Himmel! Was sprach dagegen, es nochmal mit dem Nachtzug zu versuchen? Schlafen hätte ich eh kaum noch können, weil ich mich die ganze Zeit gefragt hätte, ob der Nachtzug heute geklappt hätte...

Auf der E6 war komischerweise am Sonntagmorgen mehr los als am Samstag. Als ich um 5:42 am Motivparkplatz eintraf (der auch viel voller stand), war der Damm noch im Schatten. Im Bergschatten wohlgemerkt! Aber er wurde von Minute zu Minute heller. Ich glaubte, mir diesmal wirklich keine Sorgen machen zu müssen, wobei ich jeglichen Blick nach hinten in den Himmel vermied. Rt 475 ließ sich gegenüber gestern paar Minuten mehr Zeit, aber er kam dann wunderprächtig!


Nun klappte es doch noch: Der "Nachtzugdamm" mit dem Nachtzug. Rt 475 am Ranafjord kurz vor Dalselv.

Eigentlich müsste man jetzt voll durchstarten und den auf dem Fjell nochmal machen. Blöde, hätte man vorhin einfach seinen gesamten Ramsch ins Auto geladen, hätte man das geschafft. So musste hingegen erstmal im Zimmer aufgeräumt werden. Zudem war ein Medikament ausgelaufen, so dass ich erstmal die Folgeschäden beseitigen musste. Eine Socke aus der Schmutzwäschetüte fungierte als Lappen - das klappte!

Kaffee konnte man sich in diesem Hotel jederzeit nehmen. Das tat ich auch schon mal, musste dabei aber feststellen, dass das Frühstücksbuffet noch gar nicht aufgebaut wurde. Vielleicht ist es sonntags später? Egal, zum Schotterzug, der gestern für die Fahrt nach Sefrivatn Pukkwerk eine Nachtschicht hatte einlegen müssen, wollte ich rechtzeitig auf dem Fjell sein. Heute würde der Zug sogar ganz bis Bodø fahren, dann aber nur bis Mo zurück und nicht ins Schotterwerk.

Alles wurde gut. Punkt 7 war das Buffet aufgebaut. Als ich mir gerade einen Eierlöffel holte, sah ich den Schotterzug ausfahren - 7:14, drei Minuten zu früh. Ich widmete mich erstmal meinem gekochten Ei mit Kaviarpaste, dann gab es noch zwei lecker Melonenscheiben, dann noch Zähneputzen, und ich war startklar. Laut Fahrplan musste der Pukktog eh in Ørtfjell auf Abstand zum Nachtzug warten. Da um diese Zeit offenbar bis Fauske kein Bf besetzt war, ging der Zugfolgeabschnitt eben bis Fauske. Ørtfjell war wegen der Erzzüge besetzt.

Es ging also völlig geruhsam und entspannt wieder die herrliche E6 hoch ins Gebirge. Hab ich eben tatsächlich "herrliche E6" geschrieben? Zwei Wörter, die sich bislang ausschlossen. Aber ohne die große Tourikarawane stimmte das. Die Fahrt ins Gebirge war aber auch herrlich, weil es streckenweise in den tiefblauen, wolkenlosen Himmel hinein ging. Aber dann und wann auch mal wieder auf einzelne Wolken zu. Je nach Talkrümmung. Für den Pukktog 51080 hatte ich mir gestern schon ein schönes Motiv am Fjelleingang gesucht. Dort geparkt, Drohne aufgebaut und gewartet. Zehn Minuten vor der errechneten Zeit brummelte es hinten in der Ferne.


Frigg und Frøya haben den Bahnhof Bolna hinter sich gelassen...


...und erklettern als Gt 51080 das Saltfjell.


✈ Auch aus der Luft ist der Zug erkennbar.

Ich gebe zu, Zugverfolgungen unter Verwendung von Kamera und Drohne müsste ich noch optimieren lernen. Zwar habe ich die Drohne nicht zusammengefaltet und verpackt, aber ich hätte sie und die Fernbedienung gleich anlassen sollen. Aber es ging noch gut. Ich erwartete den Zug nochmal bei den zwei roten Stødi Häusern. Als ich das Bild mit der Nikon machte, hatte ich mit der Drohne noch nichtmal den benötigten Fotopunkt erreicht. Aber alles ging noch gut!


Nun haben die beiden Baneservice Maschinen mit ihrem Pukktog den Polarkreis gequert...


✈ ... und passieren die beiden Stødi-Häuser. Die bahnparallele Trasse oberhalb der Gewässer ist übrigens die alte E6, die Anfang der 1990er Jahre stillgelegt wurde und nun der Natur überlassen ist. Darauf hätte man eigentlich einen schönen Radweg anlegen können.

Wenn man morgens um 9:30 bereits zwei Züge richtig gut bekommen hat, dann ist die Laune einfach nur gut. Und ich freute mich jetzt regelrecht auf fünf Stunden Zugpause. Denn noch schien die Sonne, und ich hatte mal wieder Lust auf einen kleinen Streifzug in die Natur. Dazu ging es wie gestern schon zu den drei grünen Semska Häusern. Diesmal lief ich allerdings nicht in die Berge hoch, sondern in die andere Richtung, querte den Fluss auf einer Hängebrücke und lief einen Pfad in die Moore hinein. Hier ragten markante Hügel aus dem Sumpf, der übrigens völlig trocken war. Später ging es in einen tollen, lichten Birkenwald, dessen Stämme wunderbar leuchteten.


Hügelige Sumpflandschaft auf dem Fjell.


So ähnlich stelle ich mir die "Tundra der kriechenden Birken" in Karl Mays "Zobeljäger und Kosak" vor.


Mein Autochen und die drei grünen Semska-Häuser.


Die Hängebrücke.


Tadellose Ausschilderung der Wanderwege: Links geht es nach Gamme, rechts auf einen markierten Pfad. Oder im Umkehrschluss: Der Weg nach Gamme ist nicht markiert, und der markierte Weg führt nirgendwo hin. Oder denke ich jetzt zu deutsch?

Zurück am Fluss setzte ich mich an die Uferböschung und schrieb erstmal das Erlebte des Vormittags auf. Dann war mein Plan eigentlich ein Mittagessen im Polarsirkelsenter. Außerdem wollte ich einen Aufkleber fürs Auto haben. Dort angekommen war aber die allererste Herausforderung, ein Bild von meinem Auto an der Polarkreissäule mit Sonne hinzubekommen. Mittlerweile hatten hier im Bereich die Wolken die Oberhand gewonnen. Immer wieder zogen blaue Abschnitte auf die Sonne zu und verschlossen sich im letzten Moment. Das schaute ich mir wohl eine Viertelstunde lang an, dann gab es immerhin ein Halblichtbild.

Drinnen dann der reinste Infektionsherd. Hatte ich gesagt, dass dieses Jahr keine Touris unterwegs seien? Hier waren sie alle! Nein, in dem Gewühle fühlte ich mich nicht ganz so wohl. Klar, ich hätte ja meine FFP2 Maske aufsetzen können, aber man will ja nicht auffallen :-) Aufkleber gab es paar nette, dummerweise aber nur alle zusammen für 990 Kronen. Leute, ich brauch keine Familienpackung, sondern einen netten kleinen Aufkleber für mein Auto! Fast hatte ich mich doch durchgerungen, da war aber gerade eine mega Schlange vor der Kasse. Tschüß, das war's. Und das Café war mir auch zu voll bzw die Speisekarte zu rudimentär.

Aber ich hab ja eine gute Beobachtungsgabe. Gestern beim Getränke besorgen im Saltdal Touricenter unten beim Junkerdalen hatte ich aus dem Augenwinkel gesehen, dass im Restaurant ein Buffet aufgebaut war. Ich brauchte nach all der Imbisskost mal wieder norwegische Hausmannskost! Hin da! Und das war dann auch richtig gut. Es gab Salten Lachs mit Kartoffeln und rotem Püree (vmtl Möhren und Rüben), aber besonders angetan hatte es mir das Saltkjøtt, das ich mit Erbsenpüree zu mir nahm. Saltkjøtt ist ein extrem zart in Salzwasser bzw -brühe gekochtes Fleisch, hier vom Schwein, gibt es aber auch vom Schaf. Dazu lecker Karamellchreme als Dessert, ja da schmeckte das Bäuerchen nach dem Essen doch doppelt gut!

Nebenbei beobachtete ich immer gebannt die Wetterverhältnisse am Kjemåfossen oben in Kjemåga. Hier war gerade die Wettergrenze. Vielleicht hatte ich einen Fehler gemacht und hätte dem südfahrenden Dagtog an den Saltfjord entgegen fahren sollen. Dann hätte ich den und den nachfolgenden Schotterzug dort vielleicht noch mit Sonne bekommen. Ich fuhr kurz vor dem Dagtog aufs Fjell, doch da war mit Sonne überhaupt nichts mehr zu wollen. Nun musste ich in mich gehen und weiter planen. Laut Wetterbericht (aber was weiß der denn schon?) wird es nun unbeständiger. Für morgen mutmaßte man für die Ecke rund um Mosjøen und Grong noch 7 Sonnenstunden. Ich buchte eine Unterkunft in Mosjøen. Die Ecke ist bei mir entlang der Nordlandsbahn ohnehin noch der weißeste Fleck.

Und dann fing es auch an zu regnen. Na gut, muss auch mal sein. Vielleicht blühen dann auch die Rallerråsen mal besser. Die sind dieses Jahr besonders spirrig. Das Navi warf mir für Mosjøen Ankunft um 18 Uhr aus, zwei Stunden Fahrt. Das passte doch. Gemütlich ging es über die E6 südwärts. Bald machten sich aber die Folgen des üppigen Mittagessens bemerkbar. Nein, nicht die Toilette rief, sondern das Sofa. Puuuuh, war ich plötzlich müde. In Storforsheia bog ich auf die Nebenstraße Richtung Ørtfjell ab und stellte mich im Wald an den Rand. Der Regen prasselte auf das Auto, da konnte man gut wegdämmern. Und die Wirkung ist wirklich erstaunlich. Nach einer Viertelstunde war man fit. Auch auf der weiteren Fahrt musste man nicht mehr gegen zuklappende Lider ankämpfen.

Meine Hoffnung, in Mo in einem Supermarkt neue Getränke beschaffen zu können, erfüllte sich leider nicht. Da hatte kein einziger søndagsåpen. Na gut, bis Mosjøen musste es mit den letzten Resten aus diversen im Auto rumfliegenden Flaschen gehen. Ich erwischte auf der E6 mal wieder einen Slot, in dem ich praktisch allein unterwegs war. Ich hatte ab dem Korgfjelltunnel niemanden mehr vor oder hinter mir in Sichtweite. So traf ich reibungslos in Mosjøen vor der über booking gebuchten und auch über booking bezahlten "Mosjøen Romutleie" ein. Da es allerdings gerade in Strömen goss, drehte ich noch eine Ehrenrunde durch die Stadt und bezog dann mein Zimmer. Die Türcodes hatte ich per Nachricht über die booking App bekommen.

Wie gesagt, hatte ich keine Getränke mehr. Am Nordostende der Innenstadt war ich an einer Tanke mit großem Shop vorbei gekommen. Ich beschloss, eine Runde zu Fuß durch die Stadt zu drehen. Bei meiner Auto-Ehrenrunde eben hatte ich ganz am Fluss paar ältere Holzhäuser gesehen. Ich hatte mal gehört, dass Mosjøen eine schöne Altstadt haben soll, aber bei zwei oberflächlichen Besuchen bin ich nie ganz bis an den Fluss gekommen. Dorthin ging es also als erstes. Und ich muss sagen, dieses alte Stadtviertel an der Sjøgata war herzallerliebst! Ich knipste mit dem Handy drauf los, auch wenn das Wetter nichts her gab.


Die Sjøgata in Mosjøen.


Teils kommt hinter der Sjøgata noch eine Häuserzeile.


Am Vefsn Ufer.


Hier ist ein kleines Café drin.


Und nochmal die Riversite.

Überhaupt gefiel mir Mosjøen wesentlich besser als Mo i Rana. So ein richtig großes Problem hatte ich allerdings mit der Menge an richtig einladend aussehenden Restaurants und Cafés. Es gab sogar einen Inder, aus dessen Lokal es verführerisch duftete. Aber ich hatte ja vorhin das norwegische Buffet. Das war auch wunderbar, aber jetzt noch eine Restaurant-Mahlzeit hinterher zu schieben, wäre schon etwas unverantwortlich gewesen. Ich hatte auch null Hunger. Aber Appetit! *heul*.

Bei der Tanke gab es dann Großeinkauf in flüssiger Form. Da zwei Flaschen kaum mehr als eine kosteten, zog ich mit sechs 0,5l Flaschen von dannen. Ich hatte mich jetzt wirklich auf einen entspannten Hüttenabend gefreut, da ich im Internet noch einiges erledigen wollte. Dumm ist bei sowas bloß, wenn es im Nachbarzimmer sehr lebendig zugeht. Aber heute ist ja Sonntag! Da kann ich, so das Internet will, mit nem Tatort gegenhalten... Ok, das Internet will perfectly. Aber es ist trotzdem nur die deprimierende Wiederholung eines Dortmunders. Gegen schlechtes Programm nutzt auch gutes Internet nichts. Hach, hier gibt es völlig kostenlos echte Lebensweisheiten zu lesen... Und die Vorhersage für morgen ist auf 4 Sonnenstunden zusammengebrochen. Morgen früh sind wir dann sicher bei null angekommen...

Montag, 09.08.2021

Die Mosjøen Romutleie von der RUBIN AS (es gibt hier nämlich zwei Romutleien...) wirkte sauber und war modern eingerichtet. Aber die Keminate war winzig, was sich vor allem aufs Bad auswirkte. Wenn man aufs Klo wollte, musste man die Glastür der Dusche in die Duschwanne hin öffnen. Auf der anderen Seite stand das Klo direkt an der Wand. Richtig blöde war aber das winzige Waschbecken, über dem man einen Schrank von fast der Tiefe des Waschbeckens angebracht hatte. Beim Waschen musste man den Kopf also irgendwie zwischen Schrank und Waschbecken klemmen. Das meiste Wasser landete aber trotzdem auf dem Boden...


Toilette für Schlanke.

Immerhin konnte man sich Kaffee kochen. Deshalb durfte sich die Unterkunft wohl auch B&B nennen. Also B&B ohne "&B", also eigentlich ein B. Und wenn man wie ich noch Polarbrød mit Tubenkäse im Gepäck hat, ist es wieder B&B... Und von der Schafs- und Schweinehirn Salami ist auch noch was da, welch delikates B! Wobei meine Kaffeesahne jetzt definitiv hinüber war, schade. Sie hat in ihrem kurzen Leben immerhin viele warme Tage erlebt.

Ok, ihr merkt schon, ich hab gerade Zeit, etwas Unsinn zu verzapfen. Aber langsam musste ich mal an die einzige Zugfahrt des Morgens denken, den "Ole Tobias". So hieß der jedenfalls, als er noch lokbespannt fuhr. Paar Aufhellungen waren am Himmel ja durchaus zu erkennen, paar Chancen also. Und ich war schließlich nicht zum Spaß hier... Entlang des Vefsnfjordes ging es ein Stück nach Norden. Hier herrschte einiger Sonnenschein. Im Fjord dampfte gerade die Fähre nach Hundåla ab. Mit der wird ein Stück Straße an die große weite Welt angebunden, die unweit der rotgoldenen Rødøya, die wir von der Fähre aus gesehen hatten, an die Küste trifft.


Die FS Kvitholm nach Hundåla hat auch gerade Mosjøen verlassen. Ob es an Bord nach Hotdog duftet? Hundåla liegt auch auf dem Festland, aber wenn man sich die Felswände im Hintergrund anschaut, wird der Grund für die Fähre einigermaßen deutlich.

Auch wenn es am Fjord am hellsten aussah, wollte ich doch mal schauen, ob es an der neulich entdeckten Kurve mit dem Bauernhaus im Hintergrund nach einer Chance aussah. Das war ein billiges Drive&Klick Motiv, sogar mit fettem Parkplatz an der Hauptstraße. Hmm, dort angekommen, kam immer mal Licht durch, aber am Fjord hatte es besser ausgesehen. Paar Minuten war noch Zeit und ich wollte das mal beobachten. Viel früher als erwartet, waren in der Ferne die etwas sabbernd klingenden Talent-Trööts zu hören. Es sah am Himmel nicht ganz aussichtslos aus. Und mal muss man auch Glück haben. Rt 478 erwischte definitiv den sonnigsten Moment der ganzen Zeit!


Der Morgenzug von Mo i Rana nach Trondheim, Rt 478, besteht heute aus zwei Talent-Einheiten - sogar aus zwei roten! Ich glaube, zu diesem Zeitpunkt dachte ich immer noch, dass das was besonderes wäre... Dieser Nachschuss zeigt den Zug kurz vor Erreichen des Vefsnfjordes.

Als pessimistischer Realist könnte ich natürlich sagen, dass damit das Glück für irgendwelche Di4 bespannten Züge verbraucht ist. Jedenfalls machte der Himmel nun sogar erstmal komplett dicht. Gut, jetzt würde auf der Schiene auch erstmal nichts laufen. Nicht ganz verstanden habe ich allerdings das Schotterzug Programm für heute. Nach Rückkehr aus Bodø gestern Abend fuhr der ja nicht weiter ins Schotterwerk. Trotzdem sollte er heute einmal nach Lønsdal und zurück fahren. Und weitere komische Fahrten waren hier unten eingezeichnet. Von Sefrivatn Pukkwerk war morgens eine Fahrt nur angerissen, ebenso eine Ankunft mittags in Grong. Es gab aber keine durchgehende Linie, als wenn man sich alles offen halten wollte. Die Kreuzungen mit den in dieser Zeit fahrenden Personenzügen waren nicht festgelegt. Und nach 15 Uhr war dann wieder eine richtige Fahrt von Grong nach Sefrivatn eingelegt. Also muss es wohl zwei Schotterzug Garnituren geben? Jene Fahrt sollte dann nach drei Stunden Beladung gegen Abend nach Mo gehen.

Keine Ahnung, der Himmel war eh zu. Ich fuhr erstmal zum Supermarkt und dann nochmal etwas im Tal des Vefsn kundschaften, blieb aber diesmal auf der E6 Seite. Eine Überlegung war, im Laksfors Restaurant relativ früh zu Mittag zu essen. Ob die wohl auch Buffet haben? Hatten sie nicht. Aber man saß dort wieder mal wunderschön mit dem Panoramablick auf den Wasserfall. Man sah sogar die Lachse springen, aber keiner nutzte die neu angelegte Fischtreppe. War vermutlich zu schlecht ausgeschildert... Für das Restaurant wird ein Nachfolger gesucht, weil der Betreiber in den Ruhestand gehen will. Hoffentlich wird jemand gefunden. Für mich gab es hjemlaget Kjøttkaker mit Kartoffeln, Erbsenpuree, Gemüse und dazu natürlich Brun Sås.


Fleischklopse an Wasserfall.


Der Laksforsen.

Der Verdauungsspaziergang führte mich runter an den Wasserfall. Zu meiner Freude hatte der Himmel nun wieder etwas aufgemacht. Über dem Laksforsen schien sogar unentwegt die Sonne. All zu viel Zeit war nun auch nicht mehr. Der Dagtog würde in einer halben Stunde ab Trofors fahren. Natürlich wollte ich es nochmal mit dem Trolldalenviadukt probieren. Dort stand ich erst kontinuierlich im Schatten. Als ich die Drohne steigen ließ, war am Himmel aber rundherum viel Blau zu sehen. Vielleicht würde es ja mal klappen.

Ich hatte die Drohne hier übrigens mal auf 60m Rückflughöhe umgestellt. Das ist die Höhe, in der der Vogel bei Verbindungsausfall, leerer Batterie oder wenn ich sage "Heimflug!" zurück geflogen kommt. Sonst hab ich immer 30m, aber das wäre hier genau die Höhe der Brücke... Dann begann der Krimi. Die Brücke wurde heller. Die Sonne schien. Schon lange vorm Zug fing das ganze Metallgerüst von den Schienen ausgehend an zu säuseln. Sonne hielt sich. Wo bleibt er denn? Fahrgeräusche! Wird es hinten schon wieder dunkler? Oder sind das nur die dunklen Bäume? So komme er doch einfach! Sonne hielt sich, bei mir auf dem Fahrweg herrschte klare Schattenbildung. Eeeendlich kam der Rt 471 auf die Brücke!


✈ Yess! Mit diesem Blick hatte ein zweites von drei Must-have-Motiven von meiner Liste geklappt: Rt 471 auf dem Trolldalen Viadukt.

Ich musste mir das Bild eine Weile schöngucken. Der Auslösemoment mag eine Idee zu früh gewesen sein. Für die Lokspitze eigentlich optimal, aber der Zugschluss ist nur "gerade so" auszumachen - bei einem Zug, der eigentlich genau auf die Brücke passen würde. Und nach hinten zu wird der Zug tatsächlich etwas dunkler, wobei die Brücke noch voll ausgeleuchtet wirkt. Doch, ich war zufrieden und happy, dass es jetzt nur diese Kleinigkeiten sind, um die man sich noch Gedanken macht. Das hätte angesichts von 70-80% Wolken ganz anders ausgehen können.

Und während ich diese Zeilen schreibe, lerne ich gerade, dass die Bildfahrpläne auch mal nicht unbedingt eingehalten werden. Der Viadukt fing wieder zu säuseln an und mein Freund, der Schotterzug rollte dem Rt 471 im Block hinterher. Vielleicht sind heute doch keine zwei Schotterzüge unterwegs, sondern es läuft einfach alles ganz anders?!? Ach ja, kein Grund zur Aufregung! Der Zug hatte keine Sonne!

Der Plan war nun, für die beiden anstehenden Südfahrer an den Vefsnfjord nördlich Mosjøen zu fahren. Dazu nutzte ich nochmal die Gruspiste. Dort, wo die eine Seitenschlucht gequert wird, ließ ich die Drohne mal im Videomodus durch die Schlucht brausen. Lustiger Zeitvertreib!

Die grundsätzliche Richtung an den Fjord war wolkentechnisch nicht die verkehrteste. Auch wenn über den hohen Bergen am Westufer des Fjordes, die ich heute Morgen im Hintergrund bei dem Fährenbild hatte, ein finsteres Gewölk hing, lag das Ostufer des Fjordes schön in der Sonne. Möglichkeiten gab es viele. Ich suchte mir mal eine aus, setzte mich am Ufer ins Kraut und hörte den glucksenden Wellen zu. Das ging auch alles recht lange gut. Der Gt 5790 musste schon lange Drevvatn passiert haben, als das Licht schwand. Bald hörte man den Zug in der Ferne tröten. Er hatte nur noch minimales Restlicht.

Der Blick in den Himmel ließ nun die bittere Wahrheit erkennen. Da würde vermutlich so schnell keine Sonne mehr rauskommen! Den Dagtog konnte ich hier vergessen. Ich hatte mir die Unterkunft für heute Abend noch offen gelassen und mich schon im Geiste zum Abendessen beim Inder hier in Mosjøen gesehen. Aber so machte das irgendwie keinen Sinn mehr. Ich checkte die Wetterberichte. Während es hier oben kaum noch Sonnenstunden geben würde, war für die kommenden zwei Tage in Nord Trøndelag an der südlichen Nordlandsbahn "Wetter mit Chance" angesagt. Och ja, das passte ja für mich richtungstechnisch ganz gut, auch wenn ich natürlich gern noch zwei Tage länger in Nordland geblieben wäre.

Irgendwie hatte ich mal wieder Lust auf Hütte. Ich buchte mir die schöne Hütte in Grong, auch wenn die sehr teuer war. Das passte auch alles zeitlich gut. Ich würde ständig vor dem Dagtog her fahren und knapp vor ihm in Grong sein. Vielleicht würde man unterwegs ja mal durch ne Auflockerung kommen, wo man ihn erwarten könnte. Ich drehte also um und --- sah mich einer Wand gegenüber! Da zogen richtig fiese schwarze Regenwolken das Vefsntal abwärts geradewegs auf mich zu. Egal, das Auto ist ja nicht aus Zucker, rein da! Also ich ins Auto und Auto in den Regen.

Gemütlich ging es die E6 also wieder Vefsn aufwärts. Diesmal hatte ich keinen ganz so guten Slot erwischt. Erst war nur einer vor mir, der wie ich die zulässige Vmax (gem GPS) fuhr. Doch dann liefen wir irgendwann auf zwei Wohnmobile und später auch noch auf zwei LKWs auf. Das war leider gerade auf dem engen Abschnitt unterhalb von Trofors, wo sich die LKWs durch die scharfen Kurven quälten. Aber oberhalb von Trofors kommt dann eine Neubaupiste, die herrlich übersichtlich war. Die Norweger trauten sich wieder nicht zu überholen, also zog ich schön an allen vorbei. Der verrückte Deutsche hat es eilig, werden die gedacht haben...

Etwa zur gleichen Zeit hatten wir offenbar auch die Regenwolken hinter uns gelassen. Und vor uns an der Passhöhe war alles blau. Na ja, auch da waberte noch Kram rum, aber es war ganz schön blau. Wäre der Schotterzug planmäßig verkehrt, hätte er jetzt in der Awanst Sefrivatn Pukkverk drin stehen müssen. Das Licht wäre hier topp gekomnen. Schade, dass er vorhin schon gefahren war. Aber im Werk wurde fleißig gearbeitet. Ein Riesenberg frischer Schotter wartete auf Verladung, und große Kipper karrten noch mehr ran.

Der Blick von der Straßenbrücke hinterm Pukkverk auf die Strecke war nicht ganz schlecht, wenn auch sicher kein Must Have. Ich fuhr Stück weiter an den Rand und überlegte. Hier hatte man eine "nette Stelle", bei der immerhin der Zug schön prominent im Bild wäre, mit einigermaßen sicher scheinendem Himmel. Voraus würde mir natürlich das Motiv am Fluss vom Campingplatz vor Namsskogan sehr am Herzen liegen - eine meiner offenen Dauerbaustellen. Aber so weit voraus sah die Wolkenlage längst nicht mehr so entspannt aus. Über dem Namdalen türmten sich die Wolken ganz schön. Tja, was tun? Ich entschied mich für das sichere Licht. Sicher, haha! Als wenn "sicher geglaubtes" in diesem Urlaub immer "sicher" gewesen wäre... So war es dann auch hier. Die errechnete Zeit war längst da, da fing es hinten im Bild an, dunkler zu werden. Irgendsoeine blöde Schlonzbrut machte sich da bemerkbar. Aber das hielt sich ziemlich im Hintergrund. Noch! Endlich kam der Rt 472. Ich würde sagen, dass er noch volle Sonne hatte, während die Bäume im Hintergrund schon deutlich dunkler geworden waren.


Mal eine schöne Nahaufnahme vom Dagtog. Rt 472 hat die höchste Stelle bei Sefrivatn passiert und kann sich nun nach Majavatn rollen lassen.

Der Lokführer grüßte mit Horn, Lichthupe und Handgruß, das war nett. Ich lief gemütlich zum Auto zurück, schaute das Bild noch kurz schön und fuhr weiter. In Majavatn war der Bahnhof erwartungsgemäß leer. Norwegische Züge sind schnell, und ich bin ja auch nicht so schnell losgefahren. Etwas stutzig machte mich nur das grüne Ausfahrtsignal. Zwar ist es bekannt, dass Signale in Norwegen nach Räumung des Blockabschnittes gern wieder auf grün gehen, auch wenn nichts kommt, aber der Blockabschnitt geht bis Mellingen Bp. Das sind 16 km. Sooo lahm war ich nun auch wieder nicht...

Nun rechnete ich also doch irgendwie damit, dass ich wieder vor dem 472 unterwegs bin. Ich fuhr so zügig wie möglich die 30 km bis zu besagtem Campingplatz vor Namsskogan. Und tatsächlich trötete es bald. Ich hatte den Zug wirklich ungeplant überholt. Schade war nur, dass hier keine Chance auf Sonne war. So wusste man das jetzt auch. Wie gut, dass ich den Zug oben erwartet hatte. Im Bf Namsskogan überholte ich den Zug schon wieder. Unmittelbar dahinter kam die Sonne mega klar hervor. Ich hab erst gedacht: Ätzend, Außenkurve, Nullmotiv, Leitplanke. Als die Brücke aber so breit wurde, dass ich oben locker parken konnte, wertete ich das als Zeichen und nahm den Zug hier nochmal. Und es gab wieder Makro und fröhliches Winken...


Und nochmal hinter Namsskogan.

Der Zug hatte übrigens deutlich Fahrzeit zugesetzt. Normalerweise kann man Verfolgungen auf dieser Strecke vergessen. Nun ging es in den Endspurt das Namdalen abwärts nach Grong. Ich war nur gespannt, ob der Viadukt vor Grong gegangen wäre. Erst ging es wieder unter finsteren Wolken her, doch irgendwo bei Grong lag eine scharf gezeichnete Wolkengrenze. Da hinter war es endlos blau. Das möge doch bitte die nächsten Tage auch so sein! Die Brücke lag dann noch völlig im Finsteren, während der Ort mehr und mehr in die Sonne rückte. Um 19:30 war ich dort. Erstmal schaute ich, ob es im Bahnhof noch den Chinesen gäbe, doch der schien nicht mehr da zu sein. Dann Tanken, Supermarkt und Hütte. Die Hütte auf dem Langneset Camping war klasse und topp sauber. Ich machte mir ein Fertiggericht in der Pfanne, zu mehr war ich zu kaputt. Dazu Cider aus Herefordshire, ja, da möchte man auch mal wieder hin...


Hütten-Abendessen in Grong!

Dienstag, 10.08.2021

Heute stand als erstes der Früh-Güterzug an, der 5794. Ringsherum war blauer Himmel, nur im Osten vor der Sonne hing natürlich der Siff. Dennoch - da ich schon mal wach war, konnte ich auch losfahren. Natürlich nach Formofoss auf die Straßen-Hochbrücke über Bahn und Sanddøla. Dort wurde das Licht dann mit zunehmendem Steigen der Sonne immer kräftiger. Ich war mir auch gar nicht ganz sicher, ob denn überhaupt um 7 schon Licht in das Tal kommt, aber das war kein Problem. Der Zug leuchtete dann auch sehr schön, wenngleich klare Skandinavian Light Show anders geht...


Die ersten stärkeren Sonnenstrahlen des Morgens begrüßen Gt 5794 und ich am Ufer der Sanddøla bei Formofoss.

Nun war ich etwas am hadern. Ich hatte meine Sachen noch in der Hütte. Sollte ich jetzt einen Gewaltaufbruch starten, um dem Dagtog irgendwo bis Verdal oder Levanger entgegen zu fahren? Richtung Süden war der Himmel völlig klar. Oder sollte man es nochmal weiter oben im Namdalen probieren, wo aber der Siff drin hing - Siff mit Chance allerdings. Und dann war da noch ein komischer Zug, der erst sehr kurzfristig eingelegt worden war, von Namsskogan Ø. Namdal Skogindustri (Holzanschluss) nach Snåsa. Vermutlich ein Skl. Gestern Abend hatte ich jedenfalls nichts im Anschluss gesehen.

Ich frühstückte erstmal. Am Ende entschied ich mich zumindest erstmal für den Mittelweg. Warum nicht mal in Snåsa schauen, was da aus Namsskogan angekommen ist, und dann am Ufer des Snåsasees nach Motiven schauen? Das war doch ein Konzept. Also los. Hütte putzen tun die selbst, wohl wegen Corona. Deshalb ist die wohl auch momentan so teuer. Aber sauber.

Am Bahnhof Snåsa war nichts zu sehen. Was immer da gefahren sein sollte, es ist nicht gefahren oder schon wieder auf dem Rückweg. Ich fuhr nun die bahnparallele Straße am Südufer des Snåsavatn entlang. Man kam an wunderschönen Gehöften vorbei. Und nur gaaanz langsam befreite man sich hinter Snåsa aus den letzten Wolkenschleiern.


Gehöfte westlich von Snåsa.

Aber der See ist irre lang. Bald war zumindest in meinem Bereich nur noch blauer Himmel da. Was ist das herrlich. Auch hinsichtlich Motiven war ich froh, dass der See sehr sehr lang ist. Anfangs war die Bahn ständig gesäumt von Bäumen und Büschen. Erst im Bereich von Stod konnte man paar offenere Stellen finden. Ich hatte noch genug Zeit, etwas herum zu forschen und suchte mir dann eine schön freie Stelle am Seeufer aus. Gut war da auch, dass ich mit der Drohne Stück weiter fliegen und dort ein Foto machen konnte.


Rt 471 am Ufer des Snåsavatn ein Stück östlich von Stod.

Leider hatte ich bei der Drohne zu spät ausgelöst. Nicht ideal, aber immer noch ok. Nun musste ich mich etwas beeilen, denn Rt 471 und Gt 5795 haben in Stod nur 22 Min Abstand voneinander. Ich fuhr schnell in die bereits erkundete westliche Einfahrt von Stod und nahm den Güterzug von einer Brücke. Ein Drobi gab es schon ein Stück früher. Zu meiner Freude hing die weiße Euro4000 vor dem Zug.


✈ Gt 5795 rollt durch die Felder von Stod. Der Snåsasee ist hier aus der erhöhten Position der Drohne allgegenwärtig.


Jetzt hat der gut ausgelastete Gt 5795 das Einfahrsignal von Stod passiert. Das schmalblättrige Weidenröschen ("Rallerråsen") hat sich auch hier zwar etwas rotviolett verfärbt, doch keine einzige Blüte ist am Start.

Irgendwie kam ich mir vor wie in Südeuropa. Es wurde richtig heiß, nebenan gackerten die Hühner vor sich hin - allerbestes Landleben eben. Und immer wieder waren Kraniche zu hören und zu sehen. Tja, und das war eigentlich auch schon das Programm an lokbespannten Zügen - bis 18 Uhr jedenfalls. Ich erkundete noch ein wenig am Fossemvatn, doch dann hieß es ganz klar: Trøøønderbahn, ich komme! Südlich Steinkjer gibt es den Lokalverkehr mit VTs. Normalerweise im Stundentakt, während der Ferien aber weniger. Da ein VT in Steinkjer beim Vorbeifahren abfahrbereit ausgesehen hatte, fuhr ich mal in Vist von der Schnellstraße runter und baute mich auf. Doch jetzt war gerade Taktlücke. Ich stellte mich auf einen kleinen Weg am Fjord und betrieb etwas Augenpflege. Schade, der Takt früher wäre es vom Sonnenstand her gewesen, aber Rt 478 aus Mo und Trønderbahn 436 gingen auch noch ganz gut.


Nun war ich ja schon fast so weit, mal auf einen blaugrauen SJ Norge Talent zu hoffen, doch wieder war es nur ein roter, der als Rt 478 aus Mo angefahren kam.

Und wenn man an einer norwegischen Schnellstraßenabfahrt steht, gibt es ja immer was zu beobachten. Ein Auto wollte NACH Steinkjer auf die Schnellstraße auffahren, erwischte aber "unglücklicherweise" die Abfahrt VON Steinkjer. Als sie sich drei aufeinander folgenden "Einfahrt verboten" Schildern näherten, wurden sie aber stutzig und wendeten auf einem Feldweg, der von der Abfahrt abzweigte. Dieser Feldweg mag auch der Grund gewesen sein, weshalb nicht gleich oben am Abzweig das entsprechende Schild kam. Der Bauer durfte also falschrum auf die Ausfahrt fahren, wenn er zu seinem Feld wollte. Insofern haben die beiden also nichtmal gegen Schilder verstoßen. Das hätte man sicher auch geschickter beschildern können.


Der Bm92 der Trønderbahn kommt direkt hinterher.

Nun wollte ich mal die Hänge oberhalb von Verdal anschauen. Da fuhr ich einen hübschen Feldweg oben durch die Hänge, der durch goldene Kornfelder und teils mitten über die Höfe führte, direkt an den Anwohnern auf ihren Liegestühlen vorbei. Und einen sehr schönen Ausblick für vormittags fand ich auch, vielleicht sogar für den Früh-Güterzug. Von einer Anhöhe aus fotografierte ich Lt 438 und 435 über eine Fjordbucht rüber. Da ich die tollen Wolken über den Bergen ganz drauf haben wollte, wurden es ziemliche Suchbilder.


Hab das Bild dann doch so stark beschnitten, dass die Wolken nicht mehr ganz drauf sind, der Zug aber zumindest erkennbar ist. Lt 438 zwischen Røra und Verdal an der Fjordbucht Bjørga.

Zugegeben, so richtig super motiviert war ich nicht, jetzt den ganzen Nachmittag Trønderbahnen zu fotografieren. Es sah auch nicht so aus, als ob da schon neue Triebwagen mit im Umlauf wären. Davon hätte ich mir etwas Abwechslung versprochen. Ich suchte einfach mal den Kro in Bergsgrav auf. Leider gab es kein Buffet. War sogar ein Ausländer, der ein "richtiges" Restaurant nach deutschen Vorstellungen betrieb. Ich nahm einen Kebabsalat. War ganz lecker.

So nebenbei musste ich mir mal Gedanken über die nächsten Tage machen. Richtig Wetter war nur für die hiesige Gegend orakelt. Ich hatte auf Gullberget Camping bei Åsen für die nächsten Nächte spekuliert. Aber der Platz scheint geschlossen zu sein. Sehr schade. Hütten mit Dusche/WC zu bekommen, war hier in der Gegend offenbar nicht so einfach, und wenn, dann teuer. Das günstigste wären einige Flughafen Hotelbunker in Værnes gewesen, aber da hatte ich ja mal gar keine Lust drauf. Deshalb sah ich mich gedanklich schon wieder in Grong aufschlagen. Wenn man hier unten den Vorteil des "Grundrauschens" durch die Trønderbahn ausklammerte, hatte ich auch das Gefühl, da oben die schöneren Motive zu haben. Ich buchte nochmal Grong, und zwar diesmal gleich für zwei Nächte. Dann können wenigstens die Lebensmittel im Kühlschrank bleiben...

In einem Rutsch fuhr ich nun die anderthalb Stunden nach Grong zurück. Ist ja doch schon wieder ganz schön weit weg, dieses Grong. Die Straße war voll, aber ich hatte einen guten Slot. Etwas Sorgen machte mir, dass der Snåsavatn zwar in der Sonne lag, dass weiter nördlich aber doch wieder ziemlich dicke Wolken hingen, und zwar in allen Varianten. Eine Idee war gewesen, nochmal Namsskogan zu probieren. Aber durch das Essengehen hatte ich doch schon wieder so viel Zeit verdödelt, dass ich dort nur den Dagtog bekommen hätte. Den Güterzug eine Stunde früher hätte ich dann sausen lassen müssen. Bei den paar Zügen am Tag irgendwie doof, oder?

Also nicht Namsskogan. Sollte Grong unter dicken Wolken liegen, könnte man den Zügen natürlich nochmal voraus an den Snåsavatn fahren. Aber ganz ehrlich, nochmal wieder zur Motivsuche (nunmehr für abends) am ganzen See lang zu fahren, hatte ich auch keine Lust mehr. Deshalb beschloss ich, erstmal einzuchecken und dann einfach mein Glück nochmal an der großen Brücke in Namsentunet bei Grong zu probieren. Und siehe da, die Sonne sank bald unter einer Schleierfront hervor und beleuchtete Gt 5790 perfekt!


✈ Es wird ein wunderschöner Abend rund um Grong. Gt 5790 macht den Anfang auf der 206m langen "Bru over Namsen ved Buneset". Ab dem blauen Container befindet sich der Zug allerdings auf der 80m langen "Bru over Fosslandselva".

Die Stunde bis zum Dagtog nutzte ich für Einkäufe, die ich dann auch noch auf die Hütte bringen konnte. Heute füllte sich der Platz deutlich stärker als gestern. Bald waren alle Hütten belegt. Und noch etwas fiel auf: Zahlreiche deutsche Nummernschilder! In einer Dichte, die ich in diesem Urlaub bisher noch nicht hatte. Rechtzeitig zum Dagtog ging es wieder zur Brücke. Dt 472 hatte auch wieder über zehn Minuten Verspätung. Eigenartig, denn in Nordland lief die letzten Tage ja alles ausgesucht pünktlich! Aber auch dieser Zug ging bei Sonne, und vor allem traf ich auch den Auslösepunkt perfekt.


✈ Hatten wir zwar schon, nun aber nochmal mit bestem skandinavischen Abendlicht und idealem Auslösepunkt: Rt 472 auf der Namsenbrücke nördlich von Grong.

Der 472 kreuzt in Grong mit dem Rt 477. Den nahm ich mal direkt an der Brücke von unten. Auch das war wieder ein altfarbener Talent. Und nur 40 Minuten hinter dem 477 folgt noch der Gt 5793. Angesichts des klaren Sonnenscheins versuchte ich mal, für den auf der anderen Seite von Grong ein Motiv zu finden. Ich fand dann auch eine schön freie Kurve. Der Zug wäre dann auch richtig prima gekommen, wenn er vorne nicht die Leerwagen gehabt hätte...


Den Rt 477 gab es bodenständig von der Einfahrt des Namsentunet Hofes.

Aber lieber hier als an einem wirklichen Toppmotiv... Nun reichte es auch. In der Hütte gab es Kjøttboller mit Blumenkohlreis (also in Reisform geschnetzelter Blumenkohl) und Masala Sauße. Klingt eklig, war aber lecker.

Mittwoch, 11.08.2021

So ein bischen war meine Hoffnung gewesen, nochmal Namdalen aufwärts in die Berge fahren zu können. Ich hoffte, dass das Wetter mitspielen würde. Heute sollte es dort nach dem Mittag sogar einen zusätzlichen Zug geben. Mein Freund, der Schotterzug, schien seinen Einsatz im Norden einstweilen zu beenden und sollte irgendwo in den Süden überführt werden.

Aufgewacht bin ich bei tief hängender, geschlossener Bewölkung. Als der Früh-Güterzug sich näherte, hab ich mich wohlig schlummernd nochmal im Bett umgedreht. Aber man gewöhnt sich auf solchen Touren ja schon ein gewisses frühes Aufstehen an. Erstmal Kaffee gekocht, dann bischen im Internet geschmökert. Hach, in so einer Hütte hält man notfalls auch mal ein Frühstück aus, das den ganzen Vormittag dauert. Kein Vergleich zu den Hinterhof-Nichtausblicken in Mo und Mosjøen. Sicherheitshalber checkte ich mal die Webcams zwischen Steinkjer und Namsskogan. Sie gaben mir nicht das Gefühl etwas zu verpassen.

Der Plan war, sich die beiden nordgehenden Züge, Dagtog und Gz, weiter oben im Namdalen mal anzuschauen. Ganz entspannt und ohne Hoffnung auf Sonne. Als erstes steuerte ich den Bahnhof Lassemoen an. Sah das alles schrecklich aus. Das Empfangsgebäude mit den Bamse-Verzierungen (hier steigt man für den Namsskogan Familieparken aus!) war platt gemacht, die Straße endete abrupt in einer Schlagloch übersäten Schotterfläche. Ein Maxitaxi wartete schon auf Kundschaft. Ich fuhr ein Stück zurück zu einem Stauwehr. Dort ließ ich zum Dagtog Rt 471 spaßeshalber mal die Drohne steigen.


✈ Um mal ein Bild zu zeigen...

Den Güterzug schaute ich mir auch noch an. Der war wie gestern topp ausgelastet und schön bunt. Schade, der hätte mit Sonne ein schönes Bild abgegeben. Nun sollte es erstmal einen ganz wichtigen Programmpunkt geben: Mittagessen. Der Veikro in Brekkvasselv sollte es sein. Dort gab es zwar kein Buffet, aber eine schöne Portion Grytekjøtt mit Gemüse und Kartoffeln. Das klang für mich wieder sehr norwegisch - ohne genau zu wissen, in welcher Zubereitung das Hackfleisch denn serviert käme. Ok, mit etwas, das schon sehr dicht an Cili con Carne rankäme, hatte ich vielleicht nicht gerechnet, aber es war sehr gut und konnte den Hunger erstmal stillen.


Chili con Grytekjøtt im Veikro von Brekkvasselv.

Hier wie auch vorgestern schon im Laksforsen Restaurant wurde übrigens für die Milch nichts berechnet. Zählt wohl im weiteren Sinne als Kaffeezutat, und Kaffee ist ja in Skandinavien meist inkludiert. - Tja, und nun? Nun war richtig Zeit. Ich beschloss, mal die Gegend in Richtung Schwedischer Grenze zu erkunden. Vielleicht würde es ja auf dem Steinfjell einen schönen Wanderweg geben?

Die kleine Straße, in die ich einbog, war gerade mal so breit, dass sich zwei PKW begegnen können. Und mir begegnete kaum ein anderes Auto. Sehr kurios fand ich, dass diese winzige Straße einen langen Tunnel unter dem Steinfjell hindurch haben soll. Durch einsame Landschaften ging es erst durch Wald und Hochmoore, bevor die Straße dann stärker anstieg und über die Baumgrenze gelangte. Meine Überlegung war jetzt eigentlich, auf die alte Passstraße abzuzweigen und dort oben einen Wanderpfad zu suchen. Die alte Passtraße war allerdings selbst nur ein Fahrweg, und davor stand auch ein Verbotsschild.

Deshalb beschloss ich, erstmal durch den Tunnel zu fahren und zu schauen, wie es auf der anderen Seite aussah. Etwas stutzen musste ich dann aber doch, als ich auf das Loch im Berg zu fuhr. Der Tunnel war nur einspurig! Öhmm, wie jetzt, gibt es hier irgendeine Regelung? Zum Glück war ein Stück vor mir ein Norweger im Tunnel verschwunden, also konnte und durfte man wohl schon! Im Tunnel wurde bald klar, wie es läuft. Es gab eine ausreichende Anzahl Møteplasser, Ausweichstellen. Ein sehr uriger Tunnel, entspricht bestimmt den neuesten europäischen Tunnelbau-Richtlinien. Ich war so begeistert vom Tunnel und wollte Fotos machen, dass ich noch einmal zusätzlich hin und her fuhr.


Einspurige Straße mit Ausweichstellen im Steinfjelltunnel.

Dann parkte ich das Auto auf der anderen Seite. Eigentlich war nämlich der als alte Passstraße bezeichnete Weg genau das richtige für einen Spaziergang. Entlang eines plätschernden Baches ging es ordentlich in die Höhe. Der Duft der Kräuter war wunderbar. Und wenigstens regnete es nicht. "Oppholdsvaer" sagt der Norweger wohl dazu.


Aaaalso, u.a. Motorräder dürfen hier nicht fahren, außer sie sind leichter als 4 Tonnen. Oh, schwierig...

Oben durchquerte der Weg ein Hochmoor mit mehreren Seen. Dahinter ging es nochmal auf einen Kamm hoch auf die offensichtlich höchste Stelle. Bald taten sich weite Ausblicke in Richtung Westen auf die Berge rund um das Namdalen auf. Einzelne Berge wurden von Sonnenspots erfasst. Würde es aufreißen, so dass man vielleicht doch die beiden Südfahrer am späten Nachmittag umsetzen könnte? Ganz weit im Süden sah es tatsächlich nach einer Wettergrenze aus. Am Snåsasee hätte man vermutlich Sonne. Ich wanderte noch ein Stück wieder runter, bis ich etwa über dem westlichen Tunnelportal war, das deutlich höher lag als das östliche. Und dann wieder zurück. Trotz des trüben Wetters machte ich natürlich Fotos.


Der See Kleggtjønna auf dem Steinfjell. Und der nächste Berghang erfährt eine eigenartige Helligkeit.


Blick nordwestwärts in Richtung Namdalen. Regen und Sonnenschein liegen hier dicht beisammen.


Schräge Wasserpflanzen auf dem Steinfjell.

Leider bekam ich schon wieder Hals, und zwar Rucksackknartschhals. Mein (relativ neuer) Lowepro250 ist an sich ein toller Rucksack, dessen Raumaufteilung ich sehr schätze. Mittlerweile habe ich den dritten davon (vorher die 350er, die aber größenmäßig dem aktuellen 250 entsprachen). Aber in bestimmten Konstellationen geht von den Gurten ein furchtbar lautes Geknartsche aus. Gerade in der Stille des Gebirges will man doch nicht bei jedem Schritt den Gurt knartschen hören! Wann es knartscht und wann nicht, habe ich noch nicht heraus gefunden... Zurück am Auto hatte ich noch ernstlich überlegt, ob man nochmal ganz weit in den Süden durchbricht. Vielleicht bekäme man dort den Schotterzug, den ich hier oben nun nicht weiter beachtet hatte, der aber in Steinkjer ewig rumstehen sollte. Aber will man so eine Hetzerei wirklich?

Ich machte ein kleines Nickerchen im Auto, während es wieder leicht zu regnen anfing. Rechtzeitig zu den beiden südfahrenden Zügen fuhr ich runter nach Namsskogan, auch wenn das eher "Wetter ohne Chance" war. Aber der Blick über den Fluss am Campingplatz reizte mich schon sehr. Und eigentlich noch viel mehr lockte mich eine m.E. relativ frisch freigeholzte Uferpartie direkt am ehemaligen Bahnhof Bjørnstad. Dort postierte ich mich für den Güterzug, fuhr diesem aber, weil es aussichtslos schien, zum Camping vor Namsskogan vor. Dort war es auch aussichtslos. Dann wieder zurück nach Bjørnstad. Während des Wartens gab es einige spektakuläre Sonnenspots. Ein schwedisches Auto mit der großen Aufschrift "TRACK TEAM" fuhr an mir auf dem Waldweg vorbei. Auch Schienenküsser? Ich bekam sie dann aber nicht mehr zu sehen. Unmittelbar, bevor der Rt 472 hinten um die Ecke bog, wurde die Galerie am Fluss von hinten her wieder hell. Und blieb auch nur da hinten hell.


Kurzzeitig steckt Rt 472 seine Nase in die Sonne - hier am Namsen bei Bjørnstad.

Echt super, da hat man eine herrlich lange Galerie, aber nur die hintersten zwei Wagenlängen bekommen Licht ab. Mir war gerade nicht ganz klar, ob ich lachen oder weinen sollte. Immerhin hatten wir heute Wetter ohne Chance. Zumindest hier oben. Egal, ich freute mich nur auf den schönen Feierabend in der Hütte. Mit kleineren Störungen hatte ich auf der E6 einen guten Slot erwischt. Und hier in den Wäldern fuhren alle mindestens plus 10 km/h.

Je weiter man nach Süden kam, desto deutlicher sah man das "Elend". Die Wolkendecke riss auf den letzten 20km immer stärker auf und ab Grong schien es wolkenlos zu sein. Fakt ist: Wenn man heute gewollt hätte, hätte man die Bm92 der Trønderbahn bis zum Erbrechen abfeiern können. Und vielleicht hätte man den Schotterzug da irgendwo einschieben können. Na ja, und sehr spät hätte man sich noch die beiden Südfahrer, Containerzug und Dagtog, geben können.

Aber da wäre man (je nachdem, wo man die genau gemacht hätte) erst um 22 Uhr wieder in der Hütte gewesen. Diese Unterkunftswahl war wirklich mehr aus urlaubstechnischer Sicht gewählt. Und der zurückliegende Tag war halt auch eher "Urlaub" - sei es drum, was soll das Gehadere. Immerhin kann man mittlerweile ja doch auf paar entstandene Bilder zurückblicken und das Ganze etwas entspannter sehen. Na ja, dass ich mir da jetzt überhaupt Gedanken drum mache, spricht dann doch nicht so von Entspannung *g*... In Grong ging es erst zum Supermarkt, dann nochmal auf die Wiese von gestern Abend, wo ich es nochmal mit Gt 5793 versuchen wollte. Diesmal sogar von der Leiter. Aber auch diesmal hatte der Zug entschieden zu viel Leerstand.


Das halbgeglückte Di4 Bild eben und dieser Güterzug mit Leerstand ergeben zusammen immerhin das "Sonnenbild des Tages", so dass bislang kein Tag ohne geglücktes Zugbild blieb (außer der Rv17 Tag natürlich). Gt 5793 zwischen Formofoss und Grong.

In der Hütte gab es dann die zweite Hälfte der Kjøttboller mit der zweiten Hälfte Masala Sauce und Blumenkohl-/Brokkoligemüse. Und dann mussten die zwei letzten Tage verplant werden, die nicht unwesentlich aus Kilometermachen bestehen würden. Freitag Abend wollte ich jedenfalls schon im weiteren Dunstkreis von Oslo sein.

Donnerstag, 12.08.2021

Der Wecker war wieder auf den Morgengüterzug eingestellt, doch die Wolken sagten "liegen bleiben". Und ich blieb liegen. Da grundsätzlich für heute an der Trønderbahn nochmal ganz schönes Wetter versprochen war, war ich dennoch wohlgemuts. Der Plan war, heute dann doch mal einen Tag Trønderbahn zu machen. Für den Abend hatte ich mir eine Hütte in Soknedal südlich von Trondheim gebucht. Im Bildblatt der Trønderbahn waren auch paar blaue Linien drin. Ein Holzleerzug ab Skogn - der war aber definitiv zu früh. Die anderen Sachen sahen eher wie Baugerödel aus. Was will man schon von einer Zugfahrt erwarten, die z.B. bis Lassemoen gehen soll?

Heute wollte ich so starten, dass ich dem Dagtog bis irgendwo rund um Steinkjer entgegen fahren konnte. Um 8:15 saß ich im Auto. Über mir immer noch die fette Wolkendecke, die ziemlich nach Hochnebel aussah. Aber "erwartungsgemäß" wurde es voraus immer heller, je mehr man sich dem Scheitelpunkt der Straße und dahinter vor allem dem Snåsasee näherte. Nicht Umfang dieser Erwartungen war allerdings, dass die hellen Flächen dann auch tatsächlich nur das Ostende des Sees mit dem Ort Snåsa markierten. Ich war ja in meinem grenzenlosen, leicht naiven Optimismus davon ausgegangen, dass ab da das grenzenlose Blau vor mir läge.

Tja, aber Hochnebel kann sich ja auch schnell wieder auflösen. Mal sehen, wie es in Steinkjer aussieht. Also fuhr ich auf der E6 einmal den ganzen See runter (und der ist endlos lang!). Am Westende des Sees bog ich auf eine Nebenstraße ab und gelangte bald auf die Straße auf dem Südufer des Sees. Und an die Bahn. Hier war genau gar nichts zu wollen. Weiter nach Süden zu fahren, hätte bedeutet, die beiden lokbespannten Nordfahrer aufzugeben. Oder nochmal auf der Süduferstraße den ganzen See zurück bis Snåsa fahren? Hab ich erwähnt, dass der See endlos lang ist? Blöde Kilometer-Schrubberei, möglicherweise für nichts, wenn nämlich dort das blaue Loch wieder in sich zusammen gefallen wäre oder wenn es die Bahn gar nicht bediente. Aber hatte ich besseres und wichtigeres zu tun? Nö!

So gurkte ich also einmal das ganze Südufer wieder ostwärts. Mal hatte man das Gefühl, ja, Snåsa kann noch Sonne haben, mal wieder nicht. Mir entgegen ausgeweitet hatte sich die Wolkenöffnung jedenfalls nicht. Das war insofern dumm, da die gestern von mir erforschten Motive eigentlich eher im Westbereich des Sees liegen. Bei Snåsa wollte erstmal was geniales gefunden werden...

Ich fuhr tatsächlich bis in den Einzugsbereich von Snåsa, als endlich größeres Blau am Himmel kam und ich in die Sonne fuhr. Tja, und nun die Feinarbeit. Ich steuerte den ersten BÜ an. War nichts. Wann soll der Zug eigentlich kommen? Ups, in fünf bis zehn Minuten! Da hinten geht das Gleis doch über eine Brücke. Mal den Fahrweg weiterfahren, ob man da einen freien Blick hat. Nein, alles Bäume. Aber durch das dichte Geäst sah man: Ja, da ist eine Brücke. Große Wahl hatte ich jetzt eh nicht mehr. Drohne raus und aufsteigen lassen. Und ja, da ist nicht nur eine Brücke, da ist ein richtig granatenscharfes Knallermotiv - aus der Luft betrachtet. Jetzt machten es nur noch die Wolken spannend, denn ein blaues Loch besteht ja nicht nur aus Blau, sondern aus vielem, was darin rumwabern muss. Als der Zug trötete, war das Licht gerade wieder voll rausgekommen. Rt 471 bescherte mir nochmal ein richtig schönes Di4 Abschlussbild!


✈ Manchmal muss es eben die Drohne sein. Nur aus der Luft ergibt sich ein imposanter Ausblick auf die 114m lange Grana elv bru westlich von Snåsa. Und Rt 471 passt topp ins Motiv. Im Hintergrund natürlich der Snåsavatn.

Wahnsinn! Ich hätte über den Feldweg hüpfen können vor Freude. Der lange Abstecher hatte sich schon mal gelohnt. Nun kam ja noch der Güterzug hinterher. Klar, für den hätte man hier auch noch was anderes mit Drohne und hübschen Bauernhäuschen oä machen können. Aber der Ehrgeiz ist ja doch immer da, ein normales Bild hinzubekommen. Ich sah auf der Karte, dass die Bahn hinter Snåsa nochmal brauchbar dreht und dass da auch eine Straße in der Nähe ist. Das schaute ich mir an. Bald pressierte es auch schon wieder. Eine Toppstelle, die aber auch nur von der Drohne topp aussah, hatte ich bald gefunden. Paar Minuten hatte ich noch. Ich fuhr schnell noch bis Agle weiter. Doch irgendwie sah man da hinter all zu vielen Bäumen nichts von der Bahn. Also gab es mit Gt 5795 das nächste reine Drohnenbild. Auch hier hatten es die Wolken noch wieder spannend gemacht. Aber am Ende waren wesentliche Zugbestandteile in der Sonne.


✈ Hinter Snåsa und seinem See kurvt die Bahn in die Berge. Kurz vor Agle begegnet uns Gt 5795.

Suuuper! Nun wollte ich aber den großen Sprung nach Süden an die Trønderbahn machen. Ich fuhr das Südufer wieder westwärts. An all den schönen Fotostellen vorbei. Der Hochnebel war plötzlich im Bereich des Snåsavatn verschwunden. Dafür kamen hohe Wolkenfelder zum Vorschein. Weiter voraus sah es noch gar nicht so toll aus. Bringt das mit der Trønderbahn überhaupt was? Oder sollte ich den nun noch anstehenden südfahrenden Talent lieber hier am See machen? Die aktuellen Wetterdaten waren deutlich: Levanger bedeckt, Skatval bedeckt. Ich blieb am See. Wegen eines Riesentrums von Wolkenfeld musste ich allerdings wieder ein ganzes Stück ostwärts. Und erst das östlichste der möglichen Seemotive (das ich mir vorhin immerhin schon angeschaut, wegen paar Büschen aber verworfen hatte) lag endlich wieder in voller Sonne. Weiter hätte ich eh nicht gekonnt. Rt 478 kam praktisch sofort.


Und wieder ein roter: Rt 478 zwischen Starrgrasmyra und Stod bei Strindmoen. Nein, ich sage jetzt nicht, welcher See das da im Hintergrund ist...

Aber nun: Ab in den Süden! Abermals fuhr ich westwärts. Nun sollte aber bald die Fuhre nach Lassemoen kommen. Und hier gibt es doch so schöne Motive! Und das riesige Wolkenfeld war nun auch durch, und ich hatte da ein schönes Motiv östlich von Stod im Hinterkopf. Was mag das denn nun für eine Fuhre sein? Ich schaute mal in der Togkart nach, und da war das Teil sogar als "G" wie Godstog unterwegs! Vielleicht soll da Holz verladen werden? Also wieder umdrehen und ostwärts fahren, diesmal aber nicht so weit. Tja, das Motiv wäre toll gewesen, wenn da nicht eine Leitung mitten durch gegangen wäre. Ich mag es ja kaum sagen, aber auch hier musste die Drohne wieder herhalten. Zug 95812 entpuppte sich als Bauzug von Grenland Rail. Immerhin lokbespannt! Da will man nicht meckern.


✈ Ja, ein Bauzug ist es, aber ein fotogener: Gt 95812 wird von zwei ehemals niederländischen DE6400 gezogen, die nun für Grenlandrail fahren.

Nun war es das aber definitiv mit Zügen nördlich von Steinkjer für längere Zeit! Mittlerweile sollte der Himmel auch weiter südlich aufgemacht haben. Ich hatte gestern mal in paar von Neels Reiseberichten geschmökert. Da war er auch an der Aglo Kommune, einer Schule mitten im Nirgendwo zwischen Langstein und Skatval. Auf den Ausblick von dort hatte ich auch mal wieder richtig Lust! Überhaupt ist der Abschnitt von da bis Skatval einer der schönsten hier unten. Die Fahrt dorthin unterbrach ich nur kurz in Levanger, wo ich eine bestimmte Stelle auskundschaften wollte, die dann auch ganz hübsch war. In der Aglo Schule angekommen, wo der Schulbetrieb zwar nicht, wohl aber eine Art Kindergarten geöffnet hatte, konnte ich noch etwas im Schatten eines Pavillons sitzen und den Bericht schreiben, bevor Lt 440 dann vor dem Fjord auch richtig gut kam.


Auch noch nicht unrot: Lt 440 vor dem Åsenfjord zwischen den Bahnhöfen Langstein und Skatval an der Aglo Kommune. Hier hatte ich lieber mal die Leiter genommen, damit die Häuser im Hintergrund nicht auf dem Zug "tanzen".

Der Tag hatte sich nun tatsächlich zu einem richtig tollen und warmen Sommertag entwickelt. Bemerkenswert fand ich, dass in den letzten Tagen mehr und mehr Herbstfärbung in der Landschaft zu finden war. Natürlich kann das auch die Trockenheit sein...

Nun wechselte ich in die Ausfahrkurve westlich des Bf Skatval. Leider waren da die Büsche schon ziemlich gewuchert. Lt 441 gab es seitlicher, Lt 1763, Rt 477 sowie Gt 5793 spitzer. Der wieder mal schwach, aber sehr gleichmäßig bestückte Containerzug kam aus dieser spitzen Perspektive richtig gut!


Lt 441 verlässt Skatval.


Rt 477 (wieder in rot!) verlässt auch Skatval.


Gt 5793 ebenfalls.

Im Westen stand leider eine ziemliche Wolkenwand. Man würde sehen, wie lange das hier gut geht. An Interessantem sollte gleich noch ein "blauer" Zug, also ein eingelegter, kommen. Das konnte natürlich wieder alles sein, von der Baumaschine bis zum Holzzug für Skogn, der erstmal in Levanger zwischengeparkt werden sollte. Levanger war nämlich das Ziel des Zuges 51957. Aber das wurde nun wirklich zum Wettlauf mit der Wolkenwand. Und die Wolkenfront gewann. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass der Zug gar nicht kam.

Es ging nun auf 18 Uhr zu, und ich fand, dass das ideal passte, um die letzten anderthalb Stunden Fahrt unter die Räder zu nehmen. Super, dass der Cargonet noch geklappt hatte. Rasch ging es auf die E6. Am Flughafen musste man allerdings schon wieder runter, der Helltunnel war gesperrt. Das war durch variable Anzeigen alles topp ausgeschildert. Ab Hommelvik ging es dann zügig über die Schnellstraße durch Trondheim und dann Gauldalen aufwärts nach Støren. Dort besorgte ich mir ein Fertiggericht aus der Tiefkühlung und zwei Bierchen. Denn die hatte ich mir heute definitiv verdient. Am Bahnhof Støren wird eine riesige Triebwagenhalle gebaut. Und an mehreren Stellen standen beladene Holzwagen.

Der Campingplatz Gullvåg machte einen guten Eindruck. Die Hütte war pikobello sauber, auch wenn hier offenbar noch auf die Endreinigung durch den Vorgast gesetzt wird. Die Spezialität des Platzes ist offenbar die von der Leitung frisch zubereitete Pizza. Es roch an der Rezeption verführerisch. Aber ich hatte ja mein Fertiggericht. Und das war auch sehr lecker. Und immer, wenn ein Zug zu hören war, rannte ich zum Badezimmerfenster, um zu schauen, was es war. Als Begrüßung kam sogar mein Freund, der Schotterzug vorbei. Beladen und Loks als Sandwich.

So viele Drohnenbilder wie heute Vormittag zu machen, ist eigentlich nicht mein vorrangiges Ziel. Ich finde, das Spannende an der Eisenbahnfotografie ist immer noch, bodenständige Motive zu finden. Mit der Drohne findet man hingegen überall einen freien Blick, selbst im dichtesten Wald. Aber heute war es so, dass der Vogel in dem eingeschränkten Gebiet, das zur Verfügung stand, definitiv die Situation gerettet hat und sogar einige mega Ausblicke gebracht hat. Darüber war ich sehr froh und ich stellte mir die Frage, was man früher gemacht hätte. Vielleicht den Dagtog im Bahnhof Snåsa, dann aber ohne Frontlicht, abgepasst? Den Güterzug motivlos vom BÜ, der auf dem Drohnenbild zu sehen ist? Für die Grenlandrail Fuhre hätte es noch irgendein Ufermotiv gegeben, wobei bei den meisten auch kein Licht mehr auf der Front gewesen wäre.

Dass der Tag sich dann doch noch zu so einem schönen Sommertag entwickelt hat, war ein richtig schöner Abschied von der Nordlandsbahn. Sowas hatte ich mir erhofft, nachdem ich gestern offenbar eher die falsche Richtung eingeschlagen hatte. Tja, mal sehen, was der morgige Tag noch bringt. Das Wetter soll nicht so toll sein, aber das muss bekanntlich nichts heißen. Das Hauptziel ist, Kilometer zu machen. Für die nächste Nacht hatte ich ein Best Western Hotel in Eidsvoll zu einem erstaunlich günstigen Preis buchen können.

Freitag, 13.08.2021

Da nicht groß Wetter angekündigt war, sollte es zunächst ein entspanntes Frühstück sein. Doch die Fliegen in der Hütte nervten gewaltig, die schliefen gestern Abend wohl schon. Das Öffnen der Tür wurde auch zunächst ignoriert. Waren halt Stubenfliegen. Später dachte ich, sie wären raus, waren sie aber nicht. Im Gegenteil, die Brummer wurden immer mehr. Dennoch: Die Hütte war schon gemütlich und sehr sauber. Paar Aufrisse waren ja durchaus am Himmel zu sehen. Wetter mit Chance? Vormittags fahren ja immer die bekannten drei, heute sogar vier Züge von Trondheim aufs Fjell hoch. Ich wollte mal sehen, ob man denen vielleicht ein Stück voraus fahren und in einem Sonnenloch mal anhalten kann.

Es war bei der Fahrt in die Berge dann nichts mehr von Aufrissen zu sehen. Zügig gelangte ich Richtung Oppdal. An der Stavbrua, einer kleinen Brücke der E6 hinter Berkåk und wohl auch eine der letzten Engstellen an dieser Route, war man mittlerweile heftig am Bauen. Über die Brücke ging es einspurig mit manueller Verkehrsregelung. Die beiden "menschlichen Baustellampeln" waren wirklich lustig. Das Mädel auf unserer Seite winkte wirklich jedem Auto bei Vorbeifahrt fröhlich zu, und der Mann auf der anderen Seite machte bei jedem Auto eine untertänige Verbeugung mit einladender Handgeste. Ob der nach Feierabend wohl Rückenschmerzen hat? Ich meine, da fahren schließlich ganz schön viele Autos...

Ein erster Sonnenstrahl erfasste das Tal in Drivstua. Da wurde ich ja gleich mal ein bischen nervös. Aber warten brachte nichts, das waren immer nur kurze Aufhellungen. Also weiter aufs Fjell. Kongsvoll, Grønbakken, alles dazwischen: Immer nur mal ganz kurze Aufhellungen. Weiter voraus in Richtung Hjerkinn hing es richtig fies, schwarz und kompakt in den Bergen, weshalb ich dann gar nicht weitergefahten bin. Leider zog dann bald Green Cargo ohne Sonne vorüber.

Und für den Regiontog hatte ich mich nochmal runter nach Kongsvoll gestellt und brach drei Minuten vor seiner Abfahrtszeit auf. Grønbakken noch kurz gehadert, dann weiter in die dicken Wolken rein. Der Zug überholte mich vor Hjerkinn, ich ihn dann wieder in Hjerkinn und er mich wieder am Vålåsjøn. Und spätestens dort wusste ich auch, dass es ein Fehler gewesen war, nicht als erstes einmal das komplette Fjell nach Sonne abzusuchen. Die dicken Wolken über Hjerkinn hörten genau so schnell auf, wie sie begonnen hatten, und im Bereich Fokstua fuhr der Zug vor meinen Augen (aber schon weit voraus) durch Sonne. Wobei das ziemlich unzugängliche und punktuelle Abschnitte waren. Da hätte man erstmal an der richtigen Stelle stehen müssen.

Ein Güterzug sollte ja noch kommen. Es war wieder dieses blöde "Wetter mit Chance" in Bestform. Zu gut, um jetzt bei Frich's in Dombås Essen zu gehen und zu schlecht, um eine wirkliche Chance auf Sonne zum Zug zu haben. Man ist da hin und her gerissen. Ich wartete mal südlich Fokstua, wo man die Bahn gut einsehen konnte. Und da stand man dann ganz schön viel in der Sonne... Und ich hatte wirklich Glück. Sowohl Gt 5702 als auch Rt 41 gingen mit Sonne! Während das beim Güterzug eher Pech gewesen wäre, wenn nicht, hatte ich bei dem Rt eigentlich nicht mehr damit gerechnet. Und dass da ein Doppelter auftauchte, hatte mich zusätzlich überrascht...


Als erstes gibt es aber ein Schauspiel anderer Art zu beobachten. Eine ganze Elch-Sippe läuft übers Fjell und hebt sich schön vor dem dunklen Hintergrund ab. So viele Elche auf einmal habe ich bisher noch nie gesehen. Überhaupt sind Elche ja eher rar im Gegensatz zu Rentieren.


Es erscheint... Gt 5702 südwestlich von Fokstua.


Hier kamen verschiedene Brennweiten zum Einsatz.


Auch Rt 41 bekommt Sonne ab, während der Talkessel von Dombås im tiefen Schatten liegt.

Nun war es 12:20, und ich konnte immer noch zu Frich's Essen gehen. Der Dorfplatz von Dombås war ein mega Gewusel. Kaum, dass man einen Parkplatz bekam. Doch der größte Schock: Es gab kein Buffet! Dieser Schreck wurde aber dadurch gelindert, dass mir die gute Aufwärterin Massen an Fleisch auf dem Teller stapelte. Hinterher war ich pappsatt.


Saltekjøtt mit rotem Püree und Kartoffeln auf der Veranda von Frich's in Dombås.

Wie ich da so auf der Veranda am Mampfen war und die nicht enden wollende Blechkarawane auf der E6 beobachtete, kam mir die Idee, dass man heute vielleicht mal die "Baksideveger" fahren sollte. In vielen Abschnitten des Gutbrandsdalen gibt es kleine Nebenstraßen jeweils auf der anderen Talseite. Und ich hatte ja Zeit. Außer es würden doch noch Chancen auftauchen... Wobei, das würde sich auch verbinden lassen.

Nach einem abschließenden Käffchen fuhr ich dann gleich mal die Nebenstraße steil abwärts. Wahnsinn, wie tief der Fluss eingeschnitten ist und wie weit man von Dombås, das ja gefühlt im Talkessel liegt, da noch abwärts fahren muss. Hier heißt die Straße auf der anderen Seite Vestsidevegen. Diese beiden Begriffe wechselten sich auch fortan immer mal wieder ab. Man teilte sich die Straße mit Schafen und Rindern. Mal gingen sie zur Seite, mal nicht. Es war einfach nur wunderschön! Von Dovre bis Otta musste ich allerdings die E6 nutzen.

Den Umweg über Sel schenkte ich mir, denn die Sonne schien recht konstant, und die Signale leuchteten in meiner Richtung schon wieder grün. Ab Otta ist der Baksidevegen die bekannte Panoramastraße. Hier erwartete ich dann auch Gt 5734 (heute 85734). Allerdings war man hier genau am Wiederbeginn der Bewölkung. Das Licht ging an und aus. Als der Zug kam, war es ganz ok.


Na ja, geht so. Das Motiv sah ohne Zug fast besser aus als mit...

Tja, und dann schaffte ich es tatsächlich, das Gutbrandsdalen einmal komplett bis ganz nach Lillehammer auf der anderen Talseite zu bereisen. Ganz angenehm war es nicht immer. Ein Stück hinter Lia (ggü von Hundorp) begann ein langer Abschnitt als Gruspiste, teils sogar so schmal wie ein Waldweg. Diesen Weg kannte ich übrigens. Er war mal unsere Rettung, als die E6 auf mehreren Abschnitten wegen Hochwassers gesperrt war und wir zum Flughafen mussten. Damals konnten wir in Ringebu wieder zur E6 wechseln. Das "durfte" ich heute ja nicht.

Nun waren im weiteren Straßenverlauf auch noch Serpentinen eingezeichnet. Und die Straße setzte sich als Gruspiste fort. Es ging höher und höher. Da oben in den sonnigen Matten über dem Gutbrandsdalen gab es immer wieder verstreute Bauernhöfe anzubinden. Die höchste Stelle lag um die 400m über dem Talgrund! Hier begann auch die Asphaltierung wieder, denn hier kam von noch weiter oben die Straße vom Kvitfjell auf unseren Baksidevegen. Die Häuser des Wintersportortes sah man noch ein Stück höher am Hang kleben. Den Abstecher dorthin habe ich mir natürlich gegönnt. Mich empfing eine völlig ausgestorbene Ferienhaussiedlung, deren Häuser wie Kokons an den Bergen klebten. 846m war hier die höchste Stelle der Straße hoch, rund 600m über dem Gutbrandsdalen.


✈ Kvitfjell. Die Feriensiedlung befindet sich nur noch geringfügig unterhalb des Gipfels.

Über viele Serpentinen wurden diese etwa 600 Höhenmeter nun wieder nach unten gekurbelt. Dort musste ich mir ja den völlig ausgestorbenen Haltepunkt Kvitfjell anschauen. Mit was für Leben ich diese Station verbinde, ließ sich jetzt kaum nachvollziehen. 1994 war ich hier während der Lillehammer Olympiade beim Super G Abfahrlauf der Herren, bei dem sogar Markus Wasmeier für Deutschland Gold holte.


Der Haltepunkt am Zieleinlauf der Skipisten machte einen öden Eindruck.


Hauchen wir dem Ganzen mal etwas Leben ein. Wir schreiben den 17.02.1994, und der Sonderzug für diese Veranstaltung, OL 73242, wird von einer roten El14 am Haltepunkt bereitgestellt.


Blick über die Piste auf den Planzug Et41.

Nach diesem schönen Ausflug in die Vergangenheit ging es auf der Bakside weiter. Hinter Bystad (ggü Fåvang) gab es rund um Losna nochmal zwei Grus-Abschnitte, alles andere war Asphalt. Von der anderen Talseite hatte ich mir den Bf Losna als fotogen von den Wiesenhängen notiert. Vor Ort dann die Ernüchterung: Da führten zwei größere Leitungen mitten durchs Bild.

Hinter Tretten folgte nochmal ein sehr schönes Stück. Der Baksidevegen führt hier hoch am Hang des sehr engen und komplett bewaldeten Talabschnittes entlang. Man hat imposante Ausblicke auf das wild aussehende Tal. Ab Hunderfossen wurde die Straße dann wieder etwas belebter und gegenüber von Lillehammer kommt die E6 auf die "Bakside" rüber. Aber das Gutbrandsdalen ist hier auch zuende und geht quasi in den Mjøsa See über.

Es reichte auch für heute mit den Nebenstraßen. Aber gut zu wissen, dass man das Gutbrandsdalen auch bereisen kann, ohne sich in die endlose Blechkarawane auf der E6 einzureihen. - In Moelv verließ ich die E6 nochmal, weil längere Abschnitte der am Nordufer des Sees langführenden Bahn in der Sonne gelegen hatten. Doch nach paar km in die Richtung (also am Nordufer quasi wieder in Richtung Lillyhammer zurück) erkannte ich die Sinnlosigkeit meines Unterfangens und drehte um. Die Sonne würde im Sinken bald die Wolkenlöcher verlassen haben.

Über die Autobahn ging es schön zügig nach Dal bei Eidsvoll, wo ich die letzte Nacht in einem auf der grünen Wiese neben der Autobahn gelegenen und an eine Sporthalle angeschlossenen Best Western gebucht hatte. Dort traf ich um 19 Uhr ein. Das Zimmer war klasse und ich beschloss, nur noch einen Supermarkt aufzusuchen und mir einen gemütlichen Abend auf dem Zimmer zu machen.

Beim Verlassen des Zimmers, dessen Tür mit einem modernen Kartenschloss versehen war, stellte ich fest, dass man nach dem Zuziehen die Tür vom Flur her einfach wieder öffnen konnte. Ich schaute drinnen, ob man da irgendeine Verriegelung betätigen müsste. Tatsächlich war da ein grüner Knopf. Nachdem ich den gedrückt hatte, war die Tür nach dem Zuziehen verschlossen. Wie sehr, das sollte ich erst später merken.

Am Stadtrand von Dal gab es einen Kiwi Supermarkt, in dem ich alles bekam, was ich brauchte. Zurück vor der Zimmertür dann die Ernüchterung. Beim Gegenhalten der Karte flackerte das rote Licht und das Schloss piepste mich zornig an. Paarmal probiert, ging nicht. Also wieder runter an die Rezeption. Erst brauchte die Frau vor mir ewig. Hier noch ne Frage und da noch ne Frage. Merken die Leute denn gar nicht, dass hinter ihnen Leute warten? Bei einigen hat man den Eindruck, dass sie geradezu angestrengt nachdenken, ob ihnen nicht noch eine Frage einfällt, mit der sie den Servicemitarbeiter weitere Zeit beanspruchen können.

Als ihr endlich nichts mehr einfiel und ich mein Problem schildern konnte, fragte der Mann an der Rezeption gleich, ob ich den grünen Knopf gedrückt hätte. Der Knopf schien wohl nur den Zweck zu haben, das Schloss kaputt zu machen. Er müsse mitkommen und die Sache richten. Er würde nur gern eben noch den hinter mir wartenden Kunden einchecken. Das war nun aber leider Herr Problemfall. Die Buchung war nicht zu finden. Bla bla bla. Mein Bier wurde warm. Endlich, nach gefühlten 20min hatten sie es dann. Der Rezeptionist meine zu mir "one minute" und verschwand nach hinten. Dann kam er erstmal mit dampfenden Tabletts aus der Küche, um das Buffet aufzufüllen. Ich war schon drauf und dran, mir hier in der Eingangshalle mein erstes Bier aufzumachen.

Nun waren es sicher keine "gefühlten" 20min mehr. Er kam mit und erzählte im Fahrstuhl, dass ein Teil der Zimmer diese neuen Schlösser bekommen habe und viele Leute diesen grünen Knopf drücken, dass aber das Management noch keinen Hinweis angebracht hätte, dass man den nicht drücken soll. Er schaffte es, dass ich reinkam. Dann schaffte er es aber auch durch einfaches Drücken der Klinke reinzukommen. Na ja, irgendwann hatte er das Schloss dann soweit, dass man nicht einfach mehr von außen reinkommen konnte. Ich verrammelte die Tür aber trotzdem zur Sicherheit von innen mit dem Kofferständer. Zumindest soll es Krach machen, wenn trotzdem jemand reinkommt... Nun weiß ich jedenfalls, wie der vergleichsweise niedrige Übernachtungspreis zustande kommt. Wenn ein Mann hier den kompletten Laden schmeißen muss, spart das natürlich Kosten. Und in irgendeinem Geldspeicher klingeln wieder die Münzen...

Samstag, 14.08.2021

Irgendwie hatte ich den Wetterbericht so verstanden, dass heute gar nichts mehr ginge. Dafür war beim Aufwachen aber ganz schön viel blauer Himmel zu sehen. Da nutzte ich dann mal gleich das frühe Frühstücksangebot und lief um 6:45 runter. Na ja, nicht sofort. Erst musste ich vor meiner Zimmertür eine geschlagene Minute darauf warten, dass sich das Schloss verschließt. Das Frühstück war ok. Einige Sachen machten aber den Eindruck, dass sie da schon eine ganze Weile vor sich hin oxidieren.

Die Sonne begann eine ihrer wichtigen Tätigkeiten, nämlich zu scheinen. Da wollte man los. Vielleicht würde ich ja doch noch einen Tomatsuppe farbenen Flirt bekommen? Ich hatte da eine nette Stelle bei Frogner im Auge, da konnte man als erstes hinfahren. Und da kam ich dann auch genau richtig an, um noch den Rt 41 zu erwischen. Schade, war eine knappe Kiste. Etwas seitlicher wäre mir der lange Zug etwas lieber gewesen.


Auf der Schnellfahrstrecke "Gardermobane" kommt Rt 41 angewetzt. SJ Norge ist hier unten eher ein seltenes Erscheinungsbild. Der gesamte Nah- und Regionalverkehr rund um Oslo wird von Vy betrieben.

Weiterhin gab es Flytog 3723 und Lt 806. Ganz besonders freute mich dann aber Rt 309. Dieser bestand tatsächlich aus einer doppelten Tomatsuppe farbenen Flirt-Garnitur.


Eigentlich ja Massenware im Osloer Umland, aber ich hatte noch keinen einzigen vor die Linse bekommen: Flirts im Tomatsuppe Design, das sich zunehmend rar macht. Die zweite Garnitur hat übrigens das "Corona Design". Weil die Werkstatt wegen Corona nicht mit dem Umkleben der Züge voran kam, hat Vy einige Einheiten nur an der Spitze neu grün bekleben lassen.

Damit hatte ich die Stelle. Etwas nervös hatte mich gemacht, dass man hinten einen wunderbaren Hectorrail Holzzug auf der alten Strecke hatte südwärts fahren sehen. Und es sollten demnächst ein blaues eingelegtes Etwas und ein Güterzug auf der alten Strecke nordwärts kommen. Dafür fand ich aber auf der Karte nicht so recht die geeigneten Stellen, die auch vernünftig erreichbar wären. Dafür entdeckte ich natürlich als nächstes einen topp Ausblick auf die Neubaustrecke für Südfahrer, von dem aus man aber auch den Holzzug hätte topp umsetzen können.


So hätte man eben den Hectorrail Holzzug machen können, wenn man hier gewesen wäre. Ich liebe den Konjuktiv, der ermöglichte so viel... So gibt es nur eine S-Bahn auf der alten Strecke. Die Masten der SFS sind davor zu erkennen. Die Bm75, erkennbar an den weißen Türen für Nachlöser, sind die S-Bahn Variante der Flirts.

Der nächste Rt 308 aus Lillehammer war leider grüngrau. Schade, bei diesem Motiv hätte man natürlich gern nochmal so ein rötliches Doppel gehabt. Nun gut, vielleicht eine Stunde später nochmal.


Quasi der Regionalexpress ist Rt 308 von Lillehammer. Aber auch der Bm74 ist schon im finsteren grün-anthrazit von Vy beklebt. Im Hintergrund thront die Frogner kirke auf ihrem Hügel.

Nach einigen unfarbenen Zügen wollte ich nochmal gen Lillestrøm schauen. Hier sollte ein Weg entlang der Bahn verlaufen und man hätte hier im Bereich des Bbf Lillestrøm Nord Alt- und Neubaustrecke vereint. Das entpuppte sich dann jedoch alles als absolut motivlos und zugekrautet. Selbst mit der Leiter war nichts zu wollen. Der Güterzug nordwärts war noch nicht gekommen. Eines wollte ich noch probieren: Den Ausblick von der Kirche Frogner auf die alte Strecke. Der sah dann auch richtig klasse aus, doch eine vorher durchkommende S-Bahn verriet, dass eine Geländekante praktisch das ganze Fahrwerk verdeckte.

Na gut, dann eben nicht. Der Güterzug war nun auch schon überfällig. Ich stellte mich wieder an die allererste Stelle, aber für Südfahrer. Einfach nur mal eben für einen Triebwagen. In dem Moment hörte ich natürlich den Güterzug von Süden her rauschen. Ich brauchte allerdings eine kleine Weile, um zu realisieren, dass der auf der Neubaustrecke kam! Da musste ich doch direkt am allerletzten Tag noch einen Spurt einlegen, denn man stand dort nicht auf einer Brücke, sondern auf einem kleinen Tunnel. Aber es hat geklappt! Da es ein leerer Grenlandrail Holzzug war, vermute ich, dass das die blaue Linie im Fahrplan, der 52275, gewesen war. Bei dem noch ausstehenden 4416 hätte ich mit was anderem gerechnet.


Die alten El15 leben noch! Das war eine große Überraschung zum Schluss. Vermutlich Zug 52275 wurde mit einer solchen von Grenland Rail bespannt.

Nun fuhr ich nochmal an den schönen Ausblick mit der Frogner kirke im Hintergrund. Aber leider bestand auch der nächste Rt 310 von Lillehammer aus einem grüngrauen Etwas. Zwei Abschlussbilder gab es nun nochmal von dem kleinen Tunnel aus mit Südfahrern, dann war es das.


Den Flytog habe ich noch gar nicht gezeigt. Nachdem ich neulich mal einen von deren neuen CAF Triebzügen zwischen Scheeßel und Lauenbrück fotografiert hatte, dachte ich, dass soetwas käme. Aber heute wurde der Gesamtverkehr von den "klassischen" unfarbenen Bm71 bestritten.


Zum Schluss gibt es den Blick von dem kleinen Tunnel Gauteidvegen bei Frogner nordwärts, wo ein Bm74 als S-Bahn ankommt. Das ist dann wohl eine Bequem-S-Bahn... (keine Ahnung, aber ich unterstelle mal, dass die Bm74 besseres Gestühl haben als die Bm75).

Passend zog nun auch ein großes Wolkenfeld herein. Mit den zwei sonnigen Stunden hatte ich wirklich Glück gehabt. Zügig ging es nach einer letzten Müllentsorgung und minimaler Proviantbesorgung an einer Tanke über die Autobahn nach Oslo zur Fähre, an der ich um 11 Uhr eintraf. Dort brauchte ich beim Check in gar nichts zu sagen und bekam sofort die Tickets fürs Auto und für mich ausgehändigt. Eine Prüfung der Covid App fand nicht statt. Dafür lief ein Mitarbeiter die Autoreihen ab und maß Fieber. Die geprüften Autos bekamen einen unbedruckten blauen Zettel. Kurios, dass das in Kiel und Oslo so unterschiedlich lief. Und ich musste für die Fähre wieder einen Mundschutz hervor kramen, nachdem man sowas zwei Wochen lang nicht gebraucht hatte.

Color Magic: Oslo 14:00 - Kiel 10:00 (Sonnntag)

Bei dieser Fährüberfahrt war der Mundschutz nun aber gar nicht überall vorgeschrieben. Man durfte sich ohne im Inneren des Schiffes bewegen. Es wurde nur auf 1m Abstand hingewiesen. Meine Kabine war auf Anhieb wieder herrlich gemütlich. Während wir noch lagen, verspeiste ich mein Baguette und las etwas. Rechtzeitig zur Abfahrt war ich auf dem Sonnendeck. Und die Sonne war auch wieder rausgekommen. Auf der Westseite des Schiffes fiel der Blick auf eine hübsch am Ufer zwischen schmucken Häusern und Yachthafen entlang führende Bahnstrecke. Leider war das nur die Zufahrtstrecke zum stillgelegten Westbahnhof, in dessen Vorfeld heute nur der Abstellbahnhof Filipstad liegt. Auf der Ostseite des Schiffes hatte man nun allerdings die Möglichkeit, direkt in den Abstellbahnhof hinein zu fotografieren.


Diese Züge liefen so schnell nicht weg. Der Ausblick vom Schiff auf die Vy Abstellanlage Filipstad vor schöner Stadt- und Wolkenkulisse zeigt Züge aller S-Bahn Baureihen der letzten Jahrzehnte: Bm75 (Flirt), Bm72 (Ansaldo) und Bm69. Letztere werden anscheinend nicht mehr umfoliert.

Das hatte ich so nicht erwartet, dass das letzte Bahnbild paar Minuten vor Schiffsabfahrt entstehen würde. Bei der Ausfahrt konnte man paar weitere Bilder machen oder einfach die Sonne genießen, bevor es wieder in die Wolken hinein ging.


Der Ausblick auf der Westseite fällt über den Yachthafen.


Schnell füllt sich das Sonnendeck. Beim Blick zurück auf Oslo kommt Urlaubsfeeling auf! Das mag bei der Heimfahrt zwar etwas unpassend sein - nicht aber, wenn man weiß, dass man bald wieder zurückkehren wird...

Irgendwie war ich müde, nahm in der Kabine ne heiße Dusche und legte mich erstmal hin. In der Kabine hing ein Gemäldedruck, der eine am Strand an einem für sich allein stehenden weiß gedeckten Tisch speisende feine Dame zeigte, um die ein Kellner und zwei Geiger herumscharwenzelten. Irgendwie fand ich das furchtbar. Man will doch in Ruhe essen und die Landschaft genießen. Da würde ich mich ja nicht aufdringlich begeigen lassen wollen (der Kellner wäre ok gewesen *g*).


Die Kabinen sind herrlich gemütlich.

So war ich jedenfalls schön frisch, als pünktlich um 17 Uhr die große Völlerei wieder los ging. Leider bekam ich diesmal einen Tisch in der Mitte des Raumes - in unmittelbarer Nähe zum Klavier, an dem eine Pianistin alles gab. Und zahllose Kellner (die Nutzung dieses Genus schließt bei mir grundsätzlich alle Geschlechter ein!) scharwenzelten um mich herum. Na ja, immerhin war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Kellnern und Musikern vernünftiger als auf dem Bild in der Kabine...

Wir waren inzwischen schon auf dem offenen Meer, insofern gab es aus den Fenstern auch nicht so viel zu gucken. Beim Buffet herrschte Maskenpflicht. Und vor jedem Gang musste man sich die Hände desinfizieren. Das wurde auch genauestens überwacht. Das Buffet selbst war natürlich wieder gut und reichhaltig. Und diesmal gab es eine reichhaltige Gemüseauswahl, so dass man wirklich auf Sättigungsbeilagen verzichten konnte. Als Dessert gab es eine phantastische Erdbeertorte. Und zum Nachtisch Melonenstücke.

Gut gefüllt konnte man sich nun im 13. Deck, dem Sonnendeck, den Naturgewalten aussetzen. Die Sonne schien wieder, aber es wehte ein heftiger Sturm, der ordentlich Seegang mit sich brachte. Aber so war es da draußen nicht mehr so voll wie noch im Oslofjord. Und das fand ich auch nicht sooo verkehrt...


Die Mall auf der Color Magic ist eher in Rottönen gehalten.

Wie schon auf der Hinfahrt wurde es auf dem Schiff relativ früh ruhig. Ich gab mir um 20 Uhr Tagesschau und anschließend Wilsberg. Aber danach fand ich, dass das nicht alles gewesen sein konnte, hab mich dick eingepackt und bin wieder ins Dreizehnte hoch. Es war schon ganz schön dunkel, stürmisch und ungeheuer stimmungsvoll. Irgendwo von der schwedischen Küste kamen die interessanten, sehr verschiedenartigen Signale eines Leuchtturms: Blinken, blitzen, blitzen, blinken, blitzen, zweimal schnelles Funkeln, und blitzen. Dann wieder von vorn. Auf der anderen Seite mussten wir auf Höhe der Insel Læsø sein, doch dort schlief wohl schon alles. Man sah genau gar nichts in der zunehmenden Finsternis. Gut durchgepustet hatte ich bald die gewünschte Bettschwere...

Sonntag, 15.08.2021

Um kurz nach sieben gab es das leckere Frühstück, wo ich mir einen sehr fensternahen Tisch nehmen konnte - jedenfalls, nachdem ich die Schilder, welche Tische wegen Abstand nicht besetzt werden durften, etwas umdekoriert hatte. Sonst hätte ich nämlich absurderweise den Mindestabstand nicht einhalten können und hätte unmittelbar neben denen am Fenster sitzen müssen...

Das Ausschiffen lief wieder so koordiniert ab wie auf der Hinfahrt. Angenehmerweise waren die Autos auf dem PKW-Zwischendeck (Deck 4) nur in drei statt planmäßig vier Reihen geparkt, so dass massig Platz war. Bereits um 10:20 befand ich mich ohne jegliche Einreisekontrolle auf dem öffentlichen Straßennetz von Kiel und bald darauf auf der Auddobahn. Und hier fielen keine Münzen durch. Nach 5000km störungsfreier Fahrt gab es in Hamburg den allerersten Stau. Und wenn in Hamburg Stau ist, dann richtig. Dank der "genialen" grünen Verkehrspolitik wird in Hamburg auch gleichzeitig auf allen Ausweichrouten gebaut. Und wo nicht gebaut wird, werden Spuren zu Fahrradspuren umgewidmet, so dass es sich auch ohne Bauarbeiten schön stauen kann. Na ja, irgendwie im Zickzack durch die Hafencity, dann aber rechtzeitig vorm gesperrten Veddeler Damm wieder zurück auf die Autobahn, gelangte ich um 12:30 nach hause - wohlbehalten und gesund. Und das ist die Hauptsache!

Mein Fazit ist jedenfalls ein hochzufriedenes. Auch wenn es etwas schleppend losging (auf Bahnfotos bezogen), so wurde es eigentlich immer besser und am Ende hatte ja doch für norwegische Verhältnisse ganz schön viel geklappt. Ein besonderes Bonbon war definitiv das regelmäßige Verkehren von Frigg und Frøya mit ihrem Schotterzug, ohne die die Ausbeute in Nordland ein ganzes Stück magerer ausgefallen wäre. Hinzu kommen die Eindrücke des Genießens und Erlebens abseits der Bahn. Leckeres Essen, meist gemütliche Unterkünfte, schöne Wanderungen und die Suche nach Hotdog-Fähren... Ja, das war ein herrlicher Urlaub!

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