Autor: Jan-Geert Lukner. Alle Rechte am Text und an den Bildern liegen beim Autor.
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Diese Tour war schon von längerer Hand geplant. Es sollte mal wieder in die USA gehen. Die Meinung dazu im Freundeskreis war gemischt. Aber die Mehrheit war doch noch auf der Seite "Tolle Sache!"
Yannick und ich hatten beide mit Miles&More Meilen gesammelt - Yannick noch deutlich offensiver als ich. Beide hatten wir den Wunsch, die Meilen mal für ein Flug-Upgrade zu verwenden. Bei diesem komischen Meilenprogramm sind ja immer gar nicht so viele Flüge verfügbar, aber mit Anreise am Freitag konnten unser beider Wünsche in Erfüllung gehen. Die waren allerdings analog zum Fleiß beim Meilensammeln unterschiedlich. Yannick konnte sich nämlich einen First Class Flug buchen, ich hingegen "nur" Business. Aber mehr war auch nicht mein Ziel gewesen, da ich das Meilensammeln eigentlich nur so nebenbei mitlaufen lasse. So würden wir uns allerdings erst in Denver treffen, denn die First Reisenden werden ziemlich vom "Pöbel" abgesondert.
Noch eine Premiere würde es für mich geben. Nachdem ich nach der letzten Flugreise mit sehr später Ankunft die zügige Taxifahrt nach Hause sehr geschätzt hatte, bekam ich in der Folge die Empfehlung, doch mal Carsharing zu probieren. Da der Aktionsradius von Miles Carsharing auch meinen Wilstorfer Hügel umfasste, meldete ich mich dort mal an. Und weil diesmal mein Flug um 7:15 ging, ich also höllefrüh los musste, fand ich die Idee, mit dem Carsharingmobil zum Flughafen zu fahren, ganz charmant. Das sparte mir fast eine Stunde von Tür zu Tür.
In der Vorwoche beobachtete ich mal verstärkt spätabends vorm Zubettgehen, wieviele Autos denn so nächtens verfügbar sind. Das war im 10min-Umkreis eine ziemliche Ernüchterung. Mittwochnacht war weit und breit gar nichts verfügbar. Tja, damit war schon mal ein Vorteil des Carsharings futsch. Denn man musste doch so früh aufstehen, dass man ggf die Bahn nehmen könnte.
Abends war ein noch hinreichend betanktes Auto direkt bei mir zuhause abgestellt. Das hatte Hoffnung geweckt. Als der Wecker um 4 Uhr klingelte, war das Auto immer noch da. Gegen eine nicht ganz preiswerte Gebühr von 0,09€ pro Minute reservierte ich mir das Auto für die nächste Stunde. Nur so konnte ich sicher sein, dass es auch noch da ist, wenn ich die letzte vernünftig geeignete Bahn hab fahren lassen. So konnte ich zuhause deutlich entspannter zuwerke gehen und noch ein Gemütlichkeitskäffchen trinken.
Mit dem Auto klappte dann auch alles bestens. Der Verkehr war um diese Zeit nur mäßig, und so traf ich um 5:40 am Flughafen ein. Der Parkhub für Carsharing war ganz schön voll. Man musste weit durchfahren, um eine Lücke zu finden. Die eigentliche Rechnung belief sich dann doch auf 34,10€, was immerhin die Hälfte der Taxifahrt (inkl Trinkgeld) ausmachte. Die Reservierung schlug mit 53 min und 4,77€ zu Buche (10min sind inkludiert). Und für Autoabgabe am Flughafen zahlt man 8€ extra! Hatte schon überlegt, das Auto am Hub in Hasselbrook hinzustellen und dann mit der S-Bahn zu fahren. Aber dann dachte ich mir, wenn schon Dekadenz, dann richtig.
Und auf der Rechnung tauchten 2x 0,29€ für Parkminuten auf. Das wäre mal zu hinterfragen, denn weder am Start noch am Ziel habe ich das Auto länger beansprucht als normal. Aber für 58ct werde ich mich nicht mit denen rumstreiten. Da ich noch den Großteil meines Willkommensgutscheins hatte, beliefen sich die realen Kosten auf 25,99€ für die Fahrt. Die Bequemlichkeit in extremer Tagesrandlage war es mir wert, das Gebibber, ob überhaupt ein Auto verfügbar ist, hingegen nicht.
Tja, von Premiere zu Premiere: Erstmals in meinem Leben betrat ich den Flughafen als Business Passagier. Man konnte den Koffer bei einem Menschen abgeben und an der Sicherheit durch die fast line. Da an der Economy line auch nichts los war, war das eigentlich egal. Für eine halbe Stunde konnte ich mich aber noch in die Business Lounge setzen. Da konnte ich mich hervorragend auf den Urlaub einstimmen mit American Pancake und Ahornsirup. Das war topp. Dafür, dass die Business Lounge nur die Unterklasse der Lufthansa Lounges darstellt, war ich mit dem Gebotenen zufrieden. Senator und First Lounge kommen da noch drüber. Aus letzterer in Frankfurt erhielt ich natürlich jetzt Bilder von Yannick mit irgendwelchen Deluxe Sandwichs mit Lachs und Kaviar, die ich um diese Zeit noch gar nicht runterbekommen hätte.
Dass die Business Class bei den Binnenflügen nichts Dolles ist, war ja bekannt. Aber dass nichtmal die Sitzabstände etwas größer sind, hätte ich nicht gedacht. Immerhin gab es ein kleines Frühstückstablett dargereicht, das Ähnliches geladen hatte wie neulich das kredenzte Frühstück im Dänen-IC, nur dass es jetzt deutlich netter angerichtet war. Und so trafen wir irgendwann im regnerischen München ein.

Frühstück auf der Kurzstrecke. Wir fangen langsam an.
Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass auch am Satellit von T2 (da, wo man mit der Pendelbahn hinfährt; warum kann man den nicht einfach T3 nennen?) hinter der Grenzkontrolle noch eine Lounge der niedrigsten Kaste kommt, bin ich direkt dorthin gelaufen. Man konnte dort sehr schön an der großen Panoramascheibe sitzen. Dort gab es ein zünftiges Weißwurst-Frühstück. Da konnte mich Yannick, der einen Eingang weiter saß, mit seinem komischen Kalbsdingsda an irgendwelchem Grünzeug leider nicht groß neidisch machen.

Zwischenmahlzeit in der Business Lounge der niedersten Kaste ;-) Ich hatte aber alles, was ich brauchte...
Überraschend trafen wir uns dann sogar beim Gate, zu dem Yannick doch tatsächlich zu Fuß hatte hinlaufen müssen. Ich meine, bei einem Ticket im Gegenwert von 12000€ hätte ich eigentlich eine Sänfte mit Trägern erwartet, und zwar direkt bis an Bord. Was er sich alles an Krankheiten hätte holen können hier unter den Normalsterblichen...
Schon wieder eine Premiere! Zum ersten Mal im A380! Und dann gleich in der Business Class! Dort war es schon sehr schön geräumig. Und der schönste Moment ist ja immer, wenn die Durchsage "Boarding completed" kommt und niemand neben einem sitzt. Diesen Moment konnte ich wieder mal genießen. Das hintere Abteil der Business Class war nur zu etwa 40% belegt; die Reihe hinter mir blieb komplett frei.
Die Stimmung an Bord war bestens. Als ich paar Fotos machte, bot mir die Stewardess direkt an mich zu fotografieren. Da draußen auf der Startbahn viel los war, ging es eine halbe Stunde später los, aber das konnte definitiv nicht die Laune trüben. So konnte man sich nach dem Start auf das Mittagessen freuen. Die Abflugverspätung brachte wenigstens etwas Zeit zwischen die Mahlzeiten... Und das dreigängige Mittagessen konnte dann auch durchaus wieder den Appetit und Hunger stillen.

Vom Mittagessen zeige ich mal nur die Vorspeise; die war am fotogensten.
Irgendwie ja blöde - gegen 13 Uhr (wir waren erst um 12 wirklich abgehoben) flogen wir praktisch über meinen Wilstorfer Hügel rüber. Weiter ging es über die dänische und später norwegische Westküste.
Nach dem Essen kam Yannick und setzte sich eine Weile auf meinen Besucherstuhl, also auf den leeren Nachbarsitz. Da konnten wir bischen quatschen. Und plötzlich erschien sein First Class Steward mit zwei Gläsern Champagner bei uns und stellte sie einfach mal bei uns hin. Wie gesagt - die Crew war wirklich topp drauf.

Stößchen! Für einen kurzen Moment darf ich auch an der Dekadenz der First Class teilhaben.
Na ja, so hatten wir Island links liegen gelassen, und ich hatte noch nichtmal einen Film geschaut. So überwältigend war das Angebot auch nicht. Und das Loch für den Kopfhörer, ääh, oder fachmännischer die Buchse für den 3,5mm Klinkenstecker war so gut in einem Fach versteckt, dass selbst die Stewardess mit der Taschenlampe nachsuchen musste. Aber dann klappte es und ich konnte meinen eigenen Kopfhörer nutzen.
Ok, zwischendurch hat man auch bischen gedöst. Aber dass nach dem Film "Sneakers - Die Lautlosen" nur noch zweieinhalb Stunden zu fliegen waren, fand ich schon sehr überraschend. Die Gesamtflugzeit betrug planmäßig 10,5 Stunden. Vom Start um 12 bis zur fast pünktlichen Landung waren es real nur ca 9h45m. Ich kann mir das wegen der Zeitverschiebung immer nicht merken, deshalb schreibe ich das nun mal auf. Jedenfalls erschien plötzlich das Ziel schon zum Greifen nahe. Das war ja fast schon schade. Unten hatte es den Flug über nahezu gar nichts zu sehen gegeben. Da waren fast durchgehend Wolken. Deshalb gibt es auch diesmal keine Fotos von Grönland...

Zum Abendessen gibt es Pilzragout. Und auf der Kräuterbutter ist ein Kranich eingeprägt.
Wir hatten natürlich wie bisher bei wohl jeder USA-Tour vor, nochmal nach Montana zu kommen. Geklappt hat das bis jetzt erst einmal. Da man bei ESTA die erste Aufenthaltsadresse angeben muss und wir diesmal sehr früh am Tag in Denver ankommen würden, hatten wir nach Prinzip Hoffnung ein Hotel in Douglas WY gebucht, das noch drei Stunden Fahrt nordwärts entfernt liegt - also auf dem Weg nach Montana. So wie die Wettervorhersagen aussahen, hatten wir uns mal wieder zielgerichtet einen Zeitraum ausgesucht, in dem das Wetter eher unbeständig sein würde. Aber immerhin war der Norden auf niedrigem Niveau eine gute Richtung, denn in den sicheren Sonnengegenden rund um Arizona sah es auch nicht so gut aus.
Mit nur noch zehn Minuten Verspätung landeten wir. Der A380 erregte hier Aufsehen und wurde fotografiert. Die Flugbegleiter meinten auch, dass es jedes Mal wieder eine Überraschung sei, wo hier die Übergangsbrücken rangefahren werden. Diesmal wurde nur unten angedockt, so dass wir alle die vordere Treppe in der First Class runtersteigen durften. So bekam ich sogar noch Yannicks Sitzplatz zu sehen.
Im Terminalgebäude empfing uns wieder diese beruhigende indianische Flötenmusik. Und vorbei an den ganzen Bildern mit Motiven von den einzelnen Indianerstämmen gelangte man zu dieser breiten und hellen lichtdurchfluteten Glasbrücke, über die man ins Hauptgebäude gelangte. Diese Einrichtung finde ich immer wieder sehr gelungen, ein freundlicher Empfang. Der steht nun im Gegensatz zu dem, was hinter der Brücke und eine Treppe runter kommt: Die Einreisekontrolle. Selbst für den Touristen, der reinen Gewissens für paar Wochen ins Land kommt, ist das definitiv ein Moment der Anspannung - das dürfte menschlich und nicht zu verleugnen sein.
Es waren nur fünf Officer da. Zwei machten US-Pässe, zwei waren für uns zuständig und einer für eine dritte Kategorie. Der hatte bald fertig und machte ESTA mit. Aber es waren zwei internationale Flüge angekommen. So mussten wir 75min auf die Kontrolle warten. Erst ganz zum Schluss ging es schneller, als die beiden Officer für die US-Kunden alle durch hatten und uns mitmachten. Als ich schon einem Officer zugeteilt war, wurde der Mann vor mir diverse Dinge gefragt. Immer wieder ging es um die Unterkunft. Nebenan überholte man mich schon. Hatte ich jetzt den penibelsten Officer erwischt?
Als ich dran war, wurde ich auch nach meinem Ziel gefragt und wie lange ich dort bleibe. Und natürlich, ob ich als Tourist einreise. Meine Antwort, dass wir nur eine Nacht in Douglas bleiben und dann unsere Rundreise fortsetzen, war ok. Allerdings wollte er nun wissen "mit wem?". Hab ihm gesagt, dass Yannick gerade schon eingereist sei. Das war dann auch ok. Hinweis fürs nächste Mal: Zusammenreisende immer zusammen zum Officer treten. Für Familien ist das naheliegend. Wir hatten das irgendwie nie gemacht. Diese Frage nach dem Mitreisenden kam auch schon mal mehr. Aber das war es auch schon. Da unsere Pässe im System waren, gab es weiter keine Fragen.
Mit dem Shuttlebus ging es jetzt zu Hertz. Dort bekamen wir mal wieder das kleinste Auto auf dem Hof, einen Jeep Compass Limited. Da unsere beiden riesigen Koffer aber ohne Mühe im Kofferraum verschwanden und wir auch super Platz fanden, konnte das Auto gar nicht so klein sein. Aber hierzulande herrschen wirklich ganz andere Maßstäbe. Die Reifen wirkten neuwertig, das Auto hatte Allradantrieb, was wollten wir mehr?
Das alles hatte wieder ganz schön gedauert. So verließen wir Denver dann doch erst gegen 17 Uhr nordwärts. Nach deutscher Zeit ist das 1 Uhr nachts. Die Route war etwas eigenartig. Wir wollten die mautpflichtige Ringautobahn umgehen und gaben in Maps für die Route "ohne Maut" an. Ich hatte gedacht, dass man dann halt an dem Autobahnkreuz in Denver auf die nordwärts führende I25 gelangt. Google Maps schickte uns nun aber bis Cheyenne nahezu komplett über Landstraße. Vermutlich diente das auch zur Umgehung von Staus auf der I25 im dichten Freitagnachmittagsverkehr. Das war zwar durchaus interessant, zumal man immer wieder Bahnstrecken querte, aber angesichts der für uns fortgeschrittenen Stunde hätte es auch gern die Autobahn sein dürfen.
Da wir zu Anfang auch ein Stück Autobahn hatten und es später auch mal stramm westwärts auf eine andere nordwärts führende Straße ging, vermute ich mal, dass es über Hudson, dann Highway 49 nordwärts und vor Eaton rüber auf den Highway 85 ging. Erst ab Cheyenne ging es auf die I25, die schön leer und gut zu fahren war. Aber die Müdigkeit schlug nun ziemlich durch. Wir hatten ja wirklich damit gerechnet, bis 18 Uhr Ortszeit am Ziel zu sein. Real wurde es 20:10. Ich wollte nur noch ins Bett. Am Blue Buffalo Motel angekommen die nächste Ernüchterung: Es gab keine Rezeption. Ich musste anrufen. Man hätte mir eine Email geschickt. Aha. Wir bekamen den Türcode mitgeteilt und alles war gut. Wie in der Beschreibung zu lesen, war in dem äußerlich sehr nüchtern aussehenden Motel das Zimmer urgemütlich und liebevoll eingerichtet. Um 21 Uhr waren wir im Bett. Gute Nacht!
Super geschlafen. Aber natürlich war ich früh wach. Damit hatte ich gerechnet. So konnte ich mich mit einem Kaffee im gemütlich eingerichteten Wohnbereich aufs Sofa fläzen und Reisebericht schreiben. Leider fand ich keine Sahne. Eine Dose enthielt zahlreiche Tütchen, die nur mit Sprüchen bedruckt waren. Inhalt war aber nur was Süßendes; Kaffeeweißer fand ich nicht. Was solls...

Die Zimmer im Blue Buffalo Motel in Douglas WY waren liebevoll und individuell eingerichtet.
Wir mussten uns die Karten legen. Nach einer stabilen Schönwetterphase sah es mal wieder gar nicht aus. Aber der Kurs nordwärts schien nicht verkehrt zu sein. Die Frage war nun der Weg. Einfach bahnlos Autobahn weiter? Entlang der Kohlebahnen durch das Powder River Bassin? Oder die Route durch den Wind River Canyon. Vielleicht würde dort ja diesmal ein Zug kommen, hoa-hoa-hoa!
Wir entschieden uns für letzteres. Das war einfach das Spannendste - landschaftlich und natürlich hinsichtlich Zugverkehr. Der gute Vorsatz war, dass wir dort aber einfach nur durchfahren und nur was machen, wenn wir einen geeigneten Zug sehen. So ging es erstmal weiter bis Casper, wo wir uns bei Mägges mit McMuffins eindeckten, die auf der weiteren Fahrt genüsslich verspeist wurden. Am Ortsrand querte man die Bahn aus Richtung White River Canyon. Dort stand gerade der Manifest vor der Einfahrt. Na toll, dann brauchten wir mit dem ja schon mal nicht mehr zu rechnen. Das schloss sich ja nahtlos an die Tour mit Dennis an, wo wir den Manifest immer mal zu früh oder zu spät gesehen hatten und wussten, dass der schon mal nicht käme.
So erreichten wir nach weiteren anderthalb Stunden über Shoshoni den Wind River Canyon. Zahlreiche jetzt ideal beleuchtete Motive sprangen einem ins Auge. Oh Mann. Ob der Local nach Shoshoni wohl samstags fährt? Zeitlich wäre ja bald mit ihm zu rechnen. Natürlich kam uns im Canyon nichts entgegen. So einfach weiterfahren mochten wir nun aber auch nicht. Deshalb stellten wir uns am Nordende des Canyons, am "Wedding of the Waters", ab wo der Wind River seinen Namen in Big Horn River ändert, an den Rand und schauten mal. Der gewissen Sinnlosigkeit unseres Unterfangens waren wir uns bewusst...
Später zogen wir noch ins erste geeignete Motiv in die Schlucht um. Dort gaben wir uns Frist bis 10:45. Natürlich kam nichts. Der Local fährt sicherlich samstags gar nicht. Egal, die Stunde in der eindrucksvollen Kulisse des Wind River Canyons war schon schön. Und wir waren ja nur auf der Durchreise. So ging es dann stramm nordwärts. Das war mir von meinem letzten USA-Urlaub alles noch bestens bekannt. Worland mit unserem schönen Motel, dann Greybull. Dort standen die Loks der beiden Locals so friedlich nebeneinander abgestellt, dass wir direkt ein Foto machen mussten.

Die Lokpärchen der Locals stehen in Greybull einträchtig nebeneinander abgestellt. Richtung Süden präsentieren sie sich artrein in Grinstein Green (auch wenn ich da eher blau sehe).
Weiter ging es. Hinter Frannie reisten wir nach Montana ein. Der Staat ist flächenmäßig größer als Deutschland. Nur mit der Einwohnerzahl kann Montana nicht ganz mithalten. In Laurel erreichten wir die Ost-West-Interstate 90. Erstmal ging es allerdings zu Wendys. Ja, wir hatten schon wieder Hunger. Daves Double, lecker. Dazu die große Portion Chili con Carne. In Laurel mündet die BNSF Casper Subdivision, der wir bislang gefolgt waren, in die ehemalige MRL-Ostwest-Strecke, die vor paar Jahren mitsamt des Verkehrs an die BNSF zurückgegangen ist.
Der Plan für den Nachmittag war, etwas am Bozeman Pass zu machen. In der ganzen Zeit, in der wir bei Wendys saßen, war allerdings kein einziger Zug in die Richtung aufgebrochen. Problem! Entsprechend konnten wir auch keinen fotomäßig passenden Zug überholen. Lediglich in der Gegenrichtung kam vereinzelt mal was angefahren. Wir fuhren trotzdem mal hinter Livingston an die Seite. Doch die Motivation für Fotos war auch aus einem zweiten Grund gesunken. Nachdem vormittags schon ein gewisser Dunst geherrscht hatte, befand man sich mittlerweile in einer regelrechten Waschküche. Das konnte einfach eine hohe Luftfeuchtigkeit sein, das konnte aber auch mit den starken Waldbränden weiter westlich zusammenhängen.
So brachen wir auch bald ab und fuhren weiter. Da die Unterkünfte in Bozeman jetzt am Wochenende schier unbezahlbar waren, hatten wir das Best Western in Helena gebucht. Das war noch eine gute Stunde Fahrt. Jedenfalls wenn unterwegs keine Brauerei kommt und wenn keine Fotoambitionen erwachen. Doch Yannick entdeckte die Brauerei Bidger Brewing bei Three Forks. Da musste erstmal der Laden leergekauft werden. Später bei Spokane Creek überholten wir unseren ersten Nordwestfahrer. Mit dem konnten wir zwar nicht so viel anfangen, aber der kreuzte im nächsten Siding mit einem kurzen Bauzug, für den wir zuvor eine passende Gegenlichtstelle entdeckt hatten. So gab es heute doch noch eine Streckenaufnahme.

Wenn der Dunst die Oberhand gewinnt und das Sonnenlicht mehr und mehr einlullt, ist Zeit für Gegenlichtaufnahmen. Zwischen Louisville und Winston kommt uns südlich Spokane Creek ein Gleisumbauzug entgegen.
In Helena war das Best Western bald gefunden. Schnell wurde das Bier kaltgestellt. Heute hatten wir das Auto zweimal betanken müssen. Der Tank scheint recht winzig zu sein. Tja, und das Wetter? Wir konnten nur hoffen, dass dieser heftige Dunst uns nicht die ganze Zeit beglücken wird. Unser eigentliches Hauptziel war diesmal die nördlichste Transkontinentalstrecke der USA, die BNSF Hi Line Subdivision. Dort könnte man vielleicht in den Tagen ab Montag mal mit Sonne rechnen. Hoffentlich ohne Dunst.
Morgens wieder großes Hadern. Der Dunst wäre die nächsten Tage definitiv da. Und die Sonnenstunden waren je nach Wetterdienst auch schon wieder reduziert worden. Oh Mann, was nervig. Die einzige Ecke der USA, wo wohl die nächste Woche mit viel Sonne zu rechnen wäre, war mal wieder das kalifornische Oberland, also Kalifornien exklusive Küste. Dorthin hatten wir uns auf unserer letzten gemeinsamen Tour 2022 treiben lassen (auch von Denver!). Zu so einem schwachsinnig weiten Ritt hatten wir nun definitiv keine Lust.
Nach viel frustigem Hin und Her entschieden wir, die Bahn erstmal Bahn sein zu lassen und, wenn man schon mal hier war, den Yellowstone Nationalpark zu besichtigen. Nun, mit Abklingen des Wochenendes, waren die Unterkünfte in Bozeman und Livingston wieder bezahlbar geworden. Wir fanden eine nett wirkende Ferienwohnung in Livingston und loggten uns dort mal gleich für zwei Nächte ein. Wenn man zwei Tage den Park besucht hätte, konnte man die nächste Richtungsentscheidung treffen. So die Erwägungen am heutigen Morgen. Natürlich ist das Fotografieren im Nationalpark bei Schlonzehimmel auch nicht so toll, aber dann fotografiert man eben nur das Nötigste und lässt einfach die Eindrücke auf sich wirken.
Das Hotelfrühstück musste man sich aus einer kleinen Karte auswählen. Meine Spiegeleier, Würstchen und der Hash Brown waren portionstechnisch eher übersichtlicher Natur. Übersichtlich war auch das Tagesprogramm: Ein Wechsel nach Livingston. Am Himmel überwogen eh die Wolken und der Dunst. So ließen wir uns mit dem Losfahren sehr viel Zeit.
Um 9:45 saßen wir im Auto. Es ging den Weg zurück, den wir gestern hergekommen waren. Sowohl vor Toston als auch hinter Logan konnten wir einige in Fahrt befindliche Züge sehen. Zu unserer Überraschung fuhr da sogar ein Stacktrain ostwärts. Einen solchen hatten wir 2018 hier nicht gesehen. Bozeman erreichten wir nach 11 Uhr. Da das Frühstück nicht so reichhaltig gewesen war und wir schon wieder gut Hunger hatten, konsultierten wir die örtliche Panda Express Filiale, die sich ein Stück abseits der Autobahn befand. Dort konnte man wie immer sehr gut chinesisch essen. Da wir alles aufgegessen hatten, bläute der Himmel sogar ganz gut auf und der Dunst war nur noch sehr mäßig. Da suchten wir direkt mal einen der gestern entdeckten Bahnübergänge an der Ostrampe des Bozemanpasses auf. Hier konnte man schön relaxed warten. Bischen kam dann auch vorbei.

Ein Manifest, also ein gemischter Frachtenzug mit verschiedenen Wagengruppen, wird auf den Bozemanpass nachgeschoben. Die drei Nachschubloks hießen bei uns bald nur noch "das Ranz-Tripel", auch wenn eigentlich nur die für das Bild relevante Ostlok ranzig aussah.

Abwärts kam nun noch ein Kohlezug angerollt. An dritter Stelle läuft sogar noch eine Lok in Warbonnet Design mit. Das Dach eines in der Botanik abgestellten Campers musste elektronisch dran glauben.
Später siedelten wir noch zu einem hübschen Hügelrücken um, der zwar nach Private Property aussah, an dessen Zugangsweg aber nichts davon dranstand. Der Blick war definitiv hübsch, doch quollen nun über dem Gebirge im Süden massiv die Wolken, und bald war an Sonne nicht mehr zu denken. Aber hey, zwei Stunden Sonne ohne Schlonze - das war doch toll!
Wir fuhren nun die restlichen zehn Minuten nach Livingston rein und bezogen dort unser kleines Häuschen. Das lag in einer ruhigen Wohnstraße unmittelbar neben der Innenstadt und war wunderschön eingerichtet. Allein auf dem Sofa in der eingeglasten Veranda hätte ich den ganzen Tag verbringen können. Aber es war noch früh, so dass sich noch ein kleiner Spaziergang in die Stadt anbot. Die war wirklich liebenswert. Auffällig waren die vielen Lokale. Yannick wollte gern in die Brauereiwirtschaft der Katabatic Brewing Company. Dort konnte man schön an der geöffneten Fassade sitzen und hatte direkten Blick auf den Bahnhof, dessen Gebäude ein wirkliches Schmuckstück ist. Eher selten kam auch mal ein Zug vorbei - sogar ein weiterer Stacktrain.

In der Kneipe der Katabatic Brauerei mit perfektem Ausblick.

Das Bahnhofsgebäude von Livingston. Es erfreut sich bester Pflege, obwohl hier kein Reisezug mehr hält.
Dort quasi am Gehweg sitzend konnten wir auch herrlich die Leute auf der Straße beobachten. Im Gegensatz zu weiter südlich erfüllen die Menschen hier wirklich vielfach das Klischee des Amerikaners. Man hat Jeans an, trägt nen Cowboyhut und fährt nen fetten Truck, auf dessen Heckscheibe auch gern mal der Name "Trump" aufgeklebt ist. Und sie sind alle super nett und freundlich. Drei (J) bzw vier (Y) Biere später zogen wir weiter bis zu einem Deli, wo wir uns gar lecker Sachen fürs Abendessen einpacken konnten.

Unser Häuschen in Livingston und unser Mietwagen.
Es gab sogar warme Gerichte zum Mitnehmen. "Montana Beef Basket" lachte uns an und war auch wirklich gut: Zart gekochtes Rindfleisch in Würfeln mit Karottengemüse und Kartoffeln. Nach dem Essen lief ich nochmal eine Runde durch den hübschen Ort, weil ich Milch für den Kaffee vergessen hatte. In der Innenstadt fand ich fast nur Gastronomie, aber keinen Laden. Ganz bis zum Deli musste ich zum Glück nicht laufen; im Shop einer Tankstelle bekam ich wenigstens fettarme Milch. Zurück im Häuschen gab es sogar noch den Tatort. Na ja, den halben wenigstens. Wir waren zu müde für die Psychostory...
Der Morgen begann mit dem Enträtseln der Kaffeemaschine. Es handelte sich um eine mit eingebautem Mahlwerk. Aber im Prinzip bekam ich es hin. Und die richtige Dosierung ist dann Lektion 2 für morgen. Für heute war nun doch ganz brauchbares Wetter angekündigt. Daher war die Überlegung, den Yellowstone-Besuch um einen Tag zu schieben und heute doch mal Streckenaufnahmen am Bozemanpass zu versuchen. Und ich hab ja morgens, bevor ich Yannick wecke, immer etwas Zeit für Internetrecherche. Das konnte ich schön auf der eingehausten Veranda sitzend erledigen, während vom nahen Bahnhof geschäftiges Rangiertreiben zu hören war.
Da mir die gestrigen Stacktrains etwas verdächtig vorgekommen waren, suchte ich mal nach "BNSF Hi Line closed". Und siehe da: Am Samstagabend um 18:00 war ein Güterzug unweit des Summit entgleist. Die BNSF Hi Line Subdivision ist die nördliche Ost-West-Strecke durch Montana, an die wir ursprünglich gestern gewollt hatten. Na, das wäre ja was gewesen. Zwar war wohl am Sonntag ein Gleis wieder freigegeben worden und der Amtrak So/Mo hatte auch nach zehn Stunden Stillstand weiterfahren können, aber mit massiven Einschränkungen aufgrund der Bergungs- und Reparaturarbeiten war sicherlich zu rechnen. Da hatten wir uns ja vielleicht sogar mal richtig entschieden, nicht dorthin gefahren zu sein. Die Hoffnung lag natürlich noch auf der zweiten Woche.
Um 7 Uhr fuhren wir los. Bevor wir tankten und uns etwas fürs Frühstück besorgten, lachten uns das rötliche Morgenlicht und der Vollmond etwas an. Zufällig hatte sogar ein Ostfahrer Einfahrt. Der kam dann auch bald. Wir konnten ihn am Stadtrand verarzten.

Ein leerer Kohlezug kommt im ersten Lichtschein des Tages vom Bozemanpass nach Livingston hinein gerollt.
Nach Nahrungsaufnahme für Mensch und Pferd fuhren wir an den Pass hoch, und zwar aufgrund des Lichtstandes bis unmittelbar vor die Passhöhe. Da war an der Ostausfahrt des Sidings Muir der BÜ Sunflower Lane. Die war zwar schon ab Hauptstraße als "Private Road" und "No Trespassing" gekennzeichnet, führte aber zu diversen Häusern. Wir stellten uns am BÜ an den Rand. Aus vorbeikommenden Autos wurde nett gegrüßt, also alles gut. Leider kam nur ein Zug von hinten, und der hatte als Nachschub wieder dieses Ranz-Tripel, das wir schon gestern hatten.

Ein Manifest erreicht den Bahnhof Muir kurz vor der Passhöhe.

Das Ranz-Tripel kommt wieder zurück. Auf der ex MRL-Strecke wurden die Signalanlagen komplett modernisiert.
Bald fuhr auf der Straße ein Hi Railer vor und auf der Bahn näherten sich paar Arbeitsmaschinen im Sichtabstand. Das konnte natürlich ein ziemlich schlechtes Zeichen für den weiteren Verkehr sein. Egal, wir waren jetzt nunmal hier. Wir fuhren zum BÜ Flynn Creek Road, wo wir uns einfach mal an den Rand stellten. Das war dann auch sehr entspannend... Auch eine Stunde später waren wir nicht aus der Entspannung gerissen. Zwei Stunden später auch nicht. Klingt wie Urlaub. War es auch. Zwischenzeitlich hatten wir auch mit dem Vermieter unseres Häuschens gesprochen und um zwei Nächte verlängert.
Um kurz nach 11 überlegten wir, ob man die offensichtliche Zeit für Bauarbeiten nicht sinnvollerweise dazu nutzt, in Livingston etwas Verpflegung zu besorgen. Das nahmen wir doch glatt in Angriff. Wir ließen uns bei Taco Bell eine Kleinigkeit einpacken und fuhren wieder hoch. Eigentlich war angedacht, nochmal für kurze Zeit eine Stelle für Ostfahrer aufzusuchen, doch der Manifest, der plötzlich und unerwartet mit uns zusammen Livingston verließ, belehrte uns eines Besseren. Der Unterschied zwischen ihm und uns war, dass er im Schritttempo fuhr. So schafften wir es locker auf unseren Aussichtshügel, den wir sonst erst in ca einer Stunde aufgesucht hätten. Noch war da nämlich nicht so wirklich Frontlicht. Aber das war eigentlich bei der seitlichen Perspektive auch egal.

Erst kurz nach Mittag rollt der nächste Güterzug bergauf zum Bozemanpass.

Das Ranz-Tripel verrät es: Dies ist der Nachschuss auf den Güterzug eben.

Die zurückkehrenden Helper können wir hier immerhin mal von der anderen Seite aufnehmen.
Natürlich blieben wir noch sitzen. Wir hatten Glück, dass hier auf den Wiesen momentan keine Viecher waren. Der Feldweg hierher wäre sonst sicher mit einem Zaun abgesperrt gewesen. Aber wie gestern schon erwähnt, fehlten sämtliche Verbotsschilder. Das musste man ja mal ausnutzen. Irgendwann war dann doch noch das gleißend helle Licht in der Ferne zu sehen, das man sich im Motiv stehend immer so sehnlich wünscht. Aber irgendwie sah das komisch aus, weil da irgendwie nichts hinterher kam. Haben Hi Railer ein so helles Licht? Paar Kurven weiter konnte man Lok und zwei Wagen unterscheiden. Vermutlich irgendein kurzer Local. Auch das stimmte nicht. Es war ein Messzug. Mal was anderes, auch wenn das Motiv Raum für Längeres gelassen hätte.

Mal was anderes: Ein Messzug rollt auf den Bozemanpass. Bemerkenswert fand ich die vielen kleinen pyramidenförmigen Hügel in der Landschaft.

Und nochmal etwas näher.
Gern hätte man hier natürlich noch auf einen richtig ausgeleuchteten langen Zug gewartet, aber das wäre purer Luxus gewesen, denn man hat hier ja nun zwei Fahrten umsetzen können. Und nun käme bald das schöne Motiv beim BÜ O'Rea Creek Road ins Licht, wo man den bekannten Blick in die Berge hat. Wir fuhren rum und konnten dort im Auto mit Signalblick sitzen bleiben. Eben auf dem schattenlosen Hügel war man ganz schön der Sonne ausgesetzt gewesen, denn bislang hatten sich die seit Mittag gequollenen Wolken gut zurück gehalten. Jetzt wurden wir allerdings mehr und mehr von hohen Wolkenfeldern heimgesucht. Das musste jetzt bei jeder Zugdurchfahrt spannend werden. Wenn ein Zug kommt...
Aus den vorbeikommenden Autos wurde man meist gegrüßt. Ein Ehepaar hielt bei uns und bot uns sogar einen Parkplatz hinter ihrem No Trespassing Schild an. Wir erklärten, dass wir von unserem Standpunkt gut das Signal beobachten konnten. Das fanden sie nachvollziehbar und zogen lachend von dannen.
Dann wurde es auch mal länger dunkel. Am Himmel zog ein riesiges Wolkenfeld durch und es sah gar nicht mehr so vielversprechend aus. In der Zeit kam ein Getreidezug aus der falschen Richtung, der immerhin eine passende Schlusslok gehabt hätte. Aber der ging natürlich ohne Sonne. Irgendwann war dann doch ein Ende des Wolkenfeldes und dahinter richtig viel Blau zu sehen. Nun kam wunderbares Nachmittagslicht raus. Das machte uns nun doch etwas nervös und wir zogen mal an den Einschnittrand um. Da standen wir auf einem schmalen Streifen BNSF-Landes direkt neben einem Privatgrundstück.
Tja, da hatten wir dann das topp Panorama, bestes Licht, nur der Zugverkehr ruhte. Ein Autofahrer hielt neben unserem Auto, stieg aus und versuchte reinzuschauen. Ich wollte mich gerade oben am Einschnittrand bemerkbar machen, da entdeckte er uns. Gegenseitiges Handheben, und er stieg zufrieden wieder in sein Auto. Zugfotografen dürften am Bozemanpass ja nun auch nicht ganz unbekannt sein... Und auf dem Privatgrundstück, neben dem wir standen, hatte "man" uns nun auch bemerkt. Eine schwarze Katze kam zu uns herüber und ließ sich genussvoll von Yannick kraulen.
Yannick hatte gemeint, anhand von Bildern ableiten zu können, dass der Manifest Laurel - Bozeman um und bei 18 Uhr zu erwarten sei. Kurz vor 18 Uhr passierten mehrere Dinge gleichzeitig. Aus Richtung Livingston war ein Horn zu hören und ein Eisenbahnfotograf aus Thompson Falls erschien in freudiger Erwartungshaltung bei uns am Einschnittrand. Um Punkt 18 Uhr kam - nicht der erwartete Manifest, dafür aber ein Getreidezug um die Ecke.

Eines der schönsten Motive hier am Ostaufstieg zum Bozemanpass ist dieser Blick in die Berge. Und das konnten wir dank dieses Getreidezuges wirklich unter Bestbedingungen umsetzen. Die höchste Bergspitze hat den "kreativen" Namen Livingston Peak und ist 2833m hoch. Der namensgebende Ort liegt unten links irgendwo.

UPS muss warten...

Und der Zug nochmal von hinten. Bei dieser Lichtsituation stört das Ranz-Tripel nicht so. Wieder das Dach eines Campers beseitigt.
Der erwartete Manifest soll der Zug um 12 gewesen sein, meinte der andere Fotograf. Aber Hauptsache Zug! Was waren wir happy, dass wir das Toppmotiv des Passes mit Topplicht bekommen hatten. Der Zug wurde so dermaßen langsam, dass wir trotz Nachschuss (unser Auto stand eh drüben) nochmal hinterher sind. Im Bahnhof West End hinter dem Bozeman Pass mussten wir dann wohl noch zwanzig Minuten warten, bis der Zug endlich um die Ecke geschlichen kam. Hier gelang ein weiteres Bild, bevor das Licht sichtlich schwächer wurde.

Kurz vor Verschwinden der Sonne hinter einem Bergrücken taucht der Getreidezug nochmal hinterm Passtunnel auf und durchfährt den Bahnhof West End.
Über die Autobahn gelangten wir zügig nach Livingston zurück. So ein Programm direkt vor der Haustür hatte auch mal was. Am Ziel angekommen zog ich erstmal die 300$ für die Verlängerungsnächte aus dem Automaten einer benachbarten Wells Fargo Bankfiliale.

Wir beenden den Tag, wo er begonnen hat: Im Gewerbegürtel von Livingston. In der westlichen Verlängerung des Bahnhofs wartet ein kurzer Local (vermutlich der nach Logan) auf das zurückkehrende Ranz-Tripel.
Dann liefen wir durch die Stadt zum Montanas Rib and Chop House. Dort gab es gar lecker Biere (wobei ich mich mit Honig als Zutat zu Bier eher schwer tu) und vor allem ein phantastisches Filetsteak. Bei unserem internen Steak Contest führt ja immer noch Wyoming, aber dabei bleibt es auch nur, weil ich finde, dass man Filetsteaks vielleicht nicht ganz so fair mit den anderen Steaksorten vergleichen kann. Dann gab es noch etwas Sitzen auf der eingehausten Veranda. Aber nicht mehr so lange. Toll, dass heute Abend der Getreidezug noch zur rechten Zeit gekommen war!
Für heute war nun definitiv der älteste Nationalpark der USA eingeplant - und gleichzeitig der Park, der mich am meisten von allen interessierte, der Yellowstone NP. Leider waren nicht viel Sonne und für den Nachmittag sogar Gewitter angesagt. Mal sehen, was geht...
Um 7:30 ging es los. Zunächst nur zu Mägges, wo paar McMuffins und Kaffee ins Auto wanderten. Dann kam die einstündige Fahrt nach Gardiner auf schön leerer Landstraße. Hinter Gardiner kommen dann sofort die Kassenhäuschen des Nationalparks. Für 35$ erstanden wir ein 7-Tage-Ticket (also das kleinste Ticket) für das Auto und alle Insassen. Laut Aufdruck gelöst am 9.9. um 9:09! Dann ging es rein in den Yellowstone Nationalpark. Wir hatten uns im Internet ein wenig schlau gemacht. Besonders der Blog auf 22places.de fasste kurz und knackig die wichtigsten Mustsees zusammen: https://www.22places.de/yellowstone-national-park-tipps/
Diese Infos ließen uns gespannt sein auf die erste Attraktion, die nicht lange auf sich warten ließ: Die Sinterterrassen von Mammoth Hot Springs. Was hat der Yellowstone NP mit einer durchschnittlichen deutschen Großstadt gemeinsam? Es gibt viele Staus. Meist wegen Wildbeobachtung, obwohl man das ausdrücklich nur in Haltebuchten stehend tun soll. Und: Man findet keinen Parkplatz! In Mammoth Hot Springs erwischten wir noch die letzte freie Lücke auf dem einen Parkplatz. Die Sonne schien diffus aus dem dicken Dunst hervor, den wir ja schon Samstag kennengelernt hatten. Immerhin bekam sie die Farben etwas zum leuchten. Kreuz und quer durch die Sinterterrassen sind schöne Wege angelegt worden. Aufgrund der sehr fragilen Erdkruste führen die meisten Wege über Holzbohlen.

Palette Springs in den Lower Terraces.

Überall dampft und qualmt es.

Mound Spring und...

...Jupiter Terrace.

Nochmal unten bei den Palette Springs.
Im Laufe der Zeit hatte der Dunst abgenommen. Der Himmel blieb immer noch recht gräulich, aber im Laufe der nächsten Stunden hatten wir immerhin zumeist volles Licht. Den nächsten Zwischenhalt gab es, abgesehen von einer Baustelle mit einspuriger Verkehrsführung, am Roaring Mountain. Das ist ein Berghang, aus dem zahlreiche Rauchsäulen aufsteigen.

Der dampfende Berg: Roaring Mountain.
Unsere nächste größere Station sollte das Norris Geysir Bassin sein. Die Parkplatzzufahrt war wegen Überfüllung von einem Ranger abgesperrt worden. Der Overflow Parkplatz entlang der Hauptstraße war auch komplett overflown. Zum Glück konnte man dahinter auch noch seitlich der Straße in Schräglage parken, ohne ins Profil des Streckengleises zu ragen. Ein schöner Wanderweg führte vom Overflow Parking zum eigentlichen Parkplatz und dann zum ersten Aussichtspunkt. Ja, so ein Anblick war das, was ich mir vorgestellt hatte! Wir liefen nun erst den Rundweg durch das Porcelain Basin und dann noch die große Runde durch das Back Basin.

Überblick über das Porcelain Basin.

Rundgang durch das Porcelain Basin.

Muster in der Landschaft.

Der Colloidal Pool.

Porcelain Springs.

Lust auf ein Schlammbad? Der Congress Pool.
Allein die Geräuschkulisse war höchst amüsant. Ständig zischte oder blubberte es links und rechts des Weges. Mal stiegen Rauchwolken auf, mal blubberte es in einem Schlammloch oder es klang, als wenn die Kartoffeln auf höchster Stufe kochen. Erdoberfläche und Wasserlachen schimmerten in allen Farben. Hier traten die Kräfte, die zuhause hoffentlich tausende Meter unter meinem Wilstorfer Hügel fest verschlossen sind, an die Erdoberfläche. So richtig stabil wirkt das hier alles nicht. Tatsächlich befindet sich der allergrößte Teil des Nationalparks auf einem Supervulkan, der eine Ausdehnung von sehr grob gesagt 35 x 60 qkm hat. Der letzte Ausbruch war vor 640tsd Jahren. Momentan ist man beim US Geological Survey bezüglich weiterer Eruptionen recht entspannt. Am Steamboat Geysir frönten wir fünf Minuten lang der Hoffnung, dass diese höchste natürliche Fontäne der Welt loslegt. Sie hatte es zuletzt im Februar und im April "gemacht"; da wird es jetzt ja langsam mal Zeit. Aber sie dampfte nur vor sich hin.

Hübsch blau präsentiert sich der Emerald Spring.

Cistern Spring.

Am Black Pit Spring.

Der Minute Geyser.
Unser Auto war weder abgeschleppt, noch hatten wir ein Knöllchen bekommen. Ich glaube, dieser Park ist wirklich fällig für einen im Minutentakt fahrenden Linienbus... Wenn ich mir die Menschenmassen anschaue, die sich auf den Bildern von Google Streetview über die Holzstege wälzen, muss ich sagen, dass wir den Park noch angenehm "leer" erlebt haben. Aber wo haben die alle geparkt???
Der Yellowstone Nationalpark hat neben den ganzen speziellen rauchenden und zischenden Anziehungspunkten natürlich auch noch jede Menge imposante Landschaft wie zB Wasserfälle zu bieten. Aber uns ging es heute vorrangig um die ganz speziellen Eindrücke rund um bunte Wasserlöcher, Geblubber und Gebröbbel und Geysire, also um die geothermalen Aspekte. So landeten wir als nächstes am Midway Geyser Bassin - allerdings nicht dortselbst, sondern am Fairy Falls Trailhead. Über den Trail sollte ein Aussichtspunkt erreichbar sein, von dem man das Midway Bassin schön von oben überblicken kann. Die Landung war allerdings wieder mal ganz schön holperig. Beide Parkplätze waren wegen Überfüllung von den Rangern abgesperrt. An einem Dienstag in der Randsaison! Wir sollten mal weiter hinten an der Straße parken. Ok, das kannten wir ja schon. So hatten wir also nicht nur die 2,6 km des Wanderweges, sondern einen weiteren Kilometer bis zum Beginn des Wanderweges zu laufen. Der Ausblick war wirklich toll - jedenfalls, wenn man da mal bis ans Geländer rankam.

Grand Prismatic Spring und der Excelsior Geyser dahinter. Als Yannick morgens auf der oben verlinkten Website das vergleichbare Bild sah, meinte er, die Fotografin habe bei der Bildbearbeitung aber ordentlich Sättigung hochgedreht. Nun, ich aber nicht, ehrlich!
Wir hatten Glück gehabt. Es war nun 15 Uhr, und bis jetzt hatte sich die Sonne tapfer gehalten. Doch nun war Schluss. Es zog eine geschlossene Bewölkung auf. Egal - das Wetter hatte sich viel länger gehalten als erwartet. Nach den anstrengenden Fußmärschen hatten wir für heute nur noch ein Mustsee auf der Liste: Das Wahrzeichen des Parks, den Geysir "Old Faithful", der regelmäßig etwa alle anderthalb Stunden seine Fontäne gen Himmel sendet. Rund um Old Faithful gibt es auch eine Reihe Versorgungseinrichtungen und Übernachtungsmöglichkeiten. Und einen riesigen Parkplatz, der allerdings auch schon gut voll war. Aber wir fanden noch eine Lücke und liefen dann zum Geysirbecken, rund um das schon die Menschen zu Hunderten gebannt lauerten. Wir hatten gerade einen Platz gefunden, wo man über paar Sitzende rüberschauen konnte, da ging es auch schon los!

Erwartungsvolle Haltung rund um Old Faithful. Eigentlich könnte man hier sogar Tribünen aufbauen...

Und dann spritzt er los, Old Faithful, das Wahrzeichen des Parks.
Das war ja mal effektiv gewesen! Keine Viertelstunde nach unserer Ankunft saßen wir schon wieder im Auto! Da es erst auf 16 Uhr zuging, fassten wir den Beschluss, zur Heimreise die komplette Runde zu vervollständigen. Dazu mussten wir die Straße weiter südostwärts bis an den großen Yellowstone Lake und dann die östliche Straße wieder hoch fahren. Zum See hin ging es auf eine fiese schwarze Wolkenwand zu.

Finstere Wolken...

...über dem Yellowstone Lake.
Die Fahrt nordwärts zog sich dann doch sehr. Die Straße war voll, und immer wieder gibt es diese Deppen, die langsamer werden und in die Weltgeschichte schauen, dabei aber nicht auf die Idee kommen, an den Rand zu fahren. Einmal wurden wir von einer Bisonherde aufgehalten, die sich auf der Straße wohlfühlte. Und der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet. Während wir durch bizarre Berglandschaften cruisten, zuckten um uns herum immer wieder Blitze am Himmel. Als wir den Park und Gardiner hinter uns gelassen hatten, tat es ohne ersichtlichen Grund einen lauten Knall und wir hatten einen ziemlich heftigen Steinschlag in der Windschutzscheibe. Zum Glück lag der Dötsch ein Stück über meiner Augenhöhe. Und trotz seiner Größe wuchsen die Risse auch in den Folgetagen nicht. Daher haben wir ihn gelassen wie er war.
So trafen wir doch erst um 19:10 wieder in Livingston ein. Zum Essengehen hatten wir keine Lust mehr, obwohl wir gut Hunger hatten. Yannick besorgte sich bei DQ etwas zum Mitnehmen und ich fuhr zu dem Deli von vorgestern. Heute gab es Agyptean Beef Stew mit Safranreis. Sehr lecker. Um 20:00 kam noch kurz jemand vorbei, um die 300$ für die zweiten beiden Nächte abzuholen. Dann konnten wir es uns in unserem schönen Häuschen bei nem Bierchen gemütlich machen, während nebenan im Bahnhof wieder geschäftiges Treiben herrschte.
Während ich morgens mein Käffchen auf der Veranda trank, herrschte nebenan im Bahnhof Hochbetrieb. Dem Klang nach kamen und gingen unaufhörlich Züge.
Auch heute sollte es nochmal in den Yellowstone NP gehen. Ganz so heftig wie gestern sollte es aber nicht werden. Wir konnten entweder im Westen weitere Sinter-/Geysirbecken besuchen oder im Osten paar Aspekte der eindrucksvollen Landschaft besuchen. Ersteres hatten wir ja gestern ganz gut gesehen. Wir entschieden uns für die Ost-Variante. Der Himmel zeigte sich heute wechselhaft. Zwischen vielen dicken Wolken kam immer mal wieder die Sonne raus.
Ohne große Schlange und mit bloßem Vorzeigen der gestern gekauften Karte reisten wir wieder in Gardiner in den Park ein und bogen in Mammoth Hot Springs links in Richtung Osten ab. Dann fuhren wir nicht durchgehend die Hauptstraße, sondern machten einen kleinen Schlenker über den Blacktail Plateau Drive. Da oben gab es viel schöne Landschaft und Weitblicke. Die anderen auf der Schotter-Einbahnstraße entlang rollenden Autos waren ausschließlich auf Wildbeobachtung aus und dachten, als wir bisken Pause machten und mit den Kameras in der Gegend rumknipsten, dass wir irgendwo Wild gesehen hätten...

Landschaftsknipserei am Blacktail Plateau Drive.

Etwas herbstlich wird es auch schon.
Wo die Schotterpiste wieder auf die Hauptstraße traf, herrschte nun aber Riesentumult. Ein sehr autoritär auftretender Ranger versuchte, die Autos auf der Straße zum Weiterfahren zu bewegen. Aber niemand hörte auf ihn. Da wir von der Nebenstraße kamen, konnten wir sogar gut am Rand parken, denn da hinten lief ein Schwarzbär durch die Botanik. Da wollte ich ja auch gern ein Foto von haben...

Leider gab es von dem Teddy nur einen Nachschuss.
Mit einem weiteren Abstecher zum Petrified Tree, der mir aber kein Foto wert war, ging es zu den Tower Falls. Der Yellowstone River fließt hier durch eine tiefe Schlucht, in die sich das Wasser eines Baches hinunter stürzt. Da mussten wir doch tatsächlich etwas auf Sonne warten, aber dann klappte es noch.

Irgendwie waren mir die Tower Falls doch etwas zu unspektakulär. Aber die tiefe Schlucht des Yellowstone Rivers war schon imposant.
Die Straße schraubte sich nun immer weiter in die Höhe zum Dunraven Pass zu Füßen des Mt Washburn. Im Laufe des Anstiegs hatte man tolle Ausblicke. Unser nächster Programmpunkt war der Yellowstone Grand Canyon. Auch wenn er nicht mit dem eigentlichen Grand Canyon verglichen werden kann, ist er schon sehr sehr eindrucksvoll. Zum Glück fanden wir an den diversen Aussichtsplätzen immer irgendwie einen Parkplatz, obwohl auch hier die Plätze voll waren. Am North Rim wanderten wir vom ersten Parkplatz den Rim Trail bis zum Canyon Lookout Point. Dann fuhren wir noch zum Grand View Point und zum Inspiration Point.

Weiter südlich hat sich der Yellowstone River einen noch beeindruckenderen Canyon gegraben: Den Yellowstone Grand Canyon. Im Hintergrund sind die Lower Falls zu sehen. Blick vom Lookout Point.

Ausblick flussabwärts vom Grand View.

Die Lower Falls nochmal vom Artist Point.
Auf der Südseite beließen wir es beim Artist Point. Die Wolken wurden immer dichter, aber wir bekamen noch Sonnenfotos hin. Danach verspeisten wir erstmal die mitgebrachten, reich belegten Burritos. Dazu setzte ich mich etwas abseits auf einen Baumstamm. Plötzlich fing allerdings hinter mir eine Rangerin an, lautstark einen Vortrag zu halten. Und vor mir standen irgendwelche Asiaten und filmten, wobei sie mich und meine Langnase im Vordergrund hatten. Das war mir zu dämlich. Ich ergriff die Flucht...
Unser letzter Programmpunkt sollte der Mud Volcano sein. Die Fahrt dorthin war etwas mühsam, weil irgendsoein Wildsucher mit 20km/h durch die Gegend schlich und einen langen Tross hinter sich aufstaute. Bei einer Bisonherde ging es so langsam voran, dass selbst ich als Fahrer paar Bilder machen konnte.

Eine Horde Bisons direkt an der Straße.
Der Mud Volcano war nochmal eine Geschichte zum gestrigen geothermalen Thema, das den Yellowstone Park so einzig macht. Ein Bohlenweg führte durch die Landschaft und verband zahlreiche brodelnde und blubbernde Schlammbecken, die extrem nach Schwefel stanken. Die Sonne hatte sich zwar nach dem ersten Foto verabschiedet, aber eindrucksvoll wurden die Fotos auch so...

Es dampft der Mud Caldron in der Mud Volcano Area.

Dragons Mouth Spring. War diese Farbe nicht mal Mode für Autos?

Bröbbel. Das Sizzling Basin. Ein Gestank war das...
Nun war 15 Uhr durch. Wir wollten es heute nicht so spät werden lassen wie gestern und traten die Rückreise an. Auch heute hatten wir viel gesehen - und das wieder bei mehr Sonnenschein, als gemäß Vorhersage zu erwarten war. Zur Rückfahrt nahmen wir ab Canyon Village die Verbindungsstraße an die Westroute und fuhren diese nordwärts. Einen Powernapp konnte ich im Stau vor der Baustelle mit manueller Verkehrsregelung halten. Wir standen dort ewig...
Tja, das war der Yellowstone Nationalpark. Auch wenn die Gesamtumstände des Wetters eher beklagenswert sind, so freuten wir uns, dass wir dem Park diese zwei Tage bei doch noch recht viel Sonnenschein widmen konnten. Zurück in Livingston besorgten wir bei der zweiten einheimischen Brauerei, Neptunes Brewery, Biernachschub für unseren Kühlschrank und fuhren in die Bude. Nach kurzer Regeneration liefen wir zu einem Burgerbrater im Stil der 60er Jahre, der auch tatsächlich 1954 eröffnet worden war.

Wenn diese Grillbuzze (und ein Teil der Kundschaft) nicht klassisch ist...
Auch heute konnten wir das Mitgebrachte schön zuhause in der Bude essen. Danach gab es draußen heftiges Gedonner, obwohl weder Gewitterwolken noch Blitze zu sehen waren. Vielleicht ist ja der Supervulkan Yellowstone ausgebrochen...
Wir mussten uns nun die Karten für die nächsten Tage legen. Es sollte jetzt definitiv mal wieder woanders hingehen. Im Südwesten, also südliches Nevada, Kalifornien, Arizona, würde man wohl längerfristig topp Wetter haben. Aber da haben wir uns schon mal hintreiben lassen. Und dazu hatten wir diesmal eigentlich gar keine Lust...
Es sollte westwärts gehen. Als heutiges Ziel fiel der Ortsname Sandpoint. Also praktisch entlang der einstigen MRL westwärts. So ging es um 8 Uhr auf die Autobahn, die wir abgesehen von Tank- und Pinkelstopps erst wieder in Missoula verließen. Parallel zur BNSF MRL 10th Subdivision ging es dann auf Landstraße über den Evaropass und durch das Tal des Flathead Rivers weiter.
In Missoula waren wir irgendwann gegen 11 Uhr. Auf der weiteren Fahrt entlang der "Zehnten" rechneten wir jeden Augenblick damit, dass uns der bekannte Gas Local entgegen kommt. Der Fotograf aus Thompson Falls, den wir Montag getroffen hatten, meinte, dass der Gas Local nur noch leer, also ostwärts, über die wunderschöne 10th Subdivision fährt. Das wäre bei dem von uns erwarteten Zug also durchaus der Fall. Nachdem es bisher fast nur unter Wolken ging, zeigte sich nun abschnittsweise die Sonne. Das erhöhte natürlich die Spannung. Zu unserer Überraschung standen in Dixon jetzt neue Signalanlagen. Die Zehnte wird also sicherungstechnisch aus dem "dark territory" (Zugleitbetrieb) ans Licht geholt. Hinter Dixon stand die Strecke allerdings immer wieder voll mit Baufahrzeugen, was uns bald überzeugte, dass uns hier eher nichts entgegen kommt.
In Plains ging es wie 2018 schon zur Essensaufnahme zu "Butchers Nook", eine Mischung aus Deli, Restaurant und Take Away. Offenbar lief das Geschäft nicht schlecht. Man war zwischenzeitlich in ein größeres Etablissement am nördlichen Stadtrand umgezogen. Dort gibt es sehr gute Burger. Und für hinterher nahm ich noch nen phantastischen Doghnut mit. Der Plan war, die Sachen an dem kleinen Fotohügel nördlich des Ortes zu genießen - wie 2018 schon. Nachdem wir heute Morgen schon zuhause und unterwegs von der Autobahn nur je einen Zug gesehen hatten, tauchte natürlich gerade, als wir Butchers Nook verließen, der Gas Local auf. Das war sehr spät! Da der geradewegs auf einen Abschnitt größerer Bewölkung zusteuerte und wir davon ausgingen, dass er eh wegen der Bauarbeiten über die "Vierte" und St Regis nach Missoula fahren würde, sahen wir von einer Verfolgung ab. Er hatte zwei orange BNSF-Loks vor und die Wagen waren jetzt schwarz statt wie früher hellgrau. Die zweite Lok war auch auf der Nordseite übelst beschmiert.
Wir setzten uns trotzdem auf den Hügel und warteten etwas. Aber es blieb still auf der Strecke. Nach einer halben Stunde fuhren wir weiter. Bei dieser Entscheidung lag der Gedanke zugrunde, dass wir diese Kurve 2018 eigentlich schon gut hinbekommen hatten. Ein Motiv nördlich von Thompson Falls, bei Trout Creek, hatten wir hingegen überhaupt nicht zufriedenstellend bekommen. Deshalb fuhren wir dorthin weiter. Und es war nicht so, dass uns unterwegs irgendwas entgegen gekommen wäre.
Unterwegs sahen wir an einigen Häusern die US-Flagge in grauweiß, bei der nur der mittlere Streifen blau war. Das sind Anhänger der Blue Lives Matter Bewegung, die für den Schutz von Polizisten vor Übergriffen eintritt und stärkere Bestrafung von Übergriffen gegen Polizisten fordert - also praktisch das Gegenstück zur Black Lives Matter Bewegung. Ansonsten war heute natürlich überall Halbmast geflaggt; wir hatten den 11. September.
Über den Bergen türmten sich mittlerweile die Gewitterwolken. Aber Trout Creek war noch sonnig, wir fanden einen schönen Damm und entwickelten auch ein Konzept, wie man hier Züge beider Richtungen mitnehmen könnte. Züge beider Richtungen, ha-ha! Wenn wenigstens in eine Richtung ein Zug gekommen wäre! Statt dessen donnerte es bald rings um uns herum (Gewitter, nicht Zug!) und der Wolkenschatten rückte näher. Wir brachen ab. In der erstbesten Internetwolke im Dorf gab es nochmal einen Wettercheck, dann buchten wir das Hotel in Sandpoint. Und fuhren los. So weit war das gar nicht mehr. Und mit Einreise nach Idaho machten wir sogar eine Stunde gut.
Landschaftlich war das alles sehr schön. Der Clark Fork River bildete immer wieder Seen, an denen bestimmt auch das eine oder andere Zugmotiv abgehen könnte. Irgendwie rechneten wir heute aber nicht mehr mit Zügen. Gesehene Signale blieben konsequent dunkel. Hinter Clark Fork waren wir aus den Gewitterwolken raus und kamen wieder an einem Blocksignal vorbei, das beidseitig dunkel war. Eine Minute später kam uns der Zug entgegen! Ein schöner Stacktrain. Wir drehten noch, konnten ihn aber unmöglich einholen, bevor er in Clark Fork die Flussseite wechselte. Uns war schon am Bozeman Pass aufgefallen, dass die Signale an der ex MRL-Strecke erst im allerletzten Moment vor dem Zug angehen und damit als Vorwarnung quasi unbrauchbar sind.
War nun der Bann gebrochen? Wir fuhren weiter nach Sandpoint. Dort wollten wir die lange Brücke umsetzen. Da dort die BNSF-Züge sowohl in Richtung ex-MRL als auch in Richtung Northern Transcon entlang kommen mussten, hofften wir auf etwas mehr Verkehr. Und der kam dann auch, als wir gerade parkten. Von hinten. Und zwar so, dass er etwa drei Minuten zu früh für einen geeigneten Nachschuss war. Dumm gelaufen, zumal er die vordere (neue) Brücke nutzte, wie es für ein bodenständiges Bild Pflicht ist. Tja, da saßen wir dann. Zwar kann man paar schöne Bänke unter Pinien nutzen, doch der Lärm der unmittelbar anschließenden Schnellstraße war nicht so toll.
Man sieht im Net fast nur ältere Bilder von der eingleisigen Brücke. Sie stellte ein gewaltiges Nadelör zwischen der zweigleisigen Strecke von Spokane und der Aufteilung in die beiden oben genannten Strecken ostwärts dar. Deshalb wurde von 2019 bis 2022 eine zweite Brücke daneben gebaut und bis Spätsommer 2023 dann auch die alte Brücke in einigen wenigen Segmenten neu errichtet. Wie wir im Laufe der Folgetage feststellen sollten, wird in der Betriebsweise nur selten vom Rechtsverkehr abgewichen, so dass Züge in Richtung Spokane über die neue und Züge in Richtung Sandpoint über die alte Brücke rollen. Die Signaltechnik erlaubt selbstverständlich auf beiden Brücken Fahrten in beide Richtungen.
Irgendwann kam ein Getreidezug von Norden (Osten), der im hinteren Bereich nagelneue, unbeschmierte Getreidewagen hatte. Der muss uns sogar die ganze Zeit über die ex-MRL hinterher gekommen sein, denn genau diesen Zug hatten wir gestern Abend in Livingston stehen sehen. Blöd jetzt für uns: Die Schublok stand falschrum. Das Licht mumpfte nun zunehmend herum. Wir setzten uns noch Zeit bis 18 Uhr, dann wollten wir ins Hotel. Um 17:45 kam immerhin noch ein Getreidezug - diesmal mit richtigrum stehender Schublok. So konnten wir heute doch noch ein Zugbild machen...

Die Brücke war durchaus ein Wunschmotiv von uns: Ein Getreidezug auf der 1453m langen Sandpoint Junction Connector Rail Bridge durch den Lake Pend Oreille.
Wir hatten das Hotel Cedar Street mitten in der Innenstadt. Hier war was los! Schräg gegenüber im Park spielte eine Rockband. Die ließen wir aber rechts liegen. Yannick hatte zielgerichtet ein Brauereirestaurant paar Blocks weiter ausgemacht und mich mit dem Hinweis angelockt, dass man dort indisch essen könne. Wir konnten schön draußen sitzen und das Bier war klasse. Nur das Essen dauerte. Das dauerte sogar sehr lange. Als die Kellnerin mal wieder vorbei kam und fragte, ob alles zur Zufriedenheit sei, erwähnte ich beiläufig, dass wir noch auf unsere Chicken Korma warteten. Kurze Zeit später eröffnete sie uns, dass man unser Essen vergessen habe und dass die Küche inzwischen geschlossen sei. Das tat ihr so dermaßen leid und war ihr dermaßen peinlich, dass sie die inzwischen 2 (J) plus 4 (Y) Biere aufs Haus nahm. Wir sprechen da immerhin über einen Wert von rund 45 Dollar! Ok, das war ein faires Angebot.

Humor haben sie, die Amis...
Der Hunger war zwischenzeitlich aber nicht kleiner geworden. Zum Glück fand Yannick in unmittelbarer Nachbarschaft eine Pizzeria, in der es weiteres Bier und eine hervorragende Pizza draußen auf der Terrasse gab. Der Abend war gerettet!

Lecker Pizza rettet den Abend.
Das Frühstück war amerikanisch mit dem üblichen Einweggeschirr, aber in dieser Klasse doch mit guter Auswahl. Nach all den Muffins stand mir mal der Sinn nach Süßem, Bagel mit Butter und Marmelade. Insgesamt hatte das Hotel einen sehr positiven Eindruck auf uns gemacht. Das Zimmer war groß und topp ausgestattet. Für das Zimmer waren 105€ definitiv nicht zu viel verlangt.
Irgendwie hatte während des Frühstücks das Sonnenlicht nicht so recht rauskommen wollen, obwohl wir draußen nur blauen Himmel sahen. Als wir uns auf den Weg machten, die lange Brücke von der Südostseite zu inspizieren, sahen wir den Verursacher: Ein blödes küddeliges Wolkenfeld, das mal mehr, meist aber weniger bis gar kein Licht durchließ. Den Standpunkt fanden wir schnell. Eine Private Road ohne Verbotstafeln führte zu einem großen Anwesen hoch, das den Eindruck machte, dass kurz vor Vollendung das Geld alle war. Jedenfalls war da niemand und wir konnten den schönen Panoramablick genießen. Nur das Wolkenfeld nervte total.
Ein von Süden kommender Getreidezug blieb dann auch noch überflüssigerweise auf der Brücke vorm Signal der Sandpoint Junction stehen. Entweder der verbirgt uns jetzt sämtliche Züge in der richtigen Richtung oder er bleibt dort, bis das Wolkenfeld sich aufgelöst hat. Sollen wir jetzt positiv oder negativ denken? Leider kostete jede Minute Wartezeit auch Seitenlicht.
Ok, positiv denken, ganz im Ernst? Bei diesem Hobby kann es ja nur noch dämlicher kommen, als man es sich vorstellt. Natürlich verbarg uns der Zug einen Südfahrer, aber das war ja eh fast klar gewesen. Und er fuhr tatsächlich erst weiter, als sich das küddelige Wolkenfeld aufgelöst hatte. Bald war unter uns Motorengeräusch zu hören. Stände die Schlusslok richtigrum? Da, sie ist zu sehen! Richtigrum! Oh, dahinter eine falschrum. Noch eine richtigrum und noch eine richtigrum, yippieh! Doch dann kamen wieder Wagen. Zwar schön helle, aber das nutzte alles nichts, denn am Schluss lief gar keine Lok mit... Es ist so nervig. Das Licht wanderte nun auch zu sehr in die Achse, so dass wir uns eine andere Stelle suchen mussten.
Man musste hier beim Autofahren etwas aufpassen, weil an diesem Hang viele fette Truthähne durch die Gegend liefen. Die nächste Stelle war nicht weit entfernt. Dort hatte man auch noch die Brücke im Hintergrund. Der Vordergrund war jetzt in der Entschattungsphase. Natürlich kam jetzt nur etwas von hinten - immerhin mit zwei Loks als Schub.

Von Süden rollt ein Kesselwagenzug auf die lange Brücke über den Lake Pend Oreille.
Aber man saß auch dort wunderbar. Ich konnte sogar im Auto ein kleines Nickerchen machen. Leider wanderte auch hier das Licht bald ziemlich in die Achse. Vorm Aufbruch ging ich nochmal "in die Büsche". Als ich wieder zum Auto lief, nahm ich hinten auf dem Damm eine Bewegung wahr. Da näherte sich ein satter Containerzug! Mittlerweile waren schon wieder ganz schön viele Wolken am Himmel. Doch der Stacktrain klappte wie gewünscht.

Zum Schluss kommt doch noch ein Zug von vorn, sogar ein schöner Stacktrain. Falls die Bilder etwas unnatürlich wirken: Mit dem Dunst in der Luft war die Bildbearbeitung ein ziemlicher Kampf.
Das war schön. Nun wollten wir an die ex-MRL wechseln, wo wir gestern einen schönen Damm für mittags gesehen hatten. Obwohl wir ein oranges Signal für Ostfahrer sahen, fuhren wir noch eben bei Wendys lang. Als wir uns mit den Fresstüten an Bord der BNSF MRL 4th Subdivision näherten, rollte natürlich gerade ein Zug in unsere Richtung. Da hätte man angesichts des orangen Signals natürlich mit rechnen können. Der Manifest war auch ganz schön schnell. Einholen war undenkbar. Zu unserem Trost lag unser Motivdamm komplett im Wolkenschatten, als wir ihn fast zeitgleich mit dem Zug erreichten.
Etwas nervig war, dass der Fotostandort an einer bestimmten Stelle am Straßenrand lag, dass man dort aber nicht parken konnte. Also stellten wir das Auto Stück weiter in eine Haltebucht. Das Konzept war, schnell ins Motiv zu laufen, wenn hinten ein Zug auftaucht. Ok, das haben wir dann genau einmal gemacht - genau zwischen Daves Double und dem Chili. Der Spurt war schon etwas heftig für zwei Menschen ohne Kondition. Und wofür? Für nichts! Der Damm hatte nämlich gar keine Sonne.
Wir aßen noch etwas weiter, verlegten uns dann aber ins Motiv, wo man hinter der Leitplanke ganz passabel sitzen konnte. Jetzt kam natürlich erstmal nichts... Ok, das hatte ich natürlich profilaktisch geschrieben. Und es half. Nur wenig später tauchte der dritte Zug in Folge in die richtige Richtung auf. Und der wurde freundlicherweise sogar komplett ausgeleuchtet.

Zwischen den Bahnhöfen Kootenai und Hope rollt ein Getreidezug über eine Seebucht. Wir sind noch immer am Lake Pend Oreille.
Die ursprüngliche Überlegung war, es vielleicht nochmal in Trout Creek zu versuchen, doch in der Richtung hingen wieder mehr Wolken. Heute Morgen hatten wir gesehen, dass man die lange Brücke durch den Lake Pend Oreille in Sandpoint auch von der Südwestseite machen können müsste. So fuhren wir mal wieder dorthin. Von den Truthähnen lagen nun zwei tot am Wegesrand. Wir kamen mit einer netten Anwohnerin ins Gespräch, die einen Wanderweg bergauf empfahl. Wir schauten aber erstmal, was von Straßenniveau so alles möglich sei. Und auch hier wurden wir bald bedient.

Als erstes kommt ein Manifest,...

...dann ein Getreidezug, dem ein...

✈ ...Stacktrain entgegen kommt.
Gegen 16 Uhr dreht das Licht auf die Nordfront der Züge. Deshalb verließen wir das Südufer und fuhren nochmal zum Nordende der Brücke in die kleine Parkanlage und hofften, dass bis zur all zu starken Abschwächung der Sonne durch den zunehmenden Dunst noch der eine oder andere Zug fahren würde. Nebenbei wurden wir bischen durch zwei Jungs unterhalten, die immer wieder auf die Eisenbahnbrücke kletterten und runtersprangen. Paar schöne Züge von Süden kamen auch noch. Ohne Drohne hätten wir die über die alte Brücke fahrenden Züge nicht fotografieren können, weil die neue Brücke mit etwas Abstand neben die alte gebaut worden ist.

✈ Da grundsätzlich rechts gefahren wird, kann man die bekannte abendliche Perspektive von Sandpoint aus als Vorschuss nur noch per Drohne machen. Als erstes kommt ein Manifest mit nur einer führenden Lok. Das ist immer ein etwas ungewohntes Bild.

✈ Es folgt ein Getreidezug über die Sandpoint Junction Connector Rail Bridge.

✈ Einen Stacktrain fotografiere ich per Tele weit draußen auf dem Lake Pend Oreille...

✈ ...und dann nochmal mit Weitwinkel.
Verrückterweise hofften wir darauf, auch einen Zug von hinten mit passender Schlusslok zu bekommen, damit man auch nochmal bodenständig was machen kann. Aber aus Richtung Norden herrschte leider erstmal Sendepause. Das habe ich natürlich in der Hoffnung geschrieben, dass nun doch was kommt. Diesmal half es aber nicht. Nun ja, einen Nachschuss hatten wir ja gestern hinbekommen. Dafür kam, als wir gerade am gehen waren, im letzten Licht noch ein Containerzug von Süden rauf.

✈ Im allerletzten Licht gibt es noch einen Stacktrain.
Wir hatten zwar heute Morgen ausgecheckt, aber da wir den Morgenblick auf die Brücke unbedingt morgen nochmal versuchen wollten, haben wir das Cedar Street Hotel in Sandpoint direkt nochmal gebucht. Mit Umweg über eine weitere Brauerei gelangten wir wieder ins Hotel. Für das Abendessen hatte Yannick ein richtiges indisches Restaurant gefunden, also nicht die Brauerei mit paar indischen Gerichten von gestern. Dorthin liefen wir nun. Das Essen war ok, "medium hot" war vielleicht bischen arg scharf. Ich war hinterher gut voll...

Heute hatten wir den Inder verdient. Mein Saag Lamb, also Lamm mit Spinat, mag zwar eklig aussehen, war aber sehr gut.
Wie gesagt wollten wir uns heute nochmal um den Morgenblick auf die lange Brücke kümmern. Heute machten wir uns 40min früher startklar und fuhren nach dem Auschecken direkt rüber. Bei der Anreise breiteten sich Nebelflusen über dem Lake Pend Oreille aus. Während des Morgens hatten wir nur einen einzigen Zug gehört. Als wir am Hang der Truthähne bei dem verlassenen Haus ankamen, herrschte zunächst Stille. Dann, oh Jubel, trötete es weit hinten im Ortsbereich von Sandpoint. Die Nebelwurst hatte sich bereits wieder verpieselt. Also alles gut? Ja, für einen kurzen Moment. Dann hornte es auch von hinten. Nee, oder?
Der Gleisplan in Sandpoint sieht so aus, dass die Strecke von Süden zweigleisig bis einschließlich der langen Brücke ist. Unmittelbar nördlich der Brücke muss an einer Überleitstelle sortiert werden. Das linke Gleis führt eingleisig weiter zur Kootenai River- und Hi Line Subdivision, bildet also die Northern Transcon der BNSF. Das rechte Gleis führt zur ex MRL. Dort folgt dann auch unmittelbar der Ausweichbahnhof Kootenai. Somit kann kreuzungsfrei also nur gefahren werden, wenn ein Nordfahrer auf die ex MRL will und ein Südfahrer von der Transcon kommt. Da sich also in den allermeisten Fällen die Fahrwege in Sandpoint ausschließen, kommen Züge vom Süden leider all zu häufig auf der Brücke zum Stehen und verdecken den Gegenzug. Das ist wohl der entscheidenste Nachteil der neuen Brücke, denn früher fand diese Warterei natürlich am Südufer statt.
So kam es, wie es kommen musste. Eine Zeitlang war gar nichts mehr zu hören, dann begann es unterhalb von uns zu rauschen und gleichzeitig schoben sich hinten in Sandpoint die orangen Loks des von uns begehrten Südfahrers ins Bild. De-dumm! Blöd gelaufen. Der einzige kleine Trost war, dass der Nordfahrer eine richtigrum stehende Schublok hatte. Später kam immerhin ein Kohlezug südwärts gefahren.

Im immer noch zarten Morgenlicht kommt ein Kohlezug über die Sandpoint Junction Connector Rail Bridge gefahren.
Während wir da so im Gras saßen, lief plötzlich doch jemand auf dem Grundstück herum und richtete dies und das. Und ein Hund tauchte auch noch auf. Nach einer kurzen Phase der gegenseitigen Nichtbeachtung lief ich doch mal hin, erklärte unser Tun und fragte, ob das ok sei. Als erstes brüllte er "Go home!". Die Ansprache galt aber ganz eindeutig dem Hund. Mit uns hatte er hingegen gar kein Problem. Er schien eine Art Verwalter oder der kümmernde Nachbar zu sein. Später kam noch ein Auto angefahren, dessen Fahrer nett grüßte. Offenbar führte unser Weg um die Ecke rum noch zu weiteren Häusern.

Bevor das Licht all zu stark in die Achse wanderte, kam noch dieser Getreidezug über den Lake Pend Oreille gefahren.
Immerhin waren am Ende paar Züge gekommen. Nun wanderte das Licht aber definitiv in die Achse. Die spannende Frage war jetzt, was wir weiter machen wollten, und zwar a) jetzt und b) die nächsten Tage. Wobei b) dann ja sinnvollerweise auch a) beeinflusst hätte. Insgesamt etwas abturnend war dieses dunstige Wetter, bei dem der blaue Himmel eigentlich nur grau aussah. Weiterhin abturnend waren die Wetterberichte, die sich völlig widersprachen. Wir einigten uns erstmal für a) auf Trout Creek. Die Motive hätte man ja doch gern mal. Und dann konnte man weiter sehen.
So fuhren wir also entlang der BNSF MRL 4th Subdivision dorthin. Beim Fahren durch die ewigen Wälder lässt die Aufmerksamkeit ja durchaus mal etwas nach. So war dann eine ziemliche Vollbremsung fällig, als ich das leicht desorientiert wirkende Reh (ok, hier gibt es keine Rehe, also war es ein Reh ähnlicher Hirsch) vor uns auf der Fahrbahn sah. Es ging nochmal alles gut (außer das Reh hätte suizidale Absichten gehabt).
So trafen wir ca 11:30 Montana-Zeit in Trout Creek ein. Der Rastplatz am See war zum Glück leer, so dass man sich dort mit startbereiten Drohnen hinsetzen konnte. Doch auf dem Gleis herrschte erstmal wieder Totentanz. Wir hatten zwar Signalblick, waren nun aber schon mehrfach belehrt worden, dass die Signale auf dieser Piste praktisch erst im Angesicht des nahenden Zuges angehen. So lief das auch, als doch noch ohne jegliche Vorwarnung ein Kohlezug gen Osten auftauchte. Gut, dass wir die Drohnen eingeschaltet bereit gehalten hatten. Motivlich war das wunderschön.

✈ Nochmal ein kurzer Abstecher nach Montana: Ein leerer Kohlezug schneidet auf einem Damm bei Trout Creek eine Bucht des Noxon Reservoir ab.
Nun ging allerdings der Totentanz weiter. Als das Licht an unserem Damm von der Front weg wanderte, siedelten wir erstmal an den Ortsrand von Trout Creek um, wo wir an der Brücke über den Trout Creek, der hier praktisch schon Seearm war, warteten. Hier wäre für Ostfahrer noch etwas länger Frontlicht gewesen. Aber nun kam überhaupt nichts mehr. Als das Licht langsam anfing, am Seedamm etwaigen Westfahrern auf die Nase zu scheinen, fuhren wir wieder rum. Und warteten wieder mal... Ein Manifest kam nun von hinten. Wie immer stieg die Spannung auf die Schublok. Doch diesmal war die völlig untauglich. Sie stand falschrum und hatte vor ihrer Nase einen leeren Flachwagen.
So nebenbei checkten wir wieder und wieder die Wetterberichte. Mein persönliches Haupt-Wunschziel, die Hi Line in Montana, zu erzwingen, machte fast keinen Sinn mehr. Wenn wir mal stabilere Sonne haben möchten und hoffentlich dann auch nicht diesen Dunst, schien es für die nächsten Tage eigentlich nur den Weg südwestwärts zu geben. Das war nun nicht unbedingt unsere Wunschgegend... Und ob man dort dem Dunst wirklich entgeht, ist auch noch die Frage.
So verbrachten wir also paar Stunden am Seeufer, doch nichts kam. Die ringsherum an den Bergen klebenden Wolken hatten uns komplett in Ruhe gelassen. Erst gegen 17 Uhr fingen sie auch bei uns an zu nerven. Und plötzlich war es dann ganz vorbei mit Licht. Zeit zu gehen. Tja, Trout Creek bleibt schwierig, das hatten wir schon 2018 festgestellt...
Wir hatten jetzt übrigens ein einstweiliges Konzept. Morgen sollte es nirgends so richtig toll werden. Ab Montag sollte ein zwei Tage währendes Schönwettergebiet von Westen über den Kontinent ziehen. Jedenfalls mit Stand hier und jetzt und auch nur nach den meisten Wettermodellen. Das Konzept sah nun also vor, heute zum dritten Mal im Cedar Street Hotel zu Sandpoint einzuchecken und morgen in Ruhe westwärts dem schönen Wetter entgegen zu fahren. Im Idealfall könnte man im Laufe der Woche sogar mit dem schönen Wetter nach Denver zurück reisen. Na ja, vielleicht müssen wir morgen auch schon wieder alles über den Haufen werfen...
Jedenfalls waren wir um 18 Uhr schon wieder in Sandpoint zurück. Das Passieren der Grenze Montana - Idaho ist hier oben auch eine Zeitgrenze, bei der man westwärts eine Stunde spart. Nochmal an die Brücke zu fahren, kam nicht in Frage, denn der Dunst hing wie eine Waschküche über dem Lake Pend Oreille. Wir checkten wieder im Hotel ein und liefen zu einer dritten Brauerei in diesem sympatischen Städtchen, der MickDuffs Brewing Company. Leider war draußen alles voll und auch drinnen bekamen wir nicht gerade den schönsten Platz, aber Bier und das Philly Cheese Steak waren gut. Letzteres ist eine Art geschnetzeltes Roastbeef mit Käse und Pickles im Baguette.

Philly Cheese Steak.
Als Verdauungsspaziergang liefen wir mal zum Bahnhof. Die Cedar Street geht in eine überbaute Brücke über den Sand Creek über, die direkt auf das auf einem schmalen Landstreifen zwischen Sand Creek und dem See gelegene Bahnhofsgebäude zu führt. Paar Sachen sind nun aber etwas schade: Zwischen Brücke und Bahn verläuft die Schnellstraße, und die kann nur mittels Umweg durch den nächsten Straßentunnel unterquert werden. Schade ist auch, dass die Personenzüge hier, am einzigen Personenzughalt Idahos, mitten in der Nacht halten. Immerhin reicht der Bahnsteig für beide Zugteile, den nach Seattle und den nach Portland. Jedenfalls wenn so gehalten wird, dass die letzte Tür des ersten Zugteils und die erste des zweiten Teils am Bahnsteig zum Stehen kommen.

Die Cedar Street Bridge über den Sand Creek in Sandpoint.

Das Statiönchen. Sandpoint ist der einzige Personenverkehrshalt Idahos. Der Bahnsteig (nur der kleine Perron mit dem hellen Geländer!) ist hier vollständig zu sehen. In dem Kasten befindet sich ein Hublift für Rollis. Der pikobello sauber aussehende Warteraum wird eine halbe Stunde vor Zugfahrt per Zeitschaltung aufgeschlossen.
Im Hotel gab es nun noch lecker Bierchen und etwas Relaxing.
Heute brauchten wir den Wecker nicht zu stellen. Leider gab es kein mehrgängiges Frühstück, denn alle vier Tische in der Lobby waren belegt (was ein Wunder!) und die Bagels mussten auch langsam mal nachgelegt werden. Anderes Gebäck fehlte ganz. Diese abgepackte Esskultur finde ich ja immer wieder faszinierend. Besonders herausragend sind die Muffins mit Käse, Schinken und Ei, die in Plastik verschweißt im Kühlfach liegen und die man (möglichst ohne Plastikverpackung) in die Mikrowelle legt. Außerdem liegen im Kühlfach kleine Beutelchen mit je zwei hartgekochten Eiern. Ohne Schale natürlich... Na ja, wir toasteten uns jeder einen Bagel, nahmen Creamcheese (Y) und Butter mit Jam (J) mit, dazu Joghurt, kleine Küchlein und Tee, und balancierten das zum Zimmer.
Dann ging es auf die Straße. Die Fahrt war wie immer kurzweilig. Eine Folge Mordlust:innen gab es natürlich auch. Draußen herrschte bedeckter Himmel und gelegentlicher Regen. Wir wunderten uns über die vielen Fahnen auf Halbmast entlang der Route. Die schwache Erklärung war, dass die noch vom 11. September übrig geblieben sind. Das Drama um den getöteten Charlie Kirk bekamen wir erst viel später mit.
Über Spokane und durch viel offene, aber durchaus hügelige Landschaft gelangten wir in die Drillingsstädte, wo wir in Kennewick endlich mal wieder bei Panda Express speisen konnten. Zuvor hatten wir die Verbindung zu unserer 2020er Tour geschlossen, die bislang keinen Kontakt zu Routen anderer Touren hatte. Und an der Ausfahrt Hatton haben wir an einer unverschämt teuren Tanke getankt. Der Sprit kostete da 1,20$ mehr pro Gallone als später an anderen Zapfsäulen... Immerhin scheint die Geschichte mit der Eingabe des Zip-Codes beim Tanken inzwischen wirklich Geschichte zu sein.
Im weiteren Fahrtverlauf bogen wir in den Abschnitt des Columbia River Valleys ein, der unser Zielgebiet sein sollte. Sicher - hier waren wir schon mal fotografisch tätig, aber 2020 war auch noch genug offen geblieben. Paar Ideen hatten wir jedenfalls. Und paar weitere Ausblicke entdeckten wir jetzt noch. An einem oberhalb des Bahnhofs Wishram setzten wir uns direkt mal fest, denn die Sonne kämpfte sich mehr und mehr hervor. Dazu ging allerdings ein heftiger Sturm, der einen fast vom Berg wehte. Nachdem uns im Tal zwei Züge entgegengekommen waren, herrschte nun aber leider Ruhe auf den Gleisen. Lediglich drüben in Oregon fuhr ein kurzer UP-Zug seiner Wege. Aber der war für uns unfotografierbar. Dann kam sogar ein Zug für den Oregon Trunk, der auf (!) der Columbia-Brücke wartete, bis das Hubteil geschlossen war. Am späten Nachmittag brachte der uns aber im Deschutes Canyon überhaupt nichts. Und dann noch viel später tauchte endlich der Zug auf, den wir fotografieren konnten.

In Wishram im Columbia River Valley zieht die Bewölkung ostwärts ab und macht klarem Abendlicht Platz.

Und dann kommt doch noch ein Zug. Aus Richtung Marryhill fährt ein Kesselwagenzug in den Bahnhof Wishram ein.
Den verfolgten wir auch direkt nochmal. Ein Foto am Horsethief Statepark direkt von der Hauptstraße aus verbaselten wir leider, weil wir nicht die richtige Haltebucht fanden. Statt dessen fuhren wir bis Lyle durch, wo wir schnell einen Felsen erkletterten für den Blick auf den großen Damm westlich des Ortes. Doch was nicht kam, war der Zug. Statt dessen kam von hinten der Amtrak und etwa zwanzig Minuten später noch ein Containerzug, der leider die Schublok falschrum dran hatte.
Unseren Kesselwagenzug hatten sie bereits in Dallesport stehen lassen. Wir hatten noch gewartet, bis die Sonne in den horizontnahen Wolkenmodder eingetaucht war und sahen ihn auf der Rückfahrt nach The Dalles, wo wir uns im The Dalles Motel eingebucht hatten. Nach den schönen Unterkünften der letzten Zeit war ich von dem Siebzigerjahrebau etwas ernüchtert. Aber es passte schon. Nicht zu leugnender Vorteil des Hotels war die Lage in der Innenstadt. Essenstechnisch hatten wir wieder Appetit auf Einheimisches und fanden den Last Stop Saloon. Und es gab nochmal Philly Cheese Steak. Yannick war mit der Bierauswahl auch sehr zufrieden.

Arme Amber Diaz. Yannick hat sie beim Bierkonsum auf Platz 4 verdrängt. Die Namen tauchen auf der Tafel unten auf, wenn der Betreffende den Konsum des betreffenden Bieres in der App "Untappd" einloggt. Yannicks Score liegt bei 2283 verschiedenen Biersorten. Hmmm, ich war mir sicher, dass das allein auf unseren Touren schon mehr gewesen wären ;-b
Zurück zum Hotel machten wir einen Schlenker an den Bahngleisen entlang. Daneben war ein Festivalgelände, wo gerade irgendein Happening mit dem Singen der Nationalhymne und wehenden Fahnen zuende ging. Dass das eine Gedenkveranstaltung für Charlie Kirk gewesen war, sahen wir erst später auf einem Schild.
Erstmalig wachten wir bei strahlend tiefblauem Himmel auf. Das war ja schon an sich ein Erlebnis. Wir verzichteten auf das minimale Hotelfrühstück ohne Tische in der Lobby (!) und fuhren gemäß unseres Konzeptes erstmal an die Norduferstrecke. Das Motiv von der Straßenbrücke über den Columbia River mit Mt Hood im Hintergrund lachte uns im herrlichsten Morgenlicht an. Da man auf der Brücke nicht so schön stehen konnte und ein erkennbares Blocksignal nur Dunkelheit zeigte, schauten wir noch bis zum Bf Lyle weiter. Als dort aber auch alle Signale finster waren, wollten wir zu einem anderen Programmpunkt übergehen. Erstmal Frühstück und Getränke bunkern, dann ab in die Wildnis. Ein Vormittag im Deschutescanyon sollte es jetzt sein. Man mag es Fatalismus nennen, wir aber nannten es Urlaub in allerschönster Szenerie mit einer gewissen Chance auf eine Zugaufnahme.

Der Highway 197 führt hügelauf und hügelab durch die goldenen Stoppelfelder und eröffnete immer wieder wunderbare Blicke auf den Mt Hood.
So gelangten wir über Highway 197 und die Landstraße 216 in den Canyon, wo wir nach paar Kilometern Schotterpiste den tollen Ausblick bei den Twin Bridges erreicht hatten. Der eigentliche Blick war erst noch im Schatten, so dass wir an anderer Stelle warteten, doch bald konnten wir umsatteln. Nett hier. Aber haben Sie das schon mal mit Zug gesehen?
Nun ja, wir hatten gewusst, worauf wir uns einließen. Wir hatten dazu auch gezielt den Montag gewählt, weil wir da auch auf der Hauptstrecke im Columbiatal nicht mit all zu viel Verkehr rechneten. Na ja, das sind so die Rechnungen, die man dann aufmacht, ohne jegliche Ahnung zu haben, ob man damit richtig liegt. Machen wir es kurz. Es war ein sehr erholsamer Aufenthalt, aber einen Zug bekamen wir nicht zu sehen. Das höchste der Gefühle war ein Hi Railer aus der anderen Richtung.

Ganz leer bleiben die Gleise immerhin nicht. Ein Hi Railer kommt von Süden und hat gerade die Twin Bridges gequert.

Für den Blick in die andere Richtung muss unser Mietwagen herhalten.
Um 12:45 fuhren wir vor, um einen letzten Blick auf das Signal zu erhaschen, das sich auf unserer Höhe befand. Es war finster. Also Abbruch. Am Ende des Fahrweges hatte ein Posten ein Stoppschild aufgestellt. Da musste man erstmal Rechenschaft ablegen über die gefangenen Fische. Von der Sache her betraf uns das nicht, doch leider hatte man beim Stoppschild das Zusatzschild "Fisch" vergessen, so dass wir auch halten und warten mussten, bis der Posten seinen Klönschnack mit dem Camper vor uns beendet hatte. Eine Sache, die bei einer Zugverfolgung ärgerlich werden konnte.
Durch einen imposanten Seitencanyon gewannen wir nun wieder an Höhe, bis wir die Hochfläche mit ihrer goldenen, gewellten Prärie erreicht hatten. Über Grass Valley und den Highway 97 gelangten wir wieder zum Columbia River, dem wir nach einem Verpflegungsaufenthalt am Nordufer ostwärts folgten. Der Plan waren Aufnahmen östlich des Sidings Bates. Als wir dort eintrafen, war dort erstmal ein Hi Railer am Werkeln. Das sah nach Schweißarbeiten aus.
Uns fiel nichts besseres ein als zu warten. Wenn hier keine Züge durchkommen, würde weiter westlich auch nichts rollen - außer natürlich, dass man dort Züge für andere Arbeitsstellen zurückgehalten hätte. Um 15:30 konnten wir beim Ausgleisen zuschauen. Und bald darauf fuhr eine ganze Armada Hi Railer auf der Straße westwärts an uns vorbei. Die hatten jetzt Feierabend. Dann konnte der Zugverkehr ja starten. Konnte er. Tat er aber nicht. Das ist wohl auch symptomatisch für diesen Urlaub, dass man am allerersten richtig schönen Tag keinen einzigen Zug vor die Linse bekommt. Neeeervig!
Wir dachten gerade über einen geordneten Rückzug nach, da das Licht langsam auch für die spitze Perspektive in die Achse drehte. Da tauchte der Zug auf. Und es war sogar ein fotogener, hell leuchtender Stacktrain! Umgehend stieg die Laune... Allerdings war der Zug auch ganz schön schnell. Unsere zwei weiteren Musthave-Motive, die wir im Falle einer Verfolgung angehen wollten, schafften wir zwar - aber viel Vorsprung hatten wir jeweils nicht. Der Zug fuhr zumindest auf geraderen Abschnitten bestimmt so seine 65mph. Das Einholen war nur aufgrund der Umwege und einiger langsamerer Abschnitte möglich.

Und dann kommt doch noch ein Zug. Ein Stacktrain fährt in den Bahnhof Bates ein.

Nun befährt der Zug den Damm im Horsethief State Park.

Zu guter Letzt erwischen wir den Zug auf dem Damm westlich von Lyle.
Da waren wir happy. Nun konnten wir noch die letzte Aufgabe in Angriff nehmen, nämlich den Amtrak auf demselben Damm wie eben, aber natürlich aus der anderen Richtung im Streiflicht zu nehmen. Dazu mussten wir in Lyle auf eine kleine verwilderte Halbinsel. Die No Trespassing Schilder vor der Halbinsel wirkten auch schon ziemlich verwittert bzw waren umgekippt...

Viele kleine Fischerbötchen haben sich im Abendlicht auf dem Fluss versammelt. Die vordergründigen Mückenschwärme reflektieren in der Sonne.

Lets go to... Chicago! Der Zugteil des Amtrak "Empire Builder" aus Portland rollt im Streiflicht über den Damm.
Dann hatten wir es auch. Bis zum Sonnenuntergang war es nicht mehr lange. Wir fuhren nach The Dalles zurück, kauften bischen ein und machten uns frisch. Wir waren jetzt schon paarmal an einer Brauerei vorbeigefahren. Dort konnte man auch essen. Vom Hotel aus lief man einmal die komplette Hauptstraße runter durch das Städtchen. Wir waren erstaunt, wieviele kleine Einzelhandelsläden es hier gab. Ob nun Kleidung, Möbel, Spielsachen oder Bücher - es gab alles. Und zwar keine Ketten. Jetzt, um 19:45, waren wir allerdings die einzigen, die noch zu Fuß auf der Straße unterwegs waren. In die Brauereigaststätte der Freebridge Brewery ging man direkt durch die Brauhalle an den Kesseln vorbei und kam in eine schlichte, aber gemütliche Kneipenstube, in der durchaus noch Leben herrschte. Wir ließen uns zum Bier Pizzas schmecken. Beides hervorragend!

In der Freebridge Brewery läuft man entlang der Kessel zur Gaststube.
So bischen mussten wir uns nun auch die Karten legen. Jetzt hatten wir plötzlich quasi ein Luxusproblem mit dem Wetter. Hier sollte es mindestens bis Donnerstag topp bleiben. Aber auch oben in meiner persönlichen Wunschzielgegend bei Glacier Park und Browning sollten Mittwoch und Donnerstag schön werden. Um das mitzunehmen, hätte man morgen aber bei schönstem Wetter einen Gewaltritt dorthin unternehmen müssen. Jetzt hatten wir endlich schönes Wetter, da wollte man auch draußen sein. Nein, die BNSF Hi Line Subdivision konnte sich jetzt mal ganz gepflegt gehackt legen. Wir schauen erstmal, wann wir hier im Columbia Valley durch sind. So verlängerten wir das Hotel zunächst um eine Nacht.
Um 7 verließen wir wieder mal unser Kabinett und starteten als erstes die Frühstücksbeschaffung. Zu dem Zeitpunkt konnten wir noch nicht ahnen, dass ein entspanntes Frühstück noch in weiter Ferne lag. Der Plan war nämlich wie gestern, von der Straßenbrücke über den Columbia River einen Zug mit Mt Hood im Hintergrund zu fotografieren. Der war nämlich heute wieder völlig wolkenfrei - so wie der gesamte Himmel. Da man auf der Straßenbrücke aber ziemlich blöde stand, war erneut unser Plan, nach Lyle zu fahren und von einem gemütlichen Parkplatz die Signale zu beobachten, die auf dieser Strecke früh genug als Vorwarnung angingen. Wenn es ostwärts grün würde, konnte man locker zur Brücke ins Motiv fahren.
Das Konzept hatte so lange Bestand, bis wir die Baustelle mit einspuriger Verkehrsführung zwischen Dallesport und Lyle zur Kenntnis nahmen. Daher stellten wir uns am Rand von Dallesport an eine Feldzufahrt mit weitem Blick in Richtung Lyle und beschlossen, dort zu warten. Da kam nun erstmal ein Zug drüben auf der UP, den man von hier direkt verarzten konnte - sogar mit Mt Hood.

Von Washington aus fotografieren wir einen UP Zug in Oregon. Während wir am Rand von Dallesport stehen, rollt der Zug vor der Kulisse von Mt Hood gleich durch The Dalles (zu sehen sind die Schubloks).
Der UP Zug war noch gar nicht ganz im Motiv, da tauchte auch am Nordufer noch ganz weit hinten zwischen Bingen und Lyle eine leuchtende Kette auf. Das war der Zug für uns! So ging es zur Columbia River Bridge, wo wir uns einfach mal auf den Fußweg stellten. Der verläuft bloß leider auf der Ostseite der Brücke. Auf der Westseite ist neben der recht schmalen Fahrbahn überhaupt kein Platz. Da steht man sehr übel. Und der grenzüberschreitende Autoverkehr rollte ziemlich ordentlich! Wir testeten eine Notmöglichkeit per Liveview am ausgestreckten Arm vom Gehweg aus. Notfalls ginge das. Oder auch nicht. Der Zug kam, und die Brücke war voller Autos. Auch bei der Liveview-Variante hatte ich Autos davor. Blöd!

Ein Bild war durch Beschränkung auf einen kleinen Ausschnitt doch noch nutzbar. Während unten rechts in der Ecke unmittelbar die Kühlerhaube des nächsten Autos folgt, kommt der Stacktrain vor dem Mount Hood nicht schlecht.
Wir warteten noch etwas länger, weil wir meinten, dass das gar nicht der aus der Ferne gesehene Zug war und es vielleicht eine Überholung gegeben hätte. Doch irgendwann wurde es mir zu blöde. Auf der Brücke war einfach zu viel Verkehr. Wir könnten uns schön gemütlich bei Marryhill ans Ufer setzen und in Ruhe frühstücken. Genau einen Schritt waren wir in Richtung Auto gelaufen, da rief Yannick: Das Signal ist grün! Da mussten wir natürlich warten. Und diesmal konnten wir sogar ein Bild von der westlichen Fahrbahn aus machen.

Dann klappte es doch noch mit (mehr) Fluss: Es ist ein weiterer Stacktrain, den wir ideal von der westlichen Straßenfahrbahn der engen Brücke aufnehmen können.
Nun aber Entspannung und Frühstück in den Felsen bei Marryhill! Wir fuhren ostwärts. Kurz vor Wishram hatten wir den Containerzug schon wieder eingeholt. Der schlich nämlich langsam in den Bahnhof und kam im Westteil sogar zum Stehen. Wishram ist der Bahnhof, wo von der BNSF Fallbridge Subdivision, der Strecke am Nordufer des Columbia Rivers, die BNSF Oregon Trunk Subdivision südwärts abzweigt. Dazu quert sie erstmal den Fluss und drüben die UP-Strecke und verschwindet dann im Deschutes Canyon. Die Brücke über den Columbia River hat ein Hubbrücken-Segment, dass in der Grundstellung hochgezogen ist, da mehr Schiffe unten durch fahren als Züge obendrüber. Und es fahren sehr wenig Schiffe auf dem Columbia River... Im Ostteil des Bf Wishram stand ein Manifest mit drei Loks im Westen und zwei im Osten. Ob der auf den Oregon Trunk durch den Deschutes Canyon will? Wie um die Frage zu beantworten, senkte sich die Hubbrücke langsam in die für eine Zugfahrt vorteilhaftere Position. Für uns war der Fall klar. Das muss ein Manifest der Relation Pasco - Bend (-Kalifornien) sein.
Da wir in den Canyon und zu unseren Motiven einen riesigen Bogen fahren mussten, sahen wir zu, dass wir loskamen, während erstmal noch der weiterfahrende Containerzug den Fahrweg des Manifest in Richtung Brücke kreuzte. Als wir bei Dallesport den Columbia River querten, kam unten gerade der BNSF Müllzug angefahren. Tja, den hätte man jetzt schön weiter östlich machen können. Aber der Deschutes Canyon hatte ganz klar Priorität. Über den Highway 197 gelangten wir schön zügig südwärts. Die Piste durch die goldenen Stoppelfelder war schön leer und herrlich zu fahren. Als wir 50 Min später im Canyon ankamen, waren wir vollkommen sicher, dass wir vor dem Zug sein mussten.

Auto mit Ganzwerbung...
Tja, und da standen wir dann mit den Kameras in Bereitschaft. Das war irgendwie gar nicht so entspannt wie gestern. Ans Frühstück mochte keiner von uns so richtig denken. Und wir standen. Und standen. Der Schatten am Fotostandpunkt wurde immer weniger. Und wir standen. Also, um es deutlich zu machen: Da kamen schon wieder Stunden zusammen! Und irgendwann waren es so viele Stunden, dass das Ende der korrekten Ausleuchtung drohte. Es ist kaum zu glauben. Wir hätten in Wishram die Abfahrt des Zuges abwarten sollen. Die Brücke hätte genau so gut für einen Nordfahrer oder einen Hi Railer runtergedreht worden sein können. Aber wir sahen halt nur den riesigen Bogen, den wir auf der Straße fahren mussten. So langsam hatte man jedenfalls keine Lust mehr auf diesen Canyon...
Wir fuhren erstmal noch zum Signalekucken bis hinter den Ausweichbahnhof Oakbrook und dann, weil alles dunkel war, gemütlich nach The Dalles zurück. Dort ging es kurz ins Hotel, dann gegenüber zum Burgerville. Yannick hatte Hunger und sollte später von seinem Baconcheeseburger auch sehr begeistert sein. Der sah auch gut aus. Ich selbst hatte irgendwie gar keinen Hunger, nachdem ich den Rest meines Frühstücks erst gegen 12 verspeist hatte. Lediglich die Milkshakes, die angeblich mit frisch pürierten Früchten angerichtet werden, machten mich an. So gab es für mich einmal "Oregon Strawberry" aus dem Stammsortiment und für Yannick irgendwas mit Brombeere aus einer Aktion. Ja, die waren wirklich gut.

Zucker kann so lecker sein... "Gesunde" Fruchtshakes bei Burgerville, einer eher lokalen Kette.
Als wir gerade wieder über die Flussbrücke nach Washington einreisen wollten, rollte diesseits auf der UP ein westbound Stacktrain heran. So sahen wir zu, dass wir auf die Autobahn kamen, um dem Zug voraus zu fahren. Wir konnten ihn dann am Memaloose Statepark abpassen. Das war ein guter Zwischenschub, denn als wir bei Bingen auf einer altertümlichen Mautbrücke die Flussseite gewechselt hatten, waren sie alle wieder da, die Hi Railer. Vielleicht hatten wir hier durch den Ausflug in den Deschutes Canyon gar nicht so viel verpasst.

Westlich von The Dalles und etwa gegenüber von Lyle nähert sich ein schön bunter Stacktrain der UP dem Memalosse State Park.
Als wir den Felsen bei Lyle erklommen hatten, erspähten wir in der Ferne sogar die Scheinwerfer eines Hi Railers in dem kleinen Tunnel zwischen Lyle village und Lyle Ausweichbahnhof. Mal sehen, wann die heute weg sind... Aber man saß dort herrlich und konnte das Panorama genießen. Der Hi Railer machte Punkt 15:30 Feierabend. Und um 15:50 kam wenigstens der erste Zug von hinten - sogar mit richtig stehender Schlusslok.

Am Nordufer gelang immerhin noch ein Nachschuss auf einen Kesselwagenzug westlich von Lyle.
Danach tat sich aber wieder gar nichts. Sehr schade. Unsere Hoffnung war gewesen, auf dem Damm mal einen Zug mit mehr Seitenlicht umsetzen zu können. Aber die Uhr näherte sich schon wieder in großen Schritten dem Zeitraum, in dem wir an den vergangenen beiden Abenden je einen Westfahrer hatten (bzw vorgestern hier bei Lyle ja nicht mehr). Irgendwie war das alles nicht das Gelbe vom Ei. Zwei Manifests kamen dann noch aus der falschen Richtung - beide ohne Schublok. Und beide fuhren in Lyle ohne Kreuzung durch. Da konnte also erstmal nichts in unserer Richtung kommen.
Irgendwann mussten wir für den Amtrak los, den wir im Bf Lyle als Streifung machen wollten. Wir lästerten noch, dass jetzt bestimmt der erste Westfahrer auftaucht, der uns das Motiv zustellt. Der Amtrak hatte schon von Westen Einfahrt, aber keine Durchfahrt. Denn von Osten fuhr nun der Westfahrer ein, der uns das Motiv zustellte. Es handelte sich um einen Getreidezug. Der muss hinten aus Dallesport aufgetaucht sein, als wir gerade eben den Felsen verlassen hatten. Ok, immerhin konnte man den nach der Kreuzung noch vom Felsen nehmen. Also fuhren wir wieder auf die andere Seite von Lyle und kletterten erneut auf den gerade verlassenen Felsen hoch. Den Amtrak nahm ich von dort aus per Drohne.
Dann beobachteten wir gespannt das Tunnelloch in der Ferne, aus dem nun der Getreidezug auftauchen musste. Das waren nun die allerletzten Minuten mit Sonne. Nichts tat sich. Bald war klar: Da kommt noch ein Zug von hinten. Der rollte im allerletzten Licht über den Damm. Für den Westfahrer reicht es nun definitiv nicht mehr.

Irgendwann geht halt auch am Columbia River die Sonne unter...
Wir waren unzufrieden. Unsere falsch angelegte Rechnung am Vormittag bezüglich Deschutescanyon und heute Nachmittag diese Nullnummer. Nein, so macht das keinen Spaß. Erfreulicher war das Thai Restaurant unweit des Hotels, wo es lecker Ente mit Thaicurry gab. Die Darreichungsform war anders als aus Deutschland bekannt, aber es war alles sehr gut. Und da wir uns als Getränk mit dem herrlichen, kostenlos dargereichten Eiswasser begnügten, kamen wir mit nur 36 Dollar plus 8$ Trinkgeld dort wieder raus.
Wir hatten beschlossen, heute erstmal zu packen und auszuchecken. Auch wenn wir uns die Option offen halten wollten, auch den heutigen Tag hier noch komplett zu verbringen. So zogen wir nach der Nahrungsaufnahme bei Mägges (noch hatte zumindest ich die McMuffins nicht satt) direkten Weges nach Marryhill. Es hielt uns auch nichts davon ab. Weder zeigte das Signal an der Straßenbrücke über den Columbia River bei Dallesport grün, noch wurde bei Vorbeifahrt in Wishram gerade die Hubbrücke runtergekurbelt. In Wishram stand allerdings schon der Müllzug, an dem aber irgendwie rumrangiert wurde. Hmmm...
So landeten wir also auf unserem Aussichtsfelsen und konnten nun tatsächlich mal in Ruhe frühstücken. Den Ausblick kannten wir von 2020, hatten ihn aber damals mangels geeignetem Zug nicht anständig umsetzen können. Leider war der diesmalige Ausblick etwas ernüchternd, weil der damals in winterlicher Klarheit im Schneekleid aufragende Mt Hood schon imposanter kam, als heute ohne Schneekuppe und mit leichtem Dunst. Na ja, und dass die Appelbäume heute nicht blühen würden, war fast abzusehen ;-)
Ich mach mal weiter mit Lästern. Natürlich waren wir uns beide sicher, dass wir bald in der Ferne einen Zug in den Deschutes Canyon einbiegen sehen. Die BNSF Oregon Trunk Eisenbahn war nämlich hinten am Hang gut zu erkennen. Mal sehen, ob wenigstens vorher bei uns etwas von vorne kommt. Immerhin war das mal wieder so ein Ort, wo das Warten einfach Urlaub ist. Und das ist ja auch wichtig *schönred*.

Von hinten kam erstmal der Amtrak durch.
Unsere Hoffnung lag auf dem Müllzug, den wir ja definitiv in Wishram haben stehen sehen. Nachdem der Amtrak von hinten durch war, hofften wir auf Abfahrt des Müllzuges nach Kreuzung Amtrak in Wishram. Die Hoffnung wurde dann auch erfüllt, nur war es nicht der Müllzug, sondern ein anderer Containerzug, der als erstes kam.

Nun kommt ein schöner Containerzug aus Richtung Wishram. Aus der Ferne grüßt Mt Hood.
Yannick war ja immer noch von der Idee angefixt, dass etwas in den Deschutes Canyon fahren könnte, und wollte gern einen Ausblick aufsuchen, von dem man die Hubbrücke im Blick hätte. Aber wir waren uns einig, dass man vielleicht noch eine halbe Stunde warten sollte, denn immerhin fehlte ja noch der Müllzug. Und netterweise mussten wir die Zeit nichtmal ganz ausreizen, da kam der Müllzug angefahren.

Mit dem Müllzug konnten wir noch zwei unterschiedliche Perspektiven umsetzen.

Der lange Zug hat in Kürze Marryhill erreicht. Entladung des Mülls aus dem Großraum Portland ist Stück weiter östlich in Roosevelt, von wo der Müll hoch zum Roosevelt Regional Landfill geht. Da scheinen alte Gruben verfüllt zu werden.
Super, so konnte man an die Stelle einen Haken setzen. Na ja, zumindest bis man nochmal im klaren Winterlicht hierher kommt und der Mt Hood sein Schneehäubchen trägt ;-) Zufrieden fuhren wir nun wieder westwärts. Als wir uns Wishram näherten, präsentierte sich die Hubbrücke im geschlossenen Zustand - bereit für eine Zugfahrt. Aber wir hatten die ganze Zeit Bahnblick gehabt. Da war definitiv nichts rüber gefahren. Wir suchten einen Ausblick am Westende des Bf Wishram auf. Weit und breit war kein Zug zu sehen, der in den Deschutes Canyon abbiegen könnte. Und dann wurde die Brücke auch schon wieder hochgezogen. Vermutlich war das eine Schließung für Arbeiten oder weil es wenigstens einmal in 24 Stunden sein musste. Und vermutlich waren wir gestern auf denselben Schließgrund reingefallen, wobei da halt ein passender Zug bereitgestanden hatte...
Für uns ging es nun zum Rastplatz westlich Lyle, wo wir den Ausblick für Ostfahrer 2020 nur mit einem Nachschuss bekommen hatten. Auch dort konnte man wieder schön am Hang sitzen - sogar im Schatten. Wir konnten allerdings nicht ausschließen, dass nun wieder die Zeit der Hi Railer angebrochen war. Eben in Lyle hatte schon einer bereitgestanden - wenn auch noch neben dem Gleis. Nachdem noch ein Zug mit falschrummer Schublok von hinten gekommen war, herrschte tatsächlich Betriebsruhe. Und ich hatte auf meinem Fotohang dann irgendwann die Waagerechte eingenommen. Ob ich wohl einen Zug verschlafen hätte? Definitiv nein, denn dazu musste erstmal ein Zug fahren.
Nach 13 Uhr rotteten wir uns langsam mal wieder zusammen, um ein Mittagsmahl einzunehmen. Dazu fuhren wir wieder zum Burgerville in The Dalles. Heute nahm ich mir neben dem Milkshake (diesmal ohne Sahne) auch einen großen Cheeseburger. Wir nahmen den Kram zu einem Bahnübergang an der Ostausfahrt Marryhill mit und speisten dort. Der Burger war wirklich gut; der hatte Wendys-Niveau. Tja, und dann saßen wir da. Immerhin ging doch glatt bald die Einfahrt auf grün. Es kam ein Z-train mit nur einer Lok voraus.

Ein Stacktrain mit nur einer Zuglok erreicht den Bahnhof Marryhill von Osten.
Der Zug war kurz und machte ganz gut Speed. Unsere Idee war ja eigentlich, den Zug nach Lyle zu verfolgen. Aber bis wir erstmal auf der Autobahn waren, war der Zug ein ganzes Stück voraus. Da wir nichts Besseres zu tun hatten, versuchten wir es trotzdem und hatten den Zug auch bei Wishram überholt. In den nun folgenden Kurven konnte er auch nicht ganz so schnell. Wir mussten allerdings auch einen Bogen fahren, um bei The Dalles über den Bach zu kommen. Als wir auf der Flussbrücke die BNSF querten, kam unten --- ein Hi Railer angefahren. Es war 15:30, Feierabend! Jetzt hatten wir jedenfalls alle Zeit der Welt. Im Bf Lyle stand noch immer ein westbound Gastrain abgestellt, der hier heute Mittag schon stand. Offenbar rüstete man den Zug gerade wieder auf. Den Aufstieg auf den Felsen nahmen wir mittlerweile im Schlaf. Und dann gab es hier tatsächlich beide Züge. Yess! So soll es sein!

Der Containerzug hat nun auch Lyle durchfahren.

Und nochmal etwas felsiger.

Es folgt ein Kesselwagenzug.
Der Plan war, jetzt wenigstens einmal für den Abend zum Horsethief State Park zu fahren. Man konnte nur hoffen, dass jetzt nicht plötzlich die ganzen Westfahrer entgegen kommen und wir sie "überfahren". Nun ja. Offenbar musste heute das rollen, was gestern nicht gerollt ist. Ein Ölzug kam uns bereits in Lyle entgegen. Hmm, den hätten wir eigentlich vom Felsen noch in der Ferne sehen müssen. Den unmittelbar folgenden Kohlezug sahen wir weit hinten über die Flussbiegung aus Dallesport rausfahren. Für den konnten wir immerhin noch eine Fotomöglichkeit finden.

Ein Kohlezug durchfährt den zwischen Felswand und Fluss gelegenen Ausweichbahnhof Lyle.
Dann ging es aber weiter. Im Gegensatz zu 2020 hatte der Horsethief State Park heute geöffnet. Fürs Parken musste man einen Obulus entrichten - bar mit Briefchen in einen Kasten oder über einen QR-Code. Yannick versuchte das, das Geld wurde auch abgebucht, aber statt der Nummer, die man aufschreiben und hinter die Windschutzscheibe legen soll, kam eine Fehlermeldung. Egal, die Zahlung war ja nachweisbar. So konnten wir jetzt also noch etwa eine Stunde lang den schönen Ausblick genießen. Würde sich in dieser Zeit auch ein Zug zeigen? Es war der Müll, der heute schön früh dran war und uns den Abend vollends rettete. Der Zug kam im Abendlicht richtig gut.

Im schönsten Abendlicht rollt der geleerte Müllzug durch den Horsethief Statepark. Die Felsformation links ist der Horsethief Butte.
Etwas später, so gegen 18 Uhr, sahen wir in der Ferne schon den nächsten Zug. Doch von Westen näherte sich die "Angst". Der Amtrak war im Anmarsch! Der würde zwar erst in einer Stunde hier sein, aber bereits jetzt musste angefangen werden, alles an Gegenverkehr an die Seite zu räumen. - Ups! Jetzt hab ich denen etwas Unrecht getan. Vor dem Amtrak lief noch ein kurzer Manifest ostwärts. Leider ohne Schublok. Das Licht war zum Schluss bestialisch. Dann war es plötzlich weg.

Und der Horsethief Butte nochmal ohne Zug.
Wir fuhren nach The Dalles zurück. Diese Nacht hatten wir uns im Cousins Country Inn einquartiert. Da waren wir auch schon 2020, als Corona langsam auf Hochtouren kam und die Lufthansa unseren Rückflug (und alle anderen USA-Flüge) gestrichen hatte. Die Zimmer waren schon besser als im letzten Hotel. Und wir hatten endlich wieder eine Klospülung, die auf Anhieb funktionierte. Der Nachteil war, dass die Lokale der Innenstadt nicht mehr so fußläufig erreichbar waren. Dafür hatte das Hotel aber einen eigenen Restaurantbetrieb, den wir von 2020 noch gut in Erinnerung hatten. Für mich gab es Chicken Pot Pie mit Salat. Das war genau die richtige Menge, nachdem man ja den Burger zu Mittag hatte.
Es war wie bei unser letzten gemeinsamen USA-Tour 2022. Irgendwie hatte uns das Wetter wieder bis fast an die Westküste getrieben. Und nun mussten wir langsam mal wieder drüber nachdenken, wie wir es denn bis Samstagnachmittag zurück nach Denver schaffen wollen. Hatten wir erst noch gedacht, dass wir uns Donnerstag und Freitag einfach fotografierend entlang der UP in Richtung Boise, Pocatello oder Echo, Green River ID und Laramie entlang hangeln, zeigte der Blick aufs Wetterradar nun aber klar, dass das keine so gute Idee wäre. Somit entschieden wir, bis morgen Mittag noch hier zu bleiben und dann vor allem den Freitag als kompletten Fahrtag zu nehmen. Nächstes Mal buche ich nur noch Flüge an die Westküste...
Heute im Laufe des Tages sollte also der Abschied aus der Gegend um die Columbia Gorge stattfinden. Das Morgen- und Vormittagsprogramm sollte aber erst nochmal sein. Yannick hatte noch einen Mount Hood Blick im Industriegebiet von Dallesport im Internet entdeckt. Und als wir zwecks Frühstücksbesorgung zu Mägges fahren wollten, sahen wir drüben im Bf Dallesport einen ostfahrenden JP Hunt stehen. Daher fuhren wir natürlich als erstes ins Motiv. Das erste "No Trespassing" und "Keep out" kam zu Beginn der Brückenrampe. Wir ließen unser Auto davor stehen.
Das zweite Schild kam unmittelbar vor der Brücke, über die wir noch rüber mussten. Die Straße über die Brücke führte nur zu einer Art Recyclingbetrieb, auf dem in der Ferne paar Bagger am arbeiten waren. Aus den wenigen Fahrzeugen, die in den folgenden Minuten bei uns über die Brücke fuhren, wurden wir nett gegrüßt. Dabei mussten wir hier dann doch länger stehen als erwartet, denn es kam nicht ein Gegenzug, sondern derer gleich zwei. Dass man den Z-train dafür so lange stehen lässt, hatte uns doch etwas gewundert.

Den ersten Zug gibt es als Nachschuss. Auch wenn die Umgebung halt ein Gewerbegebiet zeigt, so kommt der Mt Hood hier wirklich topp.

Den zweiten Zug gibt es als Streiflichtaufnahme von vorn.

Dann darf endlich der Stacktrain den Bahnhof Dallesport verlassen.
Nun gab es erstmal allgemeine Verpflegungsaufnahme. Auch der Tank wurde nochmal voll gemacht, denn als nächstes wollten wir nochmal einen Blick aufsuchen, von dem man die Hubbrücke in Wishram beobachten kann. Und falls da doch... Also, ihr wisst schon. Wir wollten für den Eventualfall gerüstet sein.
So fanden wir uns bald bei besagtem Rastplatz wieder und genossen das Frühstück bei topp Panorama. Die Stelle hatte bei uns den Namen "Mt Hood Blick ohne Mt Hood". Der Vulkan war von hier topp zu sehen, ihn aber beim Hauptmotiv mit ins Bild zu nehmen hatte uns bei den 2020er Bildern vom Bildaufbau dann doch nicht so gut gefallen. Nach etwa einer halben Stunde ging die Brücke mal wieder runter. Ok, das macht sie ja gern mal um diese Zeit. Dann näherte sich allerdings auch ein passender Manifest aus Richtung Westen und blieb erstmal im Westteil des Bahnhofs, also vorm Abzweig zur Brücke, stehen. Der westliche Bahnhofsteil heißt wohl offiziell Avery.

Ein Manifest nähert sich von Westen dem Bahnhof Wishram bzw Avery. Neben den Felsen des Horsethief Statepark dient das Grün eines der vielen Obsthöfe hier in der Gegend als Motiv.

Oder vorher doch mal mit Mt Hood...
Ja ja, bei uns hat es niemand eilig... Zu allem Überfluss ging die Brücke nun wieder hoch, ohne dass irgendwas drübergefahren wäre. Also so wie gestern. Sollte (ich wiederhole: SOLLTE!) der Zug auf den Oregon Trunk gehen, wäre bei berechneter Fahrzeit von 1,5-2 Stunden jetzt die ideale Abfahrtszeit ab hier für unsere Lieblingsmotive im Deschutes Canyon. Aber nichts tat sich. Aus Richtung Westen näherte sich nun ein kleiner Schlepper auf dem Wasser. Muss der noch unbedingt durch? Der Zug hätte es locker vorher geschafft, selbst mit der 10er La, die die Brücke ist. So warteten wir also ewig, bis die Nussschale unter der Brücke durchgetaucht war. Und nun? Gebannt schauten wir im anstrengenden Gegenlicht zur Brücke. Nussschale war durch, aber nichts tat sich. Der Zug stand. Weiter westlich am Horsethief Statepark sah man schon wieder einen Hi Railer arbeiten. Vielleicht ist bloß wieder die Zeit der allgemeinen Streckensperrungen gekommen?
Das Bötchen war schon längst verschwunden, da setzte sich der Manifest langsam wieder in Bewegung. Also gaaaanz langsam. Die Brücke war aber noch offen. Der Zug bog nun aber tatsächlich auf die Brücke ab! Laaangsam zog er vor. Und hielt etwa auf der Hälfte der Brücke wieder an. Das Hubteil war noch immer oben. Oder sollte da eine nuancielle Bewegung wahrnehmbar sein? Tatsächlich senkte es sich nun so langsam, dass es kaum wahrnehmbar war. Ok, Brücke senkt sich, Zug steht bereits auf der Brücke. Es war 10:50, eine Stunde nach der Einfahrt des Zuges. Zwar war nun so viel Zeit vergangen, dass es am Hauptmotiv mit dem Seitenlicht knapp werden konnte, aber egal. Wir probierten es natürlich.

Im Gegenlicht ist es anstrengend, die Hubbrücke zu beobachten.
Zügig ging es wieder über den Highway 197 in die Schlucht. Dort großes Hadern: Fährt man dem Zug noch entgegen oder wartet man am Hauptmotiv? Grundsätzlich würde man eine Verfolgung zwar schaffen - aber nur, wenn kein anderes Auto vor einem her fährt. Denn ein Überholen auf der Schotterpiste war praktisch unmöglich - schon allein wegen der Steinschlaggefahr. Deshalb blieben wir lieber erstmal an unserem Hauptmotiv und hofften, dass der Zug am Anfang des errechneten Zeitfensters käme. Aber bekanntlich hat es hier niemand eilig... Da unser Hauptmotiv wirklich immer spitzlichtiger wurde, fassten wir uns doch mal ein Herz und fuhren dem Zug entgegen. Kurz vor dem Ausweichbahnhof Oakbrook gab es nämlich einen sehr imposanten Felsen als Motiv, bei dem das Licht jetzt ideal stehen würde. Wenn wir es bis Oakbrook geschafft hätten, hätten wir dort noch eine kleine Überraschung erleben können.
Aber der Zug kam uns vorher entgegen. Es war 12:35. Die nächste Wendemöglichkeit war unsere. Bis zum markanten Felsen hatten wir es nun nicht ganz geschafft, aber auch hier konnten wir ihn bald einmal mitnehmen und dann doch nochmal am Hauptmotiv. Und natürlich folgten wir dem Zug weiter. Wir hatten Glück, dass wir zunächst, auf dem Schotterweg, auf kein anderes Auto aufliefen. Der Fischerposten mit seinem Stoppschild war heute unbesetzt. Der Talweg zwischen Sherars Bridge und Maupin war sogar asphaltiert. Dort liefen wir zweimal auf Autos auf, die aber mehr oder minder bereitwillig Platz machten.

Oberhalb des Bf Oakbrook kommt uns der bereits in Wishram gesehene Zug entgegen. Es gibt doch Zugverkehr auf dem Oregon Trunk!

Nun kurvt der Zug durch unser "Hauptmotiv", an dem wir nun schon den dritten Vormittag abgehangen haben.
Auch dieses Mal war der Zug für viele Motive einfach schon bischen spät dran. Aber wir wollen nicht meckern. Immerhin war er zwei Stunden früher dran als der 2020 fotografierte Zug. Im Rahmen einer Verfolgung die besten Stellen zu finden, klappt natürlich auch nur bedingt. Passten Lichtstand und war das Motiv topp, waren entweder der Bahndamm oder die Straßenböschung bewachsen. Aber immerhin bekamen wir den Zug fünfmal. Da waren wir doch ganz schön happy!

Von der Brücke des Highway 216 über den Deschutes River entsteht Bild Nummer 3.
Der Zug fährt hier um die 30mph. Der Schotterweg ist mit 25 zugelassen. Ab 40 kam man definitiv ins Gleiten. Links der Felsen, rechts der Fluß. Man konnte sich das Gleitziel aussuchen. Der Asphaltweg ist mit 35mph zugelassen. Auch zu wenig. Mehr sag ich jetzt lieber nicht zu unserer kleinen Verfolgung...

Und nochmal kurz vor Maupin.
Das letzte Bild (das allerdings eher unspektakulär war und hier nicht bei ist) war südlich von Maupin entstanden. Zurück in dem nett oberhalb der Schlucht gelegenen Dorf gaben wir Boise als Ziel ins Navi ein. Da man eh erstmal über den herrlichen Highway 197 durch die goldenen Kornstoppelhügel nach The Dalles musste, konnten wir dort auch direkt nochmal bei Burgerville vorbeischauen. Burger und Erdbeershake waren wieder mal hervorragend. Dann ging es auf die Autobahn. Abschied von der Columbia Gorge und den schönen Felsen.
Und der Abschied sollte uns nicht zu leicht gemacht werden. Auf "unserer" BNSF am nördlichen Flussufer rollte es heute Nachmittag natürlich so richtig! Da kam sogar ein Zug mit zwei dieser Loks ohne Führerstand. So eine Besonderheit hätte man natürlich auch gern mal fotografiert. Die größte Überraschung gab es in Wishram. Die Hubbrücke war unten und es kam --- ein Zug aus dem Deschutescanyon! Da es dort mit Oakbrook weit und breit nur einen einzigen Ausweichbahnhof gibt, müssen die beiden Züge dort also gekreuzt haben! Und der Abwärtsfahrer muss dann wirklich zwei Stunden bis zum Columbia Valley gebraucht haben...
Egal. Wir wollten heute Kilometer machen. In 48 Stunden war Autoabgabe in Denver. In Boardman gab es einen kleinen Powernapp. Das enge Tal war talaufwärts nun in eine weite, öde Ebene übergegangen. Ein kleiner Ausflugsparkplatz am Ufer brachte aber etwas Schatten. Im alten Bahnhofsgebäude ein Stück weiter hatte sich eine Brauerei angesiedelt, die da auch einen netten kleinen Biergarten unterhielt. Eine hübsche Oase in der Ödnis. Yannick ließ sich was in Growler abfüllen. Das sind Flaschen, in die das Bier gezapft wird und die dann versiegelt werden.
Weiter ging es. Wir wollten es bis Boise schaffen. Die Autobahn war nun schön leer. Die öde Ebene machte bald wieder einer sehr mittelgebirgigen Landschaft Platz. So war die Fahrt schön kurzweilig. Irgendwo im Nichts und noch mitten in Oregon kam das Schild mit der Zeitgrenze. Ab hier galt wieder Mountain Time wie in Denver. Hinter Ontario OR reisten wir nach Idaho ein. Jetzt wurde die Autobahn wieder voller. Und richtig großstädtisch wurde es dann im Städtekonglomerat rund um Idahos Hauptstadt Boise, die allein schon über 230tsd Einwohner zählt. Man fragt sich, wie es zu diesem Ballungsraum inmitten des Nichts kommen kann... Wir nahmen uns bei Panda Express etwas mit und checkten gegen 21 Uhr im Super8 ein. Dank der Zeitumstellung hatten wir eine Stunde verloren...
Heute lautete das Programm ganz simpel: Fahren, fahren, fahren. Wir wollten es zumindest bis Laramie schaffen. Das wären zehn Stunden Fahrt. Zum Glück sollte das Wetter nicht so toll werden... Das Super8 hatte sogar einen Frühstücksraum mit hinreichend Tischen, so dass man zumindest paar Toasts einwerfen konnte. Gegen 8:30 saßen wir auf der Straße.
Wenn wir bisher nicht gewusst hätten, dass diese USA viel Landschaft hat, so wussten wir es ab heute. Die meiste Zeit ging es durch weite hügelige Prärie. Lediglich zwischen Ogden und Evanston gab es paar schroffere Passagen rund um den bekannten Echo Canyon. In Ogden gab es Mittagessen bei Panda Express. Und an der Ausfahrt Castle Rock oberhalb des Echo Canyons gab es einen kleinen Powernapp. Ansonsten sind wir gefahren und gefahren. Auf der oft parallelen UP-Strecke waren auch so einige Züge zu sehen. Die durchgehend völlig verranzten Loks haben uns aber bestätigt, dass es gut war, diesmal den Schwerpunkt auf BNSF zu legen.
Da die Hotelsituation in Laramie eher unterirdisch war (nur schlecht bewertet oder teuer), buchten wir ein Hotel in Cheyenne. Dass wir heute mal eben knapp 1200km gefahren waren, hätten wir nicht gedacht. Ja, es war lang. Aber es fuhr sich sehr angenehm. Am ätzendsten waren die Lederpolster unseres ansonsten absolut tauglichen Jeep Compass, an denen man mit der Zeit festschwitzte - und das, obwohl es heute gar nicht so heiß war.

Auch Cheyenne besitzt ein imposantes, topp gepflegtes Bahnhofsgebäude. Leider ist Cheyenne die Hauptstadt eines Bundesstaates, in dem überhaupt kein Personenverkehr rollt.
In Cheyenne wartete aber die Belohnung. Das gebuchte Hotel Comfort Suites Cheyenne war noch sehr neu und hielt ein wunderbar großes Zimmer zum normalen Preis für uns bereit. Und zum Essen sollte es zum Abschluss nochmal Steak sein. Dazu wählten wir "Wyomings Rib & Chop House Cheyenne". Ein ähnlich klingendes Lokal hatten wir schon in Livingston, und ja, die Speisekarte hatte auch einen gewissen Wiedererkennungswert. Da gab es das Côte de Boeuf for two, ein 36oz (ca 1kg) Ribeye Steak. Yes, das war eine Wucht! Wyoming konnte seine führende Position in unserem Steak Contest mit nie dagewesener Leichtigkeit behaupten.

Vor unseren Augen wird das in Streifen geschnittene Steak in heißes Öl geschubst.
Zurück im Hotel gab es noch ein simples Cors. Doch dann waren wir auch platt genug für die Waagerechte...
Der Erfolg des gestrigen Kraftaktes war, dass wir es nun sehr entspannt angehen konnten. Das Wetter war eher bewölkt und Fotoambitionen hatten wir keine mehr. Wir frühstückten in Ruhe und verließen das Hotel erst gegen 10. Es ging direkt auf die Interstate in den Endspurt nach Denver. Dachten wir.
Wir waren gerade nach Colorado eingereist, da sahen wir auf der parallelen BNSF Front Range Subdivision einen Zug mit Windradflügeln. Und freundlicherweise stand der da. Die Wolken bröselten hier ziemlich; Stück weiter westlich war es richtig blau am Himmel. Günstigerweise wurde gerade die Abfahrt Buckeye Road angekündigt. Der Zug stand unmittelbar nördlich des BÜ zwischen dem Siding Owl Canyon und der Platte River Junction. Und gerade kam die Sonne durch. Wir konnten den Zug - wenn auch nur von hinten - topp fotografieren.

✈ Ein Zug mit Windradflügeln steht auf der BNSF Front Range Subdivision vor der Platte River Junction.

Nun gibt er wieder Gas.
Mal zog der Zug ein Stück weiter, dann stand er wieder. Als es mal wieder so aussah, als ob sich der Zug in Bewegung setzen würde, beschlossen wir, "zur Sicherheit" nochmal eine Autobahnabfahrt weiter nördlich zu schauen. Am BÜ East Country Road 92 befanden wir uns unmittelbar nördlich des Sidings Norfolk. An diesem BÜ hatten Dennis und ich 2023 auch einen kleinen Stopp eingelegt, waren aber zum Schluss gekommen, dass diese Strecke, die absolutes "Dark Territory" (also ohne Signaltechnik) ist, sicher kaum Zugverkehr hat. Die Hauptstrecke von Cheyenne nach Denver ist die weiter östlich gelegene UP Greeley Subdivision. Nun denn, jetzt kam der Zug und wir konnten ihn hier sogar von vorn und hinten umsetzen.

✈ In der Ausfahrt aus dem Bf Norfolk können wir den Zug auch von vorne aufnehmen und haben schon das Hochgebirge, zu dessen Füßen Denver liegt, im Hintergrund.

Nachschuss von unten...

✈ ...und von oben.
Das war ja nochmal voll und ganz aus dem Kapitel "Luck and Happiness" gewesen. Nicht nur, dass der Zug da praktisch auf uns gewartet hatte, sondern dass sich die Wolkenfelder auch passend auflösten. Nach der unverhofften Fotosession ging es aber wirklich in den Endspurt. Bei Fort Collins machte Yannick noch paar Besorgungen in einem Walmart. Der weitere Verkehr über die Autobahnen durch Denver war mega stark und kam immer wieder zum Stocken. Aber wir hatten ja Zeit. Gegen 13 Uhr gab es nochmal Mittag bei Panda Express in Flughafennähe, dann schauten wir noch bei den "Erdmännchen" an der nahen Bahnstrecke vorbei und räumten unser Auto auf. Yannick fand raus, dass das Präriehunde sind. Dennis und ich hatten die Kolonie 2023 eher durch Zufall entdeckt.
Bei der Murphy Express Tankstelle gegenüber vom Panda Express hatte ich irgendwas in Erinnerung, was nicht gut war. Ich wusste aber nicht was. Deshalb fuhren wir da heute auch wieder hin. Dumm! Hier wurde tatsächlich noch nach dem ZIP-Code gefragt. Das hatten wir jetzt auf der ganzen Tour nicht mehr gehabt. So ging es also eine Tankstelle weiter.
Alles weitere klappte sehr reibungslos. Um 14:30 fuhren wir bei Hertz auf den Hof. Bei der Autoabgabe mussten wir mal wieder auf den Steinschlag in der Windschutzscheibe hinweisen. War aber wie letztes Mal schon durch die Versicherung abgedeckt, so dass es keinerlei Papierkram gab. Mit dem Shuttlebus ging es zum Terminal, wo der Check-in noch schön leer war und bei der Sicherheitskontrolle nichtmal eines unserer Schälchen auf Abzweig ging. Und dann lernten wir, dass der Flughafen Denver tief unten im Keller auch noch eine U-Bahn besitzt. Und deren Strecke ist etwas länger als die in München. Mit der ging es erstmal in den äußersten Satelliten mit den C-Gates, wo eine Amex Lounge liegt, in die mich Yannick als Gast mitnehmen konnte. Die war zwar ganz schön voll, aber wir fanden noch einen Tisch.

Nein, die U-Bahn fährt nicht auf diesen Schienen, sondern da unten hinter den Stahltüren ;-)

Unser Flieger steht schon bereit.
So schön wie der Hinflug war, so ätzend sollte der Rückflug werden. Das ging damit los, dass neben mir eine amerikanische Mutter und erwachsene Tochter saßen, von denen eine weitere erwachsene Tochter auf der anderen Gangseite in der Mittelreihe saß. Sie baten mich, ob ich nicht mit der anderen Tochter tauschen könnte. Da ich bewusst einen Fensterplatz reserviert hatte, weil man sich da zumindest zum Fenster hin anlehnen kann, und weil Yannick den Platz vor mir reserviert hatte, lehnte ich mit einem "Sorry" ab. Woraufhin die Mutter irgendeinen Spruch a la "typisch, diese unfreundlichen Deutschen" brachte, was den Töchtern aber sichtlich unangenehm war.

Der Abschied aus Denver ist spektakulär: Über den Rockies gibt es einen Riss in der Wolkendecke, durch den die Abendsonne für ein Feuerwerk sorgt. Gut, dass ich Fenster hatte...
Im Folgenden habe ich meine Entscheidung auch nicht bedauert. Die drei saßen schließlich zusammen, nur dass einmal der Gang dazwischen war. Später kristallisierte sich mehr und mehr heraus, dass der Charme der Frau etwas in Richtung Sophia von den Golden Girls ging. Man konnte ihr definitiv nichts übel nehmen und wir konnten später sogar ganz freundlich paar Worte wechseln. Und hätte ich getauscht, hätte ich unmittelbar hinter einer indischen Familie mit extrem lauten Kreischkind gesessen. Das war selbst so schon nervig genug. Die Beinfreiheit in diesen Langstreckenfliegern hatte ich auch besser in Erinnerung. Die gut neun Stunden Flug waren wirklich unangenehm. Da war man froh, als man fast pünktlich in Frankfurt aufsetzte.
Tja, das war es dann auch erstmal. Lustlos bummelte unser Flieger über die Rollbahnen, ließ das Terminalgebäude rechts liegen, bis es hinter uns in der Ferne verschwand, und kam nach längerer Zeit auf einer Außenposition zum Halten. Ja, mal wieder meine Lieblings-Bushaltestelle Raunheim Ost. Die Außenposition überraschte aber offenbar nicht nur uns, sondern den ganzen Betriebsablauf. Es waren nämlich keine Busse da. Ich hatte anderthalb Stunden Übergangszeit. Aber die waren nun heftig am schmelzen. Irgendwann trudelten zwar nach und nach paar Busse ein, aber nun rächte es sich, dass wir ganz hinten saßen und erst mit dem letzten Bus mitkamen.
Und dieser letzte Bus hatte auch noch Startprobleme. Paarmal gab der Fahrer im Stillstand Vollgas, dann ging der Motor wieder aus. Neeervig! Erst nachdem der Kutscher außen irgendwas an einem Kasten eingestellt hatte, konnte er die vordere Tür schließen und losfahren. Als wir dann endlich im Terminalgebäude eingetroffen waren, kam uns dort ein Bus mit Beschriftung "LH16 Hamburg" entgegen. Das weckte die Hoffnung, dass deren Bushaltestelle nicht zu weit entfernt liegt. Einreise und der Wechsel zum Abfluggate klappten dann auch zügig. Aber als ich am Gate eintraf, war Hamburg nicht mehr angeschrieben, obwohl bis zur Abflugzeit noch eine knappe Viertelstunde Zeit war. Paar andere standen auch dort, aber in unserem Beisein gab die Wächterin des Gates nach unten an die Bushaltestelle den Abfahrauftrag für den letzten Bus zum Flieger. Der Flug war geschlossen.
Und mit den Ersatzverbindungen sah es gar nicht mal so gut aus. Der nächste Flug ging erst 15:00. Und für den war nur noch Warteliste angesagt. Auf meine Frage, ob ich den Zug nehmen könnte, schaute sie mich ungläubig an und fragte, ob ich mir das wirklich antun wolle. Leider war ich nicht schlagfertig genug, ihr die zahlreichen Antworten, die die aktuelle Posse gerade aufdrängte, um die Ohren zu hauen... Sie warf als nächste mögliche Zugverbindung, zu der ich rechtzeitig das Gepäck bekäme, 14:42 aus und äußerte sich voller Zuversicht, dass das mit dem Wartelistenplatz etwas werden würde. Ich stimmte zu.
Würde ich das bereuen? Inzwischen war nämlich auch schon bekannt gegeben, dass der 16:00-Flug ausfallen würde. Läuft ja wieder. Wenn ich um 15 Uhr nicht mitkäme, würde ich jedenfalls den Zug nehmen. Offenbar hatte es vormittags eine mehrstündige Sperrung des Flughafens in Frankfurt wegen Unwetters gegeben - daraus resultierten die ganzen Unregelmäßigkeiten. Am Abfluggate für den Ersatzflug fragte ich direkt nochmal nach, wie meine Chancen stehen. Sie meinte, vermutlich gut, da paar Zubringerflüge ordentlich verspätet kamen, auf die dann nicht mehr gewartet würde. Jedenfalls nicht, wenn der Hamburg-Flieger pünktlich starten könnte. Aber die Entscheidung gäbe es erst gegen Ende des Boarding.
Ich finde es immer sehr unangenehm, wenn ich irgendwo ausgerufen werde und mein Name durch den ganzen Betrieb schallt. Aber als kurz nach Beginn des Boarding die Durchsage kam, dass sich Herr Jan-Geert Lukner bitte am Gate melden möge, konnte das eigentlich nur etwas Gutes bedeuten. Erwartungsvoll "schwebte" ich hin und der Wächter des Gates wedelte bereits mit meiner Bordkarte. Puuuh, in dem Moment habe ich wohl nur noch beseelt lächeln können...
Da nahm man dann auch mal den Mittelplatz in Kauf. Es war die Reihe am Notausgang. Da hatte ich mehr Platz als im anderen Flieger eben und verschlief das meiste. Angesichts der verlorenen zwei Stunden wollte ich nach Prüfung der Straßenlage wieder das Carsharing-Auto nach Hause nehmen. Na, das wäre ja was geworden. Die A1-Norderelbbrücke war gesperrt und die Alternativroute über die Elbbrücke der B75, die ich fahren musste, war auf Google komplett und weiträumig rot. Also doch S-Bahn. Die war allerdings zwischen Wilhelmsburg und Harburg gesperrt. Oh Mann, welcome back to Hamburg! Ich schaute mal, was in Veddel oder Wilhelmsburg an Miles-Autos rumstand und konnte in Veddel direkt in ein solches umsteigen. Hier unten waren die Staus in meiner Richtung vorüber und ich gelangte wunderbar zügig zurück auf meinen Wilstorfer Hügel.