Kroatien April 2003, Teil 3

Copyright by Jan-Geert Lukner

Sonntag, 13. April 2003: Karlovac - Zagreb - Karlovac

Hatte unser Hotel schon einen verdächtig schwedisch klingenden Namen, so gab es morgens sogar ein als "skandinavisch" bezeichnetes Frühstücksbuffet. Es war wirklich ordentlich - das beste Frühstück, das ich in Europas Südhälfte je bekommen habe. Dennoch fand ich die in kleinen Portionspackungen abgepackten Leberwurst- und Marmeladen-Einheiten nicht ganz so skandinavisch... Auf dem Weg zum Bahnhof kamen wir am Bw vorbei, in dem die silbernen Schienenbusse beheimatet sind, die von hier die Nebenbahn nach Metlika befahren. Leider war es bewölkt, so dass wir den Fotoschuss ins Bw für einen der nächsten Tage aufhoben.

SEV für D 703 Karlovac 09.23+25 > Zagreb 10.00+30

Wegen der Sperrung zwischen Zdenčina und Hrvatski Leskovac bestand der Schnellzug ab Karlovac aus drei Bussen, die über die Autobahn zügig voran kamen. Während wir in Karlovac auf die Einfahrt des verspäteten Zuges warteten, konnten wir fünf Eisenbahner beobachten, die einer Putzfrau bei der Arbeit zuschauten und ihr Tipps gaben, wie sie ihren Besen noch schwungvoller führen könne...

Nach Ankunft in Zagreb schauten wir uns erstmal den Hauptbahnhof an. Um 10.49 Uhr traf pünktlich der D 415 Feldkirch - Beograd ein. Der von einer 1142 geführte Zug hatte sieben Wagen, von denen jeder eine andere Farbe hatte. Nachdem der Fernverkehr erstmal den Bahnhof verlassen hatte, wendeten wir uns der anderen Seite des Empfangsgebäudes zu, auf der die Straßenbahn fuhr. Wir hatten bereits Tatra-Gelenk- und Einzelwagen (mit Hänger) gesehen, außerdem Duewags aus Mannheim. Die rundlichen Tatras schienen die ältesten Fahrzeuge zu sein, daher versuchten wir, gerade diese vor dem Bahnhof mit Blühbäumen in Szene zu setzen. Immerhin kam nun zunehmend die Sonne raus.

Uns fiel eine große Polizeipräsenz in der Stadt auf. Wir erwarteten geradezu die nächste "persona kontrola". Viele Polizisten waren grau uniformiert - offenbar handelte es sich um Bereitschaftspolizei. Mit verschiedenen Fotohalten schlenderten wir nun in die Altstadt. Beim Trg Bana Josipa Jelačića, dem zentralen Hauptplatz der Stadt, stellten wir fest, dass wir doch noch nicht alle Strab-Bauarten gesehen hatten: Hier fuhren alt-ehrwürdige Bahnen mit Holztüren, die von der Form her an die letzte Hamburger Straßenbahn erinnerten. Mittlerweile hatten wir etwa 50% Sonne, so dass wir auch diese Fahrzeuge aufnehmen konnten.

Links: Der D 415 mit seinem bunten Wagenpark in Zagreb. Rechts: Urige Straßenbahn-Fahrzeuge von Duro Darkovic auf dem Trg Bana J. Jelačića. Vergrößerungen per Mausklick.

So langsam wurde der Grund für die Polizeipräsenz deutlich: Die Stadt füllte sich mit Fußballfans. Wie wir später erfuhren, spielte Zagreb gegen Split. Wir verließen den Platz durch eine schmale Straße in Richtung Oberstadt. Als der Gehweg einmal völlig frei war, raste ein kleiner Junge auf seinem Plastikauto mit einem Affenzahn den Bürgersteig hinunter. Wenn da jemand aus einer Haustür getreten wäre...

In der Oberstadt wunderten wir uns, dass auch hier an einigen Häusern Polizisten standen. Einer schlenderte durch die Gegend und schrieb SMS, ein anderer schaute gelangweilt einigen Kindern zu, die auf einem kleinen Kirchhof mit dem Ball gegen die Kirchenwand schossen. Erst bei näherem Hinsehen fiel uns auf, dass sich diese alltägliche Szene dort abspielte, wo die Geschicke Kroatiens gelenkt werden. Auf der einen Seite des Hofes befand sich nämlich der Regierungssitz und auf der anderen Seite hinter gepflegten Fassaden das Parlament.

In anderen Hauptstädten wird vorm Regierungssitz strammgestanden, in Zagreb nimmt man das alles etwas lockerer.

Überhaupt machte die Oberstadt einen beschaulichen Eindruck. Von einem Balkon neben der Standseilbahn konnte man entspannt auf die Unterstadt hinunter blicken, während im Hintergrund ein Gitarrenspieler unaufdringlich vor sich hin klimperte. Das war so entspannend, dass wir uns erstmal in ein nahegelegenes Freiluft-Café setzten, während von unten zunehmendes Gegröhle der Fußballfans gedämpft zu uns hoch wehte. Erst beim Gang zum Klo merkten wir, dass das weit entfernte Café, zu dem unsere Freiluft-Tische gehörten, ein eher vermiefter und lauter Laden mit diversen Spielautomaten und Billardtischen war.

Zurück in der Unterstadt lösten wir uns Tageskarten für die Strab und fuhren mit einem der alten Züge nach Dubrava und zurück bis Frankopanska. In Dubrawa ging es einfach durch die Kehre, wobei ein älterer Herr hinter mir, der die ganze Fahrt am pennen gewesen war und der nun auch wieder mit stadteinwärts zurück fuhr, uns fürsorglich auf deutsch fragte, ob wir denn wüssten, wo wir hin wollten...

In der Innenstadt trennten wir uns für eine Weile. Ich wollte gern paar vernünftige Bilder von den hechtförmigen Altbau-Strabsen machen. Das war etwas zeitaufwändig, weil nachmittags doch etwa zu 70% Wolken am Himmel klebten. Einige nette Motive rund um die Hst Frankopanska und vor dem Mimara-Museum bekam ich hin. Am Trg hrvatski velikana gab es dann weitere Aufnahmen mit der Nationalbank (trotz anwesender Polizei keine "persona kontrola"!), bevor ich an der Hst Draškovičeva auf Linie 14 nach Mihaljevac wartete. Dabei konnte ich den nun voll entfalteten Stadion-Verkehr beobachten. Die Züge waren proppevoll und die Türen wurden während der Fahrt offen gehalten. Bloß bei den Duewags klappte das nicht - die können erst losfahren, wenn alle Türen dicht sind...

Links: Straßenbahn auf dem Trg hrvatski velikana (Platz der kroatischen "Größen", kann auch mit "Giganten" übersetzt werden...). Rechts: Auf der Überlandstraßenbahn 15 bei Mihaljevac. Vergrößerungen per Mausklick.

Zum Glück musste ich in eine andere Richtung. Von Mihaljevac führt eine zweigleisige Überlandstraßenbahn (Linie 15) einige Stationen in die Berge hinauf. Hier fahren nur einteilige Tatras. An einer von einem Hang einsehbaren Stelle mit gutem Überblick machte ich paar Streckenaufnahmen, bevor ich mit Massen von alten Leuten (hier oben scheint ein großer Friedhof zu sein und es war Palmsonntag) wieder stadteinwärts fuhr. Eine Frau war ununterbrochen wild gestikulierend am reden. Vor lauter sabbeln vergaß sie fast sich hinzusetzen, als ein älterer Herr ihr Platz gemacht hatte.

Dank Handy (wie ist man früher bloß ohne ausgekommen???) fanden Lars und ich dann am Zentralplatz wieder zusammen, nachdem ich noch paar Streiflicht-Aufnahmen in der Innenstadt gemacht hatte. Ursprünlich hatten wir 17.20 nach Karlovac fahren wollen, doch nach mehreren Telefonaten waren wir nun bei 20.37 als Abfahrtszeit angekommen. So blieb uns jetzt noch ordentlich Zeit, in einer Trattoria essen zu gehen - wir entdeckten ausschließlich italienische Restaurants. Lars' Meeresfrüchte-Salat bestand nur aus Meeresfrüchten und mein Risotto (fast) nur aus Reis...

Von einem Großbild-Fernseher in dem Restaurante erfuhren wir, dass Zagreb gegen Split 0:1 verloren hatte. Wir würden wohl im Zug mit den Fußballfans zusammen zurückfahren müssen... Erstmal konnten wir die Ankunft des B 396 aus Ploče beobachten. Er bestand aus zwei HŽ-Wagen in der Mitte plus vorn und hinten als Komfort-Kontrast je einen ŽRS-Abteilwagen. Diese Wagen liefen bei der DR mal unter der Gattung "B" und befanden sich noch im Originalzustand: Grün/elfenbeinfarbene Lackierung, 8er-Abteile und Sitzbänke mit rotem Kunstleder-Bezug. Die ŽRS ist die Bahn der serbischen Provinz in Bosnien-Herzegowina "Željeznice Republika Srpska".

Abendliches Streiflicht in der Fußgängerzone.

Pu 4102 Zagreb 20.37 > Karlovac 21.33+14

Der Zug bestand bis Hrvatski Leskovac aus einer S-Bahn-Garnitur (Baureihe 6111), die äußerlich durch ihre Farbgebung ein wenig an die 420er in blau/weiß erinnerte. Immerhin: Auch die S-Bahn hat in Kroatien Stoffpolster! Erwartungsgemäß waren viele Fußballfans an Bord, allerdings nicht bei uns im Abteil. Ab Hrvatski Leskovac bestand Schienenersatzverkehr mit zwei Bussen. Unser Busfahrer sorgte als erstes für Ordnung, indem er nach hinten ging und den Fußballfans das Rauchen verbot. Mittlerweile war es dunkel, so dass wir die Busfahrt als ziemlich wirres Rumgekurve empfanden.

In Zdenčina stand die planmäßige Zug-Garnitur in Form einer 1141 und drei von den schönen Abteilwagen bereit. Diese waren gänzlich unbeleuchtet, was aber nichts machte, da die Kroaten abends auch bei funktionierender Beleuchtung das Licht lieber ausknipsen - was ich gut nachvollziehen kann. Der Schaffner war darauf eingerichtet und kam mit einer starken Handlampe durch, mit der er immer mal wieder in die Abteile hinein leuchtete. Bei uns im Abteil saß ein in Ljubljana lebender Deutscher, der uns etwas über das slowenisch / kroatische Verhältnis erklären konnte. Es gäbe im Bereich der Grenzziehung bei Istrien wohl noch einige offene Fragen...

Die Fußballfans waren weitestgehend friedlich gewesen. Dennoch wurden sie in Karlovac von mehreren Polizeiwagen erwartet, die langsam neben den Fans auf ihrem Nachhauseweg her fuhren, bis sich die Grüppchen aufteilten. Selbst auf dem inoffiziellen Fußweg durch die Bahnanlagen zur Flussbrücke folgte ein Wagen soweit wie es möglich war. Das war das erste und einzige Mal, dass uns die hohe Polizeipräsenz in diesem Lande ein gewisses Gefühl der Sicherheit gab...

Montag, 14. April 2003: Karlovac - Metlika - Karlovac

Wir hatten heute wieder mal die berühmten zwei Möglichkeiten. Bei Nicht-Wetter gab der Fahrplan eine Rundtour über Zagreb nach Sevnica - Trebnje - Metlika - Karlovac her, während bei Sonnenschein natürlich die Schienenbusse auf der Metlika-Bahn fotografiert werden sollten. Da wir für die Schönwetter-Variante eine Dreiviertelstunde später los mussten, drehten wir uns, als wir bei blauem Himmel aufwachten, nochmal kurz um. Die geschlossene Bewölkung zog eigentlich erst auf, als wir vom Frühstück wiederkamen... Wir beschlossen daraufhin, einfach mal mit dem nächsten Schienenbus bis Bubnjarci, dem Hp vor der slowenischen Grenze, mitzufahren. Weiter ins slowenische Metlika geht es nur um die Mittagszeit und nachmittags.

Pu 4404 Karlovac 09.20+5 > Bubnjarci 10.02

Die Verspätung entstand durch Anschlussaufnahme. Der einteilige Schienenbus war relativ leer. Hinter Ozalj verschwindet die Bahn im Gebirge, wo sie oberhalb des Kupa-Tals ansteigt. Schon Ozalj gefiel uns mit seinem Schloss sehr gut.

Obwohl der Zug nicht die Grenze querte, standen die örtlichen Polizeiorgane wachsam vor dem Empfangsgebäude. Und mit messerscharfem Blick enttarnten sie uns sogleich als verdächtige Objekte. Zum Amüsement der anwesenden fünf Eisenbahner (Tf, Beimann, Zf und zwei Fernmeldetechniker) und sieben Fahrgäste - zumeist Schüler - wurden nun penibelst unsere Ausweise überprüft (gut, dass wir sie nicht an der Hotelrezeption abgegeben hatten, wie es in den meisten Hotels gewünscht wird). Danach durften wir allerdings nach Herzenslust den Triebwagen fotografieren, was die Schüler wahrscheinlich bald noch mehr amüsierte. Die Herzenslust hielt sich allerdings in Grenzen, da die Sonne nur matt hinter den Wolken zu erahnen war.

Pu 4405 Bubnjarci 10.20 > Ozalj 10.41

Paar Schüler auf der anderen Seite des Ganges versuchten anhand unseres Gespräches zu enträtseln, woher wir kämen. Einer meinte "Njemačka", woraufhin seine Kollegin überlegend "da --- da" meinte. Für Deutsche gibt es keine Tarnung! In Ozalj konnten wir den VT zusammen mit Fdl und Ww immerhin im Halblicht fotografieren. Anschließend wollten wir mal schauen, was sich motivtechnisch mit Fluss, Burg und Einfahr-Formsignal so alles anfangen lässt.

Der Sinobus bekommt den Abfahrauftrag, während der Weichenwärter letztmalig an diesem Tage nur zuschaut. Die folgenden Züge kreuzen grundsätzlich in Ozalj, was ihm einige Fahrten auf seinem Dienstfahrrad zu den Einfahrweichen einbringen wird...

Es hätte sich vieles anfangen lassen. Wenn denn die Sonne mal länger geschienen hätte. Zwar weckten immer wieder blaue Flächen die Hoffnung, dass es mit dem nächsten Zug doch klappen müsste, doch dann nahm die blaue Fläche wieder eine andere Richtung. So wurden von Zugfahrt zu Zugfahrt unsere Chancen kleiner, noch eine kleine Rundtour über Metlika hinaus durch Slowenien durchführen zu können. Zwischen den Zügen konnte man ganz nett im Schlosspark oder am Ufer der aufgestauten Kupa sitzen, doch der Frust wurde immer größer. Neben den GM-Dieseln und Gleichstrom Elloks gehörten nämlich die Schienenbusse mit zu den begehrten Fahrzeugen, von denen wir gern paar brauchbare Fotos mitgebracht hätten.

Den letzten Zug, der tagsüber bis Metlika fährt, wollten wir dann aber doch mal nehmen, um wenigstens bis Metlika gefahren zu sein. Immerhin gelangen mir im Bahnhof Ozalj nochmal paar Sonnenaufnahmen von der Kreuzung. Die zweite Einheit bestand übrigens aus VT+VB.

Pu 7766 Ozalj 14.41+10 > Metlika 15.10+10

Die Grenzer in Bubnjarci erkannten uns wieder und verzichteten auf eine Ausweis-Kontrolle. Ihr Kollege in Metlika sprach sogar deutsch und erlaubte uns im Bahnhof zu fotografieren. Hier war wirklich etwas los: In den 17 Minuten Wendezeit musste der VT der Schienenbus-Einheit um den VB umlaufen. Ein slowenischer VT der Reihe 713 nutzte unsere Wendezeit derweil, um als Sperrfahrt nach Rosalnice zu fahren, dem letzten Hp auf slowenischem Gebiet, der von den kroatischen Putnički vlaks ohne Halt durchfahren wird. Solche Sperrfahrten gibt es nur zweimal am Tag (Mo-Fr). Und noch jemand wurde während der Wendung aktiv: Eine extra aus Kroatien mitgereiste Putzfrau begann den Boden der Schienenbus-Garnitur zu fegen...

Pu 7767 Metlika 15.27 > Karlovac 16.18+12

In Ozalj mussten wir länger auf den Gegenzug warten. Lars war doch noch zu einer abendlichen Rundtour in Richtung Trebnje aufgebrochen. Ich selbst war hingegen gefrustet und entschied mich für einen Hüttenabend mit Großstadtrevier, Wein und Käsetasche, die ich mir noch aus der Stadt besorgte. Die Tagesschau ließ ich aus - im Urlaub will ich nix von alledem hören, doch in den Wetterbericht habe ich dann doch mal reingelinst: In Deutschland war für die folgenden drei Tage in allen Landesteilen nur Sonne angekündigt! Das tat weh! Lars kam erst sehr spät wieder.

Dienstag, 15. April 2003: Karlovac - Ljubljana - Zagreb - Karlovac

Das Wetter war trübe. Lars wollte gern die Plitvicer Seen aufsuchen. Sowohl Karlovac als auch die Seen liegen an der Haupt-Busroute von Zagreb in Richtung Süddalmatien, so dass ein Hinkommen kein Problem war. Zurück wollte sich Lars zum Bahnhof Vrhovine durchschlagen. Ich selbst wollte heute mal einen Fahrtag einlegen und mal schauen, wie es denn hinter Metlika weiter geht. Bis zum nächsten Zug nach Metlika hatte ich viel Zeit, die ich einfach auf einer Bank auf dem Hausbahnsteig von Karlovac sitzend verbrachte. Und man sah da ja so einiges...

Sogar auf der Hauptstrecke gelangen die alten schweizer Wagen mit Faltenbalg-Übergängen zum Einsatz, hier in Karlovac.

Da waren zum Beispiel der stark verspätete Schnellzug aus Rijeka und der nicht minder verspätete Bummelzug aus Zdenčina (Zagreb). Kaum waren sie zum Stehen gekommen, ertönte das gleichmäßige "Pling" des Wagenmeisters, der mit seinem Hammer an die Radreifen schlug, um am Klang etwaige Risse feststellen zu können. Als ein Güterzug in Richtung Norden ausfuhr, sprintete ein anderer Wagenmeister plötzlich aus seiner Tür im EG dem Zug hinterher, wobei er sogar seinen Hammer wegwarf. Doch was immer er gewollt hatte - der Zug war weg... Zwei weitere Güterzüge verließen dann noch den Bahnhof nordwärts - anscheinend war die Streckensperrung vormittags kurz aufgehoben worden.

Wie schon in Rijeka und Zagreb beobachtet, gibt es auch in Karlovac einen Wartesaal mit viel leerer Fläche. An den Wänden sind bestenfalls einige billige Sitzbänke aufgestellt, ansonsten ist der Raum einfach nur leer und schummrig. Fahrkarten werden noch an herkömmlichen Schaltern verkauft. Das Empfangsgebäude hatte übrigens viele Türen, die alle zu irgendwelchen wichtigen Institutionen führten, die ein Bahnhof halt so haben muss. Ein hagerer Eisenbahner in Zivil, der "seine" Tür neben meiner Bank hatte, wieselte öfters laut schnaufend an mir vorbei. Fast hatte ich den Eindruck, dass ich ihm seine Dienstbank weggenommen hätte. Jedenfalls schien er viel Zeit zu haben. An seiner Tür stand "Garderoba" dran. Eine andere Tür führte in einen Unterrichtsraum, wo der Amtslehrer den Dienstunterricht hielt. Das Rotkäppi schlenderte gelegentlich vorbei und schäkerte mit der Dame vom Schalter oder hielt einen Plausch mit einem der weiteren 15-20 Leute, die in dieser Schicht auf dem Bahnhof Karlovac mehr oder weniger zu tun hatten.

Pu 7762 Karlovac 11.20 > Metlika 12.09

Zum Glück wartete der Zug nicht den verspäteten Anschluss aus Zagreb / Zdenčina ab - sonst wäre mein Anschluss in Metlika weg gewesen. Die Zöllner von Bubnjarci erschienen nur unwillig auf der Bildfläche, nachdem der Tf zur planmäßigen Abfahrtszeit paarmal hupte. Offensichtlich darf er nur mit ihrer Zustimmung weiter fahren.

Pu 3234 Metlika 12.15 > Ljubljana 15.07

Drei Stunden mit einem Bummelzug - ich hatte ein wenig dagegen angesehen. Doch verlief die Fahrt durch eine nette, abwechslungsreiche Landschaft. Während das Drupa-Tal hinter Ozalj eher an Erzgebirge erinnert hatte, kommt man sich in der Umgebung von Metlika mit hübschen Kirchdörfern eher in den Bayerischen Wald versetzt vor.

Der Zug bestand aus einer Doppeleinheit der zweiteiligen VT-Reihe 713. Die Form der VTs erinnert stark an den deutschen VT 614, doch handelt es sich von der Antriebstechnik her eher um einen Schienenbus. Achtmal a-täglich (wir sind in Slowenien, wo am Wochenende fast kein Nahverkehr fährt!), am Wochenende nur vereinzelt, wird die Strecke bis Metlika bedient.

Der Zug war erst schwach besetzt, doch zwischen Nove Mesto und Trebnje herrschte starker Schülerverkehr und danach füllte sich der Zug auf Ljubljana zu kontinuierlich. Die Landschaft war nett und machte die dreistündige Fahrt relativ kurzweilig. Hinter Metlika setzte sich zunächst die Bayernwald-Landschaft fort, bis dann vor Nove Mesto ein Gebirgszug mit Streckenführung in hoher Hanglage durch Weingärten gequert wurde. Hinter Trebnje ging es ununterbrochen in einem Wiesental a la Allgäu abwärts. Die Abstände zwischen den Dörfern, die sämtlichst über weit sichtbare Kirchen verfügten, wurde nun geringer. In Ljubljana reichte die Zeit gerade für paar belegte Baguettes vom Bahnhofsbäcker.

MV 431 Ljubljana 15.20 > Zagreb 17.49

Bei dem Zug handelte es sich wohl um eine Art internationalen Regionalexpress. Im Umkreis von Ljubljana und Zagreb hielt er wenig, dazwischen im einsamen Savetal jedoch überall. Er diente hauptsächlich als Berufsverkehrs-Verstärker für die stündlich mit Desiros befahrene Nahverkehrslinie. Ab Lubljana war der Zug gut besetzt, in Zagreb stiegen nur noch sieben Leute aus. Ich hatte ein eigenes Abteil und konnte die geniale Strecke ausgiebig genießen.

Etwa eine Stunde lang geht es durch die tief eingeschnittene Save-Schlucht, auf deren Grund oft nur Platz für Fluss und Bahn ist. Die Orte zu den in der Schlucht gelegenen Bahnhöfen müssen alle eine Ebene höher liegen - man sah steile Straßen aufwärts führen. In der Gegenrichtung kam ein Zug nach dem anderen durch: Güterzüge mit allen vorhandenen (Altbau)-Ellok-Baureihen, Desiros, ein Pendolino, Polen-S-Bahnen und internationale Schnellzüge mit Wagen aller erdenklicher Farbgebungen. Der Bahnhof Zidani Most (immerhin EC-Halt!) liegt eng eingekeilt in der Schlucht und verfügt nur über drei Bahnsteiggleise. Das Gleisdreieck, über das die Hauptstrecke nach Maribor (-Budapest) von der Balkan-Magistrale abzweigt, ist quasi in eine Flussmündung hineingebaut worden.

Der Systemwechsel von Gleichstrom auf Wechselstrom findet auf dieser Strecke immerhin am Grenzbahnhof Slowenien / Kroatien, in Dobova, statt (und nicht wie auf der Rijeka-Bahn weit auf kroatischer Seite). Unsere Franzosenlok der SŽ fuhr mit Schwung ein und wurde von der ablösenden HŽ-Lok abgezogen und in ein anderes Gleis hineingeschubst, wo sie bald wieder Gleichstrom überm Bügel hatte. Zwei von den ursprünglich fünf SŽ-Abteilwagen blieben ebenfalls zurück. Die kroatische Grenzkontrolle fand übrigens im fahrenden Zug statt! Es geht also...

Ich hatte ja bis zuletzt gehofft, dass es sich bloß um einen Fehler im Fahrplan handeln würde, dass es zwischen 17.20 und 19.30 keinen Zug von Zagreb nach Karlovac gibt. Doch leider war das die Realität, so dass ich fast zwei Stunden "totschlagen" musste. Eine Zeitlang habe ich mich in das Bahnhofscafé gesetzt, das seit den sechziger Jahren wohl keine Renovierung mehr abbekommen hatte. Das Publikum war sehr durchwachsen. Plötzlich bekam ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung auf dem Tisch hinter mir mit! Und tatsächlich - da stand die eine Kellnerin und hängte doch glatt Gardinen auf!

Pu 4064 Zagreb 19.30+8 > Karlovac 20.26+25

Das Prozedere mit dem SEV fand genauso wie vorgestern statt. Diesmal gab es drei Busse. Ich suchte mir denjenigen aus, dessen Fahrer schon ungeduldig im Leerlauf Gas gab. Und tatsächlich brauste dieser als erstes los. Etwas deprimierend war es, dass man auf diesem SEV-Streckenstück plötzlich vor einem BÜ stand und einen Güterzug vorbeilassen musste. Die Strecke machte hier schon einen relativ fertigen Eindruck.

In Karlovac traf Lars fünf Minuten nach mir aus der Gegenrichtung ein. Er hatte einen interessanten Tag hinter sich. Da wir beide müde waren und das Lehrlingsrestaurant nur bis 22 Uhr geöffnet hatte, verzichteten wir auch heute auf einen zweiten Besuch dort. Statt dessen gab es Wein aus Metlika und Schafskäse aus dem Nationalpark Plitvicer Seen - das war auch nicht zu verachten!

Mittwoch, 16. April 2003: Karlovac - Pula

Am letzten Tag klappte endlich der Blick vom morgendlichen Fußweg zum Bw. Und es stand glücklicherweise ein VT vor dem Schuppen!

Da wir fest vor hatten, heute mal wieder einen Reisetag einzulegen, schien heute Morgen natürlich verstärkt die Sonne. Immerhin konnten wir auf diese Weise endlich die Bw-Fotos von der Flussbrücke aus machen. Im Laufe der Tage hatten wir uns angewöhnt, nicht entlang der vierspurigen Straße zu gehen, sondern auf einem Fußweg, der offiziell über die Bahnbrücke und dann weniger offiziell an der Weichenwärter-Bude vorbei über das Bahnhofsgelände weiter führte.

Lange mussten wir auf unseren Zug warten, weil die Baustelle bei Zdenčina ihn schon wieder fast eine halbe Stunde verspätet hatte. Während der Wartezeit konnten wir verschiedene Trupps im Bahnhof beobachten, die die Fahrleitungsmasten mit roten Blitzen und schwarzen Aufschriften versahen. Während der rote Trupp nur zwei Mann stark war, bestand der Schwarz-Trupp aus bis zu vier Leuten. Lars suchte, um die Zeit zu überbrücken, den Bahnhofsfriseur auf. Die Friseuse erkundigte sich bei einem Eisenbahner nach der genauen Verspätung des Zuges, damit sie wusste, wieviel Zeit sie hatte...

Pu 4052 Karlovac 09.09+29 > Moravice 10.49+44

In Gornje Dubrave ging es erstmal nicht weiter. Sehr verdächtig: Eine 2062 tuckerte im Bahnhof vor sich hin und setzte sich dann auch zügig vor unseren Zug. Mit Dieselpower ging es nun weiter. Am nächsten Haltepunkt Tounj sahen wir den Grund: Hier wurde eine Brücke gebaut, weswegen die Fahrleitung abgeschaltet war. Das erlebt man auch nicht alle Tage, dass man an zur Seite gezogenen Erdungsstangen vorbeifährt, die über einem im Draht hängen... In Kukača, dem nächsten (winzigen) Bahnhof wurde die 2062 wieder abgenommen.

Pu 4602 Moravice 11.05+32 > Rijeka 12.52+54

Immerhin wird diese Zugverbindung als durchgehende "Transportkette" Zagreb - Rijeka angesehen, so dass der Anschluss gewartet hatte. Der einzige Grund für das Umsteigen in Moravice ist, dass bereits hier das slowenisch/italienische Gleichstromnetz beginnt. So gelangt zwischen hier, Rijeka und der slowenischen Grenze bei Šapjane die HŽ-Gleichstromflotte zum Einsatz, die allerdings nur aus einigen Ansaldo-Doppelelloks (BR 1061) und Polen-S-Bahnen (BR 6011) besteht. Gerade die Elloks sehen allerdings in der kroatischen Farbgebung besser aus, als ihre braunen "Geschwister" in Slowenien oder Italien.

Großes Umsteigen in Moravice, hinten steht der 6011 nach Skrad bereit.

Hinter Ogulin führte die Strecke schon in einsamste, enge Gebirgstäler. Diese öffneten sich im Bereich von Moravice etwas. Weiter ging es dann mit einem 6011, der voller Schüler war, in häufiger Hanglage bis Skrad. Dort war dann wieder mal SEV angesagt. Diesmal stand nur ein Bus zur Verfügung, der uns über Hochgebirgsstraßen mit weiten Ausblicken über die einsame Welt des Gorski Kotar bis Delnice fuhr. Bis hier waren wir ja schon zu Beginn unserer Tour gekommen.

Ab Delnice bestand der Zug wieder wie neulich aus einer 1061 und zwei netten Abteilwagen. Zwar waren einige Schüler an Bord, doch hatten wir ein eigenes Abteil. Der Ausblick auf die Kvarner Bucht und die Insel Krk war mal wieder genial. Nachdem im Gebirge viele Wolken gehangen hatten, beschien nun die Sonne die Hänge und Gärten, in denen sich nun endlich in größerem Maße die Büsche ans Blühen machten. In Rijeka hatten wir zum Glück eine etwas längere Übergangszeit. Weil das Schienennetz Istriens nur über Slowenien angeschlossen ist, hat die HŽ eine Bahnbuslinie von Rijeka nach Lupoglav, dem nächsten istrischen Bahnhof, eingerichtet. Und ob dieser Bus bei Verspätung wohl gewartet hätte?

HŽ-Bus Rijeka 14.30 > Lupoglav 15.10

In Rijeka kam ein Bahnschaffner durch, um die Fahrkarten zu kontrollieren. Er fuhr dann aber nicht mit. Den größten Teil der Fahrzeit benötigte der Bus, um aus Rijeka hinaus auf die Schnellstraße zu gelangen. Die zurückzulegende Distanz war hingegen nicht groß. Die Schnellstraße führte oberhalb der Kvarner Bucht an den Orten Matuji und Opatija vorbei auf das gewaltige Bergmassiv des Učka-Gebirges zu, das Istrien quasi vom übrigen Festland "abschottet" und das mittels eines langen Passtunnels unterfahren wird.

Auf der anderen Seite kam man in einer wunderschönen Felsenlandschaft wieder hinaus. Dies ist das markante: Die Berge der Učka und der angrenzenden Čičaria besitzen Waldhänge bis zu einer gewissen Höhe, die darüber von meist senkrechten Felswänden gekrönt werden. Der Tunnelausgang befand sich in derartiger Höhe, dass die Straße zunächst regelrecht in den Fels gesprengt war, bevor sie sich abwärts neigte. Die Felsen der Učka dienten übrigens als Kulisse für die deutschen Karl May -Filmproduktionen. Ein gewisser Wiedererkennungswert (vom landschaftlichen Charakter her) war durchaus vorhanden. In Lupoglav hatten wir leider keine Zeit für ein Foto. Schade, denn neben zwei Schwedentriebwagen stand dort ein mit 2062 bespannter Güterzug im besten Licht!

Pu 4711 Lupoglav 15.12 > Pula "obala" 16.56

Es gibt ihn also wirklich, den Zug 4711, der von den Betriebslehrern der Bahn im Praxistraining immer wieder gern für eine Fahrt von Adorf nach Bstadt herangezogen wird...

Die "Schwedentriebwagen" 7122 bestreiten auf Istrien abgesehen von zwei saisonalen Schnellzügen im Sommer den Gesamtverkehr. Mit acht Zugpaaren bis Lupoglav und fünf bis Buzet (am Wochenende etwas weniger) ist der Fahrplan gar nicht mal so dünn. Es handelt sich aber nur um einen kroatischen Inselbetrieb. Die einzige grenzüberschreitende Verbindung (nur Mo-Fr) außer den Saisonzügen wollten wir auf der Rückfahrt nutzen.

Kanfanar: Unser Zug während eines Kreuzungsaufenthaltes.

Die Bahnfahrt war nett, aber unspektakulär. Es ging durch meist wildes Hügelland mit niedriger Vegetation, das immer wieder von zahlreichen Steinmäuerchen durchzogen war. Das Gleis führte durch einige Dörfer mit hübschen Feldstein-Häusern mitten hindurch. Entlang der Strecke waren noch sehr viele Bahnhöfe besetzt. In Kanfanar hatten wir etwas Kreuzungsaufenthalt, so dass wir den sonnigen Tag wenigstens für ein Standfoto nutzen konnten. In Pula stiegen wir nicht am Bahnhof aus, sondern an der südlichen Einfahrweiche von der Hafenbahn. Hier gibt es direkt neben einem Ruderclub den inoffiziellen Haltepunkt "obala" (Küste), bis zu dem alle Züge weiter fahren und an dem alle abgehenden Züge vier Minuten vor der Pula-Zeit im Fahrplan beginnen.

Da standen wir auch schon fast vor dem riesigen Palast des Hotels "Riviera". Das war nicht die Art von Häusern, die man sich als Rucksack-Tourist normalerweise so leistet. Doch hatte der Palast seine Glanzzeit längst hinter sich und wir kamen zu einem vernünftigen Preis (ca 45 Euro fürs Zimmer) unter --- im vierten Stock mit Blick über die gesamte Bucht und den Hafen! Die Flure waren breit und mit Läufern ausgelegt, unsere Zimmertür hatte ein Schallschutzpolster und die Treppe wirkte wie eine Freitreppe. Bei näherem Hinsehen merkte man aber, wie heruntergekommen das alles war, wobei ich ausdrücklich "heruntergekommen" nicht mit "schmutzig" gleichsetzen möchte.

Blick vom Festungsügel auf unseren "Hotelpalast", in dessen vierten Stock wir residierten.

Nach einem Foto vom nächsten Zug am Hp "obala" mit dem örtlichen, aus der Römerzeit übrig gebliebenen Colosseum und Palmen, ging es zu einem Streifzug auf den Festungshügel und durch die Altstadt, der allerdings zunehmend von Gefühlen des Hungers beeinflusst wurde. Wir fanden ein nett aussehendes Restaurant, das zwar eindeutig auf Touris abzielte, das uns dadurch aber mal in die Lage versetzte, das zu essen, was der Deutsche halt als "Kroatische Küche" erwartet (Ćevapčići...). Das Essen war lecker, etwas nervig war nur das aufdringliche Nachschenken des Kellners und ein Typ, der die Fensterfront, an der wir saßen, mit Werbung für irgendeinen Künstler vollkleistern wollte. Leider waren seine Werbestreifen etwas zu breit, so dass er nur einen hochkant (!) aufgeklebt hat. Na ja, wenn jemand mit geneigtem Kopf vor unserem Fenster gestanden hätte, wären wir immerhin sicher gewesen, dass sich der Betreffende nur das Plakat anschaut...

Abendlicher Blick von unserem Balkon.

Hier in Pula trafen wir erstmals in diesem Urlaub in größerem Umfang auf andere Touristen! Dies mag natürlich mit dem bevorstehenden Oster-Wochenende, aber auch mit der "sicheren" Lage Istriens zusammen hängen. Der Abend war so milde, dass wir uns auf den Balkon setzen (bei Wein und Schafskäse natürlich...) und auf die Licher des Hafens in der Dämmerung hinab blicken konnten. Die altertümlichen Hafenkräne führten auch zu dieser späten Stunde noch ihr "Ballett" auf und ein Schwimmkran pflügte kreuz und quer durch das Hafenbecken...

Donnerstag, 17. April 2003: Pula - Nugla - Pula

Am frühen Morgen wachte ich von einem regelmäßigen Klopfen auf, das sehr nah klang und sich dann immer weiter entfernte. Plötzlich war es wieder ganz nah. Dies wiederholte sich einige Male. Na ja, warum sollte es in solch einem alt-ehrwürdigen Kasten nicht ein wenig spuken? Das Frühstück war ganz o.k., wenn auch nicht so aufwendig wie in Karlovac. Der Kaffee wurde aus Blechkannen eingeschenkt; unwillkürlich musste ich an den Früchtetee von vergangenen Klassenreisen denken.

Lars wollte sich heute ein Fahrrad leihen. Da mir der südeuropäische Autoverkehr und die fehlenden Radwege etwas suspekt vorkamen, entschied ich mich derweil für eine Fototour an der Bahn, denn das Wetter war phantastisch. Ich dachte mir, dass im Laufe des Vormittags ja auch der gestern gesehene Güterzug nordwärts fahren müsste und hatte mir schon paar geeignete Fotostellen auf der Karte ausgesucht. Doch ein Blick auf den Bildfahrplan des Šef ergab, dass der Gz erst 13.30 losfahren solle - lichttechnisch so richtig ungünstig für einen Nordfahrer. Der Fdl meinte - soweit wir uns überhaupt verständigen konnten - dass der Zug wirklich so führe. Was hatten wir bloß gestern gesehen?

Pu 4704 Pula 09.23 > Roč 11.04

Es wurde ein mit bunter Ganzwerbung bemalter 7122 bereitgestellt, der den Schriftzug "SORSELE - Ekokommun för framtiden" trug. Er machte also für die umweltbewusste Kommune Sorsele an der schwedischen Inlandsbahn Werbung. Leider war die Ostseite des VT durch Graffiti verunstaltet. Da ich gern ein Bild haben wollte, auf dem die unbeschmierte Seite zu sehen ist, fuhr ich fast die gesamte Strecke ab. Der Bahnhof Roč liegt bereits hinter Lupoglav auf dem gebirgigeren Teil der Strecke zu Füßen der Winnetou-Felsen (so nenne ich mal diese markanten felsgekrönten Berge). Dort führt die Strecke in westliche Richtung, so dass die saubere Seite des VT in der Sonne lag.

Die Rückfahrt des bunten VT "nahm" ich im Bahnhof, in dem außerdem ein Skl von der dazugehörigen Rotte repariert wurde, wozu man ihn auf Holzböcke gelegt hatte. Nach dem Foto lief ich einen schönen Feldweg westwärts. Dort entdeckte ich noch nette Motive für Züge vor den Felsen, doch die Sonne ging immer mehr rum... Immerhin konnte ich mich richtig gut auf einer Wiese in die Sonne legen. Zu hören war nur mal eine Kirchenglocke und ein Kuckuck - sonst nichts. Außerdem war es eine Wohltat, hier einfach durch das Gelände streifen zu können, ohne Angst vor Minen haben zu müssen. So gelangte ich eigentlich viel zu schnell zu dem einsamen Dorf Nugla, das sich an den Fuß der Winnetou-Berge schmiegt. Mit Ort und Bergen gab es den hochfahrenden VT, dessen Rückfahrt ich nutzen wollte, um ein Stück weiter südwärts zu gelangen.

Der Sorsele-VT im Bahnhof Roč.

Pu 4709 Nugla 13.17 > Sveti Petar u Šumi

Dank der Tatsache, dass in Kroatien nicht nur bei Bedarf gehalten wird, konnte ich den einfahrenden VT in Nugla erst noch von der Sonnenseite verarzten, bevor ich nach dessen Stillstand über den BÜ auf den Bahnsteig lief. Für den Güterzug hatte ich mir den Bahnhof Sveti (=Sankt) Petar u Šumi ausgedacht, weil hier wenigstens das Licht sehr seitlich kommen musste und ich auf der Hinfahrt einen guten Fotostandpunkt entdeckt hatte. Etwas nervig war, dass man dort mitten in der Bebauung stand und mal wieder die Sensation für die Einheimischen abgab...

Der Güterzug rollt ohne Halt durch den Bahnhof Sveti Petar u Šumi.

Immerhin kam der Güterzug pünktlich und anschließend konnte ich mich etwas in die Einsamkeit verkriechen, wo ich eine gute Fotostelle mit dem nördlichen Einfahrsignal entdeckt hatte. Für das Folgende muss ich erklären, dass es heute im Gegensatz zu gestern stärkere Quellbewölkung gab und der Himmel mittlerweile mit ziemlichem Schmodder vollhing. Tja - glücklicherweise herrscht hier nachmittags relativ reger Verkehr. Der erste VT (der bunte "Sorsele"-Zug, dessen saubere Westseite ich hier gut bekommen hätte) ging mitten bei Wolke, nach dem zweiten VT (der einzige von vorn mit Hp1) kam die Sonne Sekunden später raus, doch der dritte VT ging dann endlich bei Sonne ab. Dass es derselbe wie in Nugla war, störte mich weniger, denn er war wenigstens sauber...

Der Zug war keine drei Minuten weg, da flog scheppernd das Signal auf Fahrt. Nach einer Schrecksekunde errechnete ich aber, dass vor meinem Zug zur Rückfahrt nichts anderes mehr kommen konnte. Zurück am Bahnhof musste ich wieder an das Unwort unserer Tour denken: Persona kontrola. Der örtliche Dorfpolizist besuchte nämlich gerade seinen Freund, den Weichenwärter. Weil beide wahrscheinlich gerade nicht besseres zu tun hatten, erzählte der Weichenwärter dem Polizisten irgendwas wild gestikulierend.

Doch plötzlich wirkte der Polizist sichtlich desinteressiert. Er hatte nämlich etwas Unfassbares entdeckt, eine unglaubliche Sache, die sein sofortiges würdevolles Einschreiten dringlich erforderte: Ein Fremder!!! Ein Fremder mit windzerzaustem hellblonden Haar befand sich auf dem Boden des heiligen Petar von Sowienoch!!! Ihm war wohl bewusst, dass die ganze Last, das Dorf vor diesem Ungemach zu schützen, auf seinen Schultern lag. Tapfer wandte er sich von seinem Freund, dem Weichenwärter, ab und kam langsam auf mich zu.

Fast hätte ich ihn gefragt: "Persona kontrola?" Er sagte nur: "Dokumenta!" Nach eingehender Kontrolle meines Persos (ich wusste gar nicht, was es auf einem Personalausweis alles zu lesen gibt, vielleicht hat er aber auch nur meinen Namen auswendig gelernt...) fragte er irgendwas, was ich nicht verstand. Doch als Profi in Sachen persona kontrola sagte ich nur zwei Wörter: "Pula" und "Hotel". Man sah geradezu die Last von seinen Schultern fallen, denn diese Wörter sagten ihm doch, dass ich binnen kürzester Zeit aus seinem Zuständigkeitsbereich verschwunden wäre. Das Leben war plötzlich wieder lebenswert und die achtungsvollen Blicke vom Weichenwärter und seinem Šef zeigten, dass sie seine Tätigkeit wohl zu würdigen wussten...

Pu 4713 Sv Petar u Šumi 16.57 > Pula "obala" 17.56

Lars kam etwa eine halbe Stunde später auf unserem Hotel-Balkon an und gemeinsam gingen wir zu unserem "Kroaten", wo ich als kroatisches Abschiedsessen nochmal diese herrlich gegrillten Tintenfisch-Tentakel aß...

Fortsetzung

Zurück zum Archiv . Zurück zum Eingang