Rückkehr zu den Unroten - Norwegen September 2021

Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.

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✈ = Drohnenbild

Was kann es schöneres geben, als bei herrlichstem Sonnenschein vom 13.Deck der Color Magic beim Auslaufen auf Oslo zurück zu blicken und das Urlaubsfeeling zu genießen? Ganz einfach: Bei herrlichstem Sonnenschein vom 13.Deck der Color Magic beim Auslaufen auf Oslo zurück zu blicken, das Urlaubsfeeling zu genießen und zu wissen: In zweieinhalb Wochen bin ich wieder hier. Der August Urlaub war bei mir ja der verschobene Juni Urlaub gewesen. Und nun folgt der planmäßige September Urlaub. Yannick und ich hatten eigentlich die USA angepeilt. Aber aus den bekannten Gründen ließen wir das lieber bleiben. Yannick war im August mit der Freundin quasi "bahnfrei" in Norwegen und hatte so richtig Lust bekommen, da nochmal einen Bahnurlaub hinterher zu schieben, und ich hatte in Norwegen auch wieder richtig Blut geleckt.

Somit hatte sich bereits gegen Ende der letzten Reise abgezeichnet, dass man höchstwahrscheinlich wieder hier her käme. Und weil das mit dem Schiff so herrlich war und das mit dem eigenen Auto so gut geklappt hatte, buchten wir direkt wieder bei Colorline.

Etwas ins Wanken kam die Planung, als wir feststellen mussten, dass unsere zwei Urlaubswochen von einer Zeit massivsten Baugeschehens geprägt sein würden. Höhepunkt der Einschränkungen wäre die weitestgehende Einstellung des Dagtogs auf der Nordlandsbahn - also des Zuges, den man am liebsten fotografiert hätte. Am Wochenende zu Urlaubsbeginn sollte die Nordlandsbahn komplett ohne Verkehr sein. Montag und Dienstag würde der Dagtog fahren, dann aber für die komplette restliche Urlaubszeit nördlich von Grong ausfallen. Der "Ole Tobias", also der zwischen Trondheim und Mo fahrende Talent, würde sogar komplett ausfallen - bis auf eine Ausnahme.

Ab dem Mittwoch würde es täglich einen Umlauf Trondheim - Rt 471 - Grong - Rt 478 - Trondheim geben. Also eine planmäßige Di4 Leistung würde auf eine planmäßige Talent Leistung wenden. Wenn dieser Umlauf mit Di4 gefahren würde, gäbe es paar interessante Möglichkeiten, denn gerade der Rt 478 kommt an zahlreichen Motiven topp. Yannick hatte versucht, via Facebook und Instagramm über SJ Norge und eine Lokführerin an Infos zu kommen, doch die hatten irgendwie gar keinen Plan. Auf der Buchungsseite konnte man bis zuletzt für den 471 1.Kl buchen, für den 478 aber nicht... Aber Norwegen hat ja nicht nur die Nordlandsbahn. Auch wenn die Sørlandsbahn abschnittsweise vormittags und die Arendalbahn in der ersten Urlaubswoche komplett dicht sein würden, bliebe noch genug anderes übrig. Gerade die Bergenbahn wäre nach langer langer Zeit mal wieder spannend.

Somit waren wir also selbst höchst gespannt, wohin uns die Reise führen wird, als wir starteten. Yannick war am Vorabend nach Hamburg gekommen, und gemeinsam ging es los.

Donnerstag, 02.09.2021

Gegen 9 Uhr fuhren wir los. Durch Hamburg kam man ganz brauchbar durch, so dass wir ein Frühstück bei Mägges in Quickborn einschieben konnten. Um 11:20 standen wir in Kiel in der Wartespur für die Fähre. Dort zeigte sich ein völlig anderes "Kundenbild" gegenüber August. Nicht mehr Familien prägten das Bild, sondern größere geländetaugliche Autos in denen in erster Linie Männer saßen. Jagdsaison in Skandinavien! Ich möchte nicht wissen, wieviele Schießprügel die im Gepäck hatten...

Color Magic: Kiel 14:00 - Oslo 10:00 (Donnerstag)

Diesmal war das Wetter beim Auslaufen in Kiel traumhaft. Da kam doch direkt Urlaubsfeeling auf. Laboe konnten wir bereits beim ersten goldenen Getränk beobachten. Irgendwie hatten wir das Gefühl, dass das Schiff schneller die Förde runter gefahren ist als letztes Mal. Ok, diesmal wurden wir auch von keinem kleinen roten Schiff aufgehalten...


Gleich nach dem Auslaufen begegnen wir auf der Werft dem russischen Schiff "Akademik Cherskiy", dessen markante Brücke am Heck auffiel. Eine Recherche ergab, dass es sich um einen Rohrleger (rørlegger *g*) handelt, der zuletzt auch an der Nordstream 2 mitgewirkt hat.


Le Bier in Laboe...

Danach gab es einen Wechsel zwischen leichtem Faulenzen in der Kabine und Genießen des schönen Wetters auf dem Sonnendeck. Um 17 Uhr dann wieder das Grand Buffet, wobei wir wieder unweit der Klavierklimperin platziert wurden, nun ja... Dem Appetit tat das aber keinen Abbruch. Beim Dessertgang zum Buffet setzte allerdings etwas Hektik ein, denn wir wollten natürlich nochmal versuchen, Züge auf der Storebæltbro zu fotografieren. Und heute flogen wir nur so auf die Brücke zu. Unser Käptn hatte offenbar den Bleifuß diesmal. Schnell schluckten wir das Dessert runter und riefen nach der Rechnung, als bereits die Brückenpfeiler an uns vorüber "schossen" - etwa 25 Minuten früher als vor einem Monat. Yannick lief schnell los, um seine Kamera zu holen, ich musste mich um die Rechnung kümmern, was etwas dauerte...

Immerhin hat Yannick zwei Züge bekommen. Ich konnte nur noch meinen Stuhl in die Sonne rücken und mich daneben setzen, als die Brücke langsam in der Ferne im Dunst verschwand. Nun begann bald die letzte Stunde vor Sonnenuntergang. Wir versuchten uns an mehreren fotografischen Spielereien mit der tief stehenden Sonne.


Die Marine ist auf dem Weg südwärts.


Je tiefer die Sonne sinkt, desto schmaler ist die Reflektion auf dem Wasser...


Die nehm' wir mal lieber mit...


Hat nicht geklappt. Sie verschwindet.

Danach gab es ein faules halbes Stündchen in der Kabine, wo es auf 3sat eine Reportage über alternative Antriebstechniken gab. Zu dem Thema konnte ich bei einer anschließenden Runde an Deck auch noch interessante Studien betreiben...


Ok, hier gibt es noch Verbesserungspotential.


Die Burger Bar im Corona Design.

Ansonsten gab es backbords in der Ferne die Lichter von Grenaa und steuerbords etwas in der Ferne voraus einen Leuchtturm, dessen Lichtzeichen ein neunmaliges Blinken war. Faszinierend. Ziemlich müde ging es um kurz nach 10 in die Kojen.

Freitag, 03.09.2021

Einlaufen in den Oslofjord im strahlenden Sonnenschein. Als wären alle Wetterschwierigkeiten verschwunden und als wenn wir ungestört unserem Hobby würden nachgehen können. Ha-ha!


Wir nähern uns den Kaholm Inseln.

Beim Frühstücksbuffet hielt ich mich zurück, was weniger an fehlendem Appetit denn an meinem Problemzahn lag, der seit dem zweiten Gang des Abendbuffets gestern extrem schmerzte. Dabei war der Wildbraten nicht nennenswert hart. Aber lecker war das Rührei mit diversen verschiedenen Heringshappen und Lachsstückchen schon.


Auf Søndre Kaholmen liegt die historische Festung Oscarsborg.

Das Ausschiffen und das Anstehen vor der Einreisekontrolle dauerte nun wieder etwas, aber um 11 Uhr saßen wir auf der Straße. Aufgrund der Wettersituation und auch aus strategischen Gründen hatten wir uns nach vielem Hin und Her für eine nördliche Richtung entschieden. Wieder mal E6. Aber ok, das war das sinnvollste. Wettermäßig sollte es morgen auf dem Dovrefjell nett sein, und zum Stellen der Weichen, ob wir nun kommende Woche an die Nordlandsbahn fahren oder ob wir lieber was im Süden machen, ist Dombås in jeder Hinsicht eine gute Basis.

Zügig ging es nordwärts. Entlang des Mjøsa waren die Wolken am geschlossensten, doch bereits im unteren Gutbrandsdalen herrschten große Wolkenlücken. Und laut Wetterbericht sollte die Tendenz eher positiv sein. Nun hatte ich ja vor knapp drei Wochen einige Motive bei Tretten notiert. Was sprach dagegen, diese in Augenschein zu nehmen? Ach so, ja, der Lichtstand. Für die ersten beiden Züge, Cargonet je nord- und südwärts, war das Licht an den entdeckten Motiven definitiv noch nicht weit genug rum. Lediglich auf einer Achse, die nun nicht so gut einsehbar war, hatte man schon gutes Seitenlicht. Tja, das war nun wieder was für die Drohnen. Gt 5731 nordwärts und Gt 5702 südwärts klappten dann auch sehr schön, obwohl es einige unmittelbar vorher durchziehende Wolkenküddel schon wieder spannend machten.


✈ Den Anfang der Zugfotos macht der hübsch bunte und von einer El14 beförderte Gt 5731 am Ufer des Gutbrandsdalslågen zwischen Tretten und Losna.


✈ In Losna ist direkt Kreuzung, und es folgt Gt 5702 südwärts.

Nach den zwei Aufnahmen fuhren wir erstmal nach Tretten rein und besorgten bischen was zu futtern. Nein, ausnahmsweise kein Polarbrød mit Tubenkäse, sondern Salamiverschnitt mit Kräckern. Auch sehr sehr lecker! In über einer Stunde sollte noch ein Südfahrer kommen. Wir überlegten erst noch, ob man dem entgegen fahren sollte, weil hier halt doch noch paar Wolken anwesend waren, während es weiter nördlich komplett blau aussah. Aber irgendwie wollten wir unser entdecktes Motiv doch gern mal umsetzen. Der hübsche Bahnhof von Tretten gefiel uns auch sehr gut, aber wir entschieden uns für die Stelle weiter nördlich, wo das Licht allmählich gut auf die Seite wanderte.

Ein wenig konnten wir Siesta machen, doch dann stellten wir uns lieber mal auf. Und es wurde richtig spannend. Die Wolken sorgten eigentlich nur einmal unbegründet für Spannung - offenbar lösten sie sich hier immer mehr auf. Einige Rinder auf der Weide machten es spannend, weil sie bald ihre fotogenen Liegeplätze verließen und uns unterhalb von uns stehend blöde anglotzten. Sie verschwanden zwar bald, kamen aber immer mal wieder in den gefährlichen Bereich, wo man sie hätte anschneiden müssen, spaziert. Spannend machte es aber auch die Kombination von Zug und Bergschatten. Der Zug wollte und wollte nicht kommen, der Bergschatten hingegen schon. Am Ende ging aber alles gut und Gt 5734 legte sich wunderprächtig in die Kurve.


Bodenständig zwischen einigen Heurollen umherkrauchend nahmen wir noch Gt 5734 nördlich von Tretten.

Nun sollte es aber stramm nordwärts gehen. Dazu ging es zurück nach Tretten und auf der anderen Flussseite auf die E6. Ich will jetzt nicht von einem guten Slot reden, aber man kam voran. So behielten wir einen guten Vorsprung vor Rt 45, den wir zwischen Brennhaug und Dovre abwarteten. Und weil das Licht so dermaßen klar war, warteten wir Rt 46 auch gleich mit ab.


Bei bestialisch klarem skandinavischen Abendlicht kommt Rt 45 bei Brennhaug nordwärts durch.


✈ Und nochmal von oben.

Der Bauer hatte uns vom Hof über seine Wiese spazieren sehen und war neugierig, was wir da wohl treiben. Zum Glück ist unser Hobby in Norwegen so wenig verbreitet, dass nicht die Massen auf den Fotowiesen einfallen und die Bauern auch eher locker, freundlich und neugierig auf Fotografen reagieren. Er empfahl uns noch einen anderen guten Standpunkt und meinte, er würde die Bilder dann gern im Netz sehen. Da aber nicht die Rede davon war, wo er sie denn sehen könne, meinte er vielleicht auch ganz was anderes und ich habe es falsch verstanden...


Und der Gegenzug Rt 46 an derselben Stelle. Blödes Wohnmobil!

Wir rollten in Dombås noch kurz mit dem Einkaufswagen durch den Coop, dann ging es nach Furuhaugli hoch. Jaaa, auch wenn ich von der Sauberkeit letztes Mal nicht so angetan war, ist es doch die herrliche Lage des Platzes, die einen dort immer wieder hin zieht. Das Konzept war, im Supermarkt nur Sachen fürs Frühstück zu besorgen und fürs Abendessen in Furuhaugli mal im Restaurant vorzusprechen. Yannick brauchte im Supermarkt dann etwas länger, weil er das Regal mit den einheimischen Bieren von kleineren Brauereien aus der weiteren Umgebung entdeckt hatte...

Beim Einchecken wurden wir direkt gefragt, ob wir noch essen wollen - die Küche würde um 19:30 schließen. Nun gut, es war 19:15, das schafften wir locker. Wir nahmen Rentierfilet. Es war phantastisch zart und wunderbar lecker. Dazu auf den Punkt gekochte Frühkartoffeln und knackiges Gemüse, ua Fenchel. Nur das selbst gebraute Bier gab es offenbar vorübergehend nicht mehr.


Unsere Rentierfilets. Das Bier kam aus Ålesund, da die eigene Brauerei in Furuhaugli vorübergehend außer Betrieb war.

Anschließend genossen wir den klaren Abend aus unserer mollig warmen Hütte. Nachdem man nachmittags in der Sonne noch gut T-Shirt an haben konnte, wurde es zum Abend richtig kalt. Mit den Tagesergebnissen konnten wir sehr zufrieden sein. Für einen Anreisetag war doch gut was gegangen. Bleibt nur zu hoffen, dass wir noch paar weitere so schöne Tage bekommen. Irgendwie habe ich schlechte Erfahrungen mit Urlauben, die topp losgehen... ;-b

Samstag, 04.09.2021

Heute wachten wir nach einer mega klaren und eisigen Nacht allerdings erstmal unter einem ebenso klaren blauen Himmel auf. Dem Wetterbericht zufolge sollte der uns wohl wenigstens bis zum Mittag erhalten bleiben, so dass die Hoffnung bestand, das obligatorische vormittägliche Dreierbündel an Zügen evtl noch stressfrei mitzubekommen. Oh oh, ist da einer wieder zu naiv-optimistisch? Knallharter Fakt ist allerdings, dass wir uns schön in Ruhe einen Kaffee kochen konnten, bevor wir uns ans Freikratzen des Autos machten.

Unser Konzept war nun, dem Dreierbundle bis kurz vor Oppdal entgegen zu fahren und mögliche Motive zu eruieren. Später mischte sich in diese Planung auch noch die Füllstandsanzeige des Tanks ein, die freundlich darauf hinwies, dann doch bitte direkt bis Oppdal an die Zapfsäule weiter zu fahren. Beim Losfahren zeigte das Thermometer -2° an. Vor Hjerkinn gab es sogar leichten Rauhreif. Etwas ernüchtert waren wir von den motivlichen Möglichkeiten. Unten bei Driva war das alles ziemlich zugewuchert. Und bei Megalaupet hing der Bergschatten noch fett im Tal. So landeten wir am Grønbakken Hof, wo ich die Vormittagsperspektive auch seit Diazeiten nicht mehr umgesetzt habe.


Zwischen Kongsvoll und Hjerkinn passiert Rt 42 den Grønbakken Hof.


✈ Wie klar das Wasser doch ist!

Faszinierend war die Parkplatz Situation hier oben auf dem Fjell. Es müssen wohl riesige Jagdgesellschaften unterwegs gewesen sein, die Parkplätze standen voll von deren riesigen Trucks. Unser nächster Programmpunkt sollte ein Ausblick bei Kongsvoll sein. Da konnten wir aber nur einen Parkplatz bekommen, indem ich mein kleines Autochen zwischen zwei dieser Monstertrucks gequetscht habe. Die Güterzüge waren nun aber leider enttäuschend. Greencargo Gt 4814 kam komplett leer angefahren, so dass wir den Cargonet Gt 85736 hier auch noch abwarteten. Dieser war zwar gut beladen, leider bis auf die ersten Wagen. Blöde. Vielleicht kann man da noch was zurechtpfuschen...


SJ Norge bekommt auf ihrer Verbindung Oslo - Trondheim direkte Konkurrenz durch Vy - leider auf der Straße...


Cargonet Zug 85736 hat gerade den Bahnhof Kongsvoll durchfahren. Paar leere Wagen hinter der Lok wurden elektronisch dem Zugverband entnommen.

Nun stand nur noch der Rt 41 an. Für den suchten wir mal eine Luftperspektive, die wir ein Stück oberhalb vom Grønbakken Hof fanden.


✈ Rt 41 hat Hjerkinn und den höchsten Punkt der Strecke hinter sich gelassen...


✈ ...und nähert sich dem Grønbakken Hof.

Das war es dann. Es war 12:45. Die einzigen weiteren Zugbewegungen waren erst gegen 18 Uhr zu erwarten. Nun durfte gefaulenzt werden. Erst ging es zum Mittagessen zu Dovregubbens Hall, wo es als Dagens Kalbsfrikadellen mit verschiedenem Gemüse gab. Dann ging es nach Furuhaugli, wo wir einfach mal die herrliche Veranda der Hütte mit dem weiten Blick über das Hochmoor genießen konnten. Mittlerweile war es immerhin so warm geworden, dass man im dicken Pullover draußen in der Sonne sitzen konnte. Die Sonne hatte allerdings mittlerweile Besuch von hohen Wolkenfeldern bekommen. Mal schauen, wie es weitergeht.


Zwar hatten wir eine Doppelhaushälfte, aber unsere kleinere Einheit hatte definitiv die schönere Terrasse. Von den Nutzern von Nummer 3a hörten wir überhaupt nichts, und deren Auto stand immer an der gleichen Stelle. Wir wollten fast schon klopfen und fragen, ob die noch leben... Aber es roch noch nicht...

Die Ruhephase war gut für Mensch und Tier. Nein, für Tier eigentlich nicht; ich musste plötzlich meine Banane vor einer Wespe verteidigen, glaube aber gewonnen zu haben. So hartnäckig, wie die war, wusste sie wohl, dass ihre Saison bald abgelaufen sein wird. Wir konnten aber gut regeneriert ins Auto steigen. Weit hatten wir nicht zu fahren. Wir wollten uns mal die Vogelkundepfade in der Fokstumyra anschauen.

Gegenüber meinem letzten Besuch 2004 war das alles etwas neuer angelegt worden. Der Fokstua Hof hat eine "Umgehungsstraße" bekommen und rechtzeitig vor Erreichen des Betriebsbahnhofs Fokstua (wo man früher ins Moor einfach über die Gleise gelatscht ist) wird man nun nach rechts auf einen richtigen Parkplatz abgelenkt. Von diesem aus führt ein fescher Bohlenweg nordwärts parallel zur Bahn, um diese dann in einem kleinen Bachdurchlass zu unterqueren. Das war natürlich viel sicherer als früher bei dem "starken" Zugverkehr.


Auf so einem Bohlenweg "schwebt" man natürlich herrlich unbeschwert übers Moor.

Aber das war eine nette Alternative zum Nysætervegen, um abends mal paar Bilder von der anderen Seite machen zu können, denn der Weg eröffnete einige freiere Ausblicke auf die Strecke, wie man sie am Nysætervegen mit Stand vor einem Monat nicht mehr hat. Vorbei an einem Ausblick für den Südfahrer wanderten wir mal weiter. Länger als erwartet hielt sich der Pfad parallel zur Bahn. Bald erreichten wir einen Punkt, von dem aus man auch nachher den Nordfahrer machen kann. Nun war noch etwas Zeit, so dass wir uns einfach am Südfahrerblick ins Kraut setzten. An Vögeln haben wir übrigens nur kleine Piepmätze gesehen. Und das Großwild ließ sich auch nicht blicken... Dafür ließ sich Rt 46 mit präziser Pünktlichkeit blicken.


Der Bm73 von eben hat nun einmal kurz in Trondheim vorbeigeschaut und kehrt als Rt 46 zurück. Kurz vor dem Ausweichbahnhof Fokstua rollt er durch das Hochmoorgebiet Fokstumyra.

Der genutzte Fotoabschnitt sah so aus, als ob man den Gegenzug auch in selbigem aufnehmen könnte. So sind wir also nicht zur eben entdeckten Stelle, sondern nur paar hundert Meter durchs Unterholz gelaufen. Rt 45 passte dann auch topp in den Ausschnitt und leuchtete so in der Lichtstreifung wunderbar.


In Dombås wurde mit Rt 45 gekreuzt, der gerade den Bahnhof Fokstua durchfahren hat. Der namensgebende Hof ist links zu erkennen.

Zumindest im Bereich der Sonne hatten sich die Schleier, die sich am Nachmittag gebildet hatten, wieder vollkommen aufgelöst. Was für ein wunderschöner, klarer Abend. Mit paar Labis ging es zurück zum Auto.


Herbstlicher Blick über die Fokstumyra.

Der Plan war, nun nach Dombås zu fahren und Zutaten für ein Hüttenabendessen zu besorgen. Auf der Fahrt dorthin konnten wir sogar einen Elch beobachten, der 50m neben der Straße im Schatten stand. Mit Tortellini, Nudelsauße und Zucchini im Gepäck sowie vergessenem Schinken weiterhin im Supermarktregal ging es zurück nach Furuhaugli. Unser ungewollt vegetarisches Abendgericht schmeckte wunderbar. Was hatten wir Hunger, unglaublich!

Die Wettervorhersage ließ es ratsam erscheinen, den ebenfalls (nur) für hier schön angekündigten Sonntag noch hier zu bleiben und den landesweit schlecht angekündigten Montag dann für einen Ortswechsel zu nutzen. Wir konnten unsere Hütte 3b problemlos um eine Nacht verlängern. Der Abend war so herrlich, dass ich mich nun noch etwas auf die Veranda setzte und die blaue Stunde genoss. Und die ist lang in Skandinavien...

Aber es zeichnete sich auch ziemlich deutlich ab, dass sich das Thema Nordlandsbahn für diesen Urlaub erledigt hätte. Montag und Dienstag sollten die einzigen Tage sein, an denen der Dagtog die komplette Strecke fährt. Aber alle verfügbaren Wetterdienste waren sich einig, dass die erste Hälfte der kommenden Woche da oben richtig schlecht werden soll - sogar mit größeren Niederschlagsmengen. Der Süden sah hingegen nicht völlig aussichtslos aus.

Sonntag, 05.09.2021

Und wieder mal Aufwachen bei klarem Himmel, was schön! Da das vormittägliche Dreier-Fahrtenbündel auf der Dovrebahn heute nur ein "Einerbündel", bestehend aus dem Personenzug, war, beschlossen wir einen Besuch an einem der schönsten Motive Norwegens, der Stuguflatenbru an der in Dombås abzweigenden Raumabahn. Kurioserweise habe ich die Brücke zwar schon mit verschiedenen lokbespannten Zügen, aber noch nicht mit Talent. Der allererste Zug ab Åndalsnes fährt zwar sonntags nicht, der zweite sollte es aber um kurz nach 10 sein. Entsprechend gemütlich konnten wir die gut einstündige Fahrt angehen. Der Talkessel von Lesja glich einem Nebelmeer - sehr eindrucksvoll!


Das obere Gutbrandsdalen bei Lesja gleicht einem Nebelmeer.

Weiter voraus im Gebirge hingen Wolken in den Bergen. Wir waren aber guter Hoffnung, dass unser Motiv noch auf der sonnigen Seite der Wolkengrenze lag. Und es war mal wieder wunderschön dort. Jetzt war die spannende Frage: Kommt ein roter oder ein unroter Talent? Hier hätte ich wirklich gern nochmal einen in der alten Farbgebung gehabt, die nach meinen Beobachtungen aus dem August wohl auch noch in der Überzahl ist. Yannick wollte lieber einen SJ farbenen...


Kitschiges Norwegen-Klischee in Reinkultur, aber irgendwie gerade deshalb das vermutlich schönste Bahnmotiv Norwegens, stellt die Stuguflåtenbru bei Bjorli dar. Rt 2342 rollt ganz unspektakulär über das Bauwerk.


Alternative Perspektiven bietet nicht nur die Drohne, sondern auch der Yannick. Der war hier für die Froschperspektive zuständig.

Tja, ausgerechnet hier kam natürlich ein unroter VT. Aber was solls, ansonsten kam der Rt 2342 ja ganz wunderprächtig auf der Brücke. Nun überlegten wir: Einfach mal nach Åndalsnes fahren und dort nach dem rechten sehen? Interessant wäre die dort abgestellte Zuglok des Güterzuges. Der Güterverkehr nach Åndalsnes ist ja wieder aufgenommen worden und läuft mit ex-dänischen MEs. Blöde ist bloß, dass der Güterzug jetzt mitten in der Nacht fährt. Außerdem war gestern eine Sperrfahrt zwischen Åndalsnes und Verma unterwegs, wobei das sicherlich nur eine Baumaschine war. Und die zweite Talent Einheit hätte dort gestanden.

Die Alternative war, den rückkehrenden Triebwagen auf der Jorabru am Stadtrand von Dombås zu nehmen. Wäre halt wieder der blaugraue. Da es nach Åndalsnes noch ein ziemlicher Ritt gewesen wäre und man nicht wusste, ob die Fahrzeuge überhaupt fotogen stehen, kehrten wir lieber mal nach Dombås zurück, wo wir als erstes am Bahnhof nach dem Rechten schauten. Die Bahnsteigkante des Hausbahnsteigs war nun mit einem Zaun abgesperrt; auch in die Züge auf Gleis 1 musste vom Mittelbahnsteig eingestiegen werden. Der Zugzielanzeiger stand aber noch da!


Einfach mal eine Bahnhofsaufnahme: Dombås. Rt 2342 wendet auf Rt 2341.

Dann fuhren wir zur Jorabru, die mittlerweile sogar als Sehenswürdigkeit ausgeschildert ist. Nach einem Polarbrød mit Pizza-Tubenkäse liefen wir den Pfad am Rande der Schlucht hinein. Die Schlucht ist wirklich eindrucksvoll. Ich lief noch paar Schritte über den Fotostandpunkt hinaus, wo sich die Schlucht toll durch die Felsen wandt. Stück weiter stand sogar ein altes Bauernhaus direkt an der Schluchtkante. Eine selbstgefrickelte Seilbahn mit Eimer dran führte über die Schlucht. Dass Rt 2341 wieder in SJ blaugrau kam, war nun keine sooo große Überraschung. Immerhin hatte das Motiv im dritten Anlauf mal mit voller Sonne geklappt.


Die Joraschlucht. Der Flusslauf muss insgesamt sehr abenteuerlich sein.


Rt 2341 auf der Jorabru am Stadtrand von Dombås.

Der Plan war nun, bei Jaffes in Dombås einen schönen Hamburger zu verzehren. Wir hatten wieder wenig gefrühstückt, so dass man sich schon drauf gefreut hatte. Aber es kam anders. Der Güterzug, den wir eigentlich zu 16 Uhr erwarteten, war zwei Stunden vor Plan unterwegs. Als einzige geeignete Stelle für den fiel uns nur die Fotokurve westlich Kvam ein. Bis dort war es aber ein Stück zu fahren. Wir standen schon vor der Bruzzelbude, als wir selbige von unserer Programmliste strichen und weiter fuhren. Immerhin gab es ein Baguett und Wienerbrød von einer Tanke in Otta, die wir ungestört an unserer Feldwegbrücke verzehren konnten. Und Gt 5711 war immerhin gut beladen. Das war die Hauptsache, wobei man natürlich auch gern mal eine El16 genommen hätte - darin waren wir uns sogar einig...


Vor gut 10 Jahren war die Betonbrücke da hinten noch nicht... Aber Gt 5711 kommt trotzdem ganz nett bei einigen Höfen westlich von Kvam.

Und nun? Jetzt hatten wir bis zum nächsten Vorgang wirklich zwei Stunden Zeit. Wir stellten uns einfach mal bei Sjoa in einer Schlucht an den Rand. Da kam allerdings kaum Luft hin und wir standen in der prallen Sonne, so dass wir schon mal an die Panoramastraße vorzogen und den Bergschatten beim Vordringen zusahen. Das schockierte uns aber weniger, denn wir wussten ziemlich genau, wo nachher zum Rt noch was geht. Ja und wie genau wir das wussten. Die Sonne kam da dann auch noch gut und reichlich hin, stand aber viel zu spitz. Blöd! Wir fanden aber noch einen anderen brauchbaren Ausblick, doch hier war dann natürlich gerade der Wolkenküddel vom Dienst zur Stelle. Satz mit x! Another vergeblicher Versuch an der Panoramastraße...

Das Zugpaar zur 18 Uhr Kreuzung in Dombås war nun noch offen. Wir überlegten: Südfahrer am Bahnhofstunnel Dombås und dann schnell für den Nordfahrer zum Bf Hjerkinn? Blöde Hetzerei. Wir beschlossen, dass nun Drohnenzeit wäre und bezogen ganz gemütlich Position am Sporntunnel - ohne hochzuklettern natürlich. Plötzlich tauchte auch noch ein norwegisches Auto mit einem Ehepaar auf und stellte sich direkt dazu. Er fotografierte Rt 45 von unten, nun ja...


✈ Hatte ich ja im August schon versucht, nun aber mit richtiger Sonne: Rt 45 bei Skjelle kurz vor Dombås.

Wir warteten noch einen Moment und gingen dann für Rt 46 nochmal in die Luft. Der doppelte Bm73 ging hervorragend am Sporntunnel.


✈ In Dombås wurde gekreuzt, und Rt 46 wird sogleich durch den 15m langen Skjelletunnel rollen.

Das war es dann schon wieder. Erst hatten wir noch gedacht, dass wir jetzt Hamburger essen gehen könnten, doch irgendwie lockte die Hütte. Dort gab es Kjøttboller mit Kartoffelbrei (liebevoll gestampft von Yannick) und Blumenkohl-/Brokkoligemüse. Natürlich mit passender Kjøttkakersås. Zum Vollenden des Tagebuchs setzte ich mich nochmal auf die schöne Veranda. Immer wieder glitt der Blick über das Hochmoor in die Bergwildnis. Über den Bergen zog nun hohe Bewölkung auf. Ab morgen soll erstmal Schluss sein mit dem schönen Wetter...

Montag, 06.09.2021

Diesmal sind wir bei weitestgehend bedecktem Himmel aufgewacht. Da verursachten auch irgendwelche durchs Moor fahrende Arbeitstriebwagen keine nennenswerten Aktivitätsaufwallungen. Wir frühstückten in Ruhe, packten unsere Siebensachen zusammen, reinigten die Hütte und bezahlten die Rechnung. Dabei ließ ich mir nun nochmal ganz genau beschreiben, wo der Müllplatz ist. Ok, wir hatten bislang auch immer in der völlig falschen Richtung gesucht. Um 9:30 ging es los.

Der Wetterbericht für die nächsten Tage gab das Ziel vor: Wir sollten in Richtung Telemark fahren. Weiter nördlich sollte es erstmal "ziemlich dicke" drin hängen. Aber man musste ja nicht den schnellsten Weg über die Europastraßen und Oslo fahren. In Sel bogen wir von der E6 ab und fuhren den wunderschönen Weg durch das Jotunheimen Gebirge. Hinter Vågåmo ging es erst noch durch bewaldete Gebirgstäler, in denen schon viele Wintersportsiedlungen lagen. Dann ging es auf der Straße 51 richtig hoch über die Baumgrenze. Eine ganze Weile fuhr man nun durch das kahle Fjell und hatte atemberaubende Ausblicke auf die Bergwelt, auf Seen und auf Rentierherden.


Im Jotunheimen, dem höchsten Gebirge Norwegens. Entlang des Sees Nedre Leirungen blicken wir auf die Besshøe (2258m, der Gipfel hinten).

Es folgte der imposante Wintersportort Beitostølen, von dem aus sich sicher tolle Wanderungen durchs Gebirge machen lassen. Dann tauchten wir wieder in endlose Waldlandschaften ein. In Fagernes gab es in einem Grillrestaurant ein leckeres Mittagessen, dann ging es auf Hauptstraßen weiter über Hønefoss, Hokksund nach Notodden. Auch an diesen Straßen immer wieder neu gebaute Abschnitte mit mächtigen Tunnelbauwerken. Gewaltig auch, wie rund um Kongsberg die Berge durchlöchert worden sind. Ich erkannte nichts wieder, obwohl ich zu Bahnfahrzeiten häufig in Kongsberg Quartier hatte.

Es war am Ende zunehmend durch Sonnenschein gegangen. Hinter Kongsberg wurde es für einen größeren Abschnitt richtig blau am Himmel. Doch voraus und damit im Zielgebiet begannen die Wolken wieder. Obwohl wir beim Mittagessen nicht auf die Uhr geschaut hatten und auch sonst keineswegs gehetzt sind, legten wir eine Punktlandung zum Zug mit Ankunft Notodden 17:10 hin - vier Minuten Verfrühung eingerechnet. Aber dieses zielgerichtete "Arbeiten" nutzte alles nichts, wir waren hier gerade eben wieder in den Wolken drin, der Zug ging bei Schatten.

Er fuhr übrigens nicht in den Bahnhof ein, sondern bog vorher auf das ehemalige Industriegleis zum Hafen ab, das zu Zeiten der hier eingesetzten Y1 Dieseltriebwagen schon einmal genutzt wurde, um an einem stadtnäheren Haltepunkt enden zu können und das nun elektrifiziert worden war. Am Ende gibt es sogar ein richtig schnuckeliges Empfangsgebäude, denn bis 1917 war dies der Bahnhof Notodden; die heutige Lage des (nun nicht mehr genutzten) Bahnhofs wurde erst mit der Verlängerung nach Tinnoset nötig.

Der "Rastplatzblick" in Notodden ist auch so eine Dauerbaustelle von mir, wo nie so hundertprozentig was geklappt hat, weil immer wieder trotz klarer Abende Wolken zur Stelle waren oder die Züge einfach nicht fuhren (war in den nuller Jahren ein ganz großes Problem auf dieser Strecke). Heute wandelten sich die klaren Wolken allmählich in eine Schlonzepampe, die im allerletzten Moment für den ausfahrenden Rt 2587 nochmal ganz brauchbares Licht durchließ.


Rt 2587 verlässt Notodden entlang des Heddalsvatn.

Nun ja, besser als nichts. Vielleicht würde man das die nächsten Tage nochmal besser hinbekommen. Wenn nicht, dann eben nicht. Wir machten nun unsere Besorgungen beim guten Nachbarn Spar und nahmen die letzten Kilometer zum Campingplatz "Norsjø Ferieland" in Akkerhaugen unter die Räder. Wir hatten mal gleich drei Nächte gebucht und waren voller Vorfreude auf eine schöne Hütte. Aber das sollte alles mal wieder nicht zu einfach werden.

Die Rezeption war nicht mehr besetzt. Ein Umschlag mit Yannicks Namen drauf hing an der Tür. Hütte 15 sollte es sein, etwas weiter oben am Hang. Voller Vorfreude schlossen wir die Hütte auf. Drinnen mussten wir allerdings feststellen, dass die Hütte zwar sauber und gemütlich war, dass aber die Dusche fehlte. WC und Waschbecken waren vorhanden. Aber wir fanden, wenn ein "Badezimmer" versprochen ist, sollte zumindest eine Dusche drin sein. Yannick rief die Campingplatznummer an. Offenbar ein Übersetzungsfehler auf booking.com. Wir konnten uns aus dem Briefkasten den Schlüssel für Hütte 3 nehmen, die allerdings nur für zwei Nächte verfügbar sei. Dritte Nacht dann mal sehen...

Hütte 3 war sehr schön. Wir machten uns erstmal ein indisches Curry Gericht, dann gab es noch etwas Draußensitzen vor der Hütte. Das wäre dann auch mit Blick auf den See richtig herrlich und stille gewesen, wenn nicht in der Nachbarhütte und vor allem davor ne laute Party gewesen wäre. Nervig sowas!

Dienstag, 07.09.2021

Heute sind wir bei ziemlich wechselhaft aussehendem Himmel aufgewacht. Es gab viel Blau, aber auch jegliche Art von Wolken. Tendenziell sah es Richtung Küste am besten aus. Unser Hauptziel hier in der Ecke war definitiv die Bratsbergbahn. Die wird von Vy betrieben. Da es sich aber um eine Nebenbahn durch die dichten Wälder der Telemark handelt, die nur ein äußerst dürftiges Fahrgastpotential besitzt, setzt man zwischen Porsgrunn und Notodden das Älteste ein, was das Bw hergibt: Die Baureihe Bm69. Diese Triebzüge sind bislang noch nicht in das unrote Grün-Anthrazit von Vy umlackiert bzw umgeklebt worden. Sie kommen ansonsten auch nur noch auf einigen Verstärker-S-Bahn Linien in Oslo zum Einsatz. Ein Bm69 von GoAhead pendelt zudem Nelaug - Arendal. Aber der ist schon unrot. Der Fahrplan auf der Bratsbergbahn ist dürftig. Nur an Mo-Fr gibt es morgens paar Zugpaare und dann erst wieder ab Mittag; insgesamt sind es acht Paare. Die Bratsbergbahn hat in Skien und Porsgrunn Anschluss an die mindestens stündlich fahrenden RE-ähnlichen Züge der Vestfoldbane, deren Ausbau aber noch nicht ganz vollendet ist und auf der zur Zeit zwischen Skien und Tønsberg SEV herrschte. In Nordagutu kreuzt die Bratsbergbahn die Sørlandsbane, auf der GoAhead fährt. Anschlüsse sind hier eher Zufallsprodukte. - Irgendwie fehlte uns angesichts der Wolkenlage die Motivation, zu den letzten Morgenzügen auf der Bratsbergbane noch etwas zu suchen. Aber es war das richtige Wetter, um etwas in Richtung Küste zu kundschaften.

Uns interessierte der Güterzugpendel Myrane - Ørvik. Ehemals führte die Strecke von Eidanger nach Brevik. Aber der Abschnitt Porsgrunn - Larvik der Vestfoldbane ist vollkommen neu gebaut worden. Der Abzweigbahnhof Eidanger lag an der alten Piste, Myrane jetzt an der neuen. Und bis Brevik wird nicht mehr gefahren, sondern vorher in einem Tunnel entladen. Die kurze Strecke dieses quasi Werksverkehrs auf Bane NOR Infrastruktur machte aufgrund ihrer Lage neben diversen Hauptstraßen und durch Wohnorte keine großen Hoffnungen auf DAS Motiv, weckte aber unser Interesse. Vielleicht würde man ja eine Doku-Möglichkeit finden. Die Zielgegend erwies sich tatsächlich als äußerst zersiedelt. Nach ewigem Gekurbel durch Gewerbegebiete, sozialen Wohnungsbau und hübscheren Wohnvierteln erreichten wir die Piste. Eine Stelle kurz vorm Ende, wo sich die Strecke schon in die Zweige ins Kalkwerk und zum Grenlandsterminal Tangenkaia aufgespalten hat, hatte auf dem Luftbild etwas Hoffnung gemacht.

Und tatsächlich - der Punkt war sogar richtig nett. Auf einem Feldweg liefen wir ins Motiv. Am Himmel waren viele große Wolkenfelder am Start, allerdings auch einige größere blaue Abschnitte. Als wir unseren Standpunkt bezogen hatten, konnten wir netterweise beobachten, wie es heller und heller wurde. Und die Planzeit eines Pendelzuges näherte sich. Es war nun minutenlang richtig hell. Die Planzeit war da. Kleinere Störungen zogen durch, aber grundsätzlich blieb es hell. Ist ein Zug zu hören? Nein, wieder Straßenlärm. So war die Freude dann doch sehr groß, als plötzlich hinter den Bäumen etwas Blaues mit Scheinwerfern auftauchte.


Der Kalkpendel Gt 6424 nähert sich seinem Ziel. Als Zug- und Schubloks kommen zwei kleine Henschelloks, ehemalige V4 für die SJ, zum Einsatz. Die Loks fahren jetzt für Grenland Rail, in deren Heimat wir uns hier befinden. Und die Betriebsstelle Ørvik hat sogar ein ferngesteuertes Ausfahrsignal!

Ok, wir hatten hier nach gesehenen Bildern eine Cargonet El14 am Süd- und eine Rangierlok am Nordende erwartet, aber diese zwei ex schwedischen Rangierhobel von Grenland Rail waren ja auch nett und etwas farbiger als eine El14. Die Entladung dauerte keine zehn Minuten, doch die Bewölkung war schneller. Dennoch - wir waren erfreut, dass wir das entdeckte Motiv direkt hatten umsetzen können. Nun ging es mit dem Auto nordwärts durch das ganze Städtekonglomerat Grenland, also durch Porsgrunn und Skien. Der Plan war etwas Kundschaft an der Bratsbergbahn.

Da waren einige Abschnitte offenbar frisch gerodet. Vielleicht nicht die großen Musthaves, aber doch ganz nette Stellen. So mit Felsen und Wald. Was auch sonst hier in der Gegend? Dies ist eine Gegend, die ich bisher viel mit der Bahn als Verkehrsmittel beackert hab. Eine brauchbare Gegend dafür war immer nördlich des Hp Nisterud bei der Svartufsbru. Das sieht heute auf dem Luftbild alles heftig bewaldet aus. An der Straße kam ein Wegweiser zu einem Kriegsdenkmal, der auf einen Pfad geradewegs in Richtung Svartufsbru zeigte. Da mir bekannt war, dass die Brücke im Krieg eine Rolle gespielt hatte, war zu hoffen, dass der Pfad zur Brücke führt und man somit die Vegetation mal direkt in Augenschein nehmen kann. So war es dann auch. Über einen kleinen Felskamm hinüber wandt sich der Weg auf einen Felsen oberhalb der Brücke, wo eine Gedenktafel aufgestellt war.


Bislang hatte ich gedacht, dass die Brücke von norwegischen Saboteuren gesprengt worden war, um einen Abtransport von "Schwerem Wasser", das in Rjukan produziert wurde und das die Deutschen für den Bau der Atombombe brauchten, durch die Deutschen zu verhindern. Laut Tafel ging es aber nur um die Verhinderung deutscher Truppentransporte nach Deutschland, was ich etwas verwunderlich finde, denn die Norweger sollten doch froh über deren Abzug gewesen sein. Ok - jetzt habe ich es mal recherchiert: Man wollte verhindern, dass die deutschen Truppen in der Endphase des zweiten Weltkrieges noch groß der Verteidigung Deutschlands gegen die Alliierten dienen konnten.

Die ganze Geschichte um das Schwere Wasser, bei dessen Abtransport auch die Bahn und die Eisenbahnfähre über den Tinnsjøn eine Rolle spielte, und um die "Helden der Telemark" mit ihren Sabotageakten ist höchst spannend und im Internet nachzulesen. Passend zum Thema ist noch bis zum 26.10.2021 in der ARD Mediathek der Sechsteiler "Saboteure im Eis - Operation Schweres Wasser" verfügbar, der die Ereignisse als Spielfilm aufbereitet. Unser Reisebericht wird das Thema an anderer Stelle auch nochmal berühren.


Die Svartufsbru ist eigentlich nur ein Brückchen. Hier eine Aufnahme vom 18.08.1998. Die Gedenktafel steht auf einem Felsen im Wald hinter dem Fahrleitungsmast am linken Bildrand. Heute würde ich hier in dichtem Wald stehen.

Der Blick vom Felsen auf die Brücke taugte aber nur bedingt als Motiv; der Durchblick durch die Bäume war arg knapp. Und der Wald ringsherum ließ definitiv die Frage offen, wo um alles in der Welt ich da vor zwanzig Jahren fotografiert hatte. Ok, dann wussten wir das jetzt auch. Weiter ging es die Straße durch die felsigen Waldhänge, oft auch durch waldige Felshänge, gen Norden an die Sørlandsbane. Da der Himmel entlang der Bratsbergbahn eher zu war, es weiter westwärts aber nach Chancen aussah, probierten wir unser Glück in der Richtung.

Wir fuhren nach Gvarv (was für hässlicher Ortsname!), wo uns ein schönes Motiv mit Bauernhöfen und Stoppelfeldern anlachte. Wir parkten am Anfang einer Freifläche, die offenbar zu einem großen Hof gehörte, der aber ziemlich verwaist da lag. Irgendwann kam allerdings doch ein Bauer vom Wohnhaus angelaufen, schaute unser Auto an, lief dann aber in die Scheune. Als wir kurz darauf auf dem Stoppelfeld standen, ging er zu unserem Auto und fotografierte es. Ich ging auf ihn zu, erklärte unser Tun und fragte, ob es ok wäre, wenn wir da stehen. Seine nuschelige Antwort und Geste wirkten eher zustimmend als ablehnend und ich stellte mich wieder auf den Acker. Irgendwann stand der Mann wieder am Auto und schaute und fotografierte irgendwie durch die Windschutzscheibe. Wir haben uns nicht weiter drum gekümmert. Um den Zug auch nicht, denn der ging bei Vollwolke.

Für den nächsten Westfahrer wollten wir mal zu einer Brücke zwischen Bø und Lunde. Suuuper, paar Kilometer vorm Ziel mussten wir auch noch eine Umleitung über Gruspisten fahren, weil eine Brücke gesperrt war. Den Standpunkt kannte Yannick von seiner Tour im letzten Jahr, eine Feldwegbrücke, die zu einem Bauernhof gehörte. Ein wunderschöner Ausblick. Erst war auf dem Hof keiner zu sehen, doch dann fuhr ein Auto vor und wir durften erneut unser Tun erklären. War aber alles ok. Unerwarteterweise ging nun erstmal das Signal für Nordfahrer auf grün und es tauchte von hinten der Grenland Rail Holzzug 8302 auf - rund vier Stunden zu früh, kann ja mal passieren. Unser anvisierter Personenzug ging aber wieder im Vollmumpf ab...


Der Grenland Rail Holzzug 8302 nimmt Wagen von Lunde und Bø auf. Sowohl Loks als auch Wagen werden vom schwedischen EVU Green Cargo gestellt.

Also mussten wir die Umleitung wieder zurück fahren, wobei ein besonders schmaler Teil Gruspiste wohl gar nicht als Umleitung für diese Richtung bestimmt war. Aber dort kam zum Glück nichts entgegen... Das Hüngerchen drückte, der Himmel verhieß Chancen, mehr aber auch nicht. So landeten wir in Bø, wo der Holzzug weitere Holzwagen aufnehmen musste. Dabei war es ganz gut, dass er schon Wagen dran hatte, denn die Ladegleise waren nicht überspannt, was das Rangieren mit den Elloks sonst ein wenig erschwert hätte. Wir genossen das Rangieren eher akustisch von der Veranda des örtlichen Chinesen aus, wo es sehr leckeres Essen gab.

Auf der Weiterfahrt an die Bratsbergbahn, die ja eigentlich mal unser Ziel gewesen war, machten wir erneut einen Zwischenhalt beim Nummernschilder fotografierenden Bauern (wir parkten natürlich woanders), doch das Geschmodder am Himmel zog einfach nicht zur Seite, so dass der dritte Bm73, der diesmal aus einem Werbezug bestand, bei Fastnichtlicht abging. Wir folgten unserem Plan weiter zur Hjuksa bru bei Hjuksebø an der Nebenbahn nach Notodden.

Die Hjuksa bru ist die höchste Eisenbahnbrücke Norwegens. Sie gilt aktuell aufgrund der Bewaldung der Schluchtränder quasi als unfotografierbar - selbst von der bisher an den längsten Tagen möglichen Morgenseite soll wohl nichts mehr gehen. Aber nun hatten wir ja unsere Hilfsmittel dabei. Da sollte ein Bild von der Brücke möglich sein. Zeitgleich mit dem Rt 2585 auf der Nebenbahn bzw auf der Hjuksa bru erwarteten wir auch den Green Cargo Zug 4862 auf der Hauptstrecke, den man von unserem Drohnenstartort mit der normalen Kamera und viel Tele ebenfalls aufnehmen konnte. Es wurde - nicht zuletzt auch aufgrund der Wolkenlage - äußerst spannend, aber tatsächlich klappten beide Züge noch minimal nacheinander mit Sonne.


Oben auf der Sørlandsbane macht sich Green Cargo Gt 4862 an den Anstieg aus dem Tal des Heddalsvatn hinaus und über die Berge nach Kongsberg.


✈ Kurze Zeit später rumpelt es unterhalb von uns und die bereits in Position gebrachte Drohne kann Rt 2585 auf der Hjuksa bru fotografieren.

Yippiieh, gerade über den Bm69 auf der Brücke und den getroffenen richtigen Auslösepunkt habe ich mich riesig gefreut. It made my day! Ich tu mich immer mega schwer, die Länge des Zuges einzuschätzen. Der Zug war kleiner als erwartet, so dass ich dann doch etwas später auslösen musste als geplant... Eine Probefahrt mit einem Dual Flirt von SJ Norge kam als Zug 13200 auch noch oben durch, ging aber nicht so ganz vollständig bei Sonne.

Da uns jetzt nicht so die Alternativen einfielen, fuhren wir nochmal nach Notodden zum Rastplatzblick. Wir standen dort in einem ständigen Wechselspiel aus heller und dunkler. Es war ein Krimi. Als Yannick, der seine Drohne einen Kilometer vorgeschickt hatte, verkündete, dass der Zug käme, wurde es gerade wieder dunkler. Doch zum Zug herrschte schon wieder voller Sonnenschein. Wieder mal ist hier also der Hintergrund dunkler, aber das Hauptmotiv, Blüherbsen, Herbstbirken und der Rt 2584 wurden voll von der Sonne erfasst.


Rt 2584 erreicht erreicht entlang des Heddalsvatn...


...in Kürze den Endbahnhof Notodden.


✈ Laut Fahrplan kommt der Zug aber auf Gleis 3 an. Und das ist nicht im eigentlichen Bahnhof, sondern hinter den historischen Fabrikgebäuden in größerer Nähe zur Innenstadt, wo bis 1917 schon mal der Bahnhof lag und das alte Empfangsgebäude sogar noch steht.

Auch hier: Haken dran! Dass die zwei Motive noch geklappt hatten, war schon toll. Für den Rest des Abends fiel uns nun nicht mehr ganz so viel ein. Wir bauten uns unweit des Hp Trykkerud für Drohnenbilder an Haupt- und Nebenbahn auf. Oben an der Hauptstrecke stand noch der stark verspätete lokbespannte Rt 712 an. Der kam auch ganz nett, doch leider habe ich viel zu früh ausgelöst.

Danach schattete die Geschichte aber vollends zu, so dass wir wieder landeten. Wir waren schon von einem Haus, um das wir quasi hatten herum fliegen müssen, "argwöhnisch" beobachtet worden. Nachdem wir gelandet waren, stieg der Mann in sein Auto und kam zu uns gefahren. Die Begrüßung mit deutschem Gruß ließ schon mal keine Feindseligkeit erkennen. Ob wir denn die Natur fotografieren? Also gab es die dritte Erklärung unseres Tuns am heutigen Tage. Er wollte dann auch wissen, ob wir die Geschichte zu der Bahn kennen. Es klang aber nicht so, als ob er nur Deutsche (die bei dieser Geschichte wie gesagt die unrühmliche Rolle gespielt hatten) nach diesem Wissen ausfragen würde. Er war sehr nett und fand unser Hobby interessant.

Nun ging es noch nach Notodden zum Supermarkt. Davor wurden wir von einer etwas verwirrten Oma angesprochen, die uns offenbar warnen wollte, dass da ein Schwarzer an der Kasse steht. Es gibt Momente, in denen ich nur englisch mit "Sorry?" antworte... Als wir wieder raus kamen, stand sie immer noch da, hatte offenbar ihr Englischvokabular zusammengekramt und rief uns zu "Don't worry, be happy!" Das war doch eine Basis, mit der man arbeiten konnte...


Abendstimmung am Norsjø.

Da wir spät zu Mittag gegessen hatten, gab es auf der Hütte nur noch einen Salat und Rømmegrøt (J) bzw Milchreis (Y). Morgen sollte der schönste Tag der Woche sein. Wir legten uns einen konkreten Plan zurecht. Mal sehen, was man davon würde in die Tat umsetzen können.

Mittwoch, 08.09.2021

Die erste Neuigkeit des Tages, mit der jeder von uns den anderen überraschen wollte, was so gegenseitig halt nicht gelang, weil wir beide sofort nach dem Aufwachen nachgeschaut hatten, war die Feststellung, dass auf der Nordlandsbahn die Wendung in Grong vom 471 auf den 478 gemäß tagesaktueller Online-Wagenreihung eine lokbespannte Garnitur sein würde! Dann wussten wir das jetzt auch. Allein nutzen würde uns das wohl nichts mehr, denn schönes Wetter war dort erst wieder einen Tag vor Schiffsabfahrt in Oslo orakelt, und nochmal da ganz hoch zu fahren, darauf hatten wir auch nicht wirklich Lust.

Tatsächlich fiel jetzt und heute der Blick nach dem Aufstehen auf nahezu wolkenlosen Himmel über dem See. Dumm nur, dass wir heute die Hütte wechseln mussten. Aber zum Glück sah unser Konzept zwischen 9:40 und 12:00 eine Pause vor und wir kämen von einer Stelle zur anderen eh durch Akkerhaugen. Da würden wir uns um die Hütte kümmern können.

So ging es also wohlgemuts um 7:25 um den Berg rum nach Valebø. Dort ließen wir unser Auto stehen und liefen einen Forstweg zum Tjerndalen Viadukt, der da mitten im Wald steht. Dabei war uns schon klar, dass das alles wegen Bergschatten problematisch werden könnte. So waren wir darauf eingerichtet, direkt wieder zum Auto zurück zu laufen. Aber als wir die kleine Talkrümmung mit dem Viadukt erreichten, sah das alles recht vielversprechend aus. Der Viadukt hatte zwar noch kein Licht, aber der Hang dahinter war schon gut im Licht. Auch rechts der Brücke wurden schon diesseitige Bäume angestrahlt. Wir hatten noch etwas Zeit, und so waren wir guter Dinge.

40 Minuten später. Der Hang hinter der Brücke und die Bäume rechts vom Viadukt haben immer noch Licht. Der Viadukt hingegen immer noch nicht. Selbst die Spitze des Fahrleitungsmastes auf der Brücke ist ohne Sonne. Der Nordfahrer ist durch. Und der Südfahrer droht schon ganz gewaltig. Unglaublich... Ich nahm Rt 2575 als Scherenschnitt.


Nachdem sich für fast eine Dreiviertelstunde nichts nennenswert an der Beleuchtungssituation in diesem Tal geändert hat, gibt es Rt 2575 als Scherenschnitt auf dem Tjerndalen Viadukt.

Wir entschieden uns, entgegen unserer Planung den nächsten Zug hier auch noch abzuwarten, auch wenn bei dem das Licht schon etwas spitz käme.

Nun stehen wir hier 70 Minuten. Hinterm Viadukt ist eigentlich alles im Licht. Nur der Viadukt nicht. Selbst die Spitze des Fahrleitungsmastes nicht. 8:57. Yannick fragt gerade, wo, wenn denn das Licht doch mal käme, die Bäume an der Südostecke der Brücke wohl ihre Schatten hinwerfen werden. Das Ergebnis unserer Berechnungen war ziemlich ernüchternd. Wir entschieden uns für einen gepflegten Rückzug. Eine halbe Stunde vor Zugfahrt hatte die Spitze des OL Mastes auf der Brücke noch immer keine Sonne.

Wir fuhren voraus bis südlich Nisterud. Die gestern hier entdeckten freien Stellen hatten natürlich arg spitzes Licht. Viel Zeit zum weiteren Kundschaften hatten wir auch nicht mehr. So hielten wir einfach an einer kleinen Flussbadestelle an und ließen für Rt 2577 die Drohnen steigen.


✈ Das Bild gibt gut den Landschaftscharakter der Bratsbergbahn wieder...

Nun mussten wir strax zum Campingplatz zurück, um die Hütte zu wechseln. So am Vormittag hatte man auch mal Zeit, jemanden zu erwischen. Die Rezeption hatte nämlich nur sehr eingeschränkte Öffnungszeiten. Der Dame tat der Fehler bei booking.com sehr leid. Sie gab uns kostenlos noch einmal Bettwäsche für die neue Hütte und erließ uns dort dann auch die Reinigung. Und wir konnten wenigstens direkt von einer Hütte in die andere umziehen und die Lebensmittel direkt wieder in den Kühlschrank packen.

Der nächste Programmpunkt sollte die Fotokurve Akkerhaugen sein, also quasi vor der Haustür. Leider würden hier ein Güterzug und der lokbespannte Rt beinahe zeitgleich kommen. Zwischenzeitlich hatte der Personenzug den Güterzug überholt. Wir beschlossen, zwischen beiden Zügen nach Gvarv zu wechseln. An der Akkerhaugener Fotokurve bekamen wir nun sogar Besuch durch Neel und David, die auch hier an der Sørlandsbahn unterwegs waren. Wir nahmen aber nur schnell Rt 709 und fuhren nach Gvarv weiter.


Rt 709 besteht aus Lok und Wagen. Erfreulicherweise hat es GoAhead geschafft, nicht nur die Wagen umzulackieren, sondern die Loks gleich passend dazu. Das ganz schicke Ergebnis nähert sich hier Akkerhaugen. Im Hintergrund sind die Häuser von Nordagutu zu sehen.

In Gvarv kannten wir allmählich alle Parkmöglichkeiten. Beim Kennzeichen fotografierenden Bauern parkten wir lieber nicht. Dann standen wir in der Sonnenglut des Stoppelfeldes. Weil Gt 5801 abgesehen von der schönen El16 keine so gute Figur machte, warteten wir auch noch den Rt 708 hier ab (allerdings zum Teil dann doch im Schatten an der Straße).


Die El16 nahmen wir gern mal als Lok mit, auch wenn der Zug sonst doch paar Wünsche offen ließ. Gt 5801 kurz vor Gvarv.


Aus der anderen Richtung kommt Rt 708 zwischen Stoppelfeld und Appelbaumplantage durch.

Leider ließ unser Programm nicht die ganz großen Lücken für ein Mittagessen. Aber wir konnten beim Chinesen in Bø das Essen immerhin zum Mitnehmen bestellen. Einfach die gleichen Gerichte wie gestern. Yannick hatte derweil im Supermarkt Getränke besorgt. Nach Bewältigung der Gruspisten Umleitung suchten wir die Brücke von gestern um diese Zeit auf, die Wiesenwegbrücke unterhalb eines Bauernhofes. Hier konnten wir in Ruhe essen. Dank Verspätung schafften wir die Mahlzeit sogar komplett vorm Zug. Spannend wurde es durch die letzten Küddelwolkenfelder, die hier gerade noch herumwaberten. Aber der Rt 711 klappte topp!


Solche Standardperspektiven macht man in Norwegen viel zu selten. Gerade die Bm73 gefallen mir so von vorn am besten. Leider kam hier der Werbetriebzug durch.

Nun sah das Konzept eine Rückkehr an die Bratsbergbahn vor. Das war auch herrlich. Wir parkten wieder am Bahnhof Valebø und liefen die 20min auf dem Waldweg rein. Das Tal, in das man da kommt, wirkt irgendwie wie eine abgeschiedene Welt für sich. Eine herrliche Stille herrschte hier. Rechtzeitig für Rt 2582 ließ ich die Drohne steigen. Yannick war derweil einen äußerst beschwerlichen Hang hochgekraxelt, den ich mir mit 27 auch mal gegeben hab, der in meinem Alter dank Drohne aber wirklich nicht nochmal sein musste. Leider bin ich auf der Drohnenfernbedienung gegen eine Taste gekommen, die irgendwie die ganzen Einstellungen zurückgesetzt hat. Statt jetzt ein Probebild zu machen, hab ich Dussel erstmal versucht, alles einzeln wieder einzustellen. Und als Rt 2582 kam, drückte ich den Auslöser. Das bewirkte aber nur eine Zurückstellung der Einstellung auf das Gewohnte. Ausgelöst hat er aber nicht. Völlig blöd, muss ich zuhause mal nachvollziehen. Zum Glück war in Valebø direkt Kreuzung, und der Rt 2583 klappte dann auch wie gewünscht.


Endlich wieder was Rotes... Rt 2582 quert den Tjerndalen Viadukt bei Valebø.


Mein Vergleichsbild vom 19.08.1998 mit Bm68.


✈ Und Rt 2583 kommt in der Gegenrichtung angefahren.

Das war ja nochmal halbwegs gut gegangen, auch wenn man natürlich gut zwei verschiedene Perspektiven von der Drohne hätte nehmen können. Das Konzept war jetzt, das nächste Zugpaar in einer guten Stunde - wieder mit Kreuzung in Valebø - am Seeufer nördlich vom Bf Valebø zu machen. Aber wir haderten etwas, denn es war zwischen den beiden Zugpaaren noch was Blaues von Süden eingelegt - aus Myrane. Wäre das ein richtiger Zug, käme der auf dem Viadukt natürlich toll. Aber wir fanden ab Nordagutu auf der Hauptstrecke keine Weiterfahrt, so dass wir eher von einem Schienengoggo ausgingen und ohne Hast zum Auto zurück liefen.

Damit ging es nun den Kilometer nach Norden an den See. Doch oh Schreck, die Schatten der Bäume auf dem westlichen Berghang wuchsen schon am Bahndamm in die Höhe. Und bis zum Zug waren es noch 35 Minuten! Das konnte nur noch kompromissbehaftet werden. Aber wir hatten noch ein anderes Wunschmotiv - zumindest für den Südfahrer: Den simplen Blick von einer Straßenbrücke am Ortsrand von Skien. Unterwegs hatte Yannick auch noch eine Idee für den uns entgegen kommenden Rt 2584: Ganz simpel den Hpl Nisterud. Das war auch wunderschön.


Rt 2584 vermindert nichtmal seine Geschwindigkeit, als er durch den Bedarfshaltepunkt Nisterud rollt. So richtig wird hier wohl nicht mit Bedarf gerechnet. Der Sinn dieser Station für drei Häuser blieb uns etwas verborgen.

Und weiter ging es. Der Nachmittag hatte sich phantastisch entwickelt; der wolkenlose Himmel war so tiefblau wie selten. Vor Skien, im Bereich Hoppestad, erkundeten wir eine weitere Brücke und entdeckten eine schöne Panoramastraße, von der man auch nette Blicke auf die Bahn hatte. Yannick blieb dort, ich fuhr zur eigentlich anvisierten Brücke weiter. Rt 2585 hatte nicht mehr das ganz große Frontlicht, kam aber trotzdem ganz hübsch.


Hinter Hoppestad sind die Ausläufer von Skien erreicht. Rt 2585 rollt am Rande des Wohngebietes entlang.

Nun gab es zwei Optionen. Yannick wollte gern zu einem Fernzug an die große Brücke in Lunde. Neel hatte da ein wahrlich nettes Foto von der Brücke im Abendlicht gepostet. Ich fand das Motiv zwar auch klasse, fand aber, dass das noch ganz schön viel Fahrt bedeutete. Mir wäre noch bischen Rotsilbernes hier im flacheren Südabschnitt der Bratsbergbahn recht gewesen. Dumm war auch, dass der fragliche Zug als doppelter Bm73 angekündigt war. Der würde vermutlich nichtmal auf die Brücke passen. Wir waren schon 2km in Richtung Lunde gefahren, da bestätigte Neel, dass der Doppler sicher nicht passt. Das fand Yannick dann auch nicht mehr so attraktiv, so dass wir umdrehten und eine ernsthafte Suche nach Motiven hier im Speckgürtel von Skien starteten. Rt 2586 gab es mit einem hübschen Bauernhof.


Rt 2586 rollt an einem Bauernhof bei Hoppestad vorüber.

Dann ging es schon mal nach Skien zum Einkaufen. Yannick hatte die Meny Märkte für sich entdeckt, weil da die Auswahl spezieller einheimischer Biere besonders groß war. Zurück am Motiv dann wieder Lex Wildernes: Ich hatte an einer Feldwegzufahrt geparkt. Prompt kam drei Minuten vor Zugdurchfahrt ein Trecker, der dort rein wollte. Das Bild von Rt 2587 mit der Gjerpen kirke hinten auf dem Hügel klappte aber noch.


Den Bahnhof Skien gibt es mal von der Straßenseite.


Rt 2587 hat Skien erreicht und passiert auf den letzten Metern vorm Bahnhof die Gjerpen kirke.

Das war es dann auch. Zügig fuhren wir die herrliche gewundene Straße durch die felsigen Gebirgswälder via Valebø zurück nach Akkerhaugen in die Hütte. Hier konnten wir sogar draußen essen. Es gab Capeletti mit selbstgemachter Sahnesauce mit Zucchini und Kochschinken. Unsere neue Hütte lag etwas höher am Hang, so dass wir einen schönen Blick über den Norsjøen hatten. Zumindest so lange, bis sich die Dunkelheit über die Szenerie gesenkt hatte.


Auf der Veranda von Hütte 15.

Donnerstag, 09.09.2021

Heute Morgen war die tiefe Bläue am Himmel über dem Norsjøn verschwunden. Der Himmel war hellblau und durchzogen von zahlreichen Wolkenschleiern. Unserem Konzept für den heutigen Tag fehlte so bisken das Morgenprogramm. Und eigentlich auch das Abendprogramm. Ein Viadukt im zwei Stunden entfernten Gjerstad stand um die Mittagszeit auf der Liste. Und dass wir Akkerhaugen verlassen wollten, das war auch klar. Während Yannick ausschlief, rückte ich mir einen Sessel in die geöffnete Hüttentür und genoss die Ruhe des Morgens mit herrlichem Blick über den See. Und Rt 707 gab es dann fußläufig vom Campingplatz aus mit den Häuschen von Akkerhaugen.


Die Saua ist die Verbindung zwischen dem Heddalsvatn und dem Norsjøn. Die Anordnung der Häuschen von Akkerhaugen könnte auf eine einstige Fähre an dieser Stelle schließen lassen. Rt 707 passiert die Ortschaft und das verbliebene Empfangsgebäude (links) ohne Halt.

Dann starteten wir. Da die Sørlandsbahn praktisch überhaupt keine großen Orte berührt, das Hauptstraßennetz aber auf die an der Küste liegenden Städte ausgerichtet ist, war das eine herrliche Fahrt auf kleinen Sträßchen durch die Wildnis. Erst ganz am Ende war ein Stück Gruspiste dabei, das aber bis auf paar Riffelrillen gut befahrbar war.


Ein Stück ging es am Telemarkskanal entlang. An der Kjeldal sluse konnte ich gerade noch mein Bild machen, bevor ein Trupp Paddler die Spiegelung zerstörte.

Bei Gjerstad gibt es zwei Viadukte. Wegen der Lichtstände steuerten wir als erstes den westlichen an. Und hier drehten wir hinsichtlich Erklärung unseres Tuns den Spieß einfach mal um. Der Viadukt war ziemlich zugewaldet. Es war abzusehen, dass wir mit den Drohnen um ein Häuschen würden herumfliegen müssen, deren Anwohnerin im Garten arbeitete. Ich machte mich vom Gartentor bemerkbar und erklärte dann in meinem "besten" Norwegisch unser Anliegen. Ihre erste Frage war nur, in welcher Sprache ich mich normalerweise unterhalte. Auf mein "deutsch" hin lachte sie und sprach mich in flüssigem Deutsch an. Sie war Deutsche und vor 14 Jahren ausgewandert. Drohne kein Problem. Und sie könne die Nachbarn beruhigen. Unsere Anwesenheit ging wohl schon in deren WhatsApp-Gruppe rum... Rt 709 klappte wunschgemäß.


✈ Der lokbespannte Rt 709 quert den 200m langen Viadukt über die Gjerstadselva.

Nun ging es zu dem anderen Viadukt. Dort dasselbe Spiel, aber auf norwegisch. Die Anwohnerin meinte, dass da vorhin schon zwei Drohnen rumgeflogen seien, ob wir das gewesen wären. Ich erklärte, dass zur Zeit auch noch paar andere Eisenbahnfotografen mit Drohne hier unterwegs sind. War natürlich alles kein Problem. "Vaer så god" lautete ihre Antwort. Von Neel und David hatten wir gehört, dass auch noch zwei Franzosen hier in der Gegend mit Drohne unterwegs waren. Neel legte nun erstmal eine WA-Gruppe für alle Beteiligten an. Das war definitiv eine gute Idee. Als erstes kam nun der Green Cargo 5801, den wir nichtmal mit Drohne machten, denn dieser Viadukt ließ sich auch bodenständig umsetzen. Und angesichts der spärlichen Beladung hatte ich die spitze Perspektive genau richtig gewählt.


Wieder mal ist Gt 5801 eher mäßig beladen. Die El14 rollt über den 192m langen Viadukt über die Trollelva.

Man konnte dort schön im Schatten sitzen. Das Wetter hatte sich prächtig entwickelt, der Himmel nahezu komplett blau. Als nächstes stand der Rt 710 an, den wir mit Drohne machen wollten.


✈ Von der Drohne hat man noch den besseren Eindruck von dem Bauwerk. Rt 710 rollt gerade oben drüber.

So langsam meldete sich das Hüngerchen. Zwar wollten wir noch am Viadukt bleiben, da sich ein GC Containerzug mit guter Beladung von Süden näherte, aber zwischendurch war Zeit für einen Supermarktbesuch in Gjerstad. Mit Salat und Lachsbrötchen saß es sich an unserem Aussichtspunkt auf die Brücke auch gleich viel entspannter. Es gab noch den Rt 711, der dann etwas überraschend schon in Gjerstad mit dem GC Gt 4862 kreuzte.


Blühende Landschaften direkt am Supermarktparkplatz von Gjerstad.


✈ Rt 711 nochmal büschen anders auf der Brücke.


✈ Aus der Gegenrichtung kommt Gt 4862 über das Bauwerk gerollt.

Damit hatten wir es eigentlich an diesem Viadukt gesehen. Aber die noch nicht vollendete Mahlzeit, eine gewisse Demotivation wegen wieder aufkommender Schlonze und die absolute Konzeptlosigkeit a) für den weiteren Tagesverlauf und b) für den restlichen Urlaub, da die Wetterberichte sich irgendwie alles offen hielten, ließen uns weiter am Viadukt ausharren. Nebenbei machte Yannick eine Unterkunft bei Arendal klar. Zeitweise erklangen dramatisch näher kommende Fahrgeräusche auf der Bahn, obwohl eigentlich nichts mehr kommen sollte. Des Rätsels Lösung erschien erst einige Minuten später: Völlig in der entgegengesetzten Richtung war wohl ein Hubschrauber zugange, und die Geräusche wurden irgendwie merkwürdig von den Bergen zurückgeworfen. Rt 712 nahmen wir uns nochmal per Drohne.


✈ Bevor wir auf die Idee kamen, nochmal was anderes zu suchen, gab es auch Rt 712 auf der Trollelva bru.

Und für den nächsten Zug hatten wir sogar ein Konzept! Den nachfolgenden Güterzug wollten wir im Bahnhof Gjerstad aufnehmen. Dummerweise war der so weit vor Plan, dass er schon durchrollte, als wir gerade in den Parkplatz einbogen. Schade, der war sogar gut besetzt. Dafür gab es Rt 713 in einer Kurve im Ortsbereich, wo ich zusammen mit einem Eisenbahnfotografen aus NL das Bild machte, während Yannick nochmal was am westlichen Viadukt versuchte. Mein Bild war völlig unspektakulär, zeigt aber mal ganz schön die spezielle Beklebung.


Als Rt 713 kam wieder der Werbezug. Er macht übrigens nicht für den Tierpark in Kristiansand Werbung, sondern nur für den Bauernhof "Kutoppen" im Tierpark Kristiansand. Rechts schimmert ein wenig der Gjerstadsvatn über dem Bahndamm hervor.


Yannick hatte den Zug auf der Gjerstadselv bru fotografiert.


Wie gepflegt doch ein unbesetzter Bahnhof aussehen kann...

Eine Stelle hatten wir noch im Ortsbereich entdeckt. Nun war aber erstmal eine Stunde Zeit, die wir einfach auf dem Bahnhofsparkplatz verbracht haben. Rechtzeitig zum Zug ging es in die Fotokurve, nach Feststellen der 36minütigen Verspätung wieder zum Bahnhof und nach 36 Minuten nochmal in die Fotokurve. Rt 714 kam dann dort auch gar nicht so übel.


Im abendlichen Streiflicht verlässt Rt 714 den Bahnhof Gjerstad und umkurvt dabei den Gjerstadsvatn.

Nun war 18 Uhr durch, das Licht wurde schwächer und wir hatten keine Lust mehr. Yannick hatte über Airbnb ein Häuschen in Arendal für zwei Nächte gemietet. Die E18 war von Gjerstad aus überraschend nah, und in nur einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir das unweit der Abfahrt Harebakken (Hasenhügel; ein niedlicher Ortsname für ein riesiges Einkaufszentrum auf der grünen Wiese, der bei mir aber positive Erinnerungen an eine tolle Tour vor ziemlich genau 20 Jahren weckt) gelegene Grundstück, wo ein allerliebstes Gartenhäuschen auf uns wartete. Wir vermuteten, dass es sich um eine alte kleine Scheune handelte. Das war jedenfalls alles sehr rustikal. Nun noch kurz zum Hasenhügel für paar Einkäufe gefahren. Viel Hunger hatten wir nicht mehr, aber Kjøttkaker mit Gemüse gingen noch.


Unsere idyllische Gartenhäuschen-Scheune.


Aus dem Obergeschoss war eine hübsche Terrasse erreichbar.

Dann saßen wir noch bis 21:30 draußen in einer schönen Sitzecke bei dem einen oder anderen Bierchen, bis es uns dann doch zu kühl wurde. Einen Plan für die nächsten Tage hatten wir immer noch nicht. Die Meteorologen aber anscheinend auch nicht. Wir konnten uns ja auch durchaus nochmal einen Besuch an der Bergenbahn vorstellen. Aber auch hier unten gäbe es genug zu tun. Ab Samstag soll ja auch auf der Arendalbahn wieder Zugverkehr sein. Wir wussten nur nicht, wie lange wir wohl das dunkle Blau der Züge würden ertragen können. Das alles stand nun aber unter der großen Wetterfrage. Ein Wettermodell rechnete wohl mit einem stärkeren Skandinavienhoch. Andere hingegen nicht...

Freitag, 10.09.2021

Beim Aufstehen schien die Sonne zwar ein wenig, aber am Himmel waren alle Schlonzversionen versammelt, die man sich so denken kann. Und natürlich auch riesige Wolkenfelder. Ich ließ Yannick mal schlafen und setzte mich bei einem Kaffee an den Küchentisch und versuchte einen Konzeptvorschlag für die verbleibenden Tage zu entwickeln. Besonders vielversprechend war das alles nicht, was man da sah. Lediglich Montag und Dienstag sollte nochmal eine Chance auf 50% Sonne sein, und zwar sowohl an der Bergen- als auch an der Sørlandsbahn.

Heute testeten wir mal, ob man einen Tag nicht noch etwas demotivierter angehen kann als gestern. Erstmal schauten wir noch völlig motiviert zum Bahnhof Arendal, weil morgen nach den einwöchigen Bauarbeiten der Zugverkehr ab hier beginnen sollte und demzufolge ja der Triebwagen fotogen im Bahnhof abgestellt sein müsste. Der war dann aber weder fotogen noch abgestellt. Da wird dann morgen vermutlich auch noch der erste Zug um 10 ab Arendal ausfallen, weil es niemandem eingefallen ist, den Triebwagen zu überführen. Immer noch motiviert wollten wir nun mal schauen, ob man an der Bøylefossbru noch was machen kann. Ja, der 10 Uhr Zug ab Arendal musste da noch gutes Seitenlicht haben. 10 Uhr ab Arendal? Finde das Problem! Im übrigen war der Weg zum ehemaligen Haltepunkt durch die Gesellschaft, die das unmittelbar unterhalb gelegene Wasserkraftwerk betreibt, mit einem Schild versehen worden, das offenbar auch Fußgänger am Betreten hindern sollte. Der Ausblick auf die Brücke, vorn und weitwinklig, war aber freier denn je. Also, "je" bezieht sich jetzt immer auf die 2001er Tour...

Als nächstes wollten wir uns den Bahnhof Nelaug anschauen und dort evtl auch paar Züge der Sørlandsbahn mitnehmen. Bahnparallel geht hier wie schon erwähnt gar nichts. Wir mussten eine lange gelbe Straße durch einsamste felsige Wälder nach Nes Verk fahren. Diese Piste hatten wir vor 20 Jahren gefürchtet, weil es nur eine Gruspiste war, die so manches Schlagloch bereit gehalten hatte. Dieses Jahr musste die Straße erst recht gefürchtet werden. Sie war zwar asphaltiert worden, aber nur einspurig. Und sie war voll von kaum einsehbaren Biegungen und Kuppen. Und die Norweger fahren offensichtlich auch auf solchen Straßen gern die außerorts zugelassenen 80km/h... Zum Glück kam uns nur ein Auto entgegen. Acht quietschende Reifen, eine riesige Staubwolke, alles gut gegangen.

Landschaftlich war die Straße natürlich wunderschön. Paar einzelne prächtige Höfe gab es zwischen all den Felsen auch. Entspannter konnte man aber die Landschaft von der Hauptstraße ab Nes Verk betrachten. Angesichts der vielen Elch Warnschilder philosophierten wir ein wenig über die Verkehrserziehung von Elchen, die Mama Elch übernimmt, während Papa Elch arbeiten geht. Ja, die Landschaft bot Freiraum für geistige Höhenflüge.

Dummerweise hatten wir jetzt auch noch Hunger. Das animierte uns, über den Ort Nelaug zu philosophieren. Und über die zahlreichen Verpflegungsmöglichkeiten, die es an diesem wichtigen Knotenpunkt des norwegischen Eisenbahnnetzes geben würde. Ok, die Ironie versteht jetzt nur, wer Nelaug kennt oder Nelaug und seine Lage und Größe auf der Karte betrachtet. Und auf die Idee, einfach in den nächstgrößeren Ort zu fahren, sind wir auch gekommen. Dummerweise war Nelaug mit seinen 20 Häuschen das größte Nest weit und breit... Etwas Hoffnung hatte uns ein Imbiss gemacht, an dem wir oben auf der Hauptstraße bei Sørdal vorbei gekommen waren und der um 12 öffnen würde. Nachdem wir das eher übersichtliche Angebot des Dorfladens von Nelaug zur Kenntnis genommen hatten (hier wurde nur eine Sorte Kreditkarten akzeptiert, nur Visa!, das sagt in Skandinavien schon alles über den Laden aus), fuhren wir zu dem Imbiss zurück. Doch der hatte auch nach 12 noch nicht auf...


Endlich mal wieder ein roter Zug... Die Arendalsbanens Venner (=Freunde) haben ein Bm86 Doppel in Nelaug am Lokschuppen stehen.

Allmählich besannen wir uns darauf, dass wir ja eigentlich Züge fotografieren. Bald stand in Nelaug der Fünfvoreins Knoten an, zu dem sich zwei Fernzüge und das SEV Maxitaxi von/nach Arendal versammelten. Wir stellten uns einfach mal an der Nordausfahrt an den verwaisten Lokschuppen und ließen uns vom Wolken durchsetzten Himmel demotivieren. Wenige Meter weiter südlich war der Himmel durchaus überwiegend blau. Nicht aber in Nelaug. Der Zugknoten ging vorüber, ohne dass ein nennenswertes Bild entstanden wäre. Nun gab es erstmal ein Polarbrød mit Tubenkäse. Hatten wir lange nicht mehr und ich war auch nicht sicher, ob der Käse noch gut war, aber was solls. Zum Green Cargo 4862 ging ich in die Luft. Immerhin kam der Zug mit brauchbarem Licht.


✈ Na ja, sagen wir mal so: Es war eine gewisse Helligkeit da, als Gt 4862 in den Bahnhof Nelaug einrollte. Nun kann man auch sehen, wo das Schienenbusgespann steht. Hinter den Triebwagen verschwindet das Gleis der Treungenbahn, das noch bis Simonstad liegt.

Die Kurzfrist- und die Langfristkonzeptlosigkeit hielten an. Langfristig waren wir nicht schlauer als heute Morgen. Kurzfristig sollte eigentlich etwas Ortskunde an der Sørlandsbane stattfinden. Aber diese Strecke überforderte uns schlichtweg. Um an der nächsten Möglichkeit an die Bahn zu gelangen, brauchte man eine Dreiviertelstunde mit dem Auto, wo die Züge keine zehn Minuten brauchen. Das macht die Strecke definitiv spannend, aber wir standen in Nelaug so schön ungestört, dass wir einfach auch noch zum nächsten Reisezugknoten dort blieben. Leider machte der Himmel nun immer mehr zu. Als die Fünfvordrei Kreuzung unmittelbar bevor stand, erkannten wir allerdings Chancen und ließen die Vögel starten. Und diesmal hatten wir Glück. Sowohl die Einfahrten von der El18 mit Rt 712 als auch vom Bm73 als Rt 711 sowie die Ausfahrt von Rt 712 klappten dann doch noch mit Sonne. Da wollen wir uns mal nicht beschweren, dass die El18 für den fünfminütigen Kreuzungsaufenthalt ungünstig hinter einem Mast geparkt hatte.


✈ Nun doch nochmal mit richtiger Sonne: Rt 712 rollt in den Bahnhof Nelaug ein.


✈ Aus Richtung Oslo nähert sich Rt 711, bestehend aus einer Bm73 Einheit.


✈ Beide Züge verlassen den Bahnhof.

Diese gelungen dokumentierte Kreuzung gab uns motivationstechnisch einen gewaltigen Aufschwung. Manchmal braucht man sowas einfach. Allerdings war das dann für heute offenbar auch das letzte Sonnenlicht gewesen. Von Süden kamen nun richtig finstere Wolken auf uns zu. Das störte uns aber nicht weiter. Wir hatten nämlich inzwischen ein wetterunabhängiges Kurzzeitkonzept für die restlichen Tagesstunden. Nun wollten wir doch mal den großen Straßenbogen nach Herefoss fahren. Uns hatte da auf dem Luftbild eine Brücke angelacht, die wir uns mal anschauen wollten.

Bei der Abfahrt in Nelaug kam gerade Gt 5804 durch den Bahnhof gefahren. Es war ein wunderbares Bild, wie der Fahrdienstleiter in seiner schmucken, überaus korrekt sitzenden Uniform in stolzer Haltung auf dem Hausbahnsteig stand und die Zugbeobachtung durchführte. Eine Szene, wie man sie sonst eher von süd- und osteuropäischen Bahnen kennt und von der man in Deutschland nur träumen kann. Auch in Skandinavien dürfte das die Ausnahme sein, wird doch sonst eigentlich fast alles ferngesteuert. Wir hatten vorhin mal vom Warteraum ins Stellwerk reingelinst. Auf dem Monitor waren auch zahlreiche kleine Ausweichbahnhöfe dargestellt. Uns war nur nicht ganz klar, ob das der Txp von Nelaug aus steuert oder ob der das Streckenband nur zur Info hatte. Der Fdl sitzt ja eigentlich in NO in irgendeiner Fernsteuerzentrale. - In Simonstad legten wir einen kurzen Zwischenhalt ein. Bis hier führt von Nelaug noch das Gleis der Treungenbahn, und es war nichtmal völlig verrostet.

Weiter ging es durch die Wälder auf tollen, gewundenen Straßen durch die Felsenlandschaft. In Hynnekleiv stießen wir wieder auf die Bahn, zu der es nun bis Herefoss parallel ging. Allein auf diesem Stück konnten wir durch viele Rodungen tolle Motive mit der Bahn an den diversen Seen notieren. Und bei Herefoss fanden wir tatsächlich zwei Brücken über Wasserfälle, wobei das breitere Wasserfall Bett eher ein Trockenbett war. Feucht war es nur von oben, denn es hatte nun ordentlich angefangen zu regnen.

Über eine Gruspiste ging es nun hoch in die Berge. Die ganze Szenerie erinnerte uns ein wenig an unsere diversen Versuche, in Rumänien die nebelverhangenen Karpaten auf solchen Pisten (allerdings in erheblich schlechterem Zustand) zu überqueren. Oben auf der Anhöhe Øynahei gab es dann einen großen Parkplatz. Offenbar ist das ein beliebtes Ski Ausflugsgebiet. Ab dort war die Straße wieder asphaltiert. Über Langemyr, Mjåvatn ging es runter nach Frolands Verk, Blakstad und Arendal.

Nach einem Einkauf gab es in der Hütte Elchgeschnetzeltes mit verschiedenem Gemüse und kleinen Rosmarinkartoffeln. Und wir hatten uns wieder ein wenig mit dem Langzeit-Konzept beschäftigt. Morgen sollte nun gar kein Wetter sein. Sonntag könnten wir eine Chance für Bilder auf der Arendalbahn haben. Ab Montag wäre eine Option, nochmal für zwei Tage an die Bergenbahn zu wechseln. Oder auch nicht, das müsste man dann schauen. Wir ergriffen jedenfalls die Chance zu verlängern, als unsere Vermieterin sich am offenen Fenster zeigte, um ihre Wäsche einzuholen. Da das Gespräch rein auf Norwegisch ablief und die Akustik vom ersten Stock herab auch nicht so toll war, konnte ich nur hoffen, dass ich alles richtig verstanden hatte. Da wir kein VIPPs haben (geht als Ausländer gar nicht) und sie kein Paypal, sollten wir das Geld für die zwei Nächte in bar besorgen. Sie sei über das Wochenende weg, aber sie würde sich Sonntag am späten Abend zum Abkassieren melden. Leider hatte sie offenbar nach dem Gespräch vergessen, die Bude bei Airbnb zu blocken. Wir konnten nur hoffen, dass da niemand Kurzentschlossenes plötzlich auf der Matte steht.

Den Abend konnten wir wieder schön auf der Terrasse verbringen. Der Regen hatte aufgehört und besonders kalt war es nicht. Vorm Zubettgehen bemerkte ich einen bisdato unbekannten Gnubbel auf dem Rücken. Yannick schaute sich das an und konnte auch ohne Lupe feststellen, dass es sich um eine Zecke handelte. Er konnte sie mühelos mit der Pinzette entfernen. Das war eindeutig eine Zecke, aber eine ganz schön große - und zwar ohne dass sie sich schon mit Blut vollgesogen hätte. Auf dem Klo ging das Insektentheater weiter. Da krabbelte eine riesige Spinne mit sehr massiven Beinen rum. Aber die hielt sich zum Glück fern. Die war schon so groß, dass der Einsatz der Badelatschen eine Riesensauerei verursacht hätte. Ich ließ sie, wo sie war. Und das Insektentheater hatte noch einen dritten Akt, der eigentlich schon zum Samstag gehörte. Um ca 4 Uhr wachte ich auf, weil mir was über den Arm lief. Ich fühlte nach: Ja da war was! Licht an. Erst dachte ich, dass mir die Spinne nachgekommen wäre, denn das Tierchen, das mich nun aus ganz großen Augen anschaute, war ebenfalls etwa 5cm lang. Den Beinen nach muss das aber ein Grashüpfer oder sowas gewesen sein. Auch hier verzichtete ich auf den Einsatz der Badelatschen. Ich konnte das Tier auf mein Tablet verfrachten und aus dem Fenster werfen.

Samstag, 11.09.2021

Nach dem Insektentheater bin ich nicht wirklich entspannt wieder eingeschlafen. Morgens krabbelten alle möglichen dunklen Stellen an der hell lackierten Dachschräge über mir hin und her. Komischerweise kamen sie nicht vom Fleck. Hmmm, bin ich jetzt ein Fall für den Augenarzt oder für den Psychater? Mir schwante schreckliches für die folgenden zwei Nächte (in denen das Häuschen auf Airbnb übrigens noch immer verfügbar war)... Die Spinne lauerte noch da unten irgendwo. Na ja, ich schlief zum Glück im Obergeschoss...

Die Wolken hingen heute Morgen erwartungsgemäß tief. Kein Morgen für ein großes Programm. Und irgendwie war ich auch schon ein wenig ins Grübeln gekommen, ob das so die richtige Entscheidung war, noch für zwei Nächte zu verlängern. Denn für die Bergenbahn war Mo bis Mi brauchbares Wetter angesagt. Da müsste man also Sonntag schon hoch fahren, zumal wir am Mittwoch Abend dann auch schon ein gutes Stück nach Oslo gefahren sein sollten. Nur für einen vollen Tag da noch hoch zu fahren, wäre eigentlich quatsch.

Als Yannick aufgestanden war, unterbreitete ich diese Gedanken, und wir kamen überein, dass wir jetzt zügig das Bargeld für die Vermieterin beschaffen, es ihr in die Hand drücken, so lange sie noch nicht zu ihrem Wochenendausflug gestartet war, und ihr zu erklären, dass wir uns die Abreise Sonntag oder Montag noch offen halten. Das wäre dann zwar für eine Nacht verschenktes Geld, aber sie war uns extrem mit dem Preis für die Verlängerungsnächte entgegen gekommen, so dass wir das ggf verschmerzen konnten. So fuhren wir nach dem Frühstück eben schnell zum Hasenhügel rüber, wo wir im Labyrinth des riesigen Einkaufszentrums auch bald einen Geldautomaten fanden.

Zurück warteten wir einfach, bis sich drüben am Wohnhaus etwas regte, und gaben ihr das Geld und die Erklärung unserer Pläne. So hatten wir die bestmögliche Flexibilität gewonnen. Um 12:30 starteten wir zu unserem ersten Burger Essen der Tour zu Burger King. Und dann wollten wir eine Runde Zug fahren. Für 9€ Vollpreis einmal Arendal - Nelaug und zurück - das konnte man mal machen.

Rt 2068: Arendal 14:10 - Nelaug 14:47

Immerhin hatten sich für die Fahrt so ca 10 Fahrgäste eingefunden. Auch an drei Bedarfshalten wurde gehalten. In Bøylestad reichte der Holzbahnsteig gerade für eine Tür. In Nelaug schauten wir uns das Stellwerk nochmal näher an. Wir hatten gestern wirklich nicht richtig hingeschaut. Etwas den Blicken verborgen gab es doch noch einen alten Stelltisch. Die ganzen Monitore dienten wohl nur der Beobachtung des Zulaufs.


Nun ist der 5-vor-3-Knoten vollständig. Zwischen den beiden Schnellzügen steht der Triebwagen von und nach Arendal. Bei der Einfahrt war durchgesagt worden: Nach Oslo links und nach Kristiansand - Stavanger rechts aussteigen. Auf dem Foto bekommt der Bm73 nach Oslo die Abfahrscheibe gezeigt, die aber kein Abfahrauftrag ist, denn die Zugbegleiterin stand noch tief inhalierend an einer geöffneten Tür auf dem Bahnsteig. Das Zeigen der Scheibe soll nur auf Bahnhöfen mit Gruppenausfahrsignalen sicherstellen, dass sich der richtige Zug von dem grünen Ausfahrsignal angesprochen fühlt.

Lustig auch die Sicherung des Reisendenüberwegs, als auf dem vordersten Gleis der Rt nach Stavanger einlief, dessen Halteplatz unmittelbar vor dem Überweg lag: Eine Sicherung fand einfach gar nicht statt. Wenn man überlegt, was wir in Deutschland da teilweise für ein Aufhebens für die Sicherung bis hin zur Stilllegung von hinteren Bahnsteigen betreiben, kann man den deutschen Regelungsgebern eigentlich nur gepflegt den Vogel zeigen. Auch das ist einer der zahlreichen kleinen Bausteine, wegen denen der Bahnbetrieb immer schwerfälliger wird. Aber ich hab ja Urlaub und soll mich nicht aufregen...

Rt 2069: Nelaug 15:00 - Arendal 15:37

In Arendal verließen mit uns nur drei Fahrgäste den Zug. Das Konzept ist für die Nebenbahn ja eigentlich optimalst: Alle zwei Stunden treffen sich die Fernzüge Stavanger - Oslo und Oslo - Stavanger in Nelaug und haben ebenfalls alle zwei Stunden den Zu- und Abbringer von/nach Arendal. Aber offenbar kann man selbst mit so einem guten Angebot in einer günstig an der Südküsten Schnellstraße E18 gelegenen 35tsd Einwohner Stadt niemanden hinterm Ofen hervor locken.

Nach Rückkunft in Arendal unternahmen wir noch eine kleine Runde durch die Stadt, die einen äußerst sympatischen Eindruck macht - ob nun die Hafenpartie mit ihren Promenaden und nett aussehender Gastronomie oder die alten Holzhausviertel hügelauf. In der Stadt fanden gerade Wahlkampfveranstaltungen für die letzten Unentschlossenen statt - morgen wird in Norwegen gewählt, wovon man sonst aber überhaupt nichts mitbekommen hat. Die Berge der Stadt sind übrigens gar keine Berge, sondern als solche getarnte Parkhäuser. Arendal ist wirklich heftig durchlöchert, auch mit Straßen. So hält man den Verkehr aber schön aus der Altstadt heraus.

Mit Einkauf auf dem Hasenhügel ging es in unser Gartenhäuschen zurück. Wir hatten jetzt sturmfreie Bude. Ich testete direkt mal das Trampolin im Garten. Es hielt mich sogar aus. Nach zwanzig Minuten war ich gut durchgeschwitzt. Zum Abendessen gab es nur einen Salat und mit etwas Abstand Rømmegrøt (J) bzw Milchreis (Y).

Bezüglich des Langfrist Konzeptes hatten sich die Wetterberichte nun auch zu einer klareren Empfehlung durchgerungen. Die Weisung war relativ eindeutig. Montag und Dienstag sollten an der Bergenbahn ganz passabel werden, während es hier mehr und mehr einbrach. Dann müssten wir also tatsächlich den Sonntag zum Fahren nutzen und eine Nacht früher als bezahlt aus unserem urigen Gartenhäuschen auschecken. Ein wenig entsprach dieses neue Konzept auch unserer Lust. Nach den Tagen in den nicht ganz einfachen Felsenwäldern konnte man gut nochmal einen kleinen Programmpunkt "mit Wumms" einschieben. Auf die Bergenbahn hatten wir beide Lust, und das Grünsilber der Züge dort hatten wir ja auch noch nicht. Wir buchten eine Hütte in Geilo von Sonntag bis Mittwoch. Wenn jetzt das Wetter dann doch ganz anders wird, müssten wir uns nichts vorwerfen, denn irgendwann muss man sich entscheiden, und zum Zeitpunkt der Entscheidung schien es (nun endlich eindeutig) der beste Weg zu sein.

Sonntag, 12.09.2021

Das Konzept für heute sah folgendes vor. Um 9:30 wollten wir die Hütte verlassen. Paar Aufhellungen waren für hier unten versprochen, und wir hofften noch auf zwei-drei schöne Aufnahmen vom Bm69 auf der Arendalbahn. Deren Betrieb beginnt sams- und sonntags halt erst um 10:10. Danach wollten wir schön gemütlich durch die Berge nach Geilo hochfahren, also relativ "quer durch" auf kleineren Straßen, wie wir es mögen.

Zunächst gab es in der Hütte aber erstmal Waffeln mit Seterrømme (eine Art saurer Sahne, aber nicht ganz so sauer) und Jordbær Syltetøy uten biter (Erdbeermarmelade ohne Stücke). Wir hatten uns mit dem Frühstück immer ziemlich zurückgehalten, aber darauf hatten wir gestern beim Einkauf beide Appetit gehabt. Um 9:30 saßen wir wie geplant im Auto. Aber den Abstecher zur Bøylefossbru strichen wir direkt von der Todo-Liste. Denn die "Chancen" am Himmel waren eher nicht vorhanden. So ging es dann auf der Autobahn direkt bis Twedestrand, dann die schöne Landstraße durch die waldige Felsenlandschaft in Richtung Nelaug. Eine Idee war noch, im Falle von hier vermehrt auftretenden Chancen bei Flaten etwas zu machen.

Hier gab es dann ziemliches Gehader. Irgendwie konnten wir uns nicht entscheiden, sind wohl zweimal in den Weg nach Flaten hinein gefahren und wieder umgedreht und bis Simonstad weiter und doch wieder umgedreht. Letzten Endes gab der bei Flaten arg spitze Lichtstand den Ausschlag, die Sache bleiben zu lassen. An der Abzweigung nach Herefoss dann nochmal Gehader, weil in der Richtung paar blaue Lücken sichtbar waren, aber da hätten wir nur einen einzigen Zug gehabt. Dabei könnte man sich da sicher mal länger beschäftigen.

Wir hatten noch eine lange Tour vor uns und kurvten rechtsrum. Das einzige Bahnrelevante, das uns jetzt noch begleitete, war der Bahndamm der alten Treungenbahn. Die Straße war schön leer und ließ sich jetzt gut in Richtung Norden befahren. Die Landschaft war teilweise geprägt von einigen wuchtigen senkrechten Felswänden aus glatt geschliffenem Gestein.


Ortsdurchfahrt Treungen. Einfach nur mal so, weil die Sonne gerade schien...

Wie von Norwegen nicht anders zu erwarten, war die Fahrt extrem abwechslungsreich. Mal ging es an Seen entlang, mal über Berge rüber, bald lag das nächste zerklüftete Tal vor einem. Über Treungen gelangten wir auf dem Rv41 nach Brunkeberg, dann auf der E134 nach Seljord, wo es im örtlichen Veikro etwas zu Mittag gab. Ich ärgerte mich etwas, dass ich Fish&Chips genommen hatte statt der hier natürlich verfügbaren norwegischen Hausmannskost. Weiter ging es auf der E134 bald durch den 9km langen Mælefjelltunnel. Mitten im Tunnel wurde es voraus plötzlich hell, als wenn da schon der Tunnelausgang käme. Es handelte sich aber nur um eine kleine unterirdische Halle, die künstlerisch illuminiert war. Schon lustig, die norwegischen Tunnelbauer...

In Ørvella verließen wir die E134 wieder nordwärts und fuhren über Tinnoset und Mæl einmal den kompletten Tinnsjøen hoch. Natürlich machten wir den beiden Fährbahnhöfen der einstigen Tinnsjø-Eisenbahnfähre unsere Aufwartung. 30 Jahre liegt alles mehr oder weniger brach, aber die Anlagen stehen unter Denkmalschutz und sind komplett vorhanden.


Fährbahnhof Tinnoset. Bis auf abgestellte Reihen von Bei- und Steuerwagen von Bm68 war nichts los.


Am 06.09.2005 war hier mehr Betrieb: Eine Di3 war nach Tinnoset gekommen, um paar abgestellte Fahrzeuge abzuholen, und am Anleger lag auch noch die Storegut,...


...die jetzt am anderen Ende der Trajektstrecke im Fährbahnhof Mæl liegt. Auch hier ist alles noch da. Der Betrieb könnte sofort wieder losgehen. Die Rjukanbanens Venner führen zwischen Mæl und Rjukan sogar gelegentliche Sonderfahrten durch - allerdings ausschließlich mit Dieseltraktion.

Den Abstecher nach Rjukan schenkten wir uns, auch wenn ich noch nie dort gewesen bin. Weiter ging es über Atrå nach Moen, wo wir auf eine kleine gelbe Straße ins Hochgebirge abzweigten. Die Landschaft da oben über der Baumgrenze war schon höchst eindrucksvoll. Das Kraut war komplett herbstlich rot verfärbt und der Wechsel aus finsteren Regenwolken und Sonne zauberte eine tolle Skandinavian Light Show in die Landschaft.


Über diese kahle Fläche musst du fahren...

Wir waren erstaunt, dass hier oben ganz schön viel Straßenverkehr herrschte. Über Stølo gelangten wir gegen 16 Uhr nach Geilo. Auch hier waren gewisse Sonnenchancen, mehr aber auch nicht. Wir checkten in unsere Hütte ein und setzten uns erstmal etwas hin. Der nächste Zug war noch weit weg.

Rechtzeitig zum Gt 5527 machten wir uns wieder auf den Weg. Über Geilo hielten sich die Wolken in Überzahl, doch weiter westlich glaubten wir ein Ende der Wolkendecke zu erkennen. In die Richtung wollten wir. Yannick hatte vom August noch eine Fotokurve vor Ustaoset im Hinterkopf, die sich auch als sehr schön erwies. Einziger Haken an der Sache: Die Wolkengrenze war hier noch nicht erreicht. Vermeintlich kurz vorm 5527 stiegen wir lieber mal ins Auto und fuhren dem Zug voraus. Irgendwo hinter Ustaoset sahen wir hinter uns eine Containerschlange durch den herbstlichen Birkenwald gleiten. Wir waren nicht kurz, sondern ganz extrem kurz vorm Zug unterwegs! Die Bilder von der Einfahrt in den Bf Haugastøl bekamen wir nur noch durch einen Spurt (Yannick wusste vom letzten Urlaub genau wohin) und durch ein leichtes Stutzen des Zuges vor der Einfahrt hin.


Nach leichtem Stutzen rollt der Cargonet Gt 5527 in den Bahnhof Haugastøl ein...


...und wartet hier auf den Gegenzug.

Der Gt 5527 hatte hier Kreuzung mit dem entgegen kommenden Rt 64 (heute 80064). Bischen Zeit auf die Durchfahrt des Personenzuges war noch, so dass wir noch ein Stück vor hasteten und glücklicherweise einen netten Ausblick von einem Weg zu verschiedenen Hütten auf die Strecke fanden.


Rund um Haugastøl hatte die Herbstfärbung ihren Beststand erreicht. Rt 80064 kommt von der Hardangervidda herabgerollt. Und damit lernen wir die dritte der neuen Farbgebungen im Personenverkehr kennen. Immerhin passen die grünen Wagen mit ihren silbernen Elementen zur silbernen Bilderbuch-Farbgebung der Loks...


✈ Yannick flog dann noch ein ganzes Stück ins Tal rein, um Gt 5527 nochmal bei der Weiterfahrt zu nehmen.

Zwar sollte bald noch ein Personenzug kommen, aber von einem schönen Aussichtsplatz oberhalb von Ustaoset konnten wir beobachten, wie die Sonne in einer Schlonzschicht über dem Horizont zu verschwinden begann.


Von einem Aussichtspunkt in Ustaoset (oder einfach "U-Kaff", wie Yannick zu sagen pflegte), blicken wir auf so eine Art Sonnenuntergang über dem Ustevatn.

Daher suchten wir nun in Geilo noch einen sonntags geöffneten Supermarkt auf und kochten in der Hütte ein indisches Curry. Dabei gab ich so sehr alles, dass sogar der Rauchmelder anfing zu fiepen. Das Essen war aber ganz lecker. Zum Nachtisch hatten wir uns mal Moltebeeren geleistet. 750g für 17€; teurer als Bier, das leistet man sich auch nicht alle Tage... So ungesüßt war ich vom Geschmack allerdings eher ernüchtert. Und die harten Kerne gingen mit meinem Problemzahn mal gar nicht.

Montag, 13.09.2021

Endlich wieder aufwachen bei klarem Himmel. Nur paar einzelne hohe Wolkenschleier standen am Himmel. Herrlich. Da das Mittagessen heute wohl tendentiell ausfallen würde, machte ich mir ein schönes Rührei mit Lachs. Yannick blieb bei seinem Müsli. Um 8:50 saßen wir im Auto. Das Ziel war natürlich der Rallarvegen. Wir mussten nur unterwegs nochmal kurz an einem Supermarkt anhalten und eine Kleinigkeit besorgen, um Kleingeld für den Bomvei (=Mautweg) zu bekommen. Yannick hatte sich gestern schon auf dem Campingplatz 200 Kr in bar besorgt - ansonsten war der Urlaub (bis auf die Bezahlung für die Verlängerungsnächte in Arendal) mal wieder absolut bargeldlos.

In Haugastøl steckten wir also passend 70Kr am Eingang des Bomveis in einen mit unserem Kennzeichen beschrifteten Umschlag und legten einen Abriss vom Umschlag in die Windschutzscheibe. Natürlich hätte man auch mit VIPPS bezahlen können, haha... Der Weg war dann deutlich besser befahrbar, als ich das von 2009 in Erinnerung hatte. In rund zwanzig Minuten gelangten wir zum Talkessel von Nyset, wo wir die zwei französischen Hobbykollegen Rémí und Frédérick trafen.

Nach einem kurzen Schnack ging es den Hang hoch auf einen Felsen oberhalb des Gleises, von wo man einen tollen Ausblick auf den herbstlich gefärbten Talkessel hatte. Und auch hier in der absoluten Pampa blieb unser Tun mal wieder nicht unbemerkt. Auf der Veranda einer Hütte stand ein Mann und beobachtete uns. Und dann fing er doch tatsächlich an, zu uns zu laufen, wobei er zwei steile Böschungen empor und das Gleis queren musste. Und welche Sorge trieb ihn nun zu uns? Ganz einfach: Hier oben auf unserem Motivfelsen gibt es einen Messpunkt. Und er hielt uns für Geometer, die Maß nehmen wollen für eine neue Hochspannungsleitung über seine Hütte rüber oder dergleichen Ungemach. Öhm, ja, ok... Da fällt mir ein: Unterhalb des Gråskallentunnels ist die Bahn ja noch auf ihrer alten Trasse. Da könnte man doch genau durch seine Hütte... Ach lassen wir das lieber ;-) Rt 62 klappte dann jedenfalls wunschgemäß.


Rt 62 umrundet den Talkessel von Nyset...


...und rollt dann direkt unterhalb von uns entlang.

Team Deutschland fuhr nun weiter aufwärts auf die andere Seite des Tungatunnels, der ja in Wirklichkeit Gråskallentunnel heißt. In ihm liegt aber der Ausweichbahnhof Tunga. Weniger schön war hinter dem Tunnel eine teils noch neuwertig glänzende Schneeschutzwand, die dort jetzt prominent ins Motiv gesetzt worden war. Aber der Cargonet Gt 5506 war gut beladen und kam an der Stelle sehr schön.


Von Bergen kommend verschwindet der Cargonet Gt 5506 sogleich im Gråskallentunnel.


Yannick war wieder für die Froschperspektive zuständig; dies ist der Blick von der alten Bahntrasse.

Nun war "Hochbetrieb". Der Cargonet sollte in Haugastøl mit einem Personenzug kreuzen und dieser wiederum in Tunga mit einem Green Cargo Zug. Die beiden anderen Züge nahmen wir lieber wieder auf der Ostseite des Tunnels, wo wir besser etwas mit Zügen beider Richtungen anfangen konnten und wo noch etwas schönere Herbstfärbung herrschte. Rt 61 und Gt 4842 kamen äußerst pünktlich und wanderten in die Aufnahmegeräte.


Nunmehr wieder auf der Ostseite des Tunnels kommt als erstes Rt 61 von unten angerollt.


Kaum war Rt 61 im Tunnel verschwunden, kam auch schon Green Cargo 4842 aus dem Schattenbahnhof angefahren.

Nun war wieder eine größere Pause. Unser Plan war, die weiteren Züge wieder weiter unten zu machen. So fuhren wir gemütlich den Rallervegen wieder runter. Am avisierten Platz für unseren Mittagssnack standen auch schon die Franzosen, die sich an ihrem Campingbus gerade das Mittagessen zubereiteten. Wir kletterten einen Felsen hoch und genossen dort das Rauschen der Wellen.


Blick von unserem Ruhefelsen.


Bunter Herbststrauch auf unserem Felsen. Wonach es hier wohl duftet?

Und wir hatten viiiiel Zeit. Irgendwie kommt mir das alles deutlich entschleunigter vor als 2009. Gefühlt war da mehr Verkehr. Oder vergisst man einfach nur die langen entspannten Wartezeiten? Für den Rt 602 verließ ich allerdings rechtzeitig den Felsen und fuhr einmal um den See rum zu dem Ausblick von gestern Abend. Jetzt stand dort das Licht definitiv günstiger.


Blick von unserem Felsen auf Rt 602.


Und nochmal die gleiche Perspektive wie gestern Abend, aber ein Zug früher: Rt 602 erreicht gleich Haugastøl.

Anschließend ging es sofort wieder zum Felsen, wo es noch nen ausgiebigen Klönschnack mit Rémí und Frédéric gab, bevor sich der Gegenzug langsam näherte. Rt 601 gab es sowohl vom Felsen als auch mit der Drohne.


Nach Kreuzung in Hol erreicht uns Rt 601.

Als nächstes standen noch zwei westwärts fahrende Güterzüge an. Angedacht hatten wir, beide in der Fotokurve unterhalb von Ustaoset zu nehmen. Leider war dort das Licht noch etwas zu spitz, als der Cargonet Gt 5507 zu erwarten war. Daher fuhren wir zu dem langen Damm oberhalb von Ustaoset zurück, wo wir ihn mit der Drohne nahmen. Als ich den Zug sah, dachte ich im ersten Moment, da käme schon der Green Cargo Zug mit einer grünen Lok. Erst beim Näherkommen wurde ich gewahr, dass das Grüne ein Container war und davor noch ein dunkles Etwas hing. Zum Glück scheinen die finsteren El14 mehr und mehr zur Rarität zu werden...


✈ Westlich von Ustaoset gibt es einen langen Seedamm, auf dem wir Gt 5507 in hübschem Herbst aufnehmen konnten.

Dann fuhren wir aber in die Fotokurve und warteten einfach mal. Leider hatte die hohe Schichtbewölkung, die schon den ganzen Tag im Westen waberte, auf unseren Bereich übergegriffen. Das Licht war nicht mehr so richtig skandinavisch klar und der Himmel nicht mehr topp blau. Aber das war (eigentlich für den ganzen Tag) angekündigt gewesen, und so konnten wir uns über den Verlauf des heutigen Tages definitiv nicht beschweren. Und siehe da, für Gt 4845 gab die Sonne nochmal relativ alles, auch wenn Yannick das jetzt nicht so sah.


Green Cargo Gt 4845 in der Fotokurve unterhalb von Ustaoset.

Mittagessen hatten wir nicht. Lust, noch auf die kurz-vor-Sonne-ist-im-Schlonz-versunken zu erwartenden Reisezüge zu warten auch nicht. So erledigten wir unsere Einkäufe und fuhren in die Hütte. Es gab Lammgeschnetzeltes mit Bohnen, Røsti und Pfeffersauce. Und es war richtig lecker! Ein Tatort aus der Mediathek rundete den Abend noch ab.

Dienstag, 14.09.2021

Der Tag begann schlichtweg unglaublich. Yannick musste mich wecken, und zwar mit einiger Mühe. Aber ganz den Tag verschlafen hatten wir offenbar nicht, puuuh! Es war sogar noch Zeit für Rührei (J) und Müsli (Y). Über Geilo hingen noch paar Wolkenschleier, aber in Richtung Gebirge sah es topp aus. Kaiserwetter! In Norwegen vielleicht eher Königswetter.

Und so war es dann auch. Nach dem Bezahlen der Maut ging es unter tiefblauem Himmel den Rallervegen hinauf. Es war absolut traumhaft, zumal die Herbstfärbung jetzt alles gab. Den Rt 62 nahmen wir nochmal im Talkessel von Nyset.


Rt 62 hat den Gråskallentunnel hinter sich gelassen.


Bei meiner Variante gibt es eher den landschaftsbetonten Blick...

Dann fuhren wir den Rallervegen bis zur Pforte an der Provinzgrenze, ab der man nicht mehr weiter darf, und liefen zunächst nur das kurze Stück bis Storurdi, wo wir die Talseite wechselten. Wir hatten direkt neben Gubis Auto geparkt, und David, der Neel zwischenzeitlich in den Flieger heimwärts gesetzt hatte, kam auch bald höchstselbst zu uns angelaufen. Den Gt 5506 nahm ich an dem Klassiker mit dem Wasserfall. Hatte ich zwar schon, aber nach 12 Jahren geht das nochmal.


Gt 5506 in Storurdi.

Für die nächsten Züge kraxelten wir ein wenig auf den Hängen südlich des Sees herum. Die Kulisse der senkrechten Felswände war einfach nur gigantisch. Immerhin kam GC Gt 4842 so rechtzeitig, dass man trotz Kreuzung in Tunga noch schnell die Stelle für den Rt 61 wechseln konnte.


Es folgt Gt 4842 - hier mit "Ortskulisse" Storurdi. Es handelt sich dabei schlichtweg um ein völlig einsam gelegenes Bahnwärterhaus. Man kann auch schreiben "Storurdi vb". Das "vb" steht für Vokterbolig, also Wärterhaus.


Und wieder werden im Gråskallentunnel die Züge gekreuzt. Aus der Gegenrichtung taucht Rt 61 am Nedre Storurdevatn auf.


✈ Ein Stück weiter rollt der Zug am Storurdi vb vorüber und hat den Øvre Storurdevatn im Vordergrund.

Als wir zurück zum Rallervegen kamen, wollte gerade ein Schäfer mit rotem Geländewagen und Tieranhänger rückwärts auf den alten Bahndamm setzen, von dem wir gerade angelaufen kamen. Nach der Klärung des Woher und Warum fragte er uns hoffnungsvoll, ob wir drüben seine Schafe gesehen hätten. Das mussten wir leider verneinen.

Wir liefen den Rallervegen ein Stück nordwärts. Gubi und Yannick blieben bei einem Wasserfall, den wir unterwegs trafen. Über einige Hängebrücken konnte man auf die andere Seite wechseln. Ich hatte hingegen noch eine offene Rechnung mit einem kleinen Betonviadukt 35 Gehminuten weiter. Unterwegs kam wieder der suchende Schäfer langsam und ausspähend vorüber gefahren. Am Ziel konnte ich mich auf einen herrlichen Felsen setzen. Zu hören war hier ausschließlich das Rauschen einiger Wasserfälle. Wunderbar! Rt 602 klappte wunschgemäß.


Rt 602 hat gerade die Kongsnut bru gequert und passiert die Kongsnut vb.


✈ Den Zug gibt es auch nochmal auf der anderen Seite des 415m langen Tunnels. Ratet mal, wie der heißt! Richtig! Kongsnut tunnel.


✈ Den Wasserfall gab es auf dem Rückflug nochmal näher.


✈ Eine andere Drohne fotografiert den Zug bei den Hängebrücken.

Mittlerweile hatte sich herausgestellt, dass der Nachmittags Güterzug 5518 weit vor Plan durch das Raundalen lief und schon eine halbe Stunde hinterm Schnellzug bei uns sein konnte. Deshalb blieb ich nochmal an der Brücke, wechselte aber einen Felsen weiter. Da ging es nochmal richtig steil hoch. Von der anderen Seite des Felsens wurde ich neugierig angeschaut. Hier waren die Schafe. Vielleicht begegne ich ja nachher nochmal dem suchenden Schäfer, dann kann ich ihm den Tipp geben. Als ich für den 5518 bereit stand, rauschte es. Allerdings tauchte statt des Güterzuges ein Schienengoggo in Form eines TVTs auf. Der 5518 stand wohl immer noch in Myrdal, schade. Aber ich wartete einfach weiter. Die Franzosen, die heute in Uppsete waren, hatten den Zug als El14 mit paar Autowagen angekündigt. Das passte ja.


Ja, da ist tatsächlich ein Zug auf der Kongsnut bru. Es gibt in Norwegen Züge, die noch unfotogener sind als Vy-Personenzüge. Andererseits ist der Autologistik-Zug 5518 etwas Besonderes, da sonst die wenigen Autotransportwagen den Containerzügen mitgegeben werden.


Kurze Zeit später konnte Yannick den Auslöser betätigen.

Na gut, nachdem ich den finsteren Zug gesehen hatte, war ich ganz froh über das TVT-Bild auf der Brücke... Nun war gar nicht mehr so viel Zeit, von dem Felsen runter zu kraxeln und zurück zu laufen. Irgendwo würde mir zwangsläufig der Rt 601 entgegen kommen. Ich gab Fersengeld, um wenigstens so weit zu kommen, dass der Zug Frontlicht hätte und dass die lästige Hochspannungsleitung hinter mir läge. Für eine Sache nahm ich mir dann aber sogar Zeit für eine Unterbrechung. Den roten Geländewagen, der mir entgegen kam, kannte ich allmählich. Der suchende Schäfer! Ich verpetzte direkt die gesehenden Schafe, wobei ich ihm natürlich auch sagen musste, dass die Sichtungsmeldung fast über eine Stunde alt ist. Er schien mir dennoch dankbar zu sein.

Die Hochspannungsleitung konnte ich bald hinter mir lassen, die Streckenausrichtung wurde besser und entgegen meiner Erwartung wurde das dann nichtmal ein "drone only" Notschuss, sondern ich konnte aufgrund einer Halbinsel sogar seitlich genug stehen, um den Rt 601 prima vor den senkrechten Wänden zu verarzten. Was konnten die grünen Wagen herrlich leuchten!


Ganz schön dicht besiedelt ist dieses Fjell. Zwischen Kongsnut vb und Storurdi vb liegt noch Oksebotn vb. Das sehen wir nun zusammen mit Rt 601.

Zügig marschierte ich weiter. Nun wurde die Zeit tatsächlich ein wenig knapp für Yannick, der gern den Green Cargo 4845 nochmal in der Fotokurve von gestern machen wollte, da ihm gestern zu viel Schlonz am Himmel war. Also hieß es zügig ausschreiten - fast zu schade an so einem wunderschönen Nachmittag im Hochgebirge. Aber ich war auch dafür, den GC Zug da unten zu machen. Bei den Hängebrücken trafen wir uns wieder und gemeinsam ging es möglicherweise noch schneller ausschreitend zu den Autos zurück. Auf der Fahrt gab es quasi "on the run" den entgegen kommenden Gt 5507 von Cargonet im Talkessel von Nyset - leider wieder mit finsterer El14.


Da hinten ist ein Güterzug am Hang! Es ist der 5507.

Zügig ging es den Rallervegen weiter runter. Allmählich kannte man die kritischen Stellen. Und ich muss sagen: Im Gegensatz zu vorherigen Besuchen, wo ich die Radfahrer immer bedauert habe, die sich dieser steinigen Piste ausgesetzt haben, war der Weg wirklich topp in Schuss - gerade auch für Radfahrer. Ab Haugastøl verfolgte Yannick genau die Togkart. Irgendwann einigten wir uns, dass wir in Tarifzone 2 wechseln müssten, was die Geschwindigkeit anging. David, der direkt hinter uns war, hielt tapfer mit. Wir waren noch deutlich vor Ustaoset, als der Zug durch Geilo fuhr. Aber wir fuhren direkt den Seitenweg ins Motiv hinein, und das war auch gut so. GC Gt 4845 tauchte hinten auf, als wir die letzten Schritte ins Motiv liefen. "Just in time" nennt man sowas wohl...


Und nochmal die Fotokurve mit Gt 4845.

Danach fuhren wir erstmal in unsere Unterkünfte, um uns etwas frisch zu machen. Dazu hatten wir eine gute halbe Stunde Zeit, bevor das weitere Programm gestartet werden konnte. Ein Zugfoto sollte es noch sein, der Abendzug nach Bergen, den wir gegen 19:30 in Ustaoset erwarteten. Um 19:00 trafen wir uns mit David und liefen gemeinsam eine Halbinsel hinein. Die Abendstimmung war der Hammer. Das Holzhausensemble der Bahnhofsbauten leuchtete in der tief stehenden Sonne rot zu uns herüber. Leider erst jetzt schauten wir, ob der Zug denn pünktlich sei. Leider hatte er +14, Tendenz steigend. Ärgerlich, gerade diesen Zug hätten wir pünktlich gebraucht. So würde er paar Minuten nach voraussichtlichem Sonnenuntergang kommen.


Ein Ferienhäuschen am herbstlichen Ufer des Ustevatn.

Wir sparten uns jegliches weitere Warten. Dazu lockte der nächste Programmpunkt dann doch all zu stark: Ein gemeinsames Abendessen zu dritt beim Chinesen. Das rundete den phänomenalen Tag dann auch wunderbar ab. Es gab viel zu erzählen, aber nach dem Essen zeigte sich auch schnell, wie müde so ein anstrengender Tag an der frischen Luft mit all der Kraxelei durch die Wildnis macht. Eine Wiederholung wird es leider so schnell nicht geben, da Yannick und ich uns morgen in Richtung Hauptstadt orientieren wollten.

Mittwoch, 15.09.2021

Ankündigungsgemäß wachten wir bei bedecktem Himmel auf. Man konnte es gaaaanz langsam angehen (J) bzw einfach weiterschlafen (Y). Das Frühstück hielt uns das nahe Ende des Urlaubs vor Augen. Die Milch war praktisch alle, die Polarbrøds verschimmelt, und ob der Schweinebraten Aufschnitt noch gut war, konnte auch niemand so recht sagen. Egal, paar Kaffees waren immerhin noch drin, und das ist das wichtigste.

Wir ließen uns viel Zeit beim Aufräumen und Reinigen der Hütte, aber irgendwann nach 10 konnten wir los. Wir fuhren einfach denselben Weg, auf dem wir hergekommen waren, wieder zurück. Es ging bergauf und bergab, immer wieder, und der Höhepunkt war wieder die Hochgebirgsfläche ab dem Sønstevann bis vor Skavlebø.


Bei Austbygde haben wir wieder den Tinnsjøn erreicht, der etwas mit dem Vansee in der Türkei, dem Titicacasee in Südamerika und sicher noch einigen anderen Gewässern gemeinsam hat(te): Eine Eisenbahnfähre über einen Binnensee.

Aber eines wollten wir heute anders machen. Wir wollten wenigstens mal "kurz" nach Rjukan schauen. So fuhren wir also ab Mæl neben dem Gleis der Rjukanbahn talaufwärts. An einigen kürzeren Stellen war die Oberleitung offensichtlich unbrauchbar oder gar nicht mehr gespannt. In Rjukan suchten wir als erstes einen Kro unweit der Kirche auf, wo Yannick einen Hamburger und ich die erste und vermutlich einzige Pizza des Urlaubs zu mir nahmen.

Dann starteten wir eine Besichtigungsrunde, die am Ende doch um einiges umfangreicher wurde als angedacht. Erstmal folgten wir dem Gleis am beeindruckenden Bau des Såheim Wasserkraftwerks vorbei, welchen das Gleis durch einen Tunnel durch den Berg umfuhr. Dann nahmen wir den Bahnhof Rjukan in Augenschein.


Abgestellte Fahrzeuge im Bahnhof Rjukan.


Hier stehen dann auch zwei Bm68 Motorwagen, der Bm68 29 und der Bm68 26.

Was mir gar nicht so bewusst war: Das große Wasserkraftwerk Vemork mit der Ammoniak Produktionsstätte, in dem sich im 2.Weltkrieg die äußerst spannenden Ereignisse um das "Schwere Wasser" abgespielt haben, befindet sich noch einige Kilometer hinter und vor allem oberhalb von Rjukan und hatte eine extrem steile Gleisverbindung, die heute aber nicht mehr existiert. Wir parkten in Vemork, kreuzten die extrem tief eingeschnittene Schlucht auf einer Hängebrücke und liefen den Fußweg steil den Hang hoch zum Kraftwerk, das zu Betriebszeiten das größte Wasserkraftwerk der Welt gewesen war.

Da wir zufällig die paar Stunden Öffnungszeit des Museums gut getroffen hatten, berappten wir sogar die 100 NOK Eintritt pro Person und schauten die alte Turbinenhalle und die Ausstellung an - jedenfalls so gut es zusammen mit einer Hundertschaft gelangweilter 13jähriger geht, die die Akustik der Halle interessanter fanden als alles andere und die Akustik auch ausgiebig testeten. Interessant fand ich vor allem paar tolle Filme aus alten Tagen, die den Alltagsbetrieb der Industrie und natürlich der Bahn beeindruckend wiedergaben. Was herrschte in dem Bahnhof, den wir eben bis auf paar abgestellte Fahrzeuge haben brach daliegen sehen, für ein Betrieb!


Blick vom Ort Vemork auf das Kraftwerk. Auf historischen Bildern und im Film ist vor der historischen Kraftwerksfassade von 1911 noch ein hässlicher siebenstöckiger Betonbau zu sehen, in dem damals Wasserstoff gewonnen und Düngemittel hergestellt wurden und in dessen Keller das besagte "Schwere Wasser" zunächst als Nebenprodukt aufgefangen wurde. Im Rahmen des Unesco Welterbes entsteht da jetzt wieder irgendwas - offenbar werden da Fundament oder Kellerräume freigelegt und in eine kleine Besucherhalle integriert.


Mit diesem Bild möchte ich nur darstellen, wie weit oberhalb von Rjuka Vemork liegt. Rjukan ist da ganz unten in der Ferne zu sehen. Rechts die Schneise am Hang ist die Trasse des alten Anschlussgleises.


Die alte Turbinenhalle. Das heutige Kraftwerk ist unterirdisch.

Eines hatte uns aber auch extrem beeindruckt: Auf alten Bildern aus der Zeit vor Inbetriebnahme des Kraftwerkes war ein Stück seitlich des Kraftwerkes und seiner Rohrleitungen ein gigantischer Wasserfall bzw dessen Gischt zu sehen: Der Rjukanfossen. Von dem ist heute gar nichts mehr übrig, weil genau sein Wasser nun durch die Rohrleitungen fließt. Das Industrie-Weltkulturerbe Rjukan hat also seinerzeit einem der beeindruckendsten Naturschauspiele Norwegens (und dieser Superlativ will in diesem Land schon etwas heißen!) den Garaus gemacht. Wir fuhren ein Stück die Straße hoch und wanderten bzw kraxelten auf den Wanderwegen oberhalb dieses Höllenlochs von Schlucht, in das das Wasser früher hinab gestürzt ist, herum. Das war auch bei dem trüben Wetter wahnsinnig eindrucksvoll!



Oben: Es muss wirklich ein tolles Schauspiel gewesen sein, wie sich hier die Wassermassen in dieses enge "Höllenloch" hinab gestürzt haben. Unten: Der umgekehrte Blick. Die Schlucht bleibt eng und irre tief eingeschnitten und führt dann zwischen Vemork-Dorf und -Kraftwerk hindurch. Das Kraftwerk lugt gerade so hervor.

Hier oben tauchte in mehreren Namen das Wort "Sabotør" auf (z.B. "Sabotørsti"), gewidmet den "Helden der Telemark", jener Gruppe norwegischer Widerstandskämpfer und deren Sabotageakten, um den Deutschen nicht das "Schwere Wasser" in die Hände zu geben. Irgendwie erinnerte mich das an Kroatien und das dort in vielen lokalen Namen auftauchende Wort "Partizani"... Irgendwann reichte uns die sportliche Betätigung aber. Der Schweiß rann nur so. Es war jetzt 16:30, und nun durfte allmählich eine Unterkunft im weiteren Dunstkreis um Oslo gefunden und aufgesucht werden.

Die zu finden war gar nicht so leicht. Offenbar waren westlich von Oslo keine Hotels mehr auf booking. Nur ein schlecht bewertetes in Notodden für zu viel Geld und das Vandrerhjem in Kongsberg. Kongsberg hatten wir eigentlich angepeilt, und so buchten wir halt das Hostel. Die Straßen waren leer, doch die Fahrt durch die felsigen Wälder der Telemark war mit der Zeit ermüdend. Um 18:20 trafen wir ein, fuhren nach dem Beziehen der Betten noch eine kleine Besorgungsrunde und liefen dann zu Fuß in die Innenstadt. Erinnerungen an meine vielen Aufenthalte hier in den neunziger Jahren wurden wach...

Nachdem wir am Gros der Restaurants vorüber waren und uns nichts so recht angelacht hatte, ergoogelte Yannick, dass im Bahnhofsgebäude ein Inder sei. Das war ja sogar doppelte Punktzahl! Wir hatten nämlich gesehen, dass gleich ein Grenlandrail Holzzug von der Numedalsbahn kommen müsste, den wir uns gern angesehen hätten. Nun konnten wir das beim Essen tun. Selbiges war dann auch ausgezeichnet, auch wenn wir die einzigen waren, die im ehemaligen Reisezentrum des Bahnhofs (der Fdl-Raum war nun die Küche...) speisten. Bevor der Zug aus Flesberg kam, gab es auch noch weitere interessante Züge zu beobachten, zB den Grenlandrail Holzzug von Lunde und Bø.


Eine S-Bahn ist angekommen und hat nun eine gute Stunde Pause, die andere fährt gleich ab. Auf Gleis 3 ist ein Grenland Rail Holzzug mit DE6400 als Sperrfahrt 66301 aus Flesberg angekommen und wird als Gt 8304 hinter der S-Bahn nach Drammen fahren.

Nach einem Feierabendbierchen auf dem Zimmer wurden wir nicht mehr all zu alt...

Donnerstag, 16.09.2021

Endlich mal wieder ein richtiges Bett. Entsprechend habe ich hervorragend geschlafen. Um 7:30 wachte ich auf, so dass wir noch gut Zeit für ein entspanntes Frühstück hatten. Das war auch wirklich gut. Die Auswahl war topp, und es gab auch ein komplettes british breakfast. Nur, dass man sich die Spiegeleier auf einer kleinen Platte selbst bruzzeln musste - das war etwas ungewöhnlich. Ich begnügte mich mal lieber mit gekochten Eiern. Mit Kaviarpaste natürlich.

Um ca 9:20 fuhren wir los. Die Straßen waren leer und wir kamen gut durch. Damit wir nicht all zu früh an der Fähre wären und um nochmal eine Stange Wasser wegzustellen, fuhren wir in Lier nochmal raus und in "DAS" norwegische Sichtungsmotiv, eine kleine Nebenstraßenbrücke westlich des Hp Lier. Hier kommt ja wirklich alles durch, was Oslo westwärts verlässt. Und das besondere an der Stelle war immer, dass man hier eine zweigleisige Strecke hatte, die mit Holzmasten elektrifiziert war. Auf Bildern vom letzten Jahr war das auch noch so. Aber alles hat ein Ende, und so strahlten uns heute nagelneue, glänzende Chrommasten in H-Träger Bauform an. Gerade waren wegen Signalstörung diverse Züge im Ausfall, aber eine S-Bahn und Gt 5801 klappten noch - natürlich bei tief hängenden Wolken und Regen...


Westlich von Lier kommt ein Bm74-Doppel angerollt, das ich keiner planmäßigen Zugfahrt zuordnen konnte. Bis vor kurzem war dies der vermutlich letzte zweigleisige Streckenabschnitt mit hölzernen Fahrleitungsmasten.

Dann konnten wir den Rest der Strecke unter die Räder nehmen und standen um 10:50 am Check in der Fähre. Nun wurde es etwas hektisch. Uns war bekannt, dass wir aus einem "Hochrisikogebiet" kommen. Ja, Oslo und die Oslo umgebende Provinz Viken sind Hochrisikogebiet! Und Viken ist dummerweise so weit ausgedehnt, dass sogar Geilo noch dazu gehört. Zwar ist das alles für Geimpfte kein Problem, aber man musste sich nun auf einer Seite vom deutschen Gesundheitsministerium anmelden und einen Impfnachweis hochladen. Ok, Yannick hatte das während der Fahrt schon mal gemacht, und ich dachte, dass ich ja gleich nach dem Check in beim Warten vor der Fähre ausreichend Zeit dazu hätte.

Hatte ich aber nicht. Man musste die Bescheinigung schon beim Check in vorzeigen. Offenbar rechnete von der Fährgesellschaft niemand damit, dass jemand den Kampf mit der deutschen Behörden-Website aufnehmen würde. So wurden bereits vor dem Check in Zettel mit der ersatzweise zulässigen "Ersatzmitteilung" verteilt. Wir hatten nur noch zwei Autos vor uns, und das Ding sah furchtbar umfangreich aus. Yannick lehnte den Zettel dann auch mal direkt dankend ab, wir hätten das digital. Ehrfurchtsvoll zog sich der Mann mit seinen Zetteln wieder zurück. Was Yannick nicht dazu gesagt hatte, war, dass ER das digital hat, ich hatte noch gar nichts.

Aber wir hatten ja immer noch zwei Autos vor uns, bei denen offenbar auch noch größerer Klärungsbedarf bestand. Und ich hatte einen Iphone affinen 27jährigen auf dem Beifahrersitz, der das nun schnell für mich ausfüllte. Zweimal musste ich nun in meine Emails gehen, was zu meinem Erstaunen sogar schnell klappte, um an irgendwelche PINs zu kommen. Und man musste ja nun den Beweis der Impfung hochladen, was etwas doof war, da die CovPass App keinen Screenshot zulässt. Yannick fotografierte sie einfach schnell ab. Als wir zur Check in Bude vorrollten, hatte er mir die Screenshots von der Bestätigung (eine sich nur im Browser öffnende Pdf, die man nicht herunterladen konnte...) per Screenshot und WhatsApp geschickt. Wir waren gerüstet! Dank an Yannick!

Entsprechend schnell ging dann auch bei uns der Check in vonstatten und wir konnten uns auf die Wartespur begeben. Dort stellte Yannick fest, dass die Bestätigung für seine Anmeldung inzwischen vom Browserfenster verschwunden war. Er hatte sich von seiner Bestätigung keinen Screenshot gemacht, eine Bestätigungsemail wäre von einer deutschen Behördenwebsite wohl auch zu viel verlangt gewesen, also hatte er lediglich die Emails mit den PINs aus dem Anmeldeprozess. Nun ja, ich bin ja Zeuge. Und er müsste ja im System sein. Ist das alles dämlich! Gerade paar Tage zuvor hat sich noch Herr Laschet hingestellt und allen verkündet, dass Deutschland in der Digitalisierung die Führung übernehmen solle. Na, mal sehen. Solange Rumänien da noch weit vor uns ist und Behörden solchen Müll als offizielle Website für amtliche Angelegenheiten anbieten, haben wir noch einen weiten, steinigen Weg vor uns...

Aber wir waren "drin", und das war die Hauptsache. Jetzt in der Wartespur, als Yannicks Ärger allmählich abkühlte, hat er den ganzen Ramsch eben nochmal eingegeben. Und wir freuten uns auf die Schifffahrt. Darauf kam es schließlich an!

Color Fantasy: Oslo 14:00 - Kiel 10:00 (Freitag)

Das Einfahren mit dem Auto war diesmal ganz eigenartig. Mittschiffs ging es über eine Rampe aufwärts, hinter der man eine 180° Kehre machen musste und dann quasi über dem Bug (über den in Oslo beladen wird) zu stehen kam. Wir waren gespannt, wie die uns da morgen wieder rauspulen.

Wir hatten zwar die Pförtnerkabine ganz am Anfang des Ganges, aber die Umgebungsgeräusche sind so derartig gedämpft, dass das weiter kein Problem war. Wir fühlten uns gleich wieder wohl. Die Ausfahrt schaute ich mir vom Deck an. Interessant fand ich, dass der vom Schiff einsehbare Abstellbahnhof Filipstad komplett leer war. Bei meiner letzten Heimfahrt, die auf einem Samstag stattgefunden hatte, war der Bahnhof komplett vollgestellt.

Die weitere Fjordpartie wurde mit einer kleinen Siesta in der Kabine zugebracht. Dafür schaute ich mir später das Ende des Oslofjordes vom Deck aus an, auch wenn das Wetter überhaupt nicht dazu einlud. Immerhin blieb es noch trocken. Wir kreuzten die Fähre Horten - Moss, dann traten die Ufer langsam zurück. Tønsberg noch, dann gab es in der Nähe des Fahrwassers nur noch kleine Schären. Auf einer stand aus unserer Perspektive einem Puppenhaus gleich ein kleiner Leuchtturm mit Wärtergebäude auf einem kleinen Felsstreifen, der aus dem Wasser ragte. Als die Insel Store Faerder und das dahinter gelegene "Verdens Ende" und damit das Ende Norwegens passiert war, wurde es höchste Zeit, sich in der Kabine für das Abendbuffet klar zu machen.


Das Fulehug fyr im Oslofjord kurz vor Tønsberg.

Das Buffet war wieder mal richtig gut, es gefiel uns fast besser als auf dem anderen Schiff. Es war eine Völlerei. Was auch sonst? Danach ging ich noch bischen an Deck spazieren, bevor es bisken Fernsehen in der Kabine gab. Danach nochmal paar Runden an Deck, aber bald schon ließ mich mein Bett ausrufen; es sandte mir paar Sandkörner und irgendwann träumte ich nur noch. Oder jetzt schon? Ich weiß es nicht mehr...

Freitag, 17.09.2021

Auch das Frühstücksbuffet gefiel uns besser; irgendwie war das Angebot doch etwas größer als auf der Magic. Ich fand es interessant, wie unterschiedlich die beiden Schiffe überhaupt gemanaged wurden. Man sollte ja meinen, dass auf zwei Schwesterschiffen derselben Reederei dieselben Regeln gelten. Aber das war nicht so. Hier auf der Color Fantasy herrschte z.B. komplette MNS-Pflicht, außer in der Kabine und zu Tisch. Dafür achtete beim Gang zum Buffet niemand extra darauf, dass man auch die Hände vor jedem Gang desinfiziert. Oder die Burger Bar: Auf der Magic waren diverse Plätze wegen Abstand gesperrt, auf der Fantasy nicht.

Das Ausschiffen verlief ähnlich geordnet wie alle anderen Male - zumindest, wenn man sich gemerkt hatte, wo das Auto stand. Erstmalig war das bei mir/uns nicht das variable Zwischendeck 4, sondern wir waren über die Rampen ganz nach Deck 5 hoch gefahren. Dort oben irrten diesmal viele Leute auf der Suche nach ihren Autos durch die Gegend. Rund um uns herum standen aber auch eine ganze Menge Autos, die offenbar keinen Fährpassagieren gehörten, die einfach nur geparkt waren. Komischerweise waren das nicht nur Riesenschlitten, sondern auch ganz gewöhnliche Kleinwagen. Wir erklärten uns das so, dass jedes Besatzungsmitglied mit seinem Auto an Bord fährt und Material mitbringt. Das erklärt die reibungslose Materialversorgung in nur vier Stunden Liegezeit. Die Absprache läuft dann ungefähr so: "Bringst du morgen die Kaviarpaste mit?" - "Nee, mach du mal, ich hab meinen Polo schon bis unters Dach voll mit Lachs und Klopapier!" Und irgendwie fügt sich das dann alles und die Gäste sind zufrieden, so wie wir :-)

Nun waren wir ja gespannt auf die deutsche Einreisekontrolle. Wenn das tägliche Schiff aus der tiefroten Zone "Norwegen" in Kiel einläuft, muss doch regelrecht Alarmstimmung in Kiel, einer Stadt in der nicht ganz so tiefroten Zone herrschen? In der Tat war diesmal das Zoll-Auto schon da und filzte auch einen Transporter. Stück weiter standen doch tatsächlich zwei Mannschaftswagen der Bundespolizei, deren Insassen aber darin saßen und eher desinteressiert wirkten. Wieder gelangten wir zügig und unkontrolliert auf das öffentliche Straßennetz.

Ich brachte nun Yannick zum Kieler Hbf, denn an meinem Versuch, noch vor dem freitäglichen Verkehrswahnsinn durch den Elbtunnel zu kommen, musste er sich definitiv nicht beteiligen. Der Versuch konnte definitiv auch übel enden. Zunächst stimmten mich sowohl Navi als auch Verkehrsstaustudio positiv: Keine Stockungen in Sicht. Aber so auf Höhe von Großenaspe ging es langsam los, und der Stau brodelte wieder wie die Quellwolken. Am Ende klappte es aber noch einigermaßen mit nur ca 20 Minuten stockenden Verkehrs. Und dann fühlte ich mich wie in Arendal mit seinen unterirdischen Parkhäusern: Auch in meinem Wilstorfer Hügel gibt es eine Tiefgarage. Wohlbehalten und nach unfallfreier Tour konnte ich das Auto wieder an seinen Platz stellen. Herrlich! Am Nachmittag konnte ich beim ersten Sichten der Bilder im Radio hören, dass auf den Hamburger Straßen mal wieder gar nichts ginge...

Fazit

Nach insgesamt vier Wochen im Reich der Unroten bin ich mit der Bildausbeute sehr zufrieden. Eine große Schönwetterperiode hatten wir nicht, aber die Wegweisung für die Tour durch diversen lokal begrenzten Sonnenschein hat uns ja eigentlich einen schön abwechslungsreichen Urlaub gebracht. So haben wir alle großen Hauptstrecken und damit auch alle drei neuen Zugbetreiber und ihre Farbgebungen kennengelernt. Ich gebe zu, nicht dem Rot hinterher zu trauen, fällt nicht ganz leicht - gerade auf der Bergenbahn, wo die Züge nun definitiv in die falsche Farbmischung gefallen sind. Mit den anderen Farbgebungen kann ich mich hingegen gut anfreunden. Gerade die Sørlandsbahn hat sich als bisher zu unrecht gemiedenes Terrain erwiesen; der Strecke möchte ich eigentlich nochmal tiefer in die Wälder folgen - da geht noch was! Dank wie immer an Yannick, den perfekten Beifahrer und damit "Manager" der Tour.

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